Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 1 ein stimmig zugestimmt.
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Artikel 2 ein stimmig angenommen.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Das Gesetz ist damit einstimmig verabschiedet worden.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Reform des Notariats- und Grundbuchwe sens in Baden-Württemberg – Drucksache 14/6250
Nach der Begründung durch die Regierung erfolgt die Aus sprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion, ge staffelt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf heute einen Gesetzent wurf einbringen, von dem man sagen kann, dass wir ihn gründlich vorbereitet haben.
(Beifall und Heiterkeit bei der FDP/DVP – Abg. Rai ner Stickelberger SPD: Noch ist das Eigenlob! – Abg. Dr. Frank Mentrup SPD: Anders als sonst?)
Es geht bekanntlich darum, dass das bestehende Amtsnotari at flächendeckend durch ein freies Notariat zur hauptberufli chen Amtsausübung ersetzt werden soll und im Zusammen hang damit natürlich auch eine große Reform der Grundbuch ämter stattfindet. Die Zahl der Standorte wird von derzeit et wa 670 auf 11 reduziert – ohne Verlust an Bürgernähe; darauf darf ich nachher noch einmal zurückkommen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, worum es in diesem Gesetzentwurf eigentlich geht. Wir leben in BadenWürttemberg nicht auf einer Insel, wo wir alles genau so ge stalten können, wie wir wollen. Vielmehr sind wir – das muss man sagen – natürlich an bundesgesetzliche Vorgaben gebun den, und wir sind zunehmend, gerade in diesem Bereich, auch an EU-Vorgaben gebunden. Die bisherige baden-württember gische Lösung hätte europarechtlich keinen Bestand haben können; das ist eine Tatsache. Um es mit einem Bild auszu drücken: Wenn man in einem Haus sitzt, das immer stärker einsturzgefährdet ist, dann kann man warten, bis die Decke herunterkommt, oder man kann ein neues Haus danebenstel len, in das im Fall der Fälle die Belegschaft umziehen kann, um nicht hinterher in den Trümmern zu sitzen, wenn es zu ei ner großen Krise kommt. Das ist der Hintergrund und nichts anderes.
Wir haben deswegen mit Hilfe des Bundes bereits im letzten Jahr eine Grundlage dafür geschaffen, Umstellungen im No tariatswesen vorzunehmen. Wir haben uns einen längeren zeit lichen Horizont gegeben. Das ist sicherlich vernünftig; denn man muss nichts übers Knie brechen. Wir müssen reagieren, aber wir brauchen nichts zu überstürzen. Deswegen haben wir einen solchen langen Horizont gewählt, der uns natürlich auch ermöglicht, diesen Prozess vernünftig abzuwickeln.
Die bundesgesetzliche Grundlage liegt seit letztem Jahr vor. Jetzt geht es darum, dies landesgesetzlich umzusetzen, vor al lem im Landesgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit.
Wir arbeiten in zwei Stufen. In der ersten Stufe bis einschließ lich 2017 werden wir die Strukturen der Amtsnotariate im ba dischen und im württembergischen Rechtsgebiet durch die
Bildung zweier Abteilungen einander angleichen. Es wird je weils eine Abteilung „Freiwillige Gerichtsbarkeit“ geben. Dort werden bis einschließlich 2017 im badischen Rechtsge biet die Nachlasssachen und im württembergischen Rechts gebiet die Nachlass- und Betreuungssachen erledigt. Diejeni gen Notare und Notarvertreter, die im Landesdienst bleiben möchten, wechseln in diese Abteilung. Sie werden dort selbst verständlich ihre Beurkundungszuständigkeit bis zum Beginn des Jahres 2018 behalten.
Die zweite Abteilung, die Abteilung „Beurkundung und vor sorgende Rechtspflege“, nimmt die Stellen für die späteren Notare vorweg. Deswegen müssen wir bei der Abteilungsbil dung natürlich den künftigen Bedarf berücksichtigen und er mitteln, wie viele Stellen dort vernünftigerweise geschaffen werden sollen. Diese freien Notarstellen, also die Stellen in dieser Abteilung „Beurkundung und vorsorgende Rechtspfle ge“, werden zunächst den Notaren und Notarvertretern im Landesdienst vorbehalten sein. Diese haben dabei Vorfahrt.
Dann beginnt am 1. Januar 2018 die zweite Stufe, die landes weite Einführung des Nur-Notariats, der Übergang der Nach lass- und Betreuungssachen im württembergischen Rechtsge biet bzw. der Nachlasssachen im badischen Rechtsgebiet auf die Amtsgerichte, wie es im übrigen Bundesgebiet der Fall ist.
Im Rahmen der Dienstrechtsreform wird geregelt, dass die aus dem Landesdienst ausscheidenden Notare ihre Ansprüche auf Alterssicherung mitnehmen können. Dies allein reicht natür lich nicht aus. Hinzu kommt, dass bei der Notarkammer Ba den-Württemberg ein Versorgungswerk errichtet werden soll.
Wir hatten eine Anhörung, in der in großen Teilen zum Aus druck gekommen ist, dass das Gesetz auf Zustimmung stößt, auch in seiner technischen Umsetzung auf breite Zustimmung stößt. Aber es wurde natürlich nochmals Kritik geäußert, Kri tik, die dem Justizministerium nicht unbekannt war, Kritik, mit der wir uns auch sehr ernsthaft auseinandergesetzt haben. In einer letzten Runde haben wir uns noch einmal mit der Kri tik auseinandergesetzt und verschiedene Wünsche der Nota re, die teilweise erfüllt werden konnten, teilweise aus syste matischen Gründen und auch aus Gründen der Vergleichbar keit mit anderen Berufsgruppen schwer zu erfüllen waren, auf gegriffen.
Den Punkt „Mitnahme der Versorgungsansprüche“ habe ich schon angesprochen. Da war teilweise die Angst entstanden, dass das gar nicht geregelt wird. Ich glaube, es ist gelungen, diese Angst zu nehmen, auch dank der Protokollerklärung der Fraktionen, über die die nachfolgenden Redner sicher noch sprechen werden. Es ist sicher nicht meine Sache, diese Er klärung darzustellen, aber ich möchte betonen, dass auch das Justizministerium Wort für Wort hinter dieser Protokollerklä rung steht. Ich sage ganz klar und in aller Deutlichkeit: Die Mitnahme der Altersversorgungsansprüche wird gewährleis tet.
Es ist wirklich unsinnig, lieber Herr Oelmayer, eine Sache, die wir in der Dienstrechtsreform praktisch wortgleich regeln, in einem besonderen Gesetz für eine bestimmte Berufsgrup pe eigens noch einmal zu regeln. Das würde, systematisch be
trachtet, ein bisschen wehtun. Man redet immer über die Qua lität der Gesetzgebung. In einer überzeugenden Gesetzgebung wird man das, was man für das Gros der Beamten in ein Ge setz hineinschreibt, nicht noch einmal in ein anderes Gesetz für eine bestimmte Gruppe hineinschreiben. Im Grunde ge nommen geht es um wenige Monate. Ich bin sicher, dass die Notare genug Vertrauen in den Gesetzgebungsprozess und da rauf haben, dass alles so abgewickelt wird wie zugesagt, zu mal auch deutlich ist, dass man, wenn je ein Hindernis auf tauchen sollte – woran niemand glaubt –, jedenfalls den Be darf im Notariat sieht, diese Mitnahme zu regeln; und sie wird auch geregelt.
Ferner konnten wir teilweise durch den Übergang vieler Stel len auf die Amtsgerichte und eben auch durch den Übergang der Aufgabe auf die Amtsgerichte den Interessen Rechnung tragen. Die Betreuungs- und Nachlasssachen werden dort zu sätzliche Funktionsstellen bringen. Es wird etwa 180 heraus gehobene Funktionen geben, weil die Bezirksnotare, die dort hingehen, keine Rechtspfleger sind, sondern ein paar Zustän digkeiten mehr als die Rechtspfleger haben, die sie auch be halten, solange sie im Amt sind. Das gibt natürlich Gelegen heit, dort Zulagen auszuweisen, wo besondere Funktionen wahrgenommen werden oder eine besondere Stellung vorliegt, was in 180 Fällen geschehen wird.
Dadurch lässt sich bei denjenigen, die zum Land wechseln, der Übergang ein bisschen abpuffern, wobei sie selbstver ständlich auch den Wunsch äußern können, ins freie Notariat zu gehen. Aber mir ist bewusst, dass das gerade für die älte ren Jahrgänge eine etwas schwierigere Entscheidung sein kann, weil es sich für sie schlicht und einfach nicht mehr lohnt – auch wenn sie das in jüngeren Jahren gemacht hätten –, in die „Freiheit“ zu wechseln. Ihnen bleibt eigentlich keine ver nünftige Alternative, als zum Amtsgericht zurückzugehen. Auch auf deren Interessen wollten wir, soweit es geht, einge hen.
Zur Grundbuchamtsreform ist schon sehr viel gesagt worden, sodass ich mich ganz kurz fassen möchte. Die moderne Tech nik ermöglicht es, dass das Grundbuch künftig an elf Stellen im Land, die im Grunde genommen beliebig sind, bearbeitet wird, dass aber die Bürgernähe so groß sein wird wie nie zu vor, weil man auf technisch einfachstem Weg – ich darf es ein mal so sagen – an jeder Ecke ans Grundbuch herankommt. Sie werden bei jeder Gemeinde, die diesen Service bieten will, Einsicht ins Grundbuch nehmen können, und Sie werden das bei jedem Notar machen können. Wo letztlich die Änderung technisch vorgenommen wird, wird für den Nutzer völlig egal sein.
Darum kann man wirklich ruhigen Gewissens sagen: Die Bür gernähe wird durch die Reform des Grundbuchwesens nicht geringer, sondern sie wird letzten Endes größer. Das Grund buch wird für alle näher sein als vorher.
Ich bitte Sie um wohlwollende Behandlung des Gesetzent wurfs. Ich nehme die Einbringung zum Anlass, mich ganz herzlich für die Vorbereitung zu bedanken. Dass das ein großer Brocken war und dass das ein Thema mit Haken und Ösen ist und ein Thema, bei dem man auch kritisch einhaken kann und bei dem ich auch verstehe, wenn man kritisch einhakt, ist ganz
klar. Aber dafür, dass wir das Vorhaben auf der anderen Seite sehr sorgfältig und sehr konstruktiv über die Ziellinie gebracht haben und hier im Landtag behandeln können, möchte ich mich bei Ihnen bedanken.
Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Die Notariats- und Grundbuchamts reform ist sicherlich eine Kärrneraufgabe, die enorm viele Auswirkungen hat.
Wie bekannt, hatte die CDU-Fraktion einst starke Bedenken gegenüber dieser Reform, weil der württembergische verbe amtete Amtsnotar ein hohes Ansehen genießt
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Bei uns hat es funkti oniert! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Der badi sche auch!)
Europarechtliche Angelegenheiten, liebe Kollegen – das hat das gesamte Haus so gesehen –, haben uns aber bewogen, die se Reform mitzutragen und auch mitzugestalten. Dabei war uns klar, dass die Sicherung der Altersversorgungsanwart schaften für die Notare eine zentrale Aufgabe ist. Die betei ligten Notare wollten dies selbst im Notargesetz geregelt wis sen. Unsere Fraktion ist dagegen der Auffassung, dass wir das im Dienstrechtsreformgesetz, das nun auch in Kürze im Ple num beraten wird, regeln sollten. Wir wollten einfach keine Sonderregelung für eine Beamtengruppe, sondern Regelun gen für alle Beamtengruppen in einem Gesetz.