Protokoll der Sitzung vom 28.07.2010

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Richtig! – Abg. The resia Bauer GRÜNE: Das ist nichts Neues!)

Das Land wird sich deshalb auf Bundesebene aktiv einsetzen, um die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte zu fördern. Aber ich sage auch: Ich möchte qualifizierte Zuwanderung und nicht Zuwanderung in die Sozialsysteme, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Bravo! Das ist der richtige Weg! – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Ein starker Wirtschaftsstandort braucht auch Mobilität, natür lich auch in ihrer klassischen Bedeutung.

Mit dem Bahnprojekt Stuttgart–Ulm wird Baden-Württem berg Standort und Schauplatz für ein einzigartiges Mobilitäts konzept der Zukunft.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir verknüpfen Verkehrsträger. Wir schaffen Vernetzung. Wir gewinnen Entwicklungsflächen. Wir helfen der Umwelt. Wir steigern Lebensqualität und Wert schöpfung. Es geht aber dabei für unser Land nicht nur um Fahrzeiten und Verbindungstakte. Ein starker Wirtschafts standort braucht Mobilität natürlich auch in ihrer klassischen Bedeutung. Es geht darum, wie der Hightechstandort BadenWürttemberg zu Fortschritt und Technik und zu echten Ent wicklungschancen steht. Richten wir uns mit dem Gewohn ten ein und lehnen wir Neues aus Bequemlichkeit, Furcht oder Verhinderungsdenken ab, oder investieren wir etwas, verwirk lichen wir einen großen Plan und zeigen, was wir können?

Meine Damen und Herren, Wohlstand ist kein Selbstläufer.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ach was?)

Nicht erst die Krise hat dies gezeigt. Gerade wir Baden-Würt temberger dürfen keine Technikverhinderer sein und bei jeder Technologie immer nur die Risiken sehen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Wir dürfen aber auch keine Technikgläubigen sein!)

Wir dürfen vor allem nicht zu träge werden. Wer Zweckinfra strukturen von vor hundert Jahren zu Heiligtümern verklärt, der wirft den Standort Baden-Württemberg zurück, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: So ist es! Jawohl!)

Ein solch immobiles und im Übrigen populistisches Denken kann sich unser Innovations- und Wachstumsland nicht leis ten. Unsere wichtigen Bahninfrastrukturprojekte, der Rhein talbahnausbau und der Neubau der Strecke Stuttgart–Ulm,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wer soll das bezah len?)

verankern unser Land nicht nur geografisch, sondern auch ökonomisch in der Mitte Europas. Nach unserem Selbstver ständnis gehören wir da auch hin. Es war immer unser Ziel, Baden-Württemberg als starkes Land in einem Europa der starken Regionen zu positionieren.

Auch wenn jetzt vor allem die Nachfrage aus Asien den Auf schwung trägt: Europa ist und bleibt für die Wirtschaft der Kernmarkt. Auch im Krisenjahr 2009 gingen 57 % der Expor te aus unserem Land in die Länder der Europäischen Union; das ist nur ein Prozentpunkt weniger als im vorangegangenen Boom des Jahres 2008.

Meine Damen und Herren, das macht deutlich: Die Stabilisie rung des Euro war nicht zuletzt auch Interessenpolitik für Ba den-Württemberg. Vor allem für den baden-württembergi schen Mittelstand hat die Gemeinschaftswährung seit ihrer Einführung einen wahren Schub gebracht. Der Euro hat bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen Transaktions kosten minimiert und Kursrisiken beseitigt, und er hat vor al lem für Transparenz gesorgt. Aus diesem Grund musste das höchste Ziel in der bisher größten Finanzkrise die Stabilisie rung des Euro sein. Deshalb hat die Landesregierung das Eu ro-Stabilisierungsgesetz aus Überzeugung unterstützt.

Allerdings muss eines auch klar sein: Die Währungsunion darf nicht zur Transferunion werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir wollen und wir brauchen nicht auch noch auf europäi scher Ebene einen Länderfinanzausgleich, der eine bequeme Hängematte für alle spannt, die es mit der Sparsamkeit nicht so genau nehmen. Deshalb ist der Stabilisierungspakt auch kein Freibrief für Defizitsünder oder haushaltspolitische Ha sardeure. Vielmehr müssen wir alles dafür tun, dass künftig strukturelle Fehlentwicklungen in einzelnen Eurostaaten über haupt nicht erst entstehen bzw. dass sie schnell erkannt und umgehend korrigiert werden und dass die Überschuldung vie ler Euroländer wirksam gestoppt und reduziert wird; denn sie ist das zentrale ökonomische Risiko unserer Industriegesell schaften.

In Baden-Württemberg hatten wir uns schon vor der Krise ei nen ausgeglichenen Haushalt zum Ziel gesetzt und 2008 und 2009 zweimal vollzogen. Dahin möchte ich so schnell wie möglich zurück, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Jetzt kommt die Zeit, staatliches Geld wieder aus den Märk ten abzuziehen und Schritt für Schritt auf Konsolidierung um zuschalten. Die Bundesregierung hat dazu mit ihrem Sparpa ket einen Fahrplan vorgestellt. Ich sage klar: Ich halte es für eine richtige Entscheidung, die Sanierung des Bundeshaus halts auf der Ausgabenseite anzugehen. Das ist eine bare Selbstverständlichkeit, die jeder Kaufmann, jede Familie und jeder Vereinskassierer zu beherzigen hat. Wer sparen will, muss vor allem weniger ausgeben.

Dass das dann auch die größten Haushaltsposten betreffen muss, ist aber genauso selbstverständlich.

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Aus diesem Grund ist das Sparpaket, wie ich finde, ordnungs politisch folgerichtig und vor allem sozialpolitisch maßvoll.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wie das Elterngeld bei Hartz-IV-Empfängern!)

Der Sozialetat macht 50 % des Bundeshaushalts aus. Er trägt aber nur 37 % zum gesamten Einsparvolumen bis zum Jahr 2014 bei.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das ist richtig! – Zu ruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das hohe Niveau der sozialen Sicherung in Deutschland bleibt vollständig erhalten. Bei den Renten wird nicht gespart. Um es klar zu sagen: Mit der Landesregierung von Baden-Würt temberg ist es nicht zu machen, an die Rentner heranzugehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Bei der Grundsicherung gibt es keine Abstriche. Das geplan te 12-Milliarden-€-Programm für Bildung und Forschung bleibt unangetastet. Das ist die wirkungsvollste Sozialpolitik für die Zukunft.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ach du Schreck!)

Meine Damen und Herren, ich verstehe die Besorgnis, die die Sparbeschlüsse bei vielen Menschen auslösen. Aber wir müs sen die Zahlen auch einmal richtig einordnen. Es muss mög lich sein, sie auch sachlich zu diskutieren. Im Jahr 2011 wer den im Sozialbereich 3 Milliarden € eingespart – von insge samt 175 Milliarden €, die der Bund für die soziale Sicherung eingeplant hatte. Das sind weniger als 1,7 %.

Meine Damen und Herren, das ist vertretbar, wenn wir die Ausgaben des Bundes ernsthaft begrenzen wollen und die strukturelle Unterfinanzierung des Bundeshaushalts wirklich beheben wollen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Bei den sozial Schwächsten!)

Wer etwas anderes sagt, streut den Menschen Sand in die Au gen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: So ist es! Jawohl!)

Ich unterstütze die Sparpolitik der Bundesregierung.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Zulasten der sozial Schwachen!)

Vielleicht geht sie damit nicht den einfachsten Weg. Aber sie zeigt Mut zur Verantwortung, damit wir finanzielle Spielräu me zurückgewinnen.

Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass die Bürgerin nen und Bürger Respekt und Verständnis für diese Politik ha ben.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Nein!)

Sie wissen sehr viel besser, als manche Meinungsmacher glau ben, welche Entscheidungen diese Zeit verlangt.

Mit unserem Nachtragshaushalt setzen wir auch in BadenWürttemberg ein Sparsignal. Wir senken die Neuverschuldung in der Krise, im laufenden Etat 2010/2011, um 50 Millionen €. Im Herbst werden wir für die Zeit nach 2011 erste Sparkon zepte vorlegen, um auch das Land für die Wende von der Kon junktur- zur Konsolidierungspolitik klarzumachen.

Ich möchte dies bewusst vor der Landtagswahl tun, weil wir nicht taktieren, sondern weil wir ehrlich und verlässlich Poli tik machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. The resia Bauer GRÜNE: Jetzt wird es aber Zeit!)

Unsere Vorschläge werden damit frühzeitig auf dem Tisch lie gen, obwohl der aktuelle Doppelhaushalt noch bis zum 31. Dezember 2011 steht und gilt. Der Herbst ist nach meiner Überzeugung der richtige und vor allem der seriöse Zeitpunkt. Denn einerseits wäre es ein Fehler, zu früh in die letzten Kri senausläufer hinein zu sparen. Andererseits können wir so auf der aktuellen Grundlage der neuesten Steuerschätzung planen. Denn wir brauchen eine Konsolidierungsstrategie der Sorg falt, der Klarheit und der Glaubwürdigkeit und kein wildes Spargeschrei, in das die linke Seite dieses Hauses ständig aus bricht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich möchte Transparenz, Vertrauen und Planbarkeit schaffen.