Protokoll der Sitzung vom 28.07.2010

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Zur Wahrheit gehört auch: Durch die Veränderung der Anrech nungsregelung und die Abschaffung bisheriger Ausgleichsbe träge bei beruflicher Inkompatibilität gibt es eine ganze Rei he von Kolleginnen und Kollegen, bei denen sich die Diäten erhöhung überhaupt nicht nennenswert auswirkt. Auch dies gehört zur Wahrheit.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Bei mir sind es brut to 140 € mehr! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Wofür bekommst du eigentlich noch Geld? Un glaublich! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Dazu haben wir von den Grünen nichts gehört. Sie, die Grü nen, haben stattdessen die Diätenerhöhung zum Anlass ge nommen, nach jahrelanger gemeinsamer Vorarbeit den Kon sens im letzten Augenblick zu verlassen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Argumentation, Herr Kretschmann, die Sie gewählt ha ben, ist in unerträglichem Maß scheinheilig.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Das Argument, wir hätten eine Wirtschaftskrise, und deshalb müssten die Diäten auf 6 200 € – also Bayern, Stand 2008, ohne Index – festgefroren werden, zieht schlicht nicht.

Wir haben diesen Index 2006 gemeinsam beschlossen, und zwar so, dass wir die Konjunktur- und Wirtschaftsentwick lung mit einbeziehen: Wenn es gut geht, gibt es mehr, wenn es schlecht geht, gibt es weniger. 2010 haben wir weniger. Das heißt, das Argument „Wegen der Wirtschaftskrise werden wir den Index nicht mehr verwenden, und deshalb lehnen wir die Parlamentsreform ab“ ist schlichtweg scheinheilig. Das muss heute in aller Deutlichkeit noch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Abschließend will ich Folgendes sagen:

Stuttgart 21: Grüne im Frühstadium, am Anfang, dafür – Ge genwind –, jetzt vollkommen dagegen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Unerträglich!)

LBBW: Grüne zunächst prinzipiell dafür – Gegenwind –, jetzt dagegen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Unerträglich, Herr Schüle!)

Parlamentsreform: Grüne im Grundsatz dreimal dafür – im letzten Augenblick dagegen. Das ist aus unserer Sicht Oppor tunismus pur, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der SPD – Unruhe bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, CDU, SPD und FDP/DVP werden diese Parlamentsreform gemeinsam beschließen, weil sie sachlich richtig ist,

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

weil sie im Interesse unseres Landes ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Ich erteile Herrn Abg. Stickelberger für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir haben bereits in der ersten Le sung unsere Position zu diesem Teil der Parlamentsreform dar gelegt. Bei dieser Position bleiben wir. Es gibt für uns keine Veranlassung, davon abzurücken. Ich glaube, es steht dem Parlament gut an, wenn es in diesen Punkten in eigener Sache Konsens zeigt, um seine Bedeutung und Stärke zu unterstrei chen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! So ist es!)

Diese Geschlossenheit in eigener Sache ist gut für die politi sche Kultur. Ich glaube, gerade im Verhältnis zur Regierung und zu anderen Gewalten ist das ein Ausdruck parlamentari scher Stärke.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Wir haben Konsens darüber erlangt, dass wir der bayerischen Diätenerhöhung in etwa folgen. Wir bleiben nunmehr darun ter.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Ich darf auf die aktuellste Stimme aus der Wissenschaft ver weisen, auf Herrn Professor Gabriel. Heute war von ihm in der Presse die Einschätzung zu lesen, die Diäten seien eher zu niedrig als zu hoch. Dies nur als kleiner Einwurf.

Die besondere Aufwandsentschädigung für bestimmte Funk tionsträger – darüber wurde lange diskutiert; seit April gab es dazu auch Vorlagen von der Landtagsverwaltung, in denen das nachzulesen ist – und auch die Bestimmung der Versor gungsbeiträge für diese Abgeordneten in besonderen Funkti onen sind aus unserer Sicht konsequent. Auch wir bedauern, dass die Fraktion GRÜNE jetzt so spät ihre Bedenken und An regungen einbringt.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wenn es so spät kommt! Legt doch gleich eine „Lex Rülke“ auf den Tisch!)

Wir hätten uns dies zu einem früheren Zeitpunkt gewünscht. Was Sie jetzt als Antrag vorlegen, ist bisher nicht einmal in Form von Eckpunkten in die Diskussion eingeführt worden. Wir bedauern, dass Sie da den Pfad einer einvernehmlichen Regelung verlassen.

Im Ergebnis ist die Systemumwandlung, die wir jetzt beschlie ßen, konsequent. Sie gilt analog zu dem, was für die Abge ordneten insgesamt gilt. Der Präsident und seine Stellvertre ter bekamen schon bislang eine höhere Altersversorgung als die übrigen Abgeordneten. Ich muss in diesem Zusammen hang sagen, dass mich – wie viele von uns – da eine Stimme aus dem Haus irritiert hat; Herr Rülke, auch Sie haben dazu dezidiert Stellung genommen. Damit meine ich jetzt nicht die Fraktion GRÜNE.

Was die Amtszulage, die gesonderte Aufwandsentschädigung angeht, so ist diese, glaube ich, im Hinblick auf die herausge

hobenen Funktionen mit entsprechendem Mehraufwand und gesteigerter Verantwortung gerechtfertigt.

Insgesamt, meine ich, bewegen wir uns auch mit dieser Re gelung, wie sie jetzt auf dem Tisch liegt, konsequent in Rich tung der Zielvorgabe: die Diäten erhöhen, angemessen gestal ten, aber die Altersversorgung insgesamt absenken. Das ist auch von Ihnen, Herr Kollege Schüle, deutlich gemacht wor den. Deshalb werden wir, die SPD-Fraktion, dieser zwischen den Fraktionen der CDU, der FDP/DVP und uns getroffenen Vereinbarung für diese Neuregelung auch zustimmen. Wir bleiben dabei.

Wir sollten vielleicht in der weiteren Diskussion unser Augen merk auf andere Schritte der Parlamentsreform richten, die noch ausstehen. Insbesondere die Regierungsbefragung ist mit ihrer Zweiteilung aus unserer Sicht bisher nicht befriedigend.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Die Regierung hat im mer gut geantwortet! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Klasse Antworten der Regierung!)

Wir sollten vielleicht auch überlegen, welche Beiträge wir leisten können, um unsere Debatten lebhafter zu gestalten – da sind wir alle gefordert –, und wir sollten insbesondere in den Ausschüssen dafür werben, dass wir mehr Ausschusssit zungen öffentlich gestalten, um die parlamentarische Diskus sion insgesamt zu beleben.

Dabei will ich es belassen. Es ist, glaube ich, genug gesagt. Wir haben uns auf diesen Konsens verständigt, bleiben dabei und werden dem Gesetz zustimmen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Bauer das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mal sehen, was für ein Tanz da kommt!)

Herr Präsident, verehrte Kol leginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2000 die Praxis der Funktionszulagen für Abgeordnete für nicht verfassungskonform erklärt. Dabei bezog es sich – Sie wissen es – auf die vom Grundgesetz vorgesehene Gleich heit der Abgeordneten.

(Abg. Peter Hauk CDU: Für Thüringen!)

Dabei zog es sehr enge Grenzen für den Bezug von Funkti onszulagen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Für Thüringen! – Gegenruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ist Thüringen nicht in Deutschland? – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wir sind in Baden-Württemberg, Frau Kollegin!)

Ja, genau. – Sie kennen die juristische Debatte, die sich da nach entspann. Die Begründung des Bundesverfassungsge richts lautet sinngemäß: Besondere Zulagen schaffen Einkom

menshierarchien, die der Freiheit des Mandats abträglich sind und die Bereitschaft der Abgeordneten beeinträchtigen, ohne Rücksicht auf eigene wirtschaftliche Vorteile die jeweils bes te Lösung für das Gemeinwohl anzustreben.