Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Rot-Grün unter der Regierung Schröder/Fischer hat massive Steuerentlastungen umgesetzt. So hat Rot-Grün den Spitzen steuersatz auf 42 % gesenkt und den Eingangssteuersatz fast halbiert. Diese Maßnahmen wirken dem auch entgegen.

Ich komme zum Schluss: Wir hier im Parlament sind froh, dass die Landesregierung diesem Ansinnen im Bundesrat bis her nicht zugestimmt hat, weil es keine Gegenfinanzierung gibt und wir zwischen Risiko, Schuldenabbau und Investitio nen abwägen müssen. In Anbetracht des bei uns sozial gestaf felten Einkommensteuertarifs halten wir das für richtig und werden Ihren Antrag deshalb ablehnen.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Rita Haller- Haid SPD)

Ich erteile Herrn Abg. Maier für die SPD-Fraktion das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er erklärt jetzt Ga briel!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gabriel muss am Dienstag einen tollen Eindruck gemacht haben, als er in Stuttgart war,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Am Diens tag schon!)

wenn die gesamte Opposition ihn am Donnerstag über den Schellenkönig lobt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Man hat ihn ja auch gemein be handelt! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt haben Sie die Gelegenheit, ihn auch zu loben!)

Dennoch, meine Damen und Herren, die kalte Progression – so lautet dieser Begriff – ist ein ärgerliches Thema. Das räu me ich ein.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Die kalte Progression wirkt sich bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im mittleren Bereich der Einkommen aus und zehrt Lohnerhöhungen auf.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Sie zehrt Lohnerhöhungen vor allem dann auf, wenn eine In flation dazukommt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

Lohnerhöhung und Inflation muss man zusammen sehen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Da kann sich eine Entwicklung ergeben, die auch Ungerech tigkeiten beinhaltet.

Aus sozialdemokratischer Sicht bedarf dieser Teil des Steuer rechts deshalb der Korrektur.

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Karl- Wilhelm Röhm CDU sowie des Abg. Dr. Hans-Ul rich Rülke FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aha!)

Vielen Dank. Ich wandle auf Gabriels Spuren und bekom me von der Opposition Beifall.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Na ja, ganz so mächtig sind Sie noch nicht!)

Noch nicht ganz. Ja, da muss ich noch ein bisschen zulegen.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Man hat es mit der Korrektur des Grundfreibetrags bisher ge schafft, hier einigermaßen Gerechtigkeit hineinzubringen.

Bei dem damaligen Antrag, den Baden-Württemberg abge lehnt hat, ging es um die Gegenfinanzierung. Es ging um die Frage: Wie geht man damit um, wenn man hier Steuerausfäl le in einem großen Umfang hat? Diese Gegenfinanzierung war nicht vorhanden. Darum hat das Ganze auch nicht funktio niert.

Trotzdem sollten wir uns überlegen: Wie kann man Freiräu me schaffen, um hier die Bezieher von Einkommen im mitt leren Bereich zu entlasten?

Zur Gegenfinanzierung gibt es eine Reihe von Vorschlägen. Herr Rülke, Sie haben die Steuereinnahmen, die bis 2017 ge schätzt sind, schon munter verteilt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich habe sie nur benannt!)

Man könnte natürlich auch Ausgaben senken. Das wird aber vom Koalitionsvertrag auf Bundebene her nicht gehen. Vor allem wird die Gegenfinanzierung für den Bund ein Problem

sein. Denn die Steuermehreinnahmen, die aufgeführt worden sind, sind vom Bund eigentlich schon verplant.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Mehrfach verplant!)

Die CDU – das sagt auch Bundesfinanzminister Schäuble – hat hier sicherlich Probleme, Steuereinnahmen ohne Gegen finanzierung zurückzugeben.

Subventionen: Dieser Punkt wurde schon verworfen.

Das Schließen von Steuerschlupflöchern wäre eine Möglich keit. Ich habe gestern darüber geredet. Über diesen Weg könn te man einiges erreichen.

Aber wir könnten diesen unguten Teil der kalten Progression, der in unseren Augen in einer gewissen Größenordnung eine Ungerechtigkeit darstellt, auch durch die Beseitigung einer anderen Ungerechtigkeit in unserem Steuerrecht „reparieren“, indem wir die Einkommen, die aus Kapital entstehen – die Kapitalertragsteuer –, wieder in das normale Steuerrecht zu rückführen und nicht mit 25 % pauschal besteuern würden.

Das ist die Diskussion, die in der SPD geführt wird. Dieser Punkt wird von Herrn Gabriel, wenn er für die Abschaffung der kalten Progression eintritt, als Gegenfinanzierungsvor schlag mit vorgebracht.

Hier besteht nämlich die Ungerechtigkeit, dass derjenige, der vom Kapital lebt, auf die Erträge 25 % Steuern zahlt, während derjenige, der von seiner Arbeit lebt, bis zu 45 % seines dar aus erzielten Einkommens versteuern muss.

Das hat auch schon das Bundesverfassungsgericht beanstan det. Man kann damit rechnen, dass dazu von dort irgendwann einmal ein Urteil kommt.

Wir sind etwas weiter als damals, als dieser Prozentsatz ein geführt worden ist. Das kam damals von Steinbrück in der Re gierungszeit der Großen Koalition. Da gibt es den legendären Satz: „Besser 25 % von X als 45 % von nix.“ Es galt damals, die Kapitalerträge wieder zurückzuholen, die Kapitalflucht ins Ausland zu unterbinden.

Doch durch die gute internationale Zusammenarbeit in Steu erfragen und – – Ich habe das gestern auch ausgeführt: Län der wie die Schweiz und Singapur, eine ganze Menge hartnä ckiger Steueroasen sind schon dazu übergegangen, miteinan der Bankgeheimnisse auszutauschen. Durch diesen Informa tionsaustausch wäre es durchaus möglich, diesen Bruch im Steuerrecht zu reparieren.

Der Vorschlag der SPD wäre deshalb: Beseitigung einer Steu erungerechtigkeit, nämlich der kalten Progression, durch ei ne Gegenfinanzierung in der Form, dass eine weitere Steuerungerechtigkeit – bei der Kapitalertragsteuer – beseitigt wird. Das lässt sich aber nur mit der CDU umsetzen. Das ist eine Regelung, die man auf Bundesebene vornehmen muss.

(Beifall des Abg. Winfried Mack CDU)

Wir hoffen, dass es Schritte dazu gibt. Es gibt verschiedene Diskussionen in der CDU, die auch in diese Richtung gehen. Aber hier scheint noch viel Überzeugungsarbeit notwendig zu sein. Vielleicht hilft am Ende auch das Bundesverfassungsge richt mit. Der Ball liegt auf jeden Fall bei der CDU, bei der Großen Koalition. Wir lassen sie das machen.

Ihr Antrag, Herr Rülke, ist – es tut mir leid – sehr unbestimmt und ohne Gegenfinanzierung. Diesem Antrag können wir lei der nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich erteile Herrn Staats sekretär Rust für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Denn wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen, und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.