Der zweite Grund, warum wir es für gut halten, dass der EnBWUntersuchungsausschuss nun zu einem Ende kommt, ist, dass für das Unternehmen EnBW die fortwährenden Diskussionen sicherlich nicht förderlich waren. Dem Unternehmen, das 20 000 Menschen ein Arbeitgeber ist, wünsche ich, dass wie der etwas gesunde Ruhe einkehren kann.
Neben der teilweise nur sehr spärlichen Dokumentation der Transaktion war die lange Dauer des Untersuchungsausschus ses u. a. auch der nicht akzeptablen Aktenweitergabe einzel ner Ausschussmitglieder geschuldet.
Ich kann nun nicht auf alle Punkte des Untersuchungsauftrags im Einzelnen eingehen. Sie sind aber herzlich eingeladen, die se unserer Bewertung zu entnehmen. Nach dem Kapitel „Vor bemerkungen“ und dem Kapitel „Zur Arbeit im Untersu chungsausschuss“ finden Sie ab Seite 15 die Ergebnisse der Beweisaufnahme systematisch nach jedem einzelnen Punkt des Untersuchungsauftrags gegliedert.
Zusammengefasst zeigt sich folgendes Bild: Die Art und Wei se, wie das Aktiengeschäft eingefädelt wurde, unter Ausschal tung des Parlaments und der Ministerialbürokratie, mit stre ckenweise schlechter oder gar keiner Dokumentation, ist in einer parlamentarischen Demokratie nicht akzeptabel. Es kris tallisierte sich im Laufe der Arbeit des Untersuchungsaus schusses heraus, dass Herr Dr. Notheis offensichtlich wohl ei ne größere Rolle spielte, als ihm ursprünglich zugedacht war. Auch die Kommunikation zwischen den Beteiligten war schlecht. Der Informationsfluss zwischen den drei Akteuren Mappus, Notheis und Schockenhoff ähnelte eher einer Kette denn einem Dreieck. Eine juristische Beratung fand offenbar ausschließlich über Herrn Dr. Notheis statt, und dies angeb lich auf dessen eigene Weisung hin.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich Gleiss Lutz nicht wenigstens einmal dazu veranlasst sah, diese Wei
sung von seiner Mandantin direkt einzuholen. Selbst bei so zentralen Punkten wie der Frage der Gangbarkeit über Arti kel 81 der Landesverfassung kommunizierte die Kanzlei Gleiss Lutz in Person von Herrn Schockenhoff praktisch aus schließlich über Notheis. Spätestens ab dem 30. November 2010, dem Tag, an dem Herr Dr. Notheis ganz offensichtlich den sogenannten „Walch-Vermerk“ missverstanden hatte, hät te Herrn Dr. Schockenhoff aber klar sein müssen, dass eine rechtliche Aufklärung direkt mit der Mandantin unabdingbar gewesen wäre.
Es wurde vonseiten Gleiss Lutz das Risiko, über das Notbe willigungsrecht zu gehen, gesehen, aber die Mandantin wur de in Person des damaligen Ministerpräsidenten nicht aufge klärt,
genauso wenig, wie am Abend des 5. Dezember 2010 der da malige Finanzminister über die Risiken aufgeklärt wurde.
Noch zum Zeitpunkt der Vernehmung von Herrn Schocken hoff – das finde ich jetzt wirklich beachtlich – hat dieser das auch als völlig in Ordnung empfunden. Er hätte es als Faux pas empfunden, so sagte er, wenn er Dr. Notheis durch eine direkte rechtliche Aufklärung der Mandantin übergangen hät te. Zumindest für mich als Nichtjuristen zeichnet sich hier ein recht abstruses Bild.
Zum Kaufpreis: Die Frage nach der Angemessenheit des Kaufpreises konnte nicht abschließend geklärt werden. Es gibt keine Beweise dafür, dass das Land Baden-Württemberg zu viel für das Aktienpaket bezahlt hat. Es wurde schlicht der Preis bezahlt, den die EdF verlangte und der dem Buchwert entsprechend wohl auch angemessen war.
Daran ändert auch das von der Staatsanwaltschaft Stuttgart in Auftrag gegebene Ballwieser-Gutachten nichts.
Denn dieses Gutachten muss im Kontext mit anderen Gutach ten gesehen werden. Immerhin kommen zwei von vier Gut achten zu dem Ergebnis, dass der Kaufpreis durchaus ange messen war. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese an deren Gutachten offensichtlich falsch sind.
Hinzu kommt, dass Professor Ballwieser in seinem Gutach ten selbst darauf hinweist, dass sich, wenn man nur ein wenig an den Schräubchen und den Grundannahmen dreht, ganz an dere Werte ergeben. Dafür kann ich Ihnen zwei Beispiele nen nen:
Wenn man in den Annahmen nur die Inflationsrate um einen Prozentpunkt verändert, ergibt sich ein Wert von 43,42 € statt 34,59 € pro Aktie.
Ein weiterer Punkt der Kritik an dem Ballwieser-Gutachten ist, dass Herr Ballwieser einen Schuldenstand der EnBW zu grunde gelegt hat, der zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs noch überhaupt nicht bekannt war. Allein dieser Rechenfehler macht eine Differenz von 263 Millionen € aus – das bedeutet 1,07 € für jede EnBW-Aktie.
Wie man es dreht und wendet: Es gibt mehrere Gutachten, die im Kontext gesehen werden müssen. Hieraus ergibt sich ein deutig nicht, dass zu viel für das Aktienpaket bezahlt worden wäre.
Das führt uns zu dem nächsten Punkt, der ICC-Schiedsklage. Wenn kein Schaden nachweisbar ist, wird es schwer, einen Schaden einzuklagen. Es ist schon einigermaßen abstrus, nach einer unerlaubten Beihilfe des Landes Baden-Württemberg an einen französischen Staatskonzern zu suchen. Warum sollte das eine baden-württembergische Landesregierung denn auch tun?
Nachdem nun aber nicht einmal ein überhöhter Kaufpreis fest gestellt werden kann, befindet sich die Schiedsklage des Fi nanzministers – jetzt ist er leider nicht da – im freien Fall.
(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Woher wissen Sie das denn? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Passen Sie einmal auf, dass Ihnen das nicht auf den Fuß fällt!)
Einmal unabhängig davon, dass es seltsam ist, wenn man das eigene Unternehmen im Wert dauernd schlechtredet: Spätes tens seit die EdF eine Gegenklage gegen das Land BadenWürttemberg erhoben hat, zeigt sich, wie gefährlich dieses von Minister Schmid gespielte Spiel tatsächlich ist.
Herr Kollege Sckerl, ich habe Ihnen diesbezüglich in der letz ten Pressekonferenz eine Wette angeboten, auf die Sie nicht eingegangen sind.
Ich habe gesagt: Ich biete Ihnen die Wette an, dass diese Kla ge den Bach runtergeht. Sie sind darauf nicht eingegangen.
(Beifall des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Martin Rivoir SPD: Peinlich! – Unruhe)
Sie kennen den Spruch über die getroffenen Hunde, die bellen. Das hat sich hier gerade schön bestätigt. Vielen Dank.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der Tagesordnungs punkt heißt anders! – Zuruf des Abg. Daniel Andre as Lede Abal GRÜNE)
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde regelmäßig durch das Verhalten der grün-roten Landesregierung erschwert. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: So war es zunächst nicht mög lich, an Informationen zur Schiedsklage bzw. zur Klageschrift zu kommen. Begründet wurde dies von Herrn Minister Schmid mit einer angeblichen Vertraulichkeit im Rahmen des Schieds verfahrens;
er dürfe die Klageschrift nicht herausgeben. Sie, Herr Drex ler, haben damals den Zwischenruf gemacht, die Herausgabe wäre ein Rechtsbruch.
Dann gab es aber ein Gutachten der Landtagsverwaltung, von Herrn Finkenbeiner. Herr Finkenbeiner, Ihnen ist dafür bereits gedankt worden. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Schieds gerichtsordnung der ICC keine generelle Verschwiegenheits pflicht beinhalte.
Daraufhin kam Herr Minister Schmid zu dem Schluss, er kön ne die Klageschrift zwar herausgeben, aber es gebe keine He rausgabepflicht; er hätte die Klageschrift zwar herausgeben können, wolle es jetzt aber nicht mehr.
Die exzessive Auskunftsverweigerung der amtierenden Lan desregierung war für die FDP/DVP-Fraktion Anlass, ein Organ streitverfahren beim Staatsgerichtshof anzustrengen. Siehe da, oh Wunder: Kaum war die Klage eingereicht, waren die In formationen auf dem Tisch.
Genauso gab es übrigens Probleme bei der Herausgabe eines Impairment Tests, der im Auftrag der Neckarpri zum Unter nehmenswert der EnBW zum 30. Juni 2011 ermittelt wurde. Das war mangels anderer Gutachten zum damaligen Zeitpunkt für den Untersuchungsausschuss natürlich hochinteressant. Erst nach zähem Ringen rückte die Landesregierung diesen Test heraus.
(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a.: Pein lich, peinlich! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Ein mit „persönlich, vertraulich“ gekennzeichnetes Schreiben erreichte den Landtagspräsidenten. Absender war Herr Justiz minister Stickelberger. Er teilte Herrn Wolf mit, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts einer Verletzung des Dienstgeheimnisses gegen ein Ausschuss mitglied aus rechtlichen Gründen abgesehen werde. Was man Herrn Wolf jedoch nicht mitteilte, war, dass es sich bei dem angesprochenen Ausschussmitglied um den Ausschussvorsit zenden selbst handelte.