Wir brauchen also faire Wettbewerbsbedingungen für den Schienengüterverkehr im Vergleich zu anderen Verkehrsträ gern. Wir brauchen einen funktionierenden Wettbewerb unter den Eisenbahnverkehrsunternehmen, ein leistungsfähiges und dichtes Netz auch in der Fläche, also die passende Infrastruk tur, genügend leistungsfähige und gut erreichbare Terminals und Umschlagzentren, die auch profitabel wirtschaften. Wir brauchen ein optimales Zusammenspiel der einzelnen Güter verkehrsträger, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit, funktionierende Verkehrssteuerungssysteme sowie einen Aus bau und eine bessere Nutzung vorhandener Kapazitäten. Ich denke, wir sind uns einig.
Und was passiert? Wir haben Sie, Herr Minister Hermann, ge fragt, was Sie konkret unternehmen, um den Schienengüter verkehr zu stärken, sodass dieser mehr Verkehrsanteile von der Straße übernehmen kann. Sie haben auch geantwortet. Ei ne Antwort lautete z. B., für die Unterhaltung von Schienen güterverkehrsstrecken der NE-Bahnen – das sind die nicht bundeseigenen Bahnen – seien 2012 noch Zuschüsse in Hö he von 9,8 Millionen € geflossen, im Jahr 2013 nur noch 6,9 Millionen €. Aus Landesmitteln könne der Bau von Gleisan schlüssen bezuschusst werden, schreiben Sie weiter. Die Un ternehmen aber verpflichten sich auf ein bestimmtes Fracht volumen, und erreichen sie dieses Frachtvolumen nicht, müs sen sie den Zuschuss zurückzahlen.
Bei den Umschlagstellen ist die Landesregierung vermittelnd tätig. In Einzelfällen kann sie durch Förderung Anreize set zen. Ich zitiere aus Ihrem Koalitionsvertrag:
Wir wollen den Kombiverkehr und insbesondere die An siedlung von dezentralen Umschlaganlagen fördern, um Spediteuren den Umstieg auf Schiene und Binnenschiff zu ermöglichen.
Jetzt sage ich einmal, was Sie auf die konkrete Frage, mit wie viel Sie dieses Vorhaben bezuschussen, geantwortet haben: mit insgesamt 80 000 € in zwei Jahren. Das, was Sie im Ko alitionsvertrag als wichtiges Ziel bezeichnet haben, nämlich den Kombiverkehr und die dezentralen Umschlaganlagen zu fördern, verfolgen Sie mit einer Fördersumme von 80 000 € in zwei Jahren.
Darüber hinaus haben Sie – das geben wir zu – jede Menge Gutachten und Untersuchungen mit vertiefenden Betrachtun gen in Auftrag gegeben, die sicherlich entsprechend Geld ge kostet haben.
Das ist also alles; das ist die Leistungsbilanz einer grün-roten Landesregierung nach drei Jahren Regierungszeit.
Herr Minister Hermann, wir fragen Sie: Warum behandeln Sie den Schienengüterverkehr so stiefmütterlich? Güterverkehr und Logistik sind nicht nur wichtig, um Waren von A nach B
zu bringen. Die Branche selbst ist ein bedeutender Wirtschafts sektor und ein wachsender Zukunftsmarkt. Die erweiterte Lo gistikbranche in Baden-Württemberg umfasst ca. 20 000 Un ternehmen mit 380 000 Beschäftigten bei einem Umsatz von 35 Milliarden €. Die Regierung sollte Güterverkehr daher nicht nur als ein Umweltübel sehen, sondern die Logistikbran che selbst und unser Land als Logistikdrehscheibe im inter nationalen Wettbewerb stärken.
Anfang Juni hat das Bundesverkehrsministerium die Verkehrs prognose 2030 vorgelegt. Sie dient als Grundlage für den Bun desverkehrswegeplan in den Jahren 2015 ff. Prognostiziert werden mit einem Plus von 38 % überproportionale Zuwäch se im Güterverkehr. Zum Vergleich: im Personenverkehr wird mit plus 13 % gerechnet. Für Baden-Württemberg wird aus gehend vom Jahr 2014 bis zum Jahr 2025 ungefähr eine Ver dopplung des Güterverkehrsaufkommens auf der Schiene er wartet.
Dabei gibt es durchaus auch eine Trendwende zugunsten der Schiene. Unter den Verkehrsträgern wird dem Bahnverkehr mit 43 % der stärkste Zuwachs vorhergesagt, gefolgt vom Lkw-Verkehr mit 39 % und dem Schiffsverkehr mit 23 %. Trotzdem behält der Lkw-Verkehr seine Dominanz.
Ich brauche jetzt nicht zu wiederholen, was zu tun ist; eigent lich wissen Sie es auch selbst. Ich kann Sie an dieser Stelle nur aufwecken und daran erinnern, dass Sie regieren, Herr Mi nister Hermann. Sie sind in der Pflicht, zu handeln.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte Sie zu Beginn eigentlich da für loben, dass Sie diesen Antrag gestellt haben.
Angesichts der Antworten in der Stellungnahme hätten Sie in Ihrem Redebeitrag aber eigentlich einer anderen Logik folgen müssen.
Das Thema Konzepte wurde angesprochen. Konzepte waren leider nicht vorhanden; sie mussten für die Maßnahmen zur Förderung des Güterverkehrs erst erstellt werden. Sie liegen nun vor, werden umgesetzt und sind zum Teil schon auf frucht baren Boden gefallen.
Vielleicht noch eine Bemerkung vorab: Wir haben vieles für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Interessanterwei se ist diese Fragestellung in Bezug auf den Bundesverkehrs
wegeplan auch noch nicht richtig bearbeitet gewesen. Das wird erst jetzt durch Gutachten und Untersuchungen gemacht.
Ich erinnere Sie an die Korridorstudie. Ich hatte am vergan genen Montag die große Ehre, an einer entsprechenden Ver anstaltung teilzunehmen. Vertreter des Bundesministeriums haben mir erklärt, dass sie erst jetzt die Korridorstudie zur Förderung des Güternahverkehrs in die Diskussion bringen, an der wir, das Land, beteiligt werden.
Ich habe auch noch erfahren – das war auch interessant –, dass die Maßnahmen, die das Ministerium für den Bundesverkehrs wegeplan vorgeschlagen hat, für Baden-Württemberg die rich tigen waren,
um z. B. den Knotenpunkt in Mannheim umzusetzen. Daher verstehe ich die Diskussion nicht. Wir sind uns doch einig, dass wir den Güterverkehr fördern müssen.
Ich fand die Fragestellungen, die Ihr Antrag beinhaltet, rich tig. Ich sowie unser Arbeitskreis Verkehr hätten sie noch er gänzt z. B. um Fragen zu den Arbeitsverhältnissen von LkwFahrern, den entsprechenden hygienischen Verhältnissen, zum Thema Autobahnraststätten usw. Es gibt noch viele Fragestel lungen ergänzend zu Ihren, bei denen die Zuständigkeit aber beim Bund liegt.
In den Arbeitskreisen erkennen wir immer deutlicher, dass der Bund seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Statt immer wieder Tiraden gegen unseren Minister zu richten und zu sa gen: „Der ist schlecht“, sollten Sie einmal in Ihrem eigenen Bundesministerium nachfragen, wie der Güterverkehr geför dert wird. Das ist traurig. Unser Minister und wir, der Arbeits kreis Verkehr der Grünen, haben sehr viele Impulse auf der Bund-Länder-Konferenz in Mainz gesetzt, bei der es gerade um die Förderung der Güterverkehre ging. Da wurde von den Unternehmen das, was wir immer wieder angeregt haben, nämlich all die Verkehrsträger einmal zusammenzubekom men, sehr gelobt. Einer von denen, die das gefördert haben, war Minister Hermann aus Baden-Württemberg. Wir, der Ar beitskreis, haben das natürlich auch unterstützt.
Ich denke – das haben wir gerade vorhin auch gesagt –, es wä re viel wichtiger, auch hier im Plenum wirklich einmal Sach debatten zu führen, auch einmal die Diskussion zu führen: Wo kommt denn eigentlich das Problem her? Das ist leider im Grunde genommen jetzt wieder nur so eine Dresche, man ma che wieder etwas verkehrt.
Aber wir müssen hier wirklich mit dem Bund zusammen die se Konzepte umsetzen, damit die Förderung von Schienen verkehren, von Schiffsverkehren vorangetrieben wird, weil wir letztendlich merken, dass gerade der Autoverkehr noch viele Probleme mit sich bringt. Dies gilt mit Blick auf die Ar beitsverhältnisse oder auch auf die Abstellmöglichkeiten. Ins gesamt ist bemerkenswert, wie billig diese Transporte sind.
Zu der Trimodalität, die der Minister und auch Sie immer wie der einfordern, gehört, gerade die Standorte Mannheim als Hafenbereich, Stuttgart, Heilbronn, aber auch Karlsruhe wie der zu fördern und sie als Trimodale zwischen Schiene, Was
serstraße und Straße weiter voranzutreiben. Das ist ganz si cher wichtig. Da gibt es jetzt ein Gutachten für die konzepti onelle Ausarbeitung, wie man das fördern kann.
Dieses Gutachten kam sehr gut an, auch bei den Kommunen. Es war jetzt die erste Runde hier in Stuttgart, und da ging es vor allem um die Frage: Wo kann man solche trimodalen Zen tren hier im Großraum Stuttgart machen? Da sind die Kom munen recht aufgeschlossen und sehr konzentriert, und sie ha ben auch bei uns in den Diskussionen immer wieder gesagt: „Daran muss man weiterarbeiten.“
Ich denke, es muss unser Ziel sein, hier gemeinsam diese Tri modalität umzusetzen. Die Industrie – das muss man auch ganz deutlich sagen – ist da oft schon sehr viel weiter. Mer cedes-Benz hat hier z. B. ein Logistikzentrum, wo morgens entschieden wird, welche Möglichkeiten genutzt werden sol len, ob die Produkte mit dem Schiff, mit der Bahn oder auf der Straße transportiert werden – je nachdem, wie die Ver kehrsströme gerade sind. Das sind natürlich Dinge, die wir uns letztendlich auch zunutze machen müssen, um in der Po litik bei diesem Thema voranzukommen. Daher bitte ich Sie, diesen Gesichtspunkt immer wieder mit einzubeziehen.
Klar ist, dass der Minister hier viel macht und dass wir hier insgesamt auch von grüner Seite aus viel machen. Es wäre schön, wenn die Opposition mithelfen würde, dies umzuset zen. Denn für die Bundespolitik sind nicht wir verantwortlich, sondern im Bund sind Sie mit Ihren Koalitionspartnern dafür verantwortlich, dass all dies umgesetzt wird. Es wäre schön, wenn Sie da antreiben würden und nicht immer bloß Schelte gegen einen Minister vorbringen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Habe ich nicht gesagt!)
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Im Antrag wird auf eine Kernproblematik dieses Industrielands verwiesen: Wie viele Güter bringen wir auf die Schiene? Hier voranzukommen ist ein Ziel, das sich eigentlich alle Parteien gesetzt haben. Aber wir wissen, mit der Umsetzung hapert es schon ein bisschen. Das ist völlig unstrittig. Das hängt auch damit zusammen, dass einfach ver schiedene politisch Verantwortliche unterwegs sind.
Zum einen sind gar keine ausreichenden Trassenkapazitäten vorhanden. Sie wissen alle: Vorrang hat der Personenverkehr, und wir haben zu wenig oder keine separaten Güterverkehrs trassen. Das heißt, wir haben in ganz geringem Umfang Zeit fenster, in denen der Güterverkehr abgewickelt werden kann. Das ist eines der Kernprobleme. Es fehlen Schienenverkehrs wegekapazitäten. Das ist das eine. Das muss der Bund leis ten.
Wir sehen am Beispiel Rheintal, drittes/viertes Gleis, wie zäh das alles ist, wie wir hinterherhinken und welche Konflikte mit der Bevölkerung dadurch entstehen. Im Rheintal geht es nicht mehr nur um Straßenlärm. Schienenlärm bewegt die Ge müter mehr denn je. Deswegen hat ja die DB zugesagt, neue
Bremsen etc. einzurichten. Aber das alles ist ein langwieriger Prozess, den wir alle, denke ich, gern beschleunigen würden.
Die andere Ebene ist die kommunale Seite. Wenn wir Güter auf die Schiene bringen wollen, brauchen wir Umschlagplät ze. Die Planungshoheit für solche Umschlagplätze – das The ma Gefängnisbau lässt grüßen – hat die kommunale Ebene. Damit sind wir in einem Riesendilemma. Wer will denn schon ein solches Logistikzentrum, einen Güterumschlagplatz, der garantiert verbunden ist mit Verkehr, mit Lärm, mit Abgasen, und der den Kommunen kaum Gewerbesteuereinnahmen bringt?
Es bedarf, wenn wir solche Zentren errichten wollen – und das wollen wir –, eines äußerst behutsamen Vorgehens. Das ist klar. Deswegen ist es wichtig und richtig, hier mit den Kommunen einen behutsamen Kontakt zu pflegen. Überall, wo solche neuen Großanlagen errichtet werden sollen, muss auch abgewogen werden, quasi im Sinne eines Raumord nungsverfahrens: Was wäre denn die Alternative zum Stand ort A oder Standort B oder Standort C?
Wie viele Gutachten man dazu braucht, ist strittig. Ich persön lich bin da manchmal auch reserviert. Dass südlich von Stutt gart eine Anlage fehlt – Lob an den Professor, dass auch er dies herausgefunden hat. Aber damit sind wir der Lösung noch nicht näher. Wo soll ein solcher Platz denn hinkommen? Da brauchen wir die kommunale Ebene. Den Kommunen kann man aber nicht nur einen subjektiven Willen eines Ministers vorlegen, sondern der Minister muss das schon durch kompe tente Analysen sachlich untermauern.
Das ist vom Minister gemacht worden. Das ist auf dem Weg, und wir hoffen und setzen darauf, dass es gelingt, hier im Land diese Güter vermehrt auf die Schiene umzuschlagen. Dabei sei auch erwähnt, dass die Industrie in unserem Land in nicht unerheblichem Maß Produkte fertigt, die weitgehend recht kleine Gütermengen darstellen. Bei mir in der Raumschaft werden beispielsweise Nadeln produziert. Es ist völlig illusi onär, so etwas mit dem Zug transportieren zu wollen. Es sind vor allem Massengüter, die gut und preisgünstig in Kompakt zügen von A nach B transportiert werden können. Aber sobald Sie das Gut umschlagen müssen, mit Zuliefererbetrieben etc., wird es viel zu teuer und kompliziert.
Ein anderes Problem – das kann ich Ihnen auch aus meinem Wahlkreis schildern – betrifft ein ganz großes Verteilzentrum von Edeka. Edeka hat dort einen Bahnanschluss geschaffen. Aber was nützt es, wenn man auf der Seite der Zulieferer oder der Abnehmer keinen Anschluss mehr hat? Dann sind alle Wünsche und sinnvollen Investitionen tot. Da reichen dann schon auf der Abnehmer- oder Zuliefererseite einer oder zwei. Es ist der individuellen Entscheidung eines Unternehmers überlassen, wie er transportiert. Dann wird das Ganze jedoch schnell zur Makulatur. Deswegen müssen wir auch viel Über zeugungsarbeit leisten.
Klar ist: Der Vorwurf kann sich nicht an die Spediteure und die Logistiker richten. Die nehmen das Verkehrsmittel, das der Staat ihnen anbietet. Da haben wir durchaus noch Haus aufgaben zu machen. Aber ich denke, wir sind auf einem gu ten Weg.