Protokoll der Sitzung vom 23.07.2014

Das Problem ist: Wenn Sie dieses Produkt über das Internet erwerben – das geht problemlos –, wissen Sie nie, was Sie ei gentlich kaufen. Das ist im Grunde eine Art russisches Rou lette. Sie können schon mit einem kleinen Briefchen, auf dem eine Kräutermischung abgebildet ist, eine hohe Zahl von ent sprechenden Konsumeinheiten herstellen und beziehen.

Eine Strafbarkeit nach dem Arzneimittelgesetz kommt also seit zwei Wochen nicht mehr in Betracht. Damit haben wir ei ne echte Strafbarkeitslücke. Das heißt, jeder kann diese ille galen Drogen, die synthetisch hergestellt werden, mittlerwei le verkaufen, wie er will, ohne dass er eine strafrechtliche Sanktion zu erwarten hat. Das darf natürlich nicht sein. Im Hinblick auf das hohe Gefährdungsrisiko müssen wir uns überlegen: Wie gehen wir damit um?

Es gibt deshalb Vorschläge, die auch in meinem Haus mitentwickelt wurden, eine Stoffgruppenstrafbarkeit einzufüh ren. Das heißt, man muss pharmakologisch-chemisch genau definieren, welche Stoffgruppen zur Herstellung dieser syn thetischen Drogen infrage kommen, und dann kann man eine neue Strafbarkeit einführen.

Das Ganze ist sehr, sehr kompliziert und bedarf einer vielfäl tigen Prüfung, natürlich auch einer verfassungsrechtlichen Prüfung. Aber das bisherige Betäubungsmittelgesetz hat eben nicht ausgereicht, weil man gemerkt hat: Immer wenn man ei

nen Stoff in die Liste der gefährlichen Stoffe aufgenommen hat, ist am nächsten Tag

(Abg. Dr. Marianne Engeser CDU nickt.)

die Apothekerin nickt – ein neuer Stoff entstanden mit einer geringfügigen pharmakologischen Änderung, und damit war die Strafbarkeit entfallen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist wie beim Doping!)

Ähnliche Phänomene haben wir beim Doping, Herr Röhm. Das ist richtig.

Wir arbeiten jetzt daran, Vorschläge zu entwickeln. Dabei wä re natürlich auch der Bundesgesetzgeber gefordert. Wir ste hen mit dem Bundesministerium der Justiz in Kontakt. Feder führend wird das Bundesgesundheitsministerium bei diesen Fragen sein. Wir müssen uns eng abstimmen, damit es zur Strafbarkeit kommt.

Baden-Württemberg bringt sich ein. Das Problem drängt uns auch. Wir haben aber gleichzeitig auch die folgende Frage im Blick: Was kann man – neben der Einführung der Strafbarkeit – noch machen?

Aufklärung ist gefordert, ist gefragt und ist gar nicht so leicht. Wir müssen die jungen Menschen erreichen.

Es gibt in anderen europäischen Ländern, etwa in der Schweiz und in Österreich, Modellversuche und Projekte. Ich nenne das Stichwort „Drug Checking“. Drug Checking bedeutet, dass sich jemand, der illegale Drogen konsumiert, testen las sen und dann sozusagen zu einer eigenen Risikoeinschätzung kommen kann.

Man muss genau prüfen, wie man so etwas organisiert. Auf den ersten Blick klingt es natürlich etwas verblüffend, sich vor dem Besuch eines Popkonzerts Rauschmittel zu besorgen, sich dann dort freiwillig einem Screening zu unterziehen und damit Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden. Hierbei stellt sich außerdem die Frage, ob sich diejenigen, die den Check vor nehmen, möglicherweise strafbar machen, wenn sie feststel len, dass jemand eine lebensgefährliche Droge konsumiert hat, und sie nicht einschreiten.

Das sind vielfältige Fragen, denen wir uns stellen und bei de nen wir vorankommen müssen, weil wir da im Moment einen rechtsfreien Raum haben.

Vielen Dank.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Dr. Engeser das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Fachfrau!)

Herr Minister, meine Da men und Herren! Ich danke Ihnen, dass Sie das Thema „Le gal Highs“ aufgegriffen haben, denn der Konsum dieser Dro gen nimmt ständig zu und wird immer populärer, auch weil diese Drogen so leicht im Internet zu bekommen sind.

Wir haben dieses Thema im Sozialausschuss diskutiert. Des wegen richtet sich meine Frage eher an das Sozialministeri

um; aber vielleicht können Sie die Frage weiterreichen oder auch beantworten.

Gibt es unter den neuen juristischen Aspekten Ideen, wie wir gegen diesen Drogenkonsum präventiv vorgehen können? Gibt es ein Konzept, wie wir das in die Gesamtdrogenpräven tion einarbeiten können?

Danke schön.

Frau Dr. Engeser, um ein fertiges Konzept vorzustellen, ist es sicherlich noch zu früh. Das Thema ist gerade in den letzten Monaten virulent geworden. Ich gehe davon aus, dass wir uns innerhalb der Landesregierung, mit Frau Kollegin Altpeter, sehr stark ab stimmen und dann auch entsprechende Konzepte entwickeln.

Mein Part als Justizminister ist eher der strafrechtliche. Aber das wird hier nicht ausreichen. Wir müssen uns mit dem So zialministerium, mit allen, die mit der Drogenproblematik zu tun haben, zusammentun. Auch viele freie Träger und ehren amtlich Tätige kümmern sich um diese Probleme. Diese müs sen wir mittel- bis langfristig natürlich auch einbeziehen.

Aber, wie gesagt: Wir stehen erst am Anfang. Wir haben jetzt einen Aufschlag gemacht und fühlen uns von der Fachwelt bestätigt, dass wir gemeinsam – sowohl strafrechtlich als auch präventiv – vorgehen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. So mit darf ich mich bedanken und das zweite Thema beenden.

Danke schön.

Wir kommen zum drit ten Thema, beantragt von der Fraktion der CDU:

H o c h s c h u l p o l i t i k

Ich darf Frau Abg. Kurtz das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einem Jahr wurde die Beratende Äußerung des Rechnungshofs zu den Musikhochschulen in Baden-Württem berg bekannt. Der Rechnungshof regte u. a. eine Reduzierung der Zahl der Studienplätze und die Einführung von Studien gebühren für Studierende, die aus Staaten außerhalb der EU kommen, an.

Im Anschluss an diese Beratende Äußerung hat Frau Minis terin Bauer ein eigenes Konzept vorgelegt, wie sie die Musik hochschullandschaft in Baden-Württemberg reformieren will. Das hat zu einem Erdbeben im Musikland Baden-Württem berg geführt.

Sie hat im Anschluss an die massiven Proteste einen Diskus sionsprozess mit verschiedenen Fachforen eingeleitet. Das fünfte Fachforum fand am vergangenen Montag in Karlsruhe statt. Gestern gab es zudem eine Anhörung des Wissenschafts ausschusses zu diesem Thema.

Wir sind nach zwölf Monaten – zum Glück – weitergekom men. Das ist auch dem umsichtigen Vorgehen der fünf Mu sikhochschulrektoren zu verdanken, die jetzt ein sehr kluges

Konzept vorgelegt haben und alle Interessen der fünf Stand orte berücksichtigt haben.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Es gibt jetzt die Vorstellung einer Balance von Kernangebo ten, Profilangeboten und qualifizierten Zentren an den ver schiedenen Standorten. Das entspricht im Grunde dem, was uns allen die Kunstkonzeption in der letzten Legislaturperio de als Auftrag erteilt hat, nämlich zu einer Profilbildung der verschiedenen Musikhochschulen zu kommen.

Es gibt jetzt also einen guten, einen konstruktiven Prozess. Aber es bleibt auch noch sehr viel im Vagen. Die entscheiden de Frage, nämlich die nach den Ressourcen, ist noch völlig offen. In der heutigen Ausgabe der „Stuttgarter Zeitung“ wur de von „nebulösen Formulierungen“ gesprochen.

Der Rechnungshof hatte ein Einsparpotenzial von 4 Millio nen bis 5 Millionen € erkannt. Auch die Regierungsfraktio nen haben dazu extra einen Beschluss gefasst.

Deswegen frage ich Sie, Frau Ministerin: Wie beurteilt die Landesregierung das Konzept, das die Rektoren ausgearbei tet haben? Wie wahrscheinlich ist seine Umsetzung? Wie ste hen Sie zu der darin formulierten Forderung, dass die Musik hochschulen kein Sonderopfer zu erbringen haben? Wie ste hen Sie zu dem Beschluss der Regierungsfraktionen zu die sem Einsparpotenzial?

Vor allem stellt sich aber die große Frage: Wie können Sie das alles noch in die Solidarpaktverhandlungen einbringen? Erst im November wollen Sie das Konzept zur Reform der Musik hochschullandschaft endgültig vorstellen. Wie ist Ihr Zeitplan? Passt das zusammen?

Ich danke für Ihre Antworten.

Danke schön. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Bauer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Da men und Herren Abgeordnete! Die Musikhochschulen waren hier gestern ausgiebig Thema, als der Wissenschaftsausschuss im Plenarsaal seine Anhörung durchgeführt hat und dabei den Blick zurückgeworfen hat auf die fünf Veranstaltungen im Rahmen der Zukunftskonferenz Musikhochschulen und auf den Ausgangspunkt der Debatte – Sie erwähnten es, Frau Abg. Kurtz –, nämlich die Empfehlung des Rechnungshofs, 4 Mil lionen bis 5 Millionen € einzusparen, indem man 500 Studi enplätze an den Musikhochschulen zurückbaut und Studien gebühren für Nicht-EU-Ausländer einführt.

Die Diskussionen in den Dialogforen, aber auch gestern die Anhörung im Wissenschaftsausschuss haben sehr gut belegt, dass wir einen großen Schritt vorangekommen sind. Es gibt inzwischen Einigkeit bei Fragen, die vor einem Jahr noch zu heißen Debatten geführt haben.

Es besteht Einigkeit, dass es, entgegen der Empfehlung des Rechnungshofs, gefährdend für die Qualität und gefährdend für unsere Standorte wäre, würde man Einsparungen realisie ren, indem man auf der Basis einer etwas schwierigen Wirt schaftlichkeitsberechnung des Rechnungshofs mehr oder we

niger gleichmäßig über alle Standorte hinweg weitere Kür zungen vornähme. Die Schwierigkeit bei der Berechnung des Rechnungshofs bestand darin, dass der Rechnungshof eine Relation zwischen den Zuwendungen des Landes für die Mu sikhochschulen und den jeweiligen Studierendenzahlen her gestellt hat.

Es ist nicht sinnvoll, so vorzugehen, da wir auf eine Entwick lung in den letzten Jahrzehnten zurückblicken, in denen die Musikhochschulen zum Teil Studierendenzahlen entgegen der Vereinbarung mit der Landesregierung und ohne entsprechen de finanzielle Unterlegung ausgeweitet haben. Diejenigen, die sich selbst in eine prekäre und schwierige Situation gebracht haben, stehen damit in den Augen des Rechnungshofs auf ein mal als die effizientesten und wirtschaftlichsten Musikhoch schulen da und sollen beispielgebend für andere sein.

Diese Sichtweise ist inzwischen im Konsens zurückgewiesen worden und wird als nicht tauglich angesehen. Wir haben – über alle Standorte hinweg – Konsens, dass wir bei relativ kleinteiligen Musikhochschulen in Baden-Württemberg alle Standorte auch in Zukunft mit einer attraktiven Perspektive ausstatten wollen. Wenn man diese weiterentwickeln will, dann muss man Qualitätssicherung durch Differenzierung und Profilbildung betreiben.

Es sollte nicht an allen kleinen Standorten alles und in klei nen Mengen gehalten werden. Vielmehr sollte es neben dem Kern, der jede Musikhochschule kennzeichnen soll, unter schiedliche Profile und unterschiedliche qualitative Zentren geben. Die Profile weisen sehr stark auf Arbeitsteilung hin und basieren darauf, dass nicht alle Spezialitäten und Spezialisie rungen überall gebraucht werden. Die qualitativen Zentren weisen darauf hin, dass wir gemeinsam daran arbeiten wol len, dass besonders starke Elemente einzelner Standorte ge stärkt werden.