Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Vielen, vielen Dank dafür.

Ich würde einfach darum bitten, dass Sie, lieber Herr Rapp, die Strategie lesen, anschauen, draußen beobachten und ver innerlichen sowie ein Stück weit mitmachen. Dann werden Sie sehen, dass es eben mehr ist als nur ein Quäntchen Salz.

Für die SPD-Fraktion sind drei Themen ganz besonders wich tig. Das eine Thema ist der Nationalpark. Mit dem National park gewährleisten wir Schutz und Erhalt der Artenvielfalt in unserem Land. Wir greifen das Naturerbe auf, das schon un sere Vorgängerinnen und Vorgänger ermöglicht haben. Ein Beispiel dafür ist der Wildsee, der bereits 1911 unter Natur schutz gestellt worden ist. Ich kann Ihnen nur raten: Besuchen Sie ihn. Vielleicht vermittelt er eine Ahnung davon, was in 100 oder 150 Jahren im Nationalpark Schwarzwald passieren wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Markus Rösler und Manfred Kern GRÜNE)

Der Nationalpark macht für Groß und Klein, für Alt und Jung, meist sogar zusammen, erlebbar, was die Schönheit und die Einzigartigkeit von Naturschutz und Landschaft ist. Ganz wichtig ist auch: Der Nationalpark bringt neue Impulse, neue Perspektiven für die Menschen, die dort leben. Ich denke, der Nationalpark ist genau das Zeichen, das wir brauchen, das Zei chen für eine gute Balance zwischen Naturschutz, Land schaftsnutzung und Tourismus.

(Zuruf: Genau!)

Ein zweiter Punkt ist die Landschaftspflege. Die Landschaf ten sind Zeugnis für unsere Kulturgeschichte, sind Zeugnis für unsere Lebensart, für das, was wir Heimat nennen, für das, was die Besucherinnen und Besucher unseres Landes attrak tiv finden. Deswegen kommen sie her, auf die Schwäbische Alb, in den Kraichgau, in den Odenwald, in den Breisgau oder in den Schwarzwald.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Das ist doch die Grundlage für Wirtschaften und für Wohl stand in unserem Land. Genau diese Lebensräume müssen ge pflegt werden, damit wir sie an unsere künftigen Generatio nen weitergeben können.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Instrument dafür heißt Landschaftspflegerichtlinie. Da wird genau das gemacht. Da wird ein Ausgleich für die Um wandlung von Acker in Grünland, für eine späte Mahd oder für einen Mehraufwand bei der Beweidung geschaffen. Auch das ist ein Zeichen von Balance von Naturschutz, Land schaftspflege und Tourismus.

Ein dritter Punkt ist der Generalwildwegeplan. Wir haben vie le wilde Tiere im Land, und wir brauchen Korridore, um die Lebensräume miteinander zu verbinden, damit die geschütz te Art Auerhahn eine Zukunft hat, damit die Wildkatze künf tig eine Zukunft hat und künftig, wenn er es über den Rhein schafft, auch der Luchs eine Zukunft hat.

(Heiterkeit der Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Das ist eine Balance zwischen Naturschutz, Artenschutz und Landbesiedelung.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Deswegen ein Glückauf der Naturschutzstrategie!

Ich ende mit einem Zitat von Henry Miller, lieber Kollege Rapp:

Wer sich mit der Natur verträgt, dem tut sie nichts.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Bullinger.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt wie der ein bisschen Sachverstand in die Debatte! – Hei terkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg, liebe Kol leginnen und Kollegen: Sehr vieles von dem, was Sie gerade gesagt haben, kann ich unterstreichen. In einem Punkt wider spreche ich allerdings: Leuchtturm ist das eine; Baden-Würt temberg ist jedoch ein Flächenland. Ich als Bauernsohn bin in der Natur aufgewachsen. Ich habe Natur nicht aus Büchern oder vor dem Fernsehschirm kennengelernt. Ich sage Ihnen:

Wir brauchen das in einem Land mit 10,6 Millionen Bürge rinnen und Bürgern. Deshalb gelten zwei Schlagworte für mich: „Mensch und Natur“ und „Nützen und Schützen“.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir haben auch eine hervorragende Kulturlandschaft, in der dies umgesetzt wird.

Vielleicht noch ein Punkt: In der vergangenen Woche fand der Bundesverbandstag der Landschaftspflegeverbände statt. Jo sef Göppel, CSU, ist seit über 20 Jahren der Vorsitzende. Wäh rend dieses Verbandstags waren wir drei Tage lang in Schwä bisch Hall und u. a. auch in Exkursionen unterwegs. Da ha ben die Kolleginnen und Kollegen des Naturschutzes aus an deren Bundesländern nur so gestaunt, was bei uns alles vor allem durch Flurneuordnung – nicht durch Flurbereinigung, sondern durch Flurneuordnung – an Flächen wiedergewon nen, aktiviert, renaturiert wurde. Das ist vorbildlich.

Ich muss sagen: Das ist ein Ergebnis einer Aufgabe, die wir auch den Verbänden, den Flurneuordnungsverbänden, den Be triebsgemeinschaften und vor allem den vielen Eigentümern, den Landwirten, abverlangen, die dort mitmachen und Land schaftspflege betreiben. Denen müssen wir danken, und die müssen wir vor allem unterstützen, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Allerdings: Wenn ich mir den Koalitionsvertrag anschaue, wenn ich mir die Wahlplakate und die Wahlprospekte der Grü nen aus dem Jahr 2010 anschaue, muss ich sagen: Viel ver sprochen, bisher wenig gehalten.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von den Grünen: Was?)

Sie tragen jetzt im vierten Jahr Regierungsverantwortung.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Deshalb, meine Damen und Herren, fehlt mir ein Gesamtkon zept. Vor allem fehlt mir die Umsetzung.

In einer Pressemitteilung zur Vorstellung der Strategie ließ der NABU-Vorsitzende Andre Baumann – Sie wissen ja: das ist der, der im MLR häufig ein- und ausgeht, der mit dem grünen Stift – am 3. Juli 2013 verlautbaren, dass es kritisch zu sehen sei, dass sich die Landesregierung eine halbe Legislaturperi ode Zeit damit gelassen habe. Es geht nicht mehr um nur ei ne halbe Legislaturperiode, sondern Sie sind im vierten Re gierungsjahr. Die Ergebnisse sind insgesamt gesehen jedoch alles andere als positiv, sondern sehr dürftig. Wo Baumann recht hat, hat er recht, zumal die Tendenz zur Bummelei in Teilbereichen fortgesetzt wird. Ankündigungen und Pressege spräche funktionieren, ferner funktioniert alles, mit dem man in das Eigentum anderer eingreift,

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

aber, meine Damen und Herren, bei einer gesamtheitlichen Naturschutzstrategie bleibt es bei Ankündigungen. Wir brau

chen nicht nur Vorranggebiete für Windkraft, nein, es muss auch Gebiete geben, in denen Landschaftsschutz Vorrang ge nießt. Auch das ist ein Punkt, zu dem wir im Naturschutzbe reich wieder hinkommen müssen.

Ich frage Sie einmal: Wo ist die Moorschutzkonzeption? Die se soll nun im Jahr 2015 kommen. Ergebnis heute: Fehlanzei ge. Die Streuobstkonzeption – wiederholt angekündigt – soll angeblich in der zweiten Jahreshälfte 2014 kommen.

Des Weiteren befürchtet der NABU-Chef in der oben genann ten Pressemitteilung, dass das Lieblingskind und Leuchtturm projekt Nationalpark künftig finanziell zulasten des Natur schutzes in der Fläche als Ganzes geht. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident:

Der Nationalpark ist ein Leuchtturmprojekt für Natur schutz, Tourismus und Regionalentwicklung.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Seine Finanzierung darf jedoch nicht dazu führen, dass im restlichen Land die Lichter des Naturschutzes ausge hen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Richtig!)

Den Nationalpark auf Kosten der Orchideen im Kaiser stuhl oder der Streuobstwiesen auf der Alb

oder im Hohenlohischen –

einzurichten wäre fatal.

So Baumann. Wo er recht hat, hat er recht. Es kommt ja nicht so oft vor, dass ich ihm beipflichte, aber da hat er recht. Er be fürchtet, dass der Nationalpark mit dieser „Leuchtturm-Finan zierung“ auf Kosten der Eigentümer und zulasten des breiten Naturschutzes geht.

Meine Damen und Herren, übergeordnetes Ziel der Natur schutzstrategie muss es sein, einen wirksamen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt für ganz Baden-Württemberg zu erreichen. Weitere Ziele sind naturverträgliches Wirtschaf ten sowie die flächendeckende Entwicklung von Naturerfah rung und Naturerlebnis.

Die Kollegin hat schon darauf hingewiesen, dass 30 bis 40 % der Arten auf der roten Liste stehen; bei den Fischen sind es sogar 60 %.