Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

Die Kollegin hat schon darauf hingewiesen, dass 30 bis 40 % der Arten auf der roten Liste stehen; bei den Fischen sind es sogar 60 %.

Übrigens, meine Damen und Herren von Grün-Rot, der von Ihnen so geliebte und geschützte Kormoran schert sich einen Dreck darum, welche Spezies auf der roten Liste stehen, wenn er „durchfischt“. Auch da gibt es noch vieles zu korrigieren.

In der Vergangenheit war Naturschutz oft zu sehr von Vor schriften, Verboten, Konfrontation geprägt. Aber umgekehrt wird ein Schuh daraus, wenn man sich heute besonders mit Kooperation, Motivation, Wertschöpfung, Erlebnis und Be geisterung an dieses Thema herantastet. Entgegen einiger gu ten Ansätze unter Grün-Rot – ich nenne z. B. die Förderung der Bewirtschaftung von Steillagen,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Förderung der Bewirt schaftung der Steillagen ist wichtig!)

den Terrassenweinbau, der gemeinsam von allen Fraktionen gefördert wurde; insoweit Anerkennung – gibt es aber auch das Gegenteil festzustellen mit „Totalreserve“, Stilllegung und ähnlichen Dingen.

Meine Damen und Herren, auch die Nichtentnahme – ich ha be es letzte Woche schon gesagt – von Nichtderbholz gehört dazu. Man muss auch hier Energiewende, Wirtschaften, Nüt zen und Schützen besser zusammenbringen. Beim Verbieten sind Sie groß – schnell einmal Grünlandumbruchverbot, Ge wässerrandstreifen, Neuordnung des Wasserrechts und ande re Entwicklungsbremsen.

(Widerspruch des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Immer dann, wenn es um das Eigentum anderer geht, ist GrünRot stark – ganz nach dem Motto: Intelligente Finanzierung ist, wenn andere zahlen und nicht der Nutzer.

Meine Damen und Herren, Eingriffe ins Eigentum, eine Ver botskultur bringen uns hier nicht weiter. Baden-Württemberg ist – wie gesagt – ein dicht besiedeltes Land. Es ist auch ein Kulturland, ein Landwirtschafts-, ein Bauernland. Deshalb gilt es vor allem auch den Kompromiss immer im Auge zu haben.

Meine Damen und Herren, ich möchte damit schließen, dass ich Sie noch einmal auffordere, das als Ganzes zu betrachten und nicht einzelne Dinge herauszupflücken und dazu mit Pres semitteilungen an die Öffentlichkeit zu gehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Schließlich noch ein Punkt: Mich bewegt auch, dass die Lan desregierung die Abschaffung des Faches Biologie für die Klassen 5 und 6 im Auge hat. Ich halte das für fatal. Gerade die kleinen Kinder in der Grundschule, die Kinder in den fünf ten, sechsten, siebten Klassen und die Lehrer müssen wieder raus in die Natur,

(Zurufe von den Grünen)

dürfen nicht nur am Fernsehbildschirm Natur erleben. Ich ha be als Schüler noch die Naturkunde erlebt. Da konnten die Lehrer auch noch die Gräser unterscheiden, und das nicht nur dann, wenn sie geblüht haben, Herr Rösler. Die konnten das noch. Da müssen wir auch einmal in der Lehrerfort- und Leh rerweiterbildung heran. Dafür haben Sie unsere volle Unter stützung.

Meine Damen und Herren, kündigen Sie nicht nur an, schwät zen Sie nicht, liefern Sie endlich!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung spricht Herr Landwirtschaftsminister Bonde.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Biologische Vielfalt ist die Kerninfrastruk tur des Lebens, biologische Vielfalt ist der Kern regionaler Identität, ist der Kern von Heimat und ist eine Aufgabe, die wir zurück ins Zentrum der Landespolitik gerückt haben. Wir

haben es bei der Rede von Herrn Bullinger gerade wieder er lebt: Es ist ein Thema, bei dem manche in der Sonntagsrede gut sind, aber wenn es dann darum geht, konkret zu werden, dann sind sie hemmungslose Lobbyisten,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Oh, oh!)

denen keine falsche Aussage falsch genug ist, um ihre Inter essen durchzuboxen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sprechen Sie von sich?)

Ich sage es Ihnen einmal ganz deutlich: Sie haben hier erneut die Unwahrheit gesagt, indem Sie behauptet haben, dass ir gendjemand in Baden-Württemberg den Biologieunterricht abschaffen will.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Sie wissen, dass es unter dieser Landesregierung nicht eine einzige Minute weniger Biounterricht geben wird.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ausgerechnet die ser Minister! – Glocke des Präsidenten)

Sie erzählen es trotzdem weiter, weiter, weiter.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ausgerechnet dieser Minis ter!)

Ich sage Ihnen – –

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das Wort hat der Herr Minister.

Wer Naturschutz ernst nimmt, wer Ver antwortung für unsere Heimat wahrnimmt, der setzt nicht per manent Gerüchte in Umlauf, die er durch nichts belegen kann, die frei erfunden sind.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Haben Sie das Zitat vom NABU nicht gelesen? – Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

Wir haben das gestern erlebt, und wir haben das heute erneut erlebt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Friedrich Schiller sagte:

Der gebildete Mensch macht sich die Natur zu seinem Freund...

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Darum geht es in der Naturschutzstrategie, die wir seitens der Landesregierung entwickelt haben. Diese Strategie ist unser Konzept, wie wir biologische Vielfalt in den Möglichkeiten, die das Land hat, abbilden, wie wir uns zu unserer Verantwor tung für Heimat, für die Natur, für die Vielfalt in der Natur einsetzen.

Biologische Vielfalt ist das Netz des Lebens. Wir sind Teil die ses Netzes. Dieses Netz wird dünner, bekommt Lücken, und der entscheidende Punkt ist, zu handeln, bevor es reißt.

Die Bestäubungsleistungen von Bienen, die Bodenfruchtbar keit – ohne die vielfältigen Bodenorganismen nicht vorstell bar –, Wald mit seinen vielfältigen Funktionen, all das bleibt nicht von allein erhalten, sondern dabei muss menschliches Handeln den Schutz und den Erhalt im Blick behalten. Als Beispiel für Arten, die die meisten von uns in der Kindheit noch erlebt haben, die wir aber heute kaum noch finden, nen ne ich die Feldhamster, die früher auf jedem Getreideacker zu finden waren. Heute haben wir davon gerade noch 100 bis 200 wild lebende Exemplare.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist doch gar nicht wahr! Verbreiten Sie doch nicht solche Märchen!)

Andere früher weit verbreitete Tiere wie Feldlerche, Rebhuhn und Schwalben sind heute gefährdet, zum Teil sogar vom Aus sterben bedroht. Das muss ein Warnzeichen sein, wenn man es mit der Bewahrung der Schöpfung ernst meint, wenn man es mit dem Erhalt von Biodiversität ernst meint.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich sage Ihnen: Uns lässt das nicht ruhen. Wir sind der Auf fassung, dass wir eine Verpflichtung haben, dass auch unsere Kinder noch einen Laubfrosch, einen Wiedehopf, einen Hirschkäfer, einen Kiebitz, einen Eisvogel und viele andere Tiere sehen, die eben die Vielfalt in der Fläche ausmachen. Deshalb ist Naturschutz ein politisches Schwerpunktthema, und deshalb haben wir hier auch eine Gesamtstrategie erar beitet – wir haben sie intensiv erarbeitet –, weil es eben nicht nur darum ging, eine allgemeine Deklaration zu verabschie den, sondern auch darum, herunterbrechbare Ziele und nach vollziehbare Arbeitsschritte zu formulieren.

(Zuruf von der CDU: Welche?)

Nach drei Jahren Regierungstätigkeit kann ich Ihnen auch sa gen: Wir haben hier vieles auf den Weg gebracht und bereits vieles erreicht.

(Beifall des Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE)

Ich will mich beim Landtag, vor allem bei denjenigen, die auch zugestimmt haben, dafür bedanken, dass diese Strategie auch unterlegt werden konnte. Ich will das einmal visuell deutlich machen.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)