Wer will in einer Gesellschaft leben, in der Kinder zwölf Stun den am Tag online sind, aber nicht wissen, welche Farbe eine Kuh hat?
Füreinander einstehen, aufeinander Rücksicht nehmen, Zeit für den anderen haben, unmittelbare Erfahrungen machen – all das wird in Zeiten der Digitalisierung nicht weniger wich tig, sondern wichtiger als je zuvor.
Deshalb erheben wir das Thema Medienbildung zu einer Leit perspektive des neuen Bildungsplans der allgemeinbildenden Schulen.
Deshalb sorgen wir dafür, dass Medienbildung von der Grund schule bis zum Abitur zum Thema aller Fächer wird. Deshalb führen wir einen Basiskurs Medienbildung in der fünften Klasse ein. Deshalb führen wir die Initiative „Kindermedien land Baden-Württemberg“ fort, durch die die Medienkompe tenz nicht nur von Kindern und Jugendlichen, sondern auch von Eltern, Erwachsenen und Senioren gefördert wird.
Deshalb erarbeiten gegenwärtig zwei Expertenkommissionen die Grundlagen für die Ingenieurausbildung der Zukunft – mit einem Schwerpunkt auf Industrie 4.0 – und die Grundlagen für die Zukunft des digitalen Lehrens und Lernens.
Unsere wissenschaftlichen Einrichtungen fit machen für die digitale Zukunft, das ist unser Ziel. Deshalb hat Wissen schaftsministerin Bauer eine E-Science-Strategie entwickelt, die Maßnahmen in den Handlungsfeldern „Lizenzierung elek tronischer Informationsmedien“, „Digitalisierung von und freier Zugang zu wissenschaftlichen Dokumenten“, „For schungsdatenmanagement“ und „Virtuelle Forschungsumge bungen“ konsequent umsetzt. Deshalb investieren wir in Hoch- und Höchstleistungsrechner und -rechenzentren und setzen uns für die Fortführung des Programms mit weiteren Partnern ein.
Ich komme zum vierten Punkt: ländlicher Raum. Eine der Stärken unseres Landes liegt in unserem starken ländlichen Raum und in gleichwertigen Lebensverhältnissen im ganzen Land. Sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum lässt es sich gut leben, gibt es gute Jobs und eine gute Daseins vorsorge. Das zeigt mir jeder Besuch in einem der Stadt- und Landkreise.
Deswegen wollen wir die Digitalisierung zu einem Schlüssel für den Erhalt lebenswerter ländlicher Räume machen. Unser Land hat kontinuierlich in den Breitbandausbau investiert und dabei auf Zukunftstechnologien wie das Glasfaserkabel ge setzt – im Gegensatz zu Bayern. Das war und ist richtig.
Deshalb haben wir im Vergleich der Flächenländer heute ei ne Spitzenposition. Bei uns haben 70 % der Haushalte An schluss an das Hochgeschwindigkeitsinternet. Damit liegen wir deutlich vor Bayern, wo dieser Anteil bei über 50 % liegt.
Ein zukunftsfähiges Hochgeschwindigkeitsinternet überall im Land, da wollen wir hin. Deshalb haben wir die Breitbandin itiative II auf den Weg gebracht und werden die Mittel für den Breitbandausbau im kommenden Doppelhaushalt noch ein mal verdreifachen.
Zusätzlich zu den Landesmitteln muss aber auch der Bund sei ner Verantwortung gerecht werden. Das vom Bund in der Di gitalen Agenda gesetzte Ziel von 50 Mbit/s bis 2018 ist in Ord nung. Nun muss der Bund auch so seriös sein und dieses Ziel finanziell hinterlegen. Sonst würde er erneut ein selbst ge stecktes Ziel beim Breitbandausbau verfehlen.
Im ländlichen Raum geht es aber nicht nur um eine exzellen te digitale Infrastruktur, sondern auch um andere drängende Fragen, beispielsweise um die Anpassung an den demografi schen Wandel.
Eine qualitativ hochwertige gesundheitliche Versorgung und ein selbstbestimmtes Altern in Würde sind Ziele für ganz Ba den-Württemberg, für Stadt und Land.
Telemedizin und altersgerechte Assistenzsysteme als ergän zende Hilfestellung für Patienten und Angehörige haben ge rade für exzellente Versorgungsbedingungen im ländlichen Raum eine hohe Bedeutung. Deshalb bauen wir eine landes weite Koordinierungsstelle für ein „Zentrales Innovatives Netzwerk der Telemedizin-gestützten Versorgung BadenWürttemberg“ auf und fördern Verbundforschungsprojekte zum Informationsaustausch über sichere soziale Netzwerke zwischen Ärzten, Patienten und Angehörigen sowie zur tele medizinischen Unterstützung der ambulanten Betreuung älte rer Menschen.
Ich komme zum fünften Punkt: ökologische Modernisierung. Der fünfte Schwerpunkt der Digitalstrategie der Landesregie rung betrifft die ökologische Frage. Wir dürfen nicht verges sen, dass unser heutiger Wohlstand noch immer massiv mit dem Raubbau an der Natur einhergeht. Wir leben über unse re ökologischen Verhältnisse. Das ist nicht nachhaltig und nicht zukunftsfähig.
Die Digitalisierung kann einen wichtigen Beitrag dazu leis ten, das Wirtschaftswachstum vom Naturverbrauch zu entkop peln und unseren Wohlstand nachhaltig zu machen, wenn der ökologische Ordnungsrahmen stimmt. Intelligent wachsen, das ist das Ziel.
Beispiel 1 ist die intelligente Fabrik. Effizienz bei der Nut zung von Ressourcen und Energie im Produktionsprozess ist schon heute von überragender Bedeutung. Im Zuge der wei teren Digitalisierung der Industrieproduktion werden diese Faktoren noch wichtiger. Die Produktion in der intelligenten Fabrik der Zukunft muss daher auch die intelligente Nutzung von Ressourcen beinhalten und darf nicht noch größere Men gen der Stromproduktion absorbieren. Energie- und Rohstoff verbrauch auf der Basis von Industrie 4.0 erheblich zu redu zieren, das ist unser Ziel.
Deshalb fördern wir den Mittelstand im Rahmen unserer Res sourceneffizienzstrategie beim Einsatz von intelligenter Re gel- und Steuerungstechnik. Der Umweltminister veranstaltet dazu jährlich einen Kongress, auf dem die Ergebnisse zusam mengefasst und diskutiert werden.
Beispiel 2 ist die intelligente Mobilität. Die Landesregierung investiert Rekordsummen in den Erhalt und den Neubau von Straßen.
Wir können die Staus auf unseren Straßen aber nicht allein dadurch beseitigen, dass wir ihnen eine Straße nach der ande ren hinterherbauen. Auch bei der Mobilität geht es darum, Hardware mithilfe von Software intelligenter zu nutzen.
Deshalb bauen wir Echtzeitinformationssysteme zur Stauver meidung und im ÖPNV auf. Deshalb fördern wir das Carsha ring und die optimale Vernetzung der verschiedenen Mobili tätsangebote. Deshalb machen wir Baden-Württemberg zum Vorreiter für die Erforschung, Entwicklung und Produktion des Autos der Zukunft und investieren in E-Mobilität genau so wie in I-Mobilität und autonomes Fahren.
Beispiel 3 ist die Energiewende. Auch für die Energiewende hat die Digitalisierung eine zentrale Bedeutung. Es geht um virtuelle Kraftwerke und ein modernes Lastmanagement, um intelligente Steuerungs-, Sensor- und Regeltechnik wie z. B. in Form der digital vernetzten Heizungssteuerung zu Hause. Intelligente Stromnetze können dazu beitragen, immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien dezentral einzuspeisen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Deshalb haben wir die Plattform „Smart Grids“ gegründet, die die wichtigsten Akteure für den Ausbau intelligenter Strom netze zusammenbringt und damit eine Grundlage für das Ener gieinternet der Zukunft schafft.
Meine Damen und Herren, die Digitalisierung ist ein zentra ler Schlüssel dafür, dass unsere starke Wirtschaft auch zukünf tig im globalen Wettbewerb bestehen kann, dass Baden-Würt temberg ein Land mit nicht nur einem, sondern vielen Zent ren bleibt und dass es Baden-Württemberg gelingt, das Wirt schaftswachstum vom Naturverbrauch zu entkoppeln. Wir ha ben eine sehr gute Ausgangsbasis, um die Chancen der Digi talisierung zu nutzen, und schon viel angeschoben. Wir sind auf einem guten Weg, dürfen in unseren Anstrengungen aber nicht nachlassen.
Deshalb werden wir gemeinsam mit der Wirtschaft, den Ge werkschaften, der Wissenschaft, den Umweltverbänden sowie den Bürgerinnen und Bürgern in den nächsten Jahren mit Nachdruck an der Gestaltung des digitalen Wandels arbeiten.
Um diesem Schwerpunkt Nachdruck zu verleihen, habe ich eine ständige interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, an der alle Ressorts beteiligt werden. Diese soll auf der Basis ei nes ständigen Reportings die zügige Umsetzung bereits be gonnener Vorhaben gewährleisten und darüber hinaus weite re Maßnahmen identifizieren und auf den Weg bringen.
Intelligent wachsen, grenzenlos daheim, sicher und selbstbe stimmt leben, und eine starke Wirtschaft – das sind unsere Zie le. Gemeinsam werden wir sie erreichen. Heimat, Hightech, Highspeed. Das will ich für unser Land.
Meine Damen und Her ren, für die Aussprache über die Regierungserklärung haben die Fraktionen freie Redezeit vereinbart.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die digitale Revolution läutet ei nen tief greifenden Wandel ein. Da haben Sie recht, Herr Mi nisterpräsident. Sie ist keine rein technische Angelegenheit. Sie ist in gleicher Weise ein Megathema für die Wirtschafts-, Gesellschafts-, Rechts- und Bildungspolitik, und sie ist eben auch ein Thema für die innere Sicherheit.