Protokoll der Sitzung vom 27.07.2011

die sich in Verklärung der Vergangenheit der aktuellen Situa tion widmet. Tatsächlich geht die Präsenz in der Fläche zu rück. Dabei spreche ich nicht etwa nur von der gefühlten Prä senz. Hören Sie sich einmal in den Revieren und bei den Po lizeiposten vor Ort um. Die Präsenz in der Fläche geht zurück, zum Nachteil für unsere Bürgerinnen und Bürger, für ihre Si cherheit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Dieses Defizit, das ich gerade angesprochen habe, gilt natür lich auch für die finanzielle Ausstattung. Seit 2005 wurde in vielen Bereichen nicht mehr nennenswert investiert. Zudem haben wir – auch das ist von den Vertreterinnen und Vertre tern der Regierungsfraktionen zutreffend gesagt worden – ei nen riesigen Investitionsstau

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wie bitte?)

und werden noch lange Zeit brauchen, um diesen Investitions stau abzubauen. Dieser Investitionsstau bezieht sich insbeson dere auf moderne Analysegeräte, auf Schutzausrüstungen, Spezialfahrzeuge, EDV-Technik und vieles mehr.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Können Sie bitte etwas konkreter werden, Herr Minister? Wo fehlt Ausrüs tung? – Gegenruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Keine Aufregung, Herr Blenke! Ganz ruhig!)

Frau Häffner, Sie haben aktuelle Beispiele aus der Praxis ge nannt und ein zutreffendes Bild der Situation gezeichnet.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sagen Sie es konkret! Es ist unglaublich, was Sie gerade sagen!)

All diese Defizite, die ich gerade aufgezählt habe, kommen zu den Belastungen natürlich noch hinzu, die der Polizeibe ruf ohnehin mit sich bringt. Es nützt dabei nichts, nur Lippen bekenntnisse für die Polizei abzugeben

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Eben! Des halb nützt diese Debatte auch nichts! – Abg. Thomas Blenke CDU: Die SPD hat doch diese Debatte bean tragt!)

und vollmundige Sonntagsreden zu halten. Zur Ehrlichkeit ge hört vielmehr, die Probleme und Belastungen der Polizei of fen anzusprechen und sie nicht zu ignorieren.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Sie verstecken sich hinter einem Gemälde aus schönen Wor ten. Herr Blenke, Sie sollten sich lieber der Realität stellen. Dann bekämen Sie ein zutreffendes Bild der Situation. Wir nennen die Probleme beim Namen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die Leitlinie dieser Regierung ist, mit motivierten Polizistin nen und Polizisten für ein sicheres Leben in Baden-Württem berg zu sorgen. Dabei geht es uns darum, Belastungen der Po lizei ernst zu nehmen, unserer Fürsorgepflicht gerecht zu wer den und verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Dafür steht diese Regierung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der CDU: Die ganze Regierung? – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wie war das mit den schönen Wor ten? – Weitere Zurufe von der CDU)

Dafür steht die ganze Regierung. Mein Kollege, der Herr Innenminister, ist sich da mit dem Herrn Ministerpräsidenten einig: Wir stehen hinter unserer Polizei. Daran gibt es keiner lei Abstriche zu machen. Das gilt für beide Regierungsfrakti onen. Ihr Hinweis auf den Untersuchungsausschuss geht völ lig ins Leere; denn dort wollten Sie vom Versagen der dama ligen Landesregierung ablenken.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dort wollten Sie vom Versagen der Landesregierung ablen ken, und die Polizei, die Polizistinnen und Polizisten vor Ort, die ihren Dienst leisten, sollten das ausbaden. Das war Ihre Strategie. Unsere Strategie war, die Landesregierung entspre chend anzugreifen. Das ist uns wohlweislich auch gelungen. Wir stehen aber hinter der Polizei. Das sollten Sie, Herr Blen ke, allmählich auch erkannt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Wir werden unser Ziel erreichen, indem wir die Polizei nicht weiter erodieren lassen. Wir werden sie personell stärken und werden sie sowohl strukturell als auch technisch zukunftsfä hig machen. Herr Kollege Dr. Goll, es geht nicht darum, so zusagen mit dem Füllhorn durch die Lande zu ziehen,

(Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)

sondern es geht darum,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Schulden zu machen!)

die Zukunftsfähigkeit der Polizei zielgerecht und mit ange passten Maßnahmen zu erhalten. Darum geht es.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Oje!)

Da sehe ich Sie allerdings nicht auf unserer Linie. Das muss ich nach dem, was Sie hier ausgeführt haben, schon sagen. Der Weg in die Privatisierung ist für die Polizei sicher kein Erfolgsmodell. Er war es nicht einmal für Ihre Partei.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Konkret haben wir Folgendes vor: Wir haben gestern im Ka binett beschlossen, in einem ersten Schritt – –

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Dem Alkoholver kaufsverbot zuzustimmen! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Einstimmig oder mehrheitlich? – Gegenruf von der SPD: Gelassenheit, Herr Kollege!)

Herr Blenke, bleiben Sie ruhig.

(Abg. Tanja Gönner CDU: Er hat eben gar nichts ge sagt! – Abg. Thomas Blenke CDU: Ich habe doch gar nichts gesagt! Sie meinen Rülke, nicht Blenke!)

Ihre Panikattacken geben mir schon zu denken; ich mache mir Sorgen.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

Wir haben beschlossen, im kommenden Jahr 1 200 Polizeian wärterinnen und Polizeianwärter einzustellen. Dabei wird es sich – ich sage das ausdrücklich zur Klarstellung – nicht um neue Stellen auf Dauer handeln. Wir werden den Stellenab bau reduzieren, und wir werden ferner eine Untersuchung zur Modernisierung der polizeilichen Strukturen einleiten. Ich kann Ihnen versichern: Seitens der Polizei selbst besteht viel Engagement und viel Bereitschaft, eine solche Strukturreform mit anzugehen.

Weiter ist es notwendig, die enormen Investitionsdefizite bei der Polizeitechnik zu minimieren und im Laufe der nächsten fünf Jahre den Investitionsstau abzubauen.

Wir werden zudem, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ad äquate, moderne Rahmenbedingungen für die Besonderhei ten des Polizeidienstes schaffen. Dazu zählen u. a. die Ge sundheitsprävention, aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine moderne Aus- und Fortbildung.

Ich sage das alles natürlich nicht ins Blaue hinein oder blau äugig. Wir sind uns der Haushaltslage und der Notwendigkeit zur Konsolidierung bewusst und sind uns deshalb im Klaren darüber, dass wir im Gegenzug auch Maßnahmen vorschla gen müssen, die einen Beitrag zur Gegenfinanzierung in sub stanzieller Höhe vorsehen. Das ist ganz klar.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Zum Bei spiel?)

Wir werden das aus dem Ressort heraus leisten.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Aus dem Ressort? Da sind wir gespannt!)

Politik muss Prioritäten setzen. Natürlich müssen wir auch Kompromisse machen. Eines muss aber für uns alle, für die Landespolitik klar sein: Die Sicherheit der Menschen in un serem Land hat oberste Priorität. Dafür setzt sich die Landes regierung ein; dafür setzen sich die Regierungsfraktionen ein. Ich appelliere an Sie alle, uns dabei tatkräftig zu unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In der weiteren Debatte erhält im Rahmen der noch verfügbaren Redezeit zunächst der Vertre ter der CDU-Fraktion, Herr Kollege Blenke, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als erste Maßnahme im Bereich der Beförderun gen beschließen Sie heute die Schaffung von 75 Beförde rungsmöglichkeiten für die geschlossenen Einheiten im Be reich der Bereitschaftspolizei. Das ist sehr gut. Das machen wir mit. Das ist auch sehr wichtig. Interessant ist, dass Sie es dadurch gegenfinanzieren, dass Sie bei der Landespolizei 75 Beförderungsmöglichkeiten im ersten Beförderungsamt für junge Beamte streichen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

Das ist das Erste.

Das Zweite ist die Mär von der Technikwüste bei der Polizei. Der Herr Innenminister hat kurz nach seinem Amtsantritt als Beleg für die schlechte Fahrzeugausstattung die Fahrzeuge der Bereitschaftspolizei angeführt. Er wusste damals offen sichtlich noch nicht, dass diese vom Bund gekauft werden und nicht von uns. Mittlerweile weiß er es wahrscheinlich.

Wir werden Ihnen, Herr Justizminister, und dem Innenminis ter in nächster Zeit Gelegenheit geben, uns einmal ganz de tailliert darzulegen, wo diese angeblichen Technikdefizite sind. Das wollen wir von Ihnen ganz detailliert hören. Sie ha ben es jetzt relativ vollmundig behauptet. Sie werden Gele genheit bekommen, das auszuführen.

Noch einmal zu dem Thema „Respekt und Anerkennung für Polizeibeamte“, meine Damen und Herren. Das betrifft vor