Zweitens sollte man nicht den Eindruck erwecken, als ginge alles, als hätte man für alles beliebig viel Geld zur Verfügung.
Es wird Ihnen insbesondere niemand unter den Polizeibeam ten glauben, dass man beliebig Geld zur Verfügung hätte. Viel mehr verstehen die am ehesten, dass man die Aufgaben eines Staates mit begrenzten Mitteln abdecken muss. Das bekom men im Moment der Ministerpräsident und sein Stellvertreter deutlich zu spüren – wobei mir unklar war, wie man aus einer Klausurtagung kommen und sagen kann, man habe den Haus halt saniert, man habe gespart, wenn wir jeden Tag nur Mehr ausgaben registrieren.
Meine Damen und Herren, wir brauchen auch für die Polizei nicht nur Geschenke auf Kredit zur Gewissensberuhigung, sondern wir brauchen eine seriöse, glaubwürdige Politik für die Polizei.
In der weiteren Debatte spricht nun für die Regierung der Justizminister, Herr Kollege Stickelber ger.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, heute mir anstelle des Herrn Innenministers zuzuhören, der leider erkrankt ist. Ich werde ihn in dieser De batte vertreten und wünsche ihm an dieser Stelle baldige Ge nesung.
Es ist mir aber ein besonderes Anliegen, zu Beginn dieser De batte angesichts der Ereignisse in Norwegen den Opfern und Hinterbliebenen sowie allen Norwegern die Anteilnahme und das Beileid der Landesregierung auszusprechen. Ich bitte Sie, einen Moment innezuhalten. – Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, die Ereignisse in Norwegen haben uns einmal wieder schmerzlich vor Augen geführt, wie exis tenziell wichtig die öffentliche Sicherheit für das Gemeinwe sen ist. Wir brauchen eine starke Polizei, und die Polizei braucht verlässliche Unterstützung durch Politik und Gesell schaft.
Menschen sind von Natur aus motiviert – diesen Führungs grundsatz lernen Polizistinnen und Polizisten in Baden-Würt temberg in der Ausbildung kennen. Ein zweiter Grundsatz in diesem Zusammenhang lautet: Belastungen demotivieren. Diese Grundsätze sollten sich die Mitglieder der früheren Lan desregierung, sollten sich die vormaligen Regierungs- und jet zigen Oppositionsfraktionen vor Augen führen. Sie haben, an statt diese Grundsätze zu beachten, Ihre Politik geprägt durch Stellenabbau und eine unzureichende Investitions- und Struk turpolitik. Sie haben am falschen Ort gespart und dadurch die Belastungen für die Polizistinnen und Polizisten in diesem Land erheblich gesteigert.
Herr Blenke und sehr geehrter Herr Dr. Goll, es nützt nichts, wenn Sie nun hier die Vergangenheit verklären.
Ich kann das angesichts Ihrer neuen Rolle als Opposition ver stehen. Sie verklären die Vergangenheit und zeichnen ein Bild der Polizei, das mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Frau Kollegin Häffner und Herr Kollege Sakellariou sind jetzt ganz neu in ihren Ämtern als verantwortliche Sprecher für ihre Fraktionen in diesem Bereich.
Ich gehe davon aus, dass Sie, Herr Blenke, sich immer wie der einmal die Mühe gemacht haben, sich vor Ort in den Re vieren und bei den Direktionen umzuhören und kundig zu ma chen.
Wenn Sie dort zugehört hätten, hätten Sie ein anderes Bild ge wonnen und wären zu anderen Schlussfolgerungen gekom men.
Herr Kollege Dr. Goll, ich schätze Sie sehr, aber Ihre Begrün dung, die Sie eben unter Hinweis auf Griechenland gegeben haben, halte ich für ganz und gar verfehlt.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nein! Sie reden sie schlecht, Herr Kollege! – Gegenruf von der SPD: Was? Sie reden die Situation schön! – Weitere Zuru fe von der CDU – Unruhe)
(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wieso? Bei der neuen Re gierung sind sie wieder neu! – Heiterkeit – Abg. Tho mas Blenke CDU: Legen Sie sich lieber nicht mit Herrn Zimmermann an!)
Sie tragen einen erheblichen Anteil daran. Wir haben nach der Regierungsübernahme nämlich eine sehr betrübliche Situati on vorgefunden.
Ich möchte zunächst einmal auf die von Ihnen angesproche ne Beförderungswelle zu sprechen kommen. Wir haben diese Beförderungen seinerzeit mitgetragen. Das waren notwendi ge Maßnahmen. Aber Beförderungen allein motivieren und helfen nicht; man braucht auch vernünftige und nachhaltige strukturelle Maßnahmen.
nämlich der Pensionierungswelle. Diese war seit dem Einstel lungshoch der Siebzigerjahre absehbar. Es ist nichts Neues, was da auf uns zukommt. Sie haben zutreffend gesagt, Frau Kollegin, dass das bekannt war. Die Zahlen und die Entwick lungen sind bekannt.
Aber das von Ihnen angesprochene Programm, der Einstel lungskorridor von jährlich 800 Beamtinnen und Beamten, wird natürlich nicht annähernd ausreichen, um das durch die Pensionierungen entstehende Personaldefizit zu kompensie ren. Mit dieser Reduzierung geht zudem auch ein Verlust an Erfahrung und Wissen einher.
Nirgendwo in Deutschland – auch das ist angeklungen – ist im Vergleich der Bundesländer die zahlenmäßige Relation zwischen Bürgern und Polizei, die sogenannte Polizeidichte, so schlecht wie in Baden-Württemberg.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nirgends ist es so sicher! Es zählt nicht die Masse, sondern die Klasse!)
Was Ihren Hinweis, Herr Dr. Goll, auf die Polizeistatistik be trifft, so kann ich nur sagen: Verbrechen und Vergehen kön nen nur mit Polizistinnen und Polizisten aufgeklärt werden.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es gibt bei uns auch weniger Fälle!)
Wenn Sie das Thema Bürgernähe ansprechen, möchte ich da rauf hinweisen, dass das eine Wunschvorstellung ist,
die sich in Verklärung der Vergangenheit der aktuellen Situa tion widmet. Tatsächlich geht die Präsenz in der Fläche zu rück. Dabei spreche ich nicht etwa nur von der gefühlten Prä senz. Hören Sie sich einmal in den Revieren und bei den Po lizeiposten vor Ort um. Die Präsenz in der Fläche geht zurück, zum Nachteil für unsere Bürgerinnen und Bürger, für ihre Si cherheit.