Protokoll der Sitzung vom 26.11.2014

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das hat mit Kon zept nichts zu tun!)

Wir haben den Realschulen ein Konzept zur Verfügung ge stellt, das Sie jetzt auch kennen. Wir haben die Gemeinschafts schule eingeführt, was in Ihrer Regierungszeit ein großer Wunsch und eine Forderung von Eltern und Lehrerinnen und Lehrern war, damit längeres gemeinsames Lernen in BadenWürttemberg möglich ist.

Wenn ich dann am Montag die Bemerkung vom Kollegen Hauk im „Schwarzwälder Boten“ lese, dass bei der Gemein schaftsschule alles über einen Kamm geschoren werde, dann kann ich nur sagen: Diese Plattitüden greifen nicht mehr in der Fläche, die Regionen vor Ort sind viel weiter. Was ist denn in Rielasingen-Worblingen passiert? Der Bürgerentscheid hat eben nicht gegriffen.

(Zuruf von der CDU)

Es gab keine Mehrheit für die Ablehnung. Der Gemeinderat hat sich letzte Woche nochmals dafür ausgesprochen, dass sich die Realschule zur Gemeinschaftsschule entwickelt.

Was Sie vor Ort machen, ist, dass Sie Gemeinderatsbeschlüs se blockieren, wie beispielsweise in Salem, dass Sie gegen die vor Ort getroffenen Entscheidungen vorgehen, anstatt den Schulen, den Gemeinden die Möglichkeit zu geben, sich ge nau dahin zu entwickeln, wohin sie wollen. Das ist unsere Po litik. Ihr Politikstil sieht dagegen ganz anders aus.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Die einzige Möglichkeit, die Sie erlauben! Sie wollen doch überhaupt keine Viel falt!)

Herr Röhm, wenn wir keine Vielfalt wollten, hätten wir An fang der Legislaturperiode gesagt: Alle Schulen werden zum Schuljahr 2016 Gemeinschaftsschule.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das haben Sie doch gesagt! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Wir haben das in keiner Weise gesagt. Das, was Sie hier vor bringen, ist eine Unterstellung und nichts anderes.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sie haben viel gesagt! Sie wollten 11 700 Lehrerstellen streichen! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir haben die Entwicklung vor Ort aufgegriffen und haben die Konzepte vorgestellt, die die Möglichkeit bieten, auf den demografischen Wandel und auf das veränderte Übergangs verhalten einzugehen. Wir reden mit den Schulen. Diese Kon zepte entstehen bei uns nicht am runden Tisch und werden dann vorgegeben und vorgeknallt – wie Sie es beispielsweise bei den Werkrealschulen getan haben –, sondern wir erarbei ten das gemeinsam mit den Schulen, um am Ende die jeweils beste Bildungsbiografie für die Schülerinnen und Schüler im Land zu ermöglichen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr gut! – Glo cke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Müller?

Ja. Ich weiß wahrscheinlich auch schon, welche Frage er stellt, aber ich lasse es sehr gern zu.

(Zurufe, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das sind immer gute Fragen! Treffende Fragen!)

Frau Kollegin Boser, ich ahne, was Sie ahnen, aber Sie täuschen sich.

(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall)

Dann bin ich ja gespannt.

Ich wollte nur fragen: Könnten Sie einmal etwas zum Anlass sagen, statt immer die Story von der Erbsünde und der Erblast zu bringen?

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ach Gott!)

Herr Müller, die Erblast, die Sie hier ansprechen, ist genau das, was wir mit diesem Kon zept auch mit aufgreifen. Wir führen nämlich die Benachtei ligung, die Herr Wacker jetzt hier wieder vorgebracht hat, eben nicht fort, wie Sie es getan haben, sondern wir geben den Realschulen ein Konzept mit auf den Weg, damit sie mit der Heterogenität an ihrer Schulart umgehen können.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Wir wollen ihnen damit die Möglichkeiten geben, den Schü lerinnen und Schülern in ihrer jeweiligen Bildungslaufbahn gerecht zu werden – darauf bin ich schon eingegangen.

Ich glaube, es ist schon wichtig, dass man das Ganze – das unterscheidet uns auch von Ihrer Bildungspolitik – in ein Ge samtkonzept einbettet, dass man eben nicht versucht, an ein zelnen Stellen zu reparieren, sondern dass man sagt, man muss die Bildungslandschaft in Baden-Württemberg auf die Zu kunftsherausforderungen einstellen. Dazu gehört der demo grafische Wandel, dazu gehört das veränderte Übergangsver halten, und dazu braucht es ein Konzept, das alles mit einbin det.

Daher haben wir z. B. auch – um die Unterrichtsqualität an den Schulen zu verbessern – nochmals in den Fraktionen da rüber beraten, dass z. B. die Fortbildungsmittel für die Lehre rinnen und Lehrer ausgebaut werden, damit die Lehrerinnen und Lehrer mit diesen Herausforderungen umgehen können. Das ist auch ein wichtiger Bestandteil für die Realschulen.

Ebenfalls ein wichtiger Bestandteil wird der von Ihnen so viel kritisierte Bildungsplan sein. Nur wenn diese horizontale und vertikale Durchlässigkeit am Ende gewährleistet ist, haben die Schulen auch ein Werkzeug an der Hand, um ebendiese Kon zepte umsetzen zu können.

Aber Sie setzen sich nicht konstruktiv mit all diesen Themen auseinander, sondern Sie bringen immer nur neue Problemla gen auf. Darauf muss man an dieser Stelle schon eingehen. Die Opposition hat offensichtlich kein Interesse daran, sich tatsächlich hier im Land für ein gemeinsames Bildungssys tem auszusprechen, sondern es geht ihr nur darum

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Hallo?)

die CDU; Herr Dr. Kern, ich korrigiere mich –,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wir wollen einen fairen Vergleich!)

die Regierung zu kritisieren. Sie können nur froh sein, dass zu Ihrer Regierungszeit keine Abfragen zur Bildungspolitik im Land gemacht wurden. In keiner Umfrage wurde das bei Ihnen jemals thematisiert.

(Zurufe)

In unserer Regierungssituation ist die Bildungspolitik das wichtigste Thema. Wir haben daher die Umfragen von vor Ort, und wir wissen, wie die Menschen im Land zu unserer Bildungspolitik stehen, welche Punkte es sind, die wir weiter mit aufgreifen müssen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das wissen wir! Ja, das stimmt!)

Das war zu Ihrer Regierungszeit eben nicht der Fall, weil die Bildungspolitik anscheinend ständig hinten heruntergefallen ist.

Wir sehen die Bildungspolitik als das wichtigste Themenfeld an. Wir haben daher jetzt mit den Realschulen den letzten Baustein abgearbeitet. Wir werden im nächsten Jahr das Ge setz zur Inklusion auf den Weg bringen. Ich bin gespannt, wel che Kritikpunkte dann neu aufkommen werden. Ich habe jetzt schon gehört, wir benachteiligten die Werkrealschulen, Herr Kollege Hauk. Das ist ja eine ganz neue Formulierung.

Ich will an dieser Stelle nur kurz daran erinnern, dass wir die Werkrealschulen aufgewertet haben, indem wir zugelassen ha ben, dass auch einzügige Werkrealschulen den Werkrealschul abschluss anbieten können. Das war in Ihrer Regierungszeit nicht möglich. Aber machen Sie nur so weiter! Sie werden vor Ort immer unglaubwürdiger, was Ihre Bildungspolitik angeht.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ach!)

Wir hingegen arbeiten genau das ab, was Sie uns hinterlassen haben, nämlich offene Baustellen. Wir werden die Bildungs landschaft in diesem Land auf die Zukunft vorbereiten. Das wird inzwischen auch sehr wohl vor Ort gesehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Alle jubeln! Tagtäglich!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt kommen wir zum friedlichen Kern! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist des Pudels Kern!)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die baden-württembergische SPD hat eine Aktuelle Debatte zur Bildungspolitik mit dem Titel „Die gute Zukunft der Realschulen in Baden-Württemberg“ bean tragt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich das noch er leben darf!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt ein bisschen der Glaube, dass Sie es mit der guten Zukunft der Realschule auch tatsächlich ernst meinen. Eigentlich gibt es in diesem Zusam menhang heute nur eine einzige relevante Frage zu klären, nämlich: Wie glaubwürdig ist dieser radikale Wandel in der grün-roten Bildungspolitik?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Wie ernst ist es Grün-Rot wirklich mit der neuen Liebe zu den Realschulen?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Liebe Grüne, liebe SPD, sind Sie wirklich an einer ehrlichen, dauerhaften Beziehung zu den Realschulen interessiert,