Der Bund, das jeweilige Land sowie die Stadt- und Landkrei se haben insoweit eine gemeinsame Verantwortung für das Krankenhauswesen, aber unterschiedliche Aufgaben. Daraus wird schnell ersichtlich, dass eine gute Krankenhausversor gung nur im Zusammenwirken all dieser Akteure gesichert werden kann.
Der Bund hat sich jetzt in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform seiner Aufgaben angenommen. Heraus gekommen ist ein Eckpunktepapier, das die unterschiedlichs ten Maßnahmen beinhaltet. Eine genaue Ausformulierung bleibt noch abzuwarten. Denn im Moment handelt es sich um ein Eckpunktepapier, das erst noch in Gesetzesform gegossen werden muss.
Wichtig wäre allerdings in der Tat, dass die Krankenhäuser bei der Betriebskostenfinanzierung besser unterstützt werden. Denn es darf nicht sein, dass auch in Baden-Württemberg, wo eine gute Krankenhausstruktur besteht, so viele Krankenhäu ser gerade einmal die schwarze Null oder gar rote Zahlen schreiben.
Deshalb ist mit dem vereinbarten Eckpunktepapier auch un sere Hoffnung verbunden, dass es für die Betriebskostenfinan zierung der Krankenhäuser in Baden-Württemberg Verbesse rungen gibt. Die Reform des Versorgungszuschlags wurde ja auf meine Initiative hin geändert, weil es für uns auch darum geht, durch kleinere Kliniken, die nicht die großen Mengen erbringen, die Grundversorgung im ländlichen Bereich auf rechtzuerhalten. Dazu ist uns der Versorgungszuschlag nach wie vor wichtig.
Es geht aber auch um die Ausstattung mit Pflegekräften an den Häusern, wo in den letzten Jahren aufgrund der finanzi ellen, der betriebswirtschaftlichen Situation insbesondere bei der Pflege ein Abbau vorgenommen wurde. Hier ist das Pfle gestellenförderprogramm ein wichtiger Punkt. Es kann für mich aber nur ein erster Schritt sein. Denn Pflege muss vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der zunehmenden Erkrankungen im Alter noch einen ganz ande ren Stellenwert bekommen – nämlich analog zur ärztlichen Versorgung. Dafür kann das nun avisierte Pflegestellenförder programm nur ein erster Schritt sein.
Wichtig für Baden-Württemberg wird auch der vereinbarte Strukturfonds sein, um Krankenhäusern, die sich vielleicht wirtschaftlich nicht mehr rechnen oder ihre Aufgaben nicht mehr so gut erfüllen können, beim Umbau zu helfen, um die Verzahnung von ambulanten und stationären Strukturen vor anzubringen. Hierfür sind 500 Millionen € aus dem Gesund heitsfonds vorgesehen. Die anderen 500 Millionen € müssen von den Ländern nach dem Königsteiner Schlüssel kofinan ziert werden.
Das ist für uns in Baden-Württemberg eine Möglichkeit, den Umbau weiter voranzutreiben. Aber ich muss ehrlich sagen: Da tun wir mit der Investitionskostenförderung und damit auch mit der Strukturförderung im Land schon viel mehr als andere. Davon können sich andere Bundesländer nicht nur ei ne Scheibe, sondern zwei Scheiben abschneiden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu den Aufgaben des Landes kommen, der Investitionskosten förderung und der Krankenhausplanung. Mancher hätte es si cher gern und manchem wäre es lieb – weil dies Entscheidun gen verhindern würde –, wenn die Landesregierung mit ihrer
zuständigen Ministerin sich vor eine Landkarte von BadenWürttemberg stellen und Fähnchen verteilen würde – viel leicht grüne für die Häuser, die weiterexistieren können, und rote für die Häuser, die geschlossen werden.
So einfach ist es aber nicht. Denn für die Krankenhausstruk tur tragen wir alle gemeinsam Verantwortung, die Träger – kommunale, freigemeinnützige und private Träger –, aber auch das Land. Deshalb muss die Entscheidung über die För derung eines Krankenhauses immer aus dem Einzelfall her aus erfolgen. Man kann sie nicht am Reißbrett treffen, indem man etwa sagt, ein Krankenhausstandort alle 100 km würde ausreichen. Denn 100 km im Schwarzwald sind etwas ande res als 100 km in der ausgebauten Fläche.
Deshalb ist es wichtig, im Einzelfall zu sehen: Was braucht eine Bevölkerung an Grundversorgung? Was ist an Spezial versorgung und was an Maximalversorgung notwendig? Des wegen können Krankenhausstrukturentscheidungen in BadenWürttemberg immer nur Einzelfallentscheidungen sein.
Lassen Sie mich ein Beispiel nennen, damit das Ganze viel leicht noch plastischer wird: Das ist in Baden-Württemberg das Krankenhaus Wolfach, ein zugegebenermaßen kleines Krankenhaus. In der Umgebung dieses Krankenhauses – in der betroffenen Region – haben aber in der Vergangenheit vier Häuser geschlossen. Das bedeutet: Um eine wohnortnahe Grundversorgung für die Menschen bereitzuhalten, werden wir auch dort Investitionen fördern. Denn das ist ein Gesund heitsstandort, der für die Versorgung der Menschen notwen dig ist. Wenn wir hier mit einem 100-km-Zirkel oder einem Fähnchen kommen würden, dann wäre das, denke ich, für die Gesundheitsversorgung der Menschen im Land nicht hilfreich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die kommunalen Krankenhäuser – um sie geht es heute – sind das Rückgrat der Krankenhausversorgung in Baden-Württemberg. Bei den kommunalen Trägern werden die Entscheidungen getroffen. Ich möchte deutlich sagen: Wir stehen in Baden-Württemberg zur Trägerpluralität. In Baden-Württemberg gibt es auch eine gute Mischung aus kommunalen, freigemeinnützigen und pri vaten Trägern. Ein Krankenhausträger, der in erster Linie der Rendite seiner Aktionäre verpflichtet ist, die in der Regel dann auch noch 15 % betragen muss, kann aber nicht die Lösung für die Problematik der Krankenhausstruktur in Baden-Würt temberg darstellen.
Dafür ist die Krankenhausversorgung zu sehr eine staatliche Aufgabe, die sich direkt aus dem Grundgesetz heraus ergibt.
Noch einmal zu der Investitionskostenförderung, meine sehr geehrten Damen und Herren: Als ich im Jahr 2011 das Amt angetreten habe, war ein Antragsstau von über 1 Milliarde € zu verzeichnen. Es war klar: Wenn wir nicht wollten, dass die Krankenhauslandschaft in Baden-Württemberg so wie in man chem neuen Bundesland bereinigt wird, dann hatten wir eine dringende Aufgabe anzugehen.
Deshalb haben wir gemäß unseren Vereinbarungen im Koali tionsvertrag die Investitionskostenförderung erhöht. Wir ha ben sie aber nicht mit der Gießkanne über das Land verteilt.
Wir haben sie vielmehr so erhöht, dass wir eine gute, wohn ortnahe Versorgung der Menschen im Land sicherstellen und weiterentwickeln können.
Ich finde, eine Steigerung um 35 % mit einem Gesamtvolumen von fast 900 Millionen € in den Haushaltsjahren 2015/2016 ist durchaus ein Wort. Das sollen uns die anderen Bundesländer erst einmal nachmachen. Was das angeht, ist Baden-Württem berg tatsächlich Spitzenreiter in der Bundesrepublik Deutsch land.
Denn es geht darum, dass wir die Gesundheitsversorgung der Menschen sichern, aber auch darum, dass wir staatliche Auf gaben dort nicht aus der Hand geben, wo dies unnötig ist. Viel mehr müssen wir dort unserer Verantwortung gerecht werden. Ich finde, Baden-Württemberg braucht hier den Vergleich mit anderen Bundesländern überhaupt nicht zu scheuen.
Ich möchte aber nicht verhehlen, dass die Krankenhausförde rung nicht beendet ist. Dies ist kein Projekt, das man einmal kurz macht, und dann hat man für die nächsten zehn oder 20 Jahre seine Ruhe. Krankenhausförderung bzw. Krankenhaus weiterentwicklung wird vielmehr immer ein dynamischer Pro zess sein, weil sich die Gegebenheiten und die Voraussetzun gen im Gesundheitswesen verändern.
Um bei der Stange zu bleiben, um auch wirklich gestalterisch tätig zu sein, müssen wir deshalb unserer Verantwortung ge recht werden und auch in zukünftigen Haushalten die entspre chenden Mittel bereitstellen. Wohlgemerkt: Baden-Württem bergs Krankenhausversorgung soll so sein, dass sich die Men schen im Land bei der Gesundheitsversorgung auch sicher fühlen können.
Herr Haußmann, die Frage nach dem integrierten Modellpro jekt, für das im Doppelhaushalt jeweils 500 000 € zur Verfü gung stehen, war noch offen. Im Moment sind wir dabei, die ses Projekt auf den Weg zu bringen. Wir werden Sie im Aus schuss entsprechend darüber informieren.
In diesem Fall ist uns aber dabei wichtig, dass wir mit diesem Projekt versuchen werden, Strukturen, die einerseits sicher lich gewachsen sind, andererseits aber auch durch die eine oder andere Sensibilität in gewissen Sektoren entstanden sind, zu überwinden. Wir wollen im Bereich Krankenhaus auch das Denken nur aus Landkreistürmen heraus überwinden. Es soll vielmehr in eine breitere Region hinein verankert werden.
Wir werden das Projekt auch, so wie es sich gehört, ausschrei ben. Ich erhoffe mir von diesem Projekt weitere Impulse, um die Krankenhausförderung und die Krankenhausplanung in Baden-Württemberg weiter voranzutreiben. Denn das sind wir den Patientinnen und Patienten sowie ihren Angehörigen im Land schuldig. Dem werden wir gerecht.
Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags der Fraktion der SPD, Drucksache 15/5099. Der An trag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/ DVP – Gesetz zur Aufhebung des Tariftreue- und Mindest lohngesetzes für öffentliche Aufträge in Baden-Württem berg – Drucksache 15/6098
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Re dezeiten gelten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP/DVP-Fraktion schlägt vor, ein Gesetz zur Aufhebung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes für öffentliche Aufträge in Baden-Würt temberg zu beschließen.
Ich möchte kurz unsere Haltung zum bekanntermaßen um strittenen Thema Mindestlohn umreißen. Wir waren schon im mer gegen einen allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn – was nicht heißt, dass wir generell gegen Mindestlöhne wä ren. Die FDP hat verschiedenen Mindestlöhnen zugestimmt. Als Beispiele möchte ich nur die Entsenderichtlinie für die Bauwirtschaft oder auch die Postmindestlöhne nennen. Wenn irgendwo erkennbarer Handlungsbedarf vorliegt, verschlie ßen wir uns der Notwendigkeit von Regelungen nicht.
Allerdings sind wir schon immer der Meinung gewesen, dass es wenig Sinn macht, einen allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn zu beschließen, der für alle Branchen und für al le Regionen in Deutschland gleichermaßen gilt. Viele – gera de auch aus dem Land Baden-Württemberg – haben gesagt: „Das ist kein großes Problem. Lass uns das Thema doch ab räumen. Wir in Baden-Württemberg haben in der Regel über haupt kein Problem mit der Lohnhöhe. Wir bezahlen sowie so mehr als 8,50 €.“
Jetzt hat die Große Koalition in Berlin in ihrer unendlichen Weisheit den allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn be schlossen, der zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist. Und siehe da: Es ist noch kein Monat vergangen, und schon kom men aus den Reihen der CDU und der CSU Rufe nach Nach besserungen, nach Veränderungen. Denn man hat plötzlich festgestellt, welche Pferdefüße ein solcher allgemeiner flä chendeckender Mindestlohn mit sich bringt. Ich nenne nur die zusätzliche Bürokratie und das Problem hinsichtlich der Prak tikanten.
Nun haben wir in Baden-Württemberg neben dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns, dem Mindestlohn gesetz, auch noch das erwähnte Tariftreue- und Mindestlohn gesetz. Wir haben also im Grunde eine doppelte Absicherung, die natürlich auch doppelte Bürokratie mit sich bringt.
Unsere generelle Haltung zu diesem Tariftreue- und Mindest lohngesetz war schon immer die gleiche. Insbesondere von seiten der SPD bestand schon zu Zeiten, als diese noch in der Opposition gewesen ist, der Wunsch, ein solches Tariftreue gesetz zu beschließen. Das hatten wir immer mit der Begrün dung abgelehnt, dieses Gesetz werde nicht wirksam sein, die Kontrolle werde schwierig sein und am Ende führe es nur zu mehr Bürokratie.
Dies wurde im Übrigen auch in anderen Bundesländern fest gestellt. Einige andere Bundesländer haben solche Tariftreue gesetze eingeführt und sie dann, nach einer Evaluation, wie der abgeschafft. Wir stellen fest, dass das Land Baden-Würt temberg auch gut daran täte, dieses Gesetz wieder abzuschaf fen.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir jetzt ohnehin seit dem 1. Januar 2015 dieses allgemeine Mindestlohngesetz auf Bundesebene haben.