Protokoll der Sitzung vom 04.02.2015

Wir fordern erstens eine Innovationsberichterstattung und zweitens die Wiedereinsetzung eines Innovationsrats. Es gibt genügend Leute aus der Wissenschaft und der Wirtschaft – Hochkaräter aus dem Land Baden-Württemberg –, die dazu bereit wären.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Wir fordern drittens eine Aufstockung des Programms „Jun ge Innovatoren“. Frau Kollegin Lindlohr, es reicht nicht, die ses Programm zu loben. Man muss es aufstocken.

Viertens fordern wir den Ausbau der steuerlichen Forschungs förderung. Dafür tun Sie auch nichts. Es sind keine entspre chenden Initiativen bekannt. Sie müssen auch für die Mobili sierung von Risikokapital für junge Unternehmen mehr tun.

Sie sehen also: Das ist ein breites Feld. Arbeit liegt vor Ihnen, Selbstlob ist fehl am Platz.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Schmid das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuel len Zahlen sprechen eine klare Sprache. Die Industrie meldet 3,3 % mehr Umsatz für 2014. Das heißt, das industrielle Herz Deutschlands schlägt kräftiger als je zuvor.

Der Exportmotor läuft rund. Mit einem Ausfuhrergebnis von 182 Milliarden € gibt es einen neuen Rekord, und das ist ei ne tolle Leistung der Unternehmen und der Beschäftigten in unserem Land.

Auch der Arbeitsmarkt ist im Aufwind. Wir verzeichnen bei den Erwerbstätigenzahlen eine Rekordbeschäftigung. Die Ar beitslosenquote ist nur noch in Bayern niedriger, und nirgend wo in Deutschland ist die Jugendarbeitslosigkeit geringer als bei uns.

Dies zeigt an: Baden-Württemberg ist in Topform.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir stehen deshalb besonders gut da, weil die Unternehmen in unserem Land – das fängt beim Weltkonzern an und reicht bis hin zum kleinen mittelständischen Betrieb – eines verbin det: ihre Innovationskraft. 5,1 % unseres Bruttoinlandspro dukts fließen in Forschung und Entwicklung – natürlich zu ei nem Großteil durch Ausgaben der Unternehmen selbst.

Aber ich kann festhalten: Nachdem auf Bundesebene sogar ein leichtes Nachlassen dieser Dynamik festgestellt worden ist, steht für Baden-Württemberg fest: Wir schaffen das euro päische 3-%-Ziel sozusagen mit links. Baden-Württemberg ist damit unverändert die innovativste Region Europas.

Dafür gibt es vor allem einen guten Grund: Bei uns greifen Forschung, Industrie und Dienstleistung perfekt ineinander. Baden-Württemberg ist eben immer einen Tick schneller, ei nen Tick innovativer, einen Tick besser als die anderen, weil hier gerade dieses ausgedehnte Netzwerk von wirtschaftsna hen Forschungsinstituten besteht. Dieses Erfolgsmodell macht diese Topleistung der baden-württembergischen Wirtschaft möglich.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die wirtschaftsnahen Forschungsinstitute sind neben dem her vorragenden Netzwerk der Steinbeis-Stiftung der starke Part ner für kleine und mittlere Unternehmen rund um das Thema „Entwicklung und Anwendung“. Über 30 Einrichtungen der Innovationsallianz Baden-Württemberg, die Fraunhofer-Ge sellschaft, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt: Dies zusammen bildet eine einzigartige Forschungsinfrastruk

tur. Übrigens hat Baden-Württemberg auch den höchsten An teil an Fraunhofer-Instituten in der ganzen Bundesrepublik. Dieser einzigartigen Forschungsinfrastruktur verdanken wir die Erfolgsgeschichte unseres Landes.

Natürlich geht es darum, anzuerkennen, was Vorgängerregie rungen geleistet haben. Aber entscheidend ist doch, dass wir dafür gesorgt haben, dass diese Erfolgsgeschichte fortge schrieben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist doch das Mindeste!)

So haben wir z. B. die längst überfällige Verbesserung der Grundfinanzierung durchgesetzt. Unser Pakt für die Innova tionsallianz gibt den Instituten der Innovationsallianz BadenWürttemberg Planungssicherheit bis 2019 – dank des Auf wuchses der Förderung und dank der Möglichkeit, Rücklagen zu bilden. Gerade Herr Professor Hämmerle vom NMI und die anderen Leiter dieser Institute sind uns, dieser Landesre gierung, dankbar, dass wir eine Festbetragsfinanzierung ein geführt

(Abg. Martin Rivoir SPD: Genau!)

und diese Finanzierung für die Zukunft gesichert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das bedeutet eben – Frau Lindlohr hat schon darauf hinge wiesen –, dass 2015 25,3 Millionen € in die Grundfinanzie rung dieser Institute fließen – 25 % mehr als im Jahr 2010.

Auch bei den Fraunhofer-Instituten arbeiten wir zum einen das ab, was die Vorgängerregierung an Investitionen ange schoben hat; das wird unverändert durchgezogen. Aber um die Fraunhofer-Institute im Land zu stärken, hat diese Lan desregierung zum anderen bereits 2012 auf der Grundlage ei ner Verabredung von mir und dem damaligen Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, Bullinger, neue Sonderinvestitionen beschlossen.

Die geplanten Maßnahmen haben ein Gesamtvolumen von 127 Millionen €, und hinzu kommen, wie immer, weitere Mit tel vom Bund.

Unter dem Strich können wir feststellen, dass wir in dieser Legislaturperiode die wirtschaftsnahe Forschung des Landes mit insgesamt 354 Millionen € fördern und unterstützen. Das ist deutlich mehr als in der vergangenen Legislaturperiode. Sie von CDU und FDP/DVP haben zwischen 2006 und 2011 etwas über 200 Millionen € zur Verfügung gestellt. Wir haben diese Mittel fast verdoppelt. Das ist eine reife Leistung dieser Regierung für Forschung und Entwicklung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dass wir dies trotz Konsolidierungsnotwendigkeiten durch setzen konnten, verdanken wir auch ganz besonders der Un terstützung des Landtags. Ich möchte mich deshalb auch bei Ihnen noch einmal dafür bedanken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir philosophieren nicht einfach über Innovation, wir bereiten ihr den Weg. Das heißt, dass wir in der Projektförderung auch auf Zukunftsthe

men setzen – übrigens Zukunftsthemen, die der Innovations rat der Vorgängerregierung vorgezeichnet hat. Das Elend ist nicht, dass wir jetzt keinen Innovationsrat hätten. Das Elend ist, dass Sie die Empfehlungen des Innovationsrats nicht um gesetzt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es aus!)

Ich treffe in Wirtschaft und Wissenschaft immer wieder Ver treter, Mitglieder dieses früheren Innovationsrats, die dank bar sind, dass wir die Impulse aus diesem Innovationsrat ernst nehmen, dass wir beispielsweise Ernst gemacht haben mit der Einrichtung eines Venture-Capital-Fonds, dass wir Ernst ge macht haben mit einer Fokussierung der Innovationsförde rung auf die vier Großbereiche, die der Innovationsrat schon vorgeschlagen hatte, und dass wir vor allem Ernst machen mit dem Thema Digitalisierung – zu dem ich noch ein paar Wor te sagen will, denn ich glaube, dass wir gerade an diesem Bei spiel sehen, dass wir das, was Innovation in Baden-Württem berg ausmacht, mit den Mitteln der Landesregierung sehr gut unterstützen können.

Eines ist klar: Die Chancen der Digitalisierung sollen alle Un ternehmen nutzen können, gerade auch die Mittelständler in Baden-Württemberg. Eine große Frage, die mich dabei um treibt, ist die Frage der Datensicherheit. Deswegen werden wir das FZI in Karlsruhe zu d e m Zentrum für IT-Sicher heit in Baden-Württemberg mit 500 000 € zusätzlich pro Jahr weiterentwickeln. Außerdem entsteht – ebenfalls am FZI – mit dem „House of IT“ ein Projekt, das den Wissenstransfer im Bereich der Digitalisierung effizienter möglich macht und das wir mit rund 5 Millionen € unterstützen.

Zum Thema Breitbandausbau will ich noch eines sagen: Dass ausgerechnet diejenigen, die jahrelang das Thema verschla fen haben und allenfalls Sondermittel aus Konjunkturpro grammen dafür vorgesehen haben, dieser Landesregierung Vorhaltungen machen, obwohl wir für die Haushaltsjahre 2015/2016 die Mittel für den Breitbandausbau verdreifacht haben, halte ich schon für ziemlich aberwitzig.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir treiben den Breitbandausbau voran. Wir messen uns da nicht mit Bayern. Es gibt überhaupt keinen Grund, uns mit Bayern zu messen; denn Bayern hängt hinterher.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir sind mit dem Breitbandausbau schon weiter bei der Durch dringung in der Fläche des Landes. Wir haben schon bessere Übertragungsraten, höhere Versorgungsgrade als Bayern.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Weil wir die Vo raussetzungen geschaffen haben!)

Dass Bayern jetzt so viel investieren muss, hat damit zu tun, dass dies dort jahrelang versäumt wurde und dass Bayern na türlich eine viel größere Fläche hat. Das gestehe ich den bay erischen Kollegen auch zu. Die Ausdehnung des Landes Bay ern ist nun einmal annähernd doppelt so groß wie die Fläche Baden-Württembergs.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Insofern verstehe ich auch den Kollegen Söder, dass er rich tig Geld in die Hand nimmt. Wir freuen uns, wenn die Bay ern das genauso sehen wie wir und den Breitbandausbau eben falls zu einem wichtigen Thema machen.

Weitere Förderschwerpunkte, die wir in dieser Legislaturpe riode auf den Weg gebracht haben, sind die Elektromobilität und der Leichtbau.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das war aber schon bei uns!)

Das sind Themen, die für unsere Kernbranchen absolut ent scheidend sind. Deshalb fördern wir beispielsweise die Ent wicklung neuer Baustoffe, die Autos und Maschinen gleicher maßen effizienter machen. Deshalb unterstützen wir auch die Entwicklung neuer Speichertechnologien und autonomer Fahr systeme. Denn das sind die Grundlagen der Mobilität von morgen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen an diesen Beispielen: Wir wollen, dass gerade diese wirtschaftsnahen Forschungs institute weiterhin starke Partner unseres Mittelstands sind. Deshalb die Erhöhung der KMU-Prämie, deshalb bei all die sen Programmen auch ein Fokus auf den Mittelstand, und des halb die sehr erfolgreichen Abstimmungen zwischen Finanz- und Wirtschaftspolitik in meinem Haus.

Ich höre immer wieder, es sei schlimm, dass es kein eigen ständiges Wirtschaftsministerium gibt. Was ich im Bereich der wirtschaftsnahen Forschung gemacht habe, beweist jedoch gerade, dass die Durchschlagskraft des Wirtschaftsministeri ums dadurch vervielfacht wurde, dass die Haushaltsabteilung jetzt im gleichen Haus ist.

Nur deshalb konnten wir die Mittel für die wirtschaftsnahe Forschung so enorm hochfahren. Nur deshalb konnten wir den Venture-Capital-Fonds, den Sie haben liegen lassen, endlich umsetzen. Nur deshalb haben wir bei der Erbschaftsteuer ei ne abgestimmte Position zwischen Wirtschafts- und Finanz ministerium in diesem Land, die ausdrücklich beschäftigungs- und unternehmensfreundlich ist. Denn wir wissen um die Be deutung der Erbschaftsteuer für die familiengeführten mittel ständischen Unternehmen in diesem Land. Das zeigt doch: Es ist richtig, dass wir in die wirtschaftsnahe Forschung inves tiert haben. Es ist gut, dass die Landesregierung gerade bei diesen Wirtschafts- und Finanzthemen im Sinne des Mittel stands, im Sinne der Beschäftigen in Baden-Württemberg mit einer starken Stimme spricht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)