Frau Präsidentin, der Zufall will es, dass wir dieses Thema im Nachgang zur Aktuellen Debatte von heute Morgen behandeln.
„Trassen – nein danke!“ wäre und ist zu billig; da bin ich mit Ihnen einig, Herr Minister für Umwelt und Energiewirtschaft. Meine Frage lautet daher:
Landesregierung für die weiteren Planungen aus der jüngs ten Entscheidung der Bundesnetzagentur hinsichtlich der Trassenführung in Baden-Württemberg?
für die drei Landkreise Schwäbisch Hall, Rems-Murr-Kreis und Main-Tauber-Kreis, insbesondere für die Raumschaft des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald?
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Namens der Landesregierung beantworte ich die Münd liche Anfrage des Abg. Dr. Bullinger wie folgt:
Zu a: Die Übertragungsnetzbetreiber, von denen wir in Deutsch land vier haben, haben Anfang November den zweiten Ent wurf des Netzentwicklungsplans 2014 an die Bundesnetzagen tur, die BNetzA, zur Prüfung weitergeleitet. Die BNetzA hat diesen Entwurf geprüft. Das vorläufige Ergebnis dieser Prü fung wird seit Ende Februar öffentlich konsultiert. Stellung nahmen können bis zum 15. Mai bei der BNetzA eingereicht werden.
Im Rahmen der vorläufigen Prüfung – ich betone: der vorläu figen Prüfung – stufte die BNetzA die von den Übertragungs netzbetreibern vorgeschlagene dritte Leitung von SuedLink im Korridor C, nämlich die HGÜ-Verbindung C06 – diese sollte vom Kreis Segeberg bis in den Raum Wendlingen ge hen – vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse als nicht wirksam und damit als nicht bestätigungsfähig ein. Es ist daher damit zu rechnen, dass diese Maßnahme nicht Bestandteil des end gültig bestätigten Netzentwicklungsplans 2014 sein wird.
Dagegen sind die beiden anderen Leitungsverbindungen von SuedLink, nämlich die Leitung C05 von Brunsbüttel nach Großgartach und die Leitung C06 von Wilster nach Grafen rheinfeld, weiterhin als bestätigungsfähig eingestuft. Diese beiden Leitungsprojekte sind auch bereits Bestandteil des Bundesbedarfsplangesetzes.
Damit wird Baden-Württemberg vorbehaltlich der finalen Be stätigung der Projekte des Netzentwicklungsplans 2014 durch die BNetzA beim Ausbau der HGÜ-Verbindungen weiterhin von den Ausbauvorhaben Ultranet – die geht von Osterath nach Philippsburg – und SuedLink – die führt, wie von mir dargestellt, von Brunsbüttel nach Großgartach – berührt sein.
Zu b: Derzeit liegen noch keine Trassenkorridorvorschläge für das Leitungsvorhaben Brunsbüttel–Großgartach vor. Zum jetzigen Zeitpunkt könnte das Leitungsvorhaben Brunsbüttel– Großgartach aufgrund der ellipsenhaften Betrachtung des Un tersuchungsraums durch jeden der Landkreise der Region
Heilbronn-Franken und durch den Neckar-Odenwald-Kreis führen. Weitere Landkreise im Naturpark Schwäbisch-Frän kischer Wald dürften aufgrund der voraussichtlichen Nicht bestätigung der Leitung C06 nach Wendlingen nicht berührt sein.
Vielen Dank, Herr Minister. – Das Abschaltdatum für die Atomkraftwerke ist ja fixiert, und klar ist sicherlich auch, dass wir auf Strom aus dem Norden nicht verzichten können, um Versorgungssicher heit zu garantieren.
Deshalb noch einmal die Frage: Wie schätzen Sie den Zeit korridor angesichts der Genehmigungsverfahren und des da bei auch zu erwartenden Widerstands ein? Wir müssen ja bis zum Jahr 2022 die Versorgungssicherheit gewährleisten.
Herr Abg. Dr. Bullinger, ich habe es bereits an gedeutet: Es gibt ein Bundesbedarfsplangesetz. In diesem Bundesbedarfsplangesetz sind über 50 Projekte enthalten. Dieses Bundesbedarfsplangesetz wurde auch im Bundesrat behandelt. Das Land Baden-Württemberg hat den Projekten auf der SuedLink-Trasse – ich habe Ihnen diese beiden Pro jekte genannt – ebenso wie dem Projekt auf der Ultranet-Tras se mit seinen sechs Stimmen zugestimmt. Im Unterschied zu dem Nachbarland, das diesem Bundesbedarfsplangesetz auch zugestimmt hat, ist es bei uns nämlich so, dass wir, auch wenn wir Landesgrenzen überschreiten, nach wie vor zu dieser Zu stimmung stehen.
Ich will damit sagen, dass ein solches Verhalten wie im be nachbarten Bundesland nicht dazu beiträgt, dass die vorgese henen Zeitplanungen für SuedLink oder für Ultranet und an dere Projekte besser einzuhalten sind – um es einmal vorsich tig zu sagen.
Herr Minister, ich habe ei ne ergänzende Frage zu dem, was Kollege Bullinger gerade ausgeführt hat, und zwar tatsächlich in Bezug auf das Nach barland Bayern. Ist denn jetzt schon abschätzbar, zu welchen zeitlichen Verzögerungen die Blockadehaltung der Bayeri schen Staatsregierung beim Netzausbau letztlich führen kann? Können Sie dazu etwas sagen? Oder haben Sie die Hoffnung, dass Herr Seehofer seine Anti-Leitungs-Haltung aufgibt?
Ich kann keine konkreten Zeitperspektiven da zu nennen, welche Verzögerungen eintreten können. Es wird zu Verzögerungen kommen; das sagen mir auch die Netzbe treiber.
Ich persönlich verstehe die Haltung des Nachbarlands nicht, gerade vor dem Hintergrund, dass Bayern in einer ganz ähn lichen Situation ist wie Baden-Württemberg. Was heißt das? In Baden-Württemberg und Bayern zusammen werden bis 2022 allein weitere 8 400 MW an atomarer Leistung abge schaltet. Hinzu kommt, dass eine Reihe von konventionellen Kraftwerken ebenfalls abgeschaltet werden.
Bayern ist wie Baden-Württemberg ein Industrieland mit ei nem relativ hohen Stromverbrauch. Auf Baden-Württemberg entfallen etwa 13 % des bundesweiten Verbrauchs; in Bayern dürfte diese Zahl ähnlich sein. Weder Bayern noch BadenWürttemberg sind in der Lage, diesen Strombedarf durch Ei generzeugung im jeweiligen Bundesland abzudecken.
Deswegen sind wir, um im Süden Versorgungssicherheit zu gewährleisten, zukünftig auf Importe von Nord nach Süd an gewiesen. Dies macht auch Sinn, umso mehr noch vor dem Hintergrund, dass im Zuge der Energiewende in Norddeutsch land mittlerweile Windenergiekapazitäten in der Größenord nung von 30 000 MW aufgebaut wurden und es natürlich sinn voll ist, diese Windenergiekapazitäten in den Lastzentren des Südens, sprich im Münchener Raum, im Stuttgarter Raum, im Raum Mannheim/Ludwigshafen oder im Frankfurter Raum, nutzbar zu machen.
Wenn dies auf Dauer nicht möglich sein sollte – darüber wur de in den Medien schon berichtet –, dann könnte das unter Umständen bedeuten, dass Deutschland in zwei Preiszonen aufgeteilt wird. Das würde nach Aussagen von Fachleuten be deuten, dass in Süddeutschland der Strom an der Börse etwa 7 bis 8 € pro Megawattstunde teurer wird.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Interesse des Lan des Bayern, im Interesse des Landes Baden-Württemberg oder im Interesse der Industrien in unseren beiden Ländern ist. Des wegen haben wir hier eine klare Haltung, was den Netzaus bau betrifft.
Wir haben in der letzten Woche ein Dialogverfahren gestar tet, was das SuedLink-Projekt betrifft. Ich bin sehr dankbar, dass wir hier auch die Unterstützung der wichtigen Verbände – der Umweltverbände, der Industrieverbände, der Gewerk schaften, auch des Regionalverbands Heilbronn-Franken – bei diesem Dialogverfahren haben, bei denen wir sozusagen vor gezogene Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligungen praktizieren und die Regionen einbeziehen, die Dinge erklären und dann, wenn erste Trassenvorschläge vorliegen werden, auch Alter nativvorschläge diskutieren. Bürgerinnen und Bürger sind auf gerufen, auch ihre eigenen Vorschläge einzubringen. Dann wird man gemeinsam mit Transnet diskutieren, was dabei um setzbar ist und was nicht.
Worauf es mir ankommt, ist, dass wir hier einen anderen Weg als Bayern gehen, nämlich frühzeitig die Regionen einbezie hen, auch frühzeitig Alternativvorschläge einbeziehen. Ich glaube, dass das richtig ist. Wir reden – um das noch einmal deutlich zu machen – nicht über das Ob, aber wir diskutieren mit der Region über das Wie.
Herr Minister, ich hoffe wie alle, dass es zu diesem Crash, zu diesem Engpass nicht kommt. Wäre es denkbar, dass wir uns – was ich nicht unbedingt gutheißen würde – von dem westlichen Nachbarn, der nicht so viele regenerative Energien hat wie Norddeutsch land, womöglich zeitlich begrenzt aushelfen lassen müssten? Wäre das eine Lösung? Wäre da die Struktur – ich wünsche es mir nicht – als Notnagel für zwei oder drei Jahre vorhan den, bis das da ist, was wir gern hätten?
Herr Abg. Bullinger, wenn Sie die Vorgehens weise im Rahmen des Europäischen Binnenmarkts kennen und verstehen würden, dann würden Sie diese Frage nicht stel len. Im Europäischen Binnenmarkt ist es nun einmal so, dass die Märkte untereinander den Strom nach allen Richtungen austauschen,
von Deutschland nach Frankreich, von Frankreich nach Deutschland. Das ist schlicht und ergreifend von einer Frage abhängig, nämlich von der Frage: Wo wird der Strom im Mo ment gerade am günstigsten produziert? In den letzten Jahren hat sich zunehmend herausgestellt, dass in Deutschland auf grund unterschiedlicher Punkte die Stromproduktion günsti ger war. Vor diesem Hintergrund hatte Deutschland trotz der Abschaltung der acht Kernkraftwerke im Jahr 2011 einen Stromexportüberschuss von über 30 Milliarden kWh im letz ten Jahr. So viel Überschuss hatten wir noch nie, selbst nicht zu Zeiten, in denen wir mehr als 20 Kernkraftwerke am Netz hatten.
Lassen Sie mich noch sagen: Auch dieses von Ihnen angespro chene westliche Land, nämlich Frankreich mit seinen 58 Re aktoren, ist nicht immer in der Lage zu liefern, sondern es gibt durchaus Situationen, in denen die Franzosen froh sind, uns zu haben. Am 12. Februar 2012 war man in Frankreich froh, dass wir ausgeholfen haben, übrigens nicht umsonst, sondern für 1,92 € pro Kilowattstunde.
Herr Minister, ich beziehe mich auf den Landtagsbeschluss zum Netzausbau, den wir mit großer Mehrheit hier gefällt haben. Darin haben wir auch fest gelegt, dass wir uns wünschen würden, dass ein Teil der HGÜLeitungen als Erdkabel verlegt werden. Jetzt gibt es dazu von seiten der Übertragungsnetzbetreiber recht unterschiedliche Auffassungen. Die einhellige Meinung ist immer noch, dass Erdkabel sehr teuer sind. Wie beurteilen Sie die Wirtschaft lichkeit von Erdkabeln im Vergleich zu HGÜ-Leitungen? Se hen Sie eine Chance, einen gewissen Teil dieser doch teilwei se umstrittenen Trassen als Erdkabel zu verlegen?
Ich muss Sie in der Frage etwas korrigieren. Erdleitungen sind keine Alternative zur HGÜ-Leitung, son dern man kann HGÜ-Leitungen auch als Erdkabel verlegen. Dies wäre teurer. Ich will jetzt nicht spekulieren, wie viel teu rer, aber jedenfalls wäre es um ein Mehrfaches teurer.
Wir haben mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im letzten Sommer die Möglichkeit geschaffen, verstärkt Erd
kabelverlegung zu berücksichtigen. Aus meiner Sicht macht dies insbesondere in Ballungszentren oder in Gegenden einen Sinn, in denen die Bevölkerung betroffen ist. Doch das muss man bei den jeweiligen Projekten genauer sehen. Vom recht lichen Rahmen her ist diese Möglichkeit jedenfalls geschaf fen worden.
Herzlichen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 4 be endet.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. F r i e d r i c h B u l l i n g e r F D P / D V P – V e r k e h r s s i t u a t i o n u n d M a ß n a h m e n d e r L a n d e s r e g i e r u n g d u r c h V o l l s p e r r u n g d e r B u n d e s s t r a ß e B 1 9 i n U n t e r m ü n k h e i m
Frau Präsidentin! Derzeit herrscht große Aufregung in der Großen Kreisstadt Schwäbisch Hall. Man spricht von Verkehrschaos aufgrund einer wichtigen Verkehrsmaßnahme. Deshalb habe ich folgen de Fragen: