Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

(Abg. Konrad Epple CDU: Da habe ich ja Glück ge habt!)

Deswegen sind manche Aussagen in der Stellungnahme logi scherweise nicht mehr auf dem neuesten Stand; das ist klar. Das Thema Wehrreform haben die Feuerwehren und die an deren Hilfsdienste, glaube ich, gut gemeistert. Wir haben uns intensiv darüber unterhalten, und die Rückmeldungen waren positiv. Es hat keine Einbrüche bei den Personalzahlen gege ben. Die veröffentlichten Statistiken bestätigen das. Sie haben das also gut gemeistert. Die Tendenz ist gut, der Rückwärts trend, den es in der Zwischenzeit einmal gab, ist gestoppt.

Anfang dieses Jahres wurde das Strategiepapier der Feuer wehr präsentiert, das wir persönlich für die verschiedenen Handlungsebenen – Gemeinde, Kreis, aber auch Land – für sehr wichtig halten. Darüber muss mit den freiwilligen Feu erwehren vor Ort, aber auch mit dem Landesfeuerwehrver band intensiv diskutiert werden.

Es gab einige Medienberichte, die Einsatzfähigkeit der Feu erwehr sei akut gefährdet. Ich glaube, das ist sehr übertrieben. So weit sind wir Gott sei Dank noch lange nicht. Wir werden alles dafür tun, dass wir dahin nicht kommen. Der Präsident

des Landesfeuerwehrverbands, Herr Knödler, hat in einem In terview am 26. Februar höchstpersönlich gesagt – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

Nein, die Feuerwehren im Land haben momentan kein Personalproblem und auch in näherer Zukunft nicht.

Wenn es jemand weiß, dann ganz sicher er. Dennoch ist es richtig, die Debatte über das Strategiepapier – ich empfehle allen, die auf der kommunalen Ebene tätig sind, die Lektüre; es ist ein gutes Papier, mit dem man viel anfangen kann – zu führen. Es ist richtig, heute darüber zu diskutieren und nicht erst dann, wenn es tatsächlich Probleme gibt.

Wie gesagt, die Tagesbereitschaft ist in manchen Feuerweh ren schon heute ein Problem. Ich habe es gerade in meiner Heimatstadt erlebt, wo die Kommune mit kreativen Lösungen aushilft, um die Tagesbereitschaft zu gewährleisten. Es gibt noch eine kleine Berufsfeuerwehr, es gibt die gemeinsame Mitgliedschaft in Wehren, sodass man sich gegenseitig aus helfen kann. Die kreativen Lösungsmöglichkeiten tragen bis her.

Feuerwehren, aber auch andere Hilfsdienste müssen bei der Gewinnung von Frauen deutlich zulegen. Ich glaube nicht, Herr Epple, dass der geringe Frauenanteil nur eine Folge der Wahrnehmung der Feuerwehren und anderer Dienste als tech nische Organisationen ist. Vielmehr hat das auch etwas mit dem Selbstverständnis in diesen Organisationen zu tun. Es waren eben viele Jahrzehnte Männerdomänen. Da muss sich einiges in der Kultur und im Umgang ändern.

Gleiches gilt für Migrantinnen und Migranten. Auch da ha ben wir deutlichen Zuwachsbedarf. Warum sollen diejenigen, die fest in unserer Gesellschaft leben, die sich ehrenamtlich betätigen wollen, das in Zukunft nicht tun können? Es geht nicht nur um Personalreserven, sondern auch um die Aufga be der Integration aller gesellschaftlichen Gruppen in diesen großen Einrichtungen.

Insgesamt sind wir also gut unterwegs.

Zu gegebener Zeit, wenn die Strategiediskussion auf Kom munal-, Kreis- und Landesebene gelaufen ist, bilanzieren wir das einmal. Es gibt sicherlich einigen Bedarf, das Ehrenamt attraktiver zu machen und eine Anerkennungskultur zu ge währleisten.

Ich möchte mich abschließend auch namens meiner Fraktion bei allen bei der freiwilligen Feuerwehr und bei allen Hilfs diensten ehrenamtlich Tätigen für die Dienste der letzten Jah re sehr herzlich bedanken.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Funk das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kollegin nen, werte Kollegen! Über die Jahre, die ich jetzt schon dem Landtag angehören darf, ist es immer guter Brauch gewesen, dass im Bereich von Feuerwehren, Rettungsdiensten und Be

völkerungsschutz Gott sei Dank in diesem Haus breiter Kon sens bestand und besteht.

Kollege Epple, es kann also nicht verwundern, dass auch die grün-rote Landesregierung die bewährten Leitlinien in diesem Bereich fortsetzt. Denn wir haben diesen Konsens hier immer gepflegt, und zwar zu Recht, erfüllen die drei genannten Diens te doch enorm wichtige Aufgaben.

Nun könnte ich es mir einfach machen und sagen: Die Perso nalsituation bei den Feuerwehren, den Rettungsdiensten und beim Bevölkerungsschutz ist gut.

(Beifall des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Das nehme ich gern an, Herr Kollege Zimmermann. – Das wäre aber natürlich bei diesem Thema zu kurz gegriffen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Aha!)

Denn wir haben zwar eine stabile Situation, wie auch die Stel lungnahme zum Antrag Ihrer Fraktion aufzeigt. Trotzdem bleibt es eine Daueraufgabe, an der immer wieder konsequent weitergearbeitet werden muss, damit das Niveau nicht schlech ter wird.

Wenn man eine Gesamtbilanz über zehn, zwölf Jahre zieht, könnte man auch sagen: Es ist nicht wirklich viel dazugekom men. Wenn es sich so verhält, wie Kollege Epple auch zu Recht angeführt hat, dass die demografische Entwicklung ge rade bei den 18- bis 50-Jährigen in der Zukunft negative Ten denzen vermuten lässt, dann wird sich das natürlich auch auf die genannten Dienste auswirken.

Nun kann man zum Ehrenamt weder gezwungen werden, noch kann man sich die entsprechenden Damen und Herren backen. Das liegt nicht in unserer Macht. Hier sind gesellschaftliche Veränderungen wie ein verändertes Freizeitverhalten und selbst verständlich auch politische Entscheidungen wie die Ausset zung der Wehrpflicht ursächlich. In diesem Zusammenhang brauche ich nicht daran zu erinnern, aus welcher Richtung die Initiative dazu kam. Auch Veränderungen in der Arbeitswelt wie Arbeitsplatzverlagerungen oder das Pendeln sind für das Ehrenamt sicher eine Erschwernis und können von der Lan despolitik nur sehr schwer beeinflusst werden. In diesem Be reich, wenn beispielsweise junge Menschen aus ländlichen Gebieten zunehmend in Ballungsräume abwandern, kommt man mit gesetzlichen Regelungen nicht weiter.

Richtig ist: Die Landespolitik hat seit 2011 alle Anstrengun gen unternommen, um das Personal zu halten, Frauen hinzu zugewinnen sowie Initiativen zu unterstützen, die sich auch an Migranten richten, weil diese in den genannten Diensten auf jeden Fall unterrepräsentiert sind. Man hat Anstrengun gen unternommen, die die Tagesalarmsicherheit gewährleis ten sollen, angefangen bei der Absenkung des Eintrittsalters bis hin zu den von Ihnen erwähnten Doppelmitgliedschaften. Es gibt die Initiative „65plus – Senioren aktiv in unseren Feu erwehren“, um es Senioren zu ermöglichen, bei den Wehren aktiv zu sein.

Die Auswirkungen der Aussetzung der Wehrpflicht werden in diesem Antrag nicht in der Breite ausgeführt. Ich war positiv überrascht, dass die Delle, die die Abschaffung der Wehr

pflicht selbstverständlich hinterlassen hat, einigermaßen auf gefangen zu sein scheint.

Gleichwohl brauchen wir nicht nur intensive Kooperation und Werbung nach außen, sondern wir brauchen natürlich auch ein zusätzliches Maß an öffentlicher Anerkennung. Da hätte ich mir, ehrlich gesagt, auch von Ihnen, lieber Herr Kollege, dann doch den einen oder anderen Impuls dazu gewünscht, wie aus Ihrer Sicht oder aus der Sicht der CDU-Fraktion die se Personalsituation bei den genannten Diensten künftig bes ser werden soll.

Es ist schwierig. Wir haben über das Thema „Anerkennung im Ehrenamt“ hier im Landtag schon gesprochen. Ich bin auch sehr froh, dass es nach wie vor Initiativen gibt, die beispiels weise dem Gedanken der Anerkennung durch eine Verdienst medaille im Katastrophenschutz das Wort reden. Es gibt sei tens der Landesregierung auch Initiativen, in den Bereichen Feuerwehr und Katastrophenschutz mehr für die Vereinbar keit von Familie und Ehrenamt zu tun. Im Übrigen wird auch die neu gebaute Landesfeuerwehrschule hier Möglichkeiten vorsehen.

Vielleicht sollte in Zukunft auch mehr darüber gesprochen werden, dass möglicherweise gerade im Bereich der Feuer wehr die Entwicklung weg vom sogenannten Einheitsfeuer wehrmann hin zum gefragten Spezialisten gehen sollte.

Es stellt sich auch die Frage, inwieweit diejenigen, die auf grund ihres Alters für den aktiven Feuerwehrdienst nicht mehr eingesetzt werden können, weil sie nicht mehr mit einem Atemschutzgerät in jedes brennende Haus gehen können, an derweitig in der Feuerwehr verwendet werden können. Dies kann dazu beitragen, die Gesamtsituation zu verbessern.

Es ist gut, dass wir diese Diskussion immer wieder führen bzw. aufgreifen. Denn nur durch unsere permanente Selbst überprüfung haben wir überhaupt die Chance, diesen Bereich zu verbessern. Ich bin froh, dass wir auch unter dieser Lan desregierung im Bereich der Rettungsdienste und Feuerweh ren nach wie vor auf einem guten Weg sind.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen sowie des Abg. Konrad Epple CDU)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wir sind uns einig – dies ist auch deut lich geworden –, dass wir in Baden-Württemberg in den Be reichen Feuerwehren, Rettungsdienste, THW und Bevölke rungsschutz eine Struktur haben, um die man uns eigentlich nur beneiden kann. Diese Bereiche sind ehrenamtlich getra gen. Das Ganze ist ein Schatz, der gehegt und gepflegt wer den muss.

Deswegen halte ich auch die Nachfrage für gut und angesagt, wie diese Strukturen eigentlich mit neuen Herausforderungen fertig geworden sind, insbesondere mit dem demografischen Wandel, der Aussetzung der Wehrpflicht bzw. der Änderung der Lebensgewohnheiten. Es gibt hier eigentlich viele Her ausforderungen für eine derart klassisch ehrenamtlich gepräg te Struktur.

Zunächst einmal ist es hocherfreulich, dass festgestellt wer den kann, dass die Organisationen den Herausforderungen of fensichtlich insgesamt getrotzt haben. Im Wesentlichen sind wir praktisch beim gleichen Personalstand geblieben. Trotz aller Herausforderungen und Schwierigkeiten funktioniert es bis heute ausgezeichnet. Das tut es nicht von allein. Das ist ganz klar. Darum ist eine solche Debatte gut. Es ist gut, dass man sich Gedanken macht, wie man die Situation weiter pfle gen bzw. weiter nach vorn entwickeln kann, und dass man sich auch des Wertes bewusst wird, den man hat.

Die Abfrage des Personalstands ergibt, dass sich in den Ein satzabteilungen der Gemeindefeuerwehren eigentlich über die letzten zehn, 15 Jahre fast nichts verändert hat. Das ist, wie gesagt, alles andere als eine Selbstverständlichkeit.

Die größte Herausforderung, die als Stichwort bereits ange sprochen wurde, ist die Tagesalarmsicherheit. Es wird in man chen Regionen schwieriger, die Leute tagsüber zu einem Ein satz zu bringen. Dieses Problem ist offensichtlich im Raum Mannheim besonders ausgeprägt. Dort haben wir auf einer auswärtigen Fraktionssitzung gehört, dass der Trend dort des halb eindeutig zu einer Berufsfeuerwehr geht. Die Leute sind in wenigen Großbetrieben beschäftigt und brauchen schlicht und einfach zu lange, um an den Heimatort zurückzukommen. Ich weiß nicht, wie die Erfahrungen der Kollegen sind, aber ich habe im Land ansonsten von keiner vergleichbaren Situ ation gehört. Dies scheint also doch ein besonderes Problem in einem Bereich zu sein, der geprägt ist von wenigen großen Betrieben mit vielen Pendlern, die weite Strecken fahren.

Trotzdem müssen wir im Land etwas zur Sicherstellung der Tagesalarmsicherheit tun. Auf diesem Gebiet war etwas zu tun, und deswegen sind zwei wichtige Maßnahmen beschlos sen worden, nämlich erstens, dass unter Umständen von vorn herein auch die Nachbarfeuerwehr alarmiert wird, und zwei tens, dass Doppelmitgliedschaften in mehreren Feuerwehren ermöglicht werden. Außerdem hat man durch die Senkung des Eintrittsalters beim Übergang von der Jugendfeuerwehr zur aktiven Wehr die Zahl der verfügbaren Mitglieder erhöht. Meine Damen und Herren, dabei muss man aber schon fest halten, dass diese Maßnahmen natürlich alle in der Regie rungszeit der alten Landesregierung beschlossen worden sind.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Man kann aber zumindest sagen, lieber Herr Kollege Sckerl: Die Regierung hat in diesem Bereich bisher nichts kaputt ge macht – das ist richtig –,

(Beifall des Abg. Konrad Epple CDU – Zuruf von der CDU: Das ist schon einmal etwas wert!)

im Gegensatz beispielsweise zum Bereich der Bewährungs hilfe, wo Sie im Begriff sind, eine durch Ehrenamtlichkeit ge prägte neue Struktur durch Rückverstaatlichung kaputt zu ma chen. Das ist nicht so freundlich gegenüber dem Ehrenamt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich möchte aber der Fairness halber auch einen Punkt erwäh nen, der unter der neuen Regierung erfolgt ist – dieser ist auch schon angesprochen worden –, nämlich dass man sich ver stärkt Gedanken macht, wie man Leute länger in der Wehr hält, die sicher nicht mehr an strapaziösen Einsätzen teilneh

men können, die aber natürlich im Hintergrund in der Verwal tung die anderen sehr wirksam unterstützen können. Das ist eine gute Idee und kann hilfreich sein.

Wie dramatisch der Wandel war, sieht man beim Rettungs dienst übrigens z. B. an dem Umstand, dass dort der Bestand hauptamtlichen Personals seit 2003 um 41 % gestiegen ist. Da sieht man: Es ist nicht alles so geblieben, wie es war, sondern es war eben den gegebenen Herausforderungen zu begegnen. Dort hat sich offensichtlich natürlich auch die Aussetzung der Wehrpflicht deutlich bemerkbar gemacht. Jedenfalls wurden dort 41 % mehr hauptamtlich Tätige gebraucht.