Protokoll der Sitzung vom 16.04.2015

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Es ist schon ein besonderer Tiefpunkt der CDU Baden-Würt temberg, lieber Kollege Mack, dass Sie sich hier vorn hinstel len und in Ihrer Verzweiflung nichts anderes wissen, als einen rot-grünen Reformvorschlag von Herrn Schröder aus der Ta sche zu ziehen und uns aufzufordern: „Bitte, bitte, liebe Grü ne, liebe SPD, macht endlich das, was der gute Schröder da mals vorgeschlagen hat!“ Warum haben Sie nicht mit Ihrem Herrn Schäuble telefoniert?

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wurde nicht durch gestellt!)

War denn Herr Schäuble bei Ihnen im Landesvorstand? Hat Herr Wolf sich durchgesetzt oder nicht?

(Abg. Guido Wolf CDU: Abwarten, Herr Kollege!)

Ich sage Ihnen: Wir, Grün-Rot, werden in dieser Frage im Bund mehr bewegen als Sie mit Ihrem Parteifreund Schäub le. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Sehr gut!)

Übrigens sehen Sie auch, dass das Werk von Schröder bis heu te inspirierend nachwirkt,

(Abg. Volker Schebesta CDU: Bei der SPD nicht! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

weil sich der Vorschlag, den wir auf Bundesebene eingebracht haben, auf diesen damaligen rot-grünen Vorschlag bezieht.

Ich bin sehr zuversichtlich,

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

dass wir im weiteren Verlauf an der Sache orientiert eine Lö sung hinbekommen. Denn schließlich – das will ich in Erin nerung rufen – waren es Union und SPD, die das heutige Erb schaftsteuerrecht mit den Verschonungsregelungen eingeführt haben. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verschonungs regelungen im Kern als verfassungsgemäß anerkannt. Des halb sollte man vom bestehenden Erbschaftsteuerrecht ausge hen und die Nachbesserungen vornehmen, die notwendig sind, um das Erbschaftsteuerrecht verfassungsgemäß auszugestal ten.

Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir das mit entsprechender Sachkompetenz hinbekommen. Deshalb würde ich mich freu en, wenn Sie aus dem Landtag von Baden-Württemberg her aus ganz breit das Anliegen der Arbeitsplatzerhaltung in un serem Mittelstand und das Vorgehen der Landesregierung un terstützen würden. Das wäre sehr hilfreich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In der zweiten Runde erteile ich für die FDP/DVP-Fraktion Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Der Finanzminister hat seine bekannte Position wiederholt. Herr Maier – ich bin dankbar dafür – hat vorgetragen, dass diese Position vor einigen Wo chen noch die Position der gesamten Landesregierung gewe sen ist. Denn offensichtlich wurde diese Verschonungsgrenze für das Betriebsvermögen mit dem Schwellenwert von 100 Millionen € deutlich als Position der Landesregierung formu liert. Sie haben es am heutigen Tag auch getan.

Ich sage Ihnen ganz eindeutig, Herr Finanzminister – ich ha be es Ihnen vorher schon gesagt –: Wir unterstützen Sie bei dieser Position, auch gegen Herrn Schäuble. Denn diese Po sition ist im Sinne des baden-württembergischen Mittelstands, im Sinne der Arbeitsplätze in Baden-Württemberg wesentlich besser als das, was Herr Schäuble vorgeschlagen hat.

Weiterhin offen geblieben ist aber die Frage, ob der Finanz minister für die gesamte Landesregierung spricht. Denn in der Zwischenzeit hat der Regierungssprecher erklärt – ich darf es noch einmal zitieren –: „Über eine 100-Millionen-€-Freigrenze gibt es in der Landesregierung keine Verständigung.“

(Abg. Winfried Mack CDU: Oi!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben die Möglichkeit, das jetzt zu dementieren.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

Sie haben heute die Möglichkeit, hier zu sagen: „Jawohl, ich unterstütze meinen Finanzminister.“

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das kann man erwarten!)

Denn in der Zwischenzeit war es eben so, dass Trittin und sei ne Jünger im grünen Waziristan interveniert und erklärt ha ben: „So nicht“

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sag mal!)

und das zurückgenommen haben, was vorher gesagt worden ist. Deshalb ist nicht klar, welche Position diese Landesregie rung hat. Der Finanzminister hat eine klare Position. Der Mi nisterpräsident hat keine Position, und damit hat auch die Lan desregierung keine Position.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: So ist es!)

Herr Ministerpräsident, schaffen Sie endlich Klarheit!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Kollegen Mack das Wort.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt: Wie war es im Landesvorstand? – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Genau! – Lachen bei der SPD)

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Finanzminister, im Kern geht es doch um die Frage: Wie setzen wir die Interessen des Landes Ba den-Württemberg, die denen des Landes Bayern ähnlich sind,

(Abg. Georg Nelius SPD: Diese bösen Bayern!)

in Berlin und im Bund über alle Parteigrenzen hinweg durch?

Da wir heute gehört haben, dass wir – alle vier Fraktionen die ses Landtags – vom Grundsatz her in der gleichen Richtung unterwegs sind, geht es doch darum, endlich gemeinsam zu schauen: Wo können wir etwas erreichen? Die Landesregie rung kann nur dann etwas erreichen, wenn sie im Bundesrat aktiv wird

(Lachen der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

und mit einheitlicher Zunge spricht. Es darf nicht sein, dass der Ministerpräsident sagt: „Ich sage nicht so und nicht so, und von der 100-Millionen-€-Grenze weiß ich nichts“, der Re gierungssprecher etwas anderes sagt und dann irgendwann von Picasso die Rede ist und Sie dann wieder sagen, Sie hät ten eine klare Position. Wir müssen uns vielmehr darauf ver lassen können, dass Baden-Württemberg eine einheitliche Po sition hat, für die wir gemeinsam kämpfen. Dies fehlt im Mo ment.

(Zuruf des Abg. Georg Nelius SPD)

Die Bemerkungen des Ministerpräsidenten in dieser Frage ha ben bei der Wirtschaft im Land erhebliche Unruhe ausgelöst. In der heutigen Debatte geht es darum, diese Unsicherheiten zu beseitigen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die 100-Millionen-€-Grenze genannt. Diese 100-Millionen-€-Grenze wurde 2005 gefun den, als es noch eine Besteuerung nach dem Einheitswert gab. In der Zwischenzeit hat sich das eine oder andere getan. Das heißt, wir müssen darüber nachdenken, ob diese 100-Mil lionen-€-Grenze heute noch haltbar ist oder ob wir eine Inde xierung vornehmen und berücksichtigen können, dass bei der Erbschaftsteuer heute nicht mehr nach Einheitswerten besteu ert wird.

Dann kommen wir in der Tat zu dem Vorschlag der Stiftung Familienunternehmen: Diese Grenze könnte bei 120 Millio nen € liegen. Wir müssen noch darüber sprechen, ob sich die se Summe auf den Betriebswert oder auf den Erwerb des Ver mögens im Erbgang bezieht. Über all diese Fragen muss ge sprochen werden. Auf unserer Seite tun wir alles, um die In teressen des Landes Baden-Württemberg zu vertreten.

(Zurufe von den Grünen und der SPD: Was denn?)

Aber wir erwarten, dass eine Landesregierung, die dafür be zahlt wird und Sitz und Stimme im Bundesrat hat, jetzt end lich eine Bundesratsinitiative erarbeitet und uns diese vorlegt, damit wir alle gemeinsam die Position der Landesregierung von Baden-Württemberg kennen. Darauf warten wir.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich dachte, Schäuble sei Ihr Spitzenkandidat für die Bundestagswahl!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Kollegin Aras das Wort.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Lieber Kollege Mack, es ist schon interessant, dass Sie eine „einheitliche Zunge“ von Grün-Rot oder vom Ministerpräsidenten bezüglich der Partei erwarten.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie regieren halt! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Uns fehlen leider ein paar Stimmen!)

Ja, ja. – Wie sieht es bei Ihnen aus, lieber Kollege Hauk? Wo ist Ihr Einsatz? Wo ist der Einsatz Ihres Spitzenkandida ten Wolf?