Herr Staatssekretär, Sie haben für die Landesregierung jetzt Regelungsänderungen bei der Arbeitszeit für problematisch erklärt. Ich greife einmal die Wortmeldungen aus der Gastronomie auf. Ministerin Nahles hat bei einer Veranstaltung gesagt, sie sehe bei den Arbeits zeitregelungen durchaus Änderungsbedarf, z. B. zur Verein
barkeit von Familie und Beruf, wenn man früh am Tag arbei tet – wenn das Kind betreut wird – oder spät am Tag arbeitet – wenn der andere Elternteil für das Kind da ist. Das sei eine Familienorganisation, auf die man mit dem Arbeitszeitgesetz, was Ruhepausen angehe, Rücksicht nehmen müsse.
Können Sie mir den Unterschied zwischen dieser Fallkons tellation und dem Arbeitsanfall in der Gastronomie erklären? In einem Hotel z. B. fällt Arbeit am Morgen und am Abend an. Da besteht auch Handlungsbedarf, was die Fragen der Ru hephasen angeht.
Können Sie mir den Unterschied erklären, wenn schon in dem einen Fall gesagt wird: „Da müssten wir etwas ändern“, Sie das aber im anderen Fall – bei einer genau gleichen zeitlichen Konstellation – für die Landesregierung ausgeschlossen ha ben?
Zunächst eine Präzisierung: Ich erachte eine generelle Revision der Gesetzeslage als pro blematisch. Dass es im Einzelnen Veränderungsbedarf gibt, halte ich – so, wie Sie das gerade eben angesprochen haben – für absolut diskussionswürdig.
Aber das ändert nichts an der Situation bei den von Ihnen an gesprochenen Themen, z. B. dass es in der Gastronomie er forderlich ist, bei einem Bankett zwei Stunden länger zu ar beiten. Sie wissen, dass es harte Interessen gibt, die dem ent gegenstehen. Dabei geht es auch um Tarifverträge. Ich halte dies für einen anderen Sachverhalt als den, den Sie geschil dert haben, bei dem die Ministerin sozusagen aus familienpo litischer Sicht ein Angebot macht.
Keine weiteren Fragen mehr. Ich erkläre das erste Thema für abgeschlossen. – Vie len Dank, Herr Staatssekretär.
Herr Präsident, werte Kol leginnen, werte Kollegen! Lieber Minister Bonde, das Thema Landschaftserhaltungsverbände beschäftigt uns im Landtag schon länger als vier Jahre. Es ist allerdings insgesamt schon sehr viel älter. Vor 31 Jahren wurde in Bayern der erste Land schaftserhaltungsverband gegründet. Das ist seither eine bun desweite Erfolgsgeschichte. In vielen Bundesländern koope rieren Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen da sehr gut und sehr erfolgreich miteinander.
Baden-Württemberg war hier bis zum Jahr 2011 quasi Schluss licht im Vergleich mit anderen Bundesländern. Allerdings muss man fairerweise auch dazusagen, dass sich zum Ende der letz ten Legislaturperiode über alle Parteien hinweg ein Konsens abzeichnete, Landschaftserhaltungsverbände einzurichten. Es war dann allerdings eine der ersten Aktivitäten von uns, von Minister Bonde, schon im Sommer 2011 den 35 Landkreisen und damit auch den Partnern aus der Landwirtschaft und dem Naturschutz im Land zuzusagen, dass die Einrichtung von Landschaftserhaltungsverbänden gefördert wird. Es wird auch bundesweit als vorbildlich betrachtet – vom Dachverband,
Seit 2011 verläuft diese Umsetzung in den Kreisen in BadenWürttemberg sehr, sehr dynamisch; das muss man schon sa gen. Die Kreistagsbeschlüsse sind häufig auch mit der breiten Mehrheit der Fraktionen gefasst, die dahinterstehen. Nächste Woche steht im Kreis Ludwigsburg im Fachausschuss eine Entscheidung an. Das ist einer der allerletzten Kreise im Land – mein eigener Kreis –, in dem dies noch ansteht. Ich hoffe sehr, dass es dann auch dort eine breite Unterstützung, auch einiger anwesender Herren,
Erstens: Wie genau stellt sich jetzt die Entwicklung, insbeson dere seit dem Jahr 2011, dar? Wie ist der aktuelle Stand im Land in Bezug auf die Anzahl der gegründeten oder beschlos senen Landschaftserhaltungsverbände?
Zweitens: Wie genau gestaltet sich die Umsetzung der Drit telparität? Was bedeutet das, und wie funktioniert sie?
Drittens: Welche Aufgaben haben die Landschaftserhaltungs verbände in Baden-Württemberg? Da weicht in einigen Tei len die Akzentuierung – so ist mein Wissensstand – etwas von der Mehrzahl der anderen Bundesländer ab. Ich wäre dank bar, wenn der Minister die Frage beantworten würde, wie die Aufgabenfelder hier in Baden-Württemberg aussehen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Herzlichen Dank für die Frage. Landschafts erhaltungsverbände sind für uns ein zentrales Instrument des kooperativen Naturschutzes. Insofern haben wir gleich zu Be ginn der Legislaturperiode hier die Initiative ergriffen, sind auf die Landkreise zugegangen, um dieses Instrumentarium auszubauen.
Wir hatten zu Beginn der Legislaturperiode sechs Land schaftserhaltungsverbände in Baden-Württemberg. Wir sind inzwischen in der Situation, dass morgen Abend im Hohenlo hekreis der 30. Landschaftserhaltungsverband gegründet wer den soll. Hier ist es also innerhalb der letzten vier Jahre zu ei ner sehr großen Dynamik gekommen, weil sehr viele Kreise unser Angebot der verbesserten Ausstattung genutzt haben, um mit Landschaftserhaltungsverbänden ein wichtiges Inst rument in Sachen Landschaftserhaltung, Landschaftspflege und Naturschutz einzurichten.
Landschaftserhaltungsverbände in Baden-Württemberg sind gemeinnützige, eingetragene Vereine, die auf Landkreisebe ne gebildet werden. Die Vertretungen aus der Landwirtschaft, aus dem Naturschutz und von den Kommunen arbeiten gleich berechtigt zusammen, daher die drittelparitätische Besetzung. Es geht darum, gemeinsame, tragfähige Lösungen für Natur und Landschaft durchzuführen.
Die Landschaftserhaltungsverbände sind kein behördlicher Naturschutz, das heißt, hier finden keine Anordnungen statt, sondern es geht hier um ein Miteinander von Nutzern, kom munalen Interessen und Naturschutzinteressen. Es geht hier darum, kooperativ, gemeinsam miteinander voranzugehen, zentrale Beiträge aus der Vernetzung der Akteure für den Na tur- und Landschaftsschutz zu schaffen. Es geht auch darum, dass Umsetzungen und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vermehrt miteinander einhergehen, um die Nutzer auch dabei zu unterstützen, Geschäftsfelder in der Landschaftspflege übernehmen zu können.
Kernaufgabe der Landschaftserhaltungsverbände in BadenWürttemberg ist die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kulturlandschaft – dieser kommt hier eine besondere Rolle zu – für den Erhalt biologischer Vielfalt, für die Offenhaltung der Landschaft und für den Erhalt des Landschaftsbilds. Insofern sind Landschaftserhaltungsverbände in unserer baden-würt tembergischen Definition Dienstleister für ein regionales Na tur- und Landschaftsmanagement. Sie bieten Ansprechpartne rinnen und Ansprechpartner für Landwirte, für Schäfer, für die Landkreise, für die Städte und Gemeinden sowie für inte ressierte Bürger ebenso wie für die Naturschutzverbände.
Wir haben die Landschaftserhaltungsverbände auch mit die ser Rolle in die Naturschutzstrategie des Landes aufgenom men. Sie spielen für uns eine besondere Rolle in der Umset zung unserer Natura-2000-Verpflichtung gegenüber der Eu ropäischen Union. Wir sind überzeugt, dass dafür der koope rative, nicht behördlich anordnende Geist der Landschaftser haltungsverbände eine ganz wichtige Rolle spielt.
Insofern bieten die Landschaftserhaltungsverbände umfassen de, auf die Region sowie auf den Einzelfall bezogene Bera tung an, sie organisieren die anschließende praktische Umset zung von Maßnahmen, z. B. in der Betreuung von Biotop- und Landschaftspflege, der Betreuung von Betrieben in der exten siven Landnutzung, in Projekten für die Offenhaltung der Kul turlandschaft genauso wie bei der Natura-2000-Management planung, bei der Planung und Umsetzung von Biotopvernet zungs- und Mindestflurkonzeptionen sowie beispielsweise bei der Betreuung von Streuobstwiesen oder der Renaturierung. Sie vermitteln hier auch den entsprechenden Zugang zur Landschaftspflegerichtlinie und ähnlichen Möglichkeiten.
Herr Minister, Sie haben jetzt – um eine Redewendung eines vorherigen Beitrags zu verwenden – sehr wortreich erklärt, was Landschaftserhal tungsverbände tun können und tun sollen. Ich habe etwas ver misst, nämlich die Frage: Wie wird das alles finanziert?
Zweitens: Wer trägt die Kosten? Sie haben von einer Dritte lung gesprochen: die Landwirtschaft, die Naturschutzverbän de und die Kommunen. Sind das die drei Finanziers dieser Maßnahmen, die durch die Verbände erfüllt werden, oder gibt es noch Finanziers von weiterer Seite?
Die letzte Frage, die ich stellen möchte: Welche Veränderun gen in der Landschaftspflege und im Naturschutz hat es denn durch die Einrichtung dieser Verbände gegeben? Mir ist – ich glaube schon, Einblick zu haben – bekannt, dass Naturschutz von den Kommunen oder auch durch andere Organisations strukturen in unserem Land schon vor dem Jahr 2011 inten siv betrieben wurde. Was wird von dem damals betriebenen Naturschutz übertragen, was ist hinzugekommen, und wer zahlt was? Das würde mich noch interessieren.
Herzlichen Dank für die Frage, die sich – im Gegensatz zur Frage des Vorredners – auf die Finanzierung bezieht. Insofern beantworte ich sie jetzt auch gern.
Die Landschaftserhaltungsverbände sind Vereine, die mit Be schluss der Kreistage auf Landkreisebene gegründet werden, in der Regel dann auch mit einer hohen Anzahl an Mitglied schaften von Gemeinden wie auch Verbänden aus den unter schiedlichen berührten Bereichen.
Wir, das Land, bieten an, jeweils 1,5 Stellen für die Geschäfts stellen der Landschaftserhaltungsverbände zu finanzieren. Die Trägerseite – Kreis, Kommunen, Verbände – beteiligt sich hier mit einer weiteren halben Stelle. Zusätzlich verstärken wir die unteren Naturschutzbehörden durch eine zusätzliche Stelle für einen oder eine Natura-2000-Beauftragten bzw. -Beauftragte, um die durch die Mehrarbeit in Sachen Naturschutz behörd lich anfallenden Teile – behördliche Abwicklung, Rolle der EU, Zahlstelle und Ähnliches – zu gewährleisten.
Insofern gibt es hier ein großes Engagement, das dazu dient, dass in den Landschaftserhaltungsverbänden über die enga gierte Arbeit der unteren Naturschutzbehörden und der Regie rungspräsidien sowie der privaten Akteure im Naturschutz hi naus Leistungen erfolgen. Wir sehen auch, dass es insbeson dere für Landwirte eine große Erleichterung ist, dass man hier ein kooperatives Instrumentarium hat, bei dem man auf Au genhöhe zusammensitzt, bei dem man nicht ein Verhältnis von Anordnung und Befolgen-Müssen im Miteinander hat, son dern hier gemeinsam Programme umsetzt, Programme entwi ckelt. Landwirte erhalten beispielsweise auch Unterstützung dabei, Zugang zur Landschaftspflegerichtlinie zu bekommen, die für uns im Land das zentrale Instrumentarium ist, um bei spielsweise Landschaftspflegemaßnahmen auch für Landwir te im Rahmen des Vertragsnaturschutzes möglich zu machen.
Insofern sehen wir, dass überall dort, wo es Landschaftserhal tungsverbände neu gibt, ein zusätzliches Engagement in der Fläche vorhanden ist, das das bisherige Engagement ergänzt. Dabei wird keine Konkurrenz aufgemacht, sondern werden im Gegenteil die staatlichen und die privaten Akteure sowohl in der Landwirtschaft als auch im Naturschutz in die Lage ver setzt, die Arbeit besser zu machen und auch gemeinsam vor anzukommen, was die Managementpläne bei Natura 2000 an geht.
Ich kann nur jedem empfehlen, sich einmal die konkrete Ar beit eines Landschaftserhaltungsverbands vor Ort anzuschau en. Da wird wertvolle Arbeit geleistet. Ich glaube, es ist wich tig, dass wir nicht nur am Wochenende von dem Erhalt der Kulturlandschaft reden, sondern auch die Instrumentarien schaffen, die dafür nötig sind. Die Landschaftserhaltungsver bände sind aus unserer Sicht hier eine wichtige Ergänzung, die einen klaren Mehrwert vor Ort bringen.
Herr Minister, die Land schaftserhaltungsverbände übernehmen wichtige Funktionen im Bereich des Vertragsnaturschutzes, im Management und bei Pflegemaßnahmen und nehmen hier jetzt auch Tätigkei ten der Koordination wahr, die früher von kommunaler Seite wahrgenommen wurden. An welche Rahmenbedingungen sind diese Landschaftserhaltungsverbände denn jetzt von Vertrags seite gebunden? Kann es sein, dass die Vertragspartner – ich nenne einmal Schäfer oder Ziegenhalter –, die jetzt in Pflege maßnahmen einsteigen, finanziell schlechter dastehen als frü her, als ihnen ein kommunaler Träger oder Beauftragter die se Aufgaben übertragen hat? Gibt es Möglichkeiten, solche Nachteile auszugleichen?
An den Vertragsbedingungen der Land schaftspflegerichtlinie ändert sich durch die Gründung von Landschaftserhaltungsverbänden nichts. Im Gegenteil, hier besteht eine zusätzliche, verbesserte Möglichkeit beim Zu gang. Wir haben nun im Rahmen der Neuaufstellung der Agrarumweltprogramme mit Beginn der neuen europäischen Förderperiode die Landschaftspflegerichtlinie ausgebaut und auch Gesetze angepasst. Aber das ist eine Maßnahme, die nicht originär mit den Landschaftserhaltungsverbänden zu tun hat.
Durch die Landschaftserhaltungsverbände entsteht also für keinen Landwirt eine schlechtere Situation. Im Gegenteil, es ist hier ein zusätzlicher Ansprechpartner da, der Möglichkei ten vermittelt, der Maßnahmen ermöglicht, was aber keine Verschlechterung oder Anordnungssituation jenseits der gel tenden Naturschutzrechte und aller damit zusammenhängen den Fragestellungen mit sich bringt.
Herr Minister, bei Ihren ein leitenden Ausführungen hatte man den Eindruck, dass die Er haltung und Weiterentwicklung der Kulturlandschaft eigent lich nur über diese Landschaftserhaltungsverbände vernünf tig erfolgen kann. Gibt es nicht auch neben diesen Verbänden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zahlreiche an dere Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen? Denn es ist ja auch schon vor 2011 in vielen Fällen vieles erreicht worden.