Naturschutzfinanzen, Naturschutzstrategie, Naturschutzgesetz – das ist ein grün-roter Dreiklang, der sehr, sehr gut zu Ba den-Württemberg passt.
Schritt für Schritt stellen wir dadurch die Bewahrung der Schöpfung – der begeisternde Kirchentag hat gerade erst ge endet – bzw. die Verantwortung für unser Naturerbe in das Zentrum der Politik. Das ist grün, konservativ und modern zu gleich.
Wir sichern erstens die Landschaftserhaltungsverbände – Mi nister Bonde hat bereits darauf hingewiesen – gesetzlich ab: Anstelle von sechs Landschaftserhaltungsverbänden unter CDU und FDP/DVP gibt es heute 30. Wir haben die Finanz mittel verdoppelt, die Anzahl der LEVs verfünffacht, und das in vier Jahren. Jetzt sichern wir dies auch gesetzlich. Das ist ein wichtiger Schritt, der, glaube ich, auch parteiübergreifend befürwortet wird.
Zweitens: Wir schützen endlich die Alleen und die unzer schnittenen Räume des Landes. Das ist ein Beitrag zugunsten von Landschaftsbild, Erholung und Tourismus, der im Gesetz bisher gefehlt hat.
Drittens: Wir stärken den Biotopverbund. Damit setzen wir sowohl die Vorgaben des Bundes als auch unsere eigene Na turschutzstrategie um. Kollege Rapp, ich will schon darauf hinweisen: Ein innovatives Element der grün-roten Natur schutzstrategie ist, dass wir das Thema Rohstoffabbau im Na turschutzgesetz haben, dass wir nun auch in der Gesetzesbe gründung formulieren, dass naturschutzfachlich hochwertige Abbaustandorte in den Biotopverbund integriert werden kön nen und sollen. Das ist eine gemeinsame Linie von Grün-Rot, die wir hier verfolgen.
Dies hat übrigens bei Schwarz-Gelb gefehlt. Sie sind in 58 Regierungsjahren nicht auf die Idee gekommen, Wirtschaft und Naturschutz – weder im Gesetz noch in einer Strategie – miteinander zu verknüpfen. Ausgerechnet Sie! Jetzt formulie ren wir, Grün-Rot, dies in der Strategie und setzen das im Ge setz um. Es musste also zuerst eine grün-rote Regierung ge ben, um Ökonomie und Ökologie miteinander zu verbinden.
Viertens: Wir stärken die Beteiligungsrechte der Naturschutz verbände. Angst ist ein schlechter Ratgeber, Herr Rapp; das muss ich schon sagen. Wer Angst davor hat, dass sich gemein nützige Verbände dieses Landes in die Entwicklung unseres Landes einbringen, der hat schlechte Ratgeber. Wir, Grün-Rot, stehen für mehr Beteiligung, für mehr Engagement, für mehr Ehrenamt, für mehr Gehörtwerden, für mehr Demokratie.
Das ist ein Kern dessen, warum wir hier die Mitwirkungsrech te und die Beteiligungsrechte der Verbände stärken.
Übrigens, Kolleginnen und Kollegen von der CDU und ins besondere Kollege Rapp: Wer A sagt, also die Bedeutung des Ehrenamts in die Landesverfassung hineinschreiben möchte, der sollte auch B sagen und das Ehrenamt wahrhaft stärken – nichts anderes sind die Mitwirkungsrechte der Naturschutz verbände.
Die Verfassung – das unterstützen wir durchaus – ist die The orie für Sonntagsreden, das andere ist die Praxis für die gan ze Woche, und das führen wir jetzt ein. Stimmen Sie also dem Naturschutzgesetz zu, wenn Sie nicht auf dem Niveau von
Sonntagsreden stehen bleiben wollen. Helfen Sie mit, die im Land ehrenamtlich tätigen Menschen, die sich für unser Na turerbe, für unsere Schöpfung einsetzen, zu motivieren.
Last, but not least, fünfter Punkt: Wir legen gesetzlich fest – der Minister hat es erwähnt; das ist sicherlich ein besonderer Punkt –, dass gentechnisch veränderte Organismen im Um feld von 3 000 m um qualifizierte Schutzgebiete nichts zu su chen haben. Wir verbinden hier wissenschaftliche Erkenntnis se – z. B. zum Radius des Bienenflugs – mit den Interessen von über 80 % der Bevölkerung in unserem Land. Das ist et was, was der Bevölkerung dient und was auch den Interessen des Landes dient. Weder wir noch die Bevölkerung wollen gentechnisch veränderte Organismen auf den Äckern in un serem Land oder auf unseren Tellern.
(Heiterkeit des Abg. Paul Locherer CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt wird der Frosch geküsst!)
Ich kann mir vorstellen, dass Sie ungern Grüne küssen. Des wegen hat jetzt Grün-Rot den Frosch geküsst. Der Naturschutz ist ein Prinz, auf den wir alle stolz sein dürfen. Zwischen Rot und Grün hat es eben geknistert. Jetzt haben wir mit dem Na turschutzgesetz, mit der Naturschutzstrategie, mit den Natur schutzfinanzen viele glückliche Naturschutzkinder im Land. Wir haben einen Nationalpark, wir haben Landschaftserhal tungsverbände, wir haben Biosphärenreservate. Kollege Lo cherer, unter Grün breitet sich hier im Land sogar der Schwarz storch immer mehr aus. Wir setzen uns hier im Land also auch für gefährdete Minderheiten ein.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt kommt der Ro te Milan! – Gegenruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Der Grünspecht wird auch gefördert!)
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat einer deutschen Lyrikerin:
In diesem Sinn müssen wir alles dafür tun, der Natur nicht ausgeliefert zu sein. Das heißt, es besteht die Notwendigkeit, mit der Natur ins Reine zu kommen. Das ist ein ursoziales Thema.
Die Novelle des Naturschutzgesetzes ist notwendig, weil wir die bereits zitierte Naturschutzstrategie, die wir beschlossen haben, umsetzen wollen. Ich darf daran erinnern, warum das
so notwendig ist. Dieser Naturschutzstrategie ging eine Bi lanz zur Natur in Baden-Württemberg voraus. Man hat fest gestellt, dass die biologische Vielfalt in Baden-Württemberg durchaus in Gefahr ist und deswegen dringender Handlungs bedarf besteht.
Ich darf das an drei Zahlen deutlich machen: 30 bis 40 % der Arten in Baden-Württemberg stehen auf der sogenannten Ro ten Liste. Davon sind ein Drittel der Biotoptypen betroffen. Ein Drittel der FFH-Arten sind in einem schlechten ökologi schen Zustand. Schon allein das zeigt: Es ist notwendig, die Naturschutzstrategie umzusetzen.
Wie setzt man die Strategie um? Ich möchte das ganz kurz an hand von sieben Beispielen aufzeigen; das meiste wurde schon gesagt.
Wir werden in den geschützten Bereichen den Einsatz der Gentechnik verunmöglichen. Es ist gut, Baden-Württemberg zumindest in den geschützten Bereichen und um die geschütz ten Bereiche herum als gentechnikfreies Land zu bestimmen.
Wir setzen zweitens die Moorstrategie um. Die Niedermoore und die Hochmoore werden stärker geschützt. Das ist ein ak tiver Beitrag zum Klimaschutz.
Drittens nehmen wir eine Verbesserung des Biotopverbunds vor. Sämtliche Naturbestandteile, Lebensräume, Landschafts bestandteile werden zukünftig in den Biotopverbund mit ein bezogen. Dem liegen Fachplanungen zugrunde, z. B. auch der Generalwildwegeplan.
Wir nehmen viertens eine Stärkung der Landschaftserhal tungsverbände vor. Inzwischen haben 30 der 35 Landkreise diesen Weg beschritten. Erstmalig werden die Aufgaben ge regelt, wird die Zusammensetzung geregelt. Es ist ein großer Beitrag für einen gelingenden Naturschutz in den Gemeinden, wenn alle – die Naturschützerinnen und Naturschützer, die Landwirtinnen und Landwirte sowie die Verwaltung – ge meinsam agieren und in die gleiche Richtung marschieren.
Wir nehmen fünftens eine Verbesserung der Schutzfunktio nen vor. Beispielsweise wird bei schlechten Vorhaben im In nenbereich der Außenbereich besser geschützt. Ich erinnere an die Lichtverschmutzung, die im Außenbereich durchaus immer wieder ein Thema ist.
Wir stärken sechstens die Naturschutzverbände, indem sie mehr Einblick bekommen, mehr Beteiligungsmöglichkeiten bekommen, um in den Bereichen, die für sie interessant sind, mitzureden.
Schließlich der siebte Punkt: Wir entbürokratisieren auch ein Stück weit. Das heißt, die nachfolgenden Behörden werden entlastet, Meldepflichten entfallen, Genehmigungspflichten entfallen. Das ist ein gutes Zeichen.
Insgesamt werden durch das neue Naturschutzgesetz die Be lange des Naturschutzes, des Artenschutzes und der Land schaftspflege gestärkt. Das neue Gesetz ist ausgewogen. Wir haben gut zugehört, was uns in den Anhörungen gesagt wur
de. Deswegen wird die SPD-Fraktion dieses Gesetz nicht nur mit auf den Weg bringen, sondern auch mit beschließen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wo wollen Sie ei gentlich die 1 200 Windräder hinstellen?)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Ent wurf des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts des Naturschut zes und der Landschaftspflege umfasst 125 Seiten. 15 Geset ze sind von diesem Artikelgesetz berührt. 201 Stellen – 150 Verbände und Berufsorganisationen und 51 Behörden – ha ben den Gesetzentwurf zur Anhörung zugesandt bekommen. Es wurden 66 Stellungnahmen abgegeben.