Einen dritten Punkt würde ich gern noch anführen: Die vor geschlagenen Änderungen würden im Grunde die gesamten Netzplanungen in Deutschland, also nicht nur SuedLink, be treffen und erheblich beeinträchtigen, und zwar nicht nur zeit lich, sondern – auch das ist wichtig – auch im Hinblick auf die Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern.
Die von bayerischer Seite vorgeschlagenen Planänderungen würden nämlich den Tatsachen entsprechend als massiver po litischer Eingriff in der Öffentlichkeit wahrgenommen wer den. Die ohnehin bereits beschädigte Glaubwürdigkeit des fachlich fundierten Verfahrens der Netzausbauplanung wür de damit endgültig infrage gestellt werden. Ich finde, daran kann keiner von uns ein Interesse haben.
Viertens schließlich ließe sich der bayerische Vorschlag nur mit erheblichen Eingriffen in das – wie ich bereits erwähnt habe: auch von Bayern mitbeschlossene – gesetzlich festge schriebene Verfahren der Bundesbedarfsplanung umsetzen. Es wäre damit – das will ich auch noch betonen – rechtlich in hohem Maß angreifbar.
Schließlich muss ich zum wiederholten Mal feststellen, dass es der Bayerischen Staatsregierung ausschließlich um die Lei tungen im eigenen Land, in Bayern, geht und darum, ob eine Streckenführung durch Bayern zumutbar ist. Es ist jedoch kei neswegs so, dass nur in Bayern zwei Trassen enden, wie ich es in Äußerungen von Mitgliedern der Bayerischen Staatsre gierung teilweise lesen durfte. Von den insgesamt vier geplan ten HGÜ-Leitungen enden nach derzeitiger Gesetzeslage zwei in Bayern und zwei in Baden-Württemberg, und zwar die Stre cke Osterath–Philippsburg, das sogenannte Ultranet-Projekt, das in Nordbaden endet, und im Korridor A das Projekt Bruns büttel–Großgartach. Von einer besonderen Betroffenheit Bay erns kann hier deshalb, wie ich meine, in keiner Weise die Re de sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass der Netzausbau nicht nur Baden-Württem berg zugutekommt, sondern auch für Bayern und ganz Deutsch land notwendig ist, wenn wir die Energiewende ernst nehmen. Wie ich eingangs gesagt habe, steht Baden-Württemberg zum beschlossenen Stromnetzausbau. Wir machen hier verlässli che Politik, anstatt nach dem Sankt-Florians-Prinzip zu han deln.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass sich alle Redner hier in der Debatte grundsätzlich zum Stromnetzausbau in Deutsch land bekannt haben. Dass hier ein Sankt-Florians-Prinzip von den Rednerinnen und Rednern aller Fraktionen nicht vertre ten wurde, ist ein gutes Zeichen dafür, dass Baden-Württem
berg zur Energiewende und zum Stromnetzausbau steht. Das ist zumindest das, was wir heute hier hören konnten.
Wie es sich nun mit Herrn Wolf verhält, haben wir noch nicht so genau gehört. Vielleicht ist es am Ende auch gar nicht so wichtig, was Herr Wolf sonntags so sagt.
Da Sie jetzt aber den Kollegen Paul Nemeth vorgeschickt ha ben, um Ihre Zumeldung vom 17. Mai zu verteidigen, lese ich gern noch einmal den Satz vor, den Kollege Nemeth hier zu Ihrer Verteidigung angeführt hat. Er lautet:
Es ist selbstverständlich, dass bei der Verlegung der Stromtrasse baden-württembergische Interessen gewahrt bleiben müssen.
Sie haben also an dem besagten Sonntag gesagt: „Na klar, wir verlegen einmal ganz locker die Stromtrasse.“ Es wäre gut ge wesen, wenn Sie in den dazwischen liegenden vier Wochen gemerkt hätten, dass bereits diese Aussage gegen das Bundes bedarfsplangesetz steht.
Im Bundesbedarfsplangesetz stehen die Endpunkte der Tras sen. Nicht der genaue Verlauf der Trassen ist hinterlegt, je doch die Endpunkte. Die Bayerische Staatsregierung hat vor geschlagen, das Bundesbedarfsplangesetz vom Kopf auf die Füße zu stellen
und die ganze Trasse völlig anders verlaufen zu lassen, sie al so nicht in Unterfranken, sondern in Bayerisch-Schwaben en den zu lassen, nachdem sie über Hessen und Baden-Württem berg geführt wurde.
Also noch einmal: Ihr Satz vom Sonntag, dass die Verlegung der Trasse wohl käme, ist ein Fehler von Ihnen gewesen. Klar, das passiert schon einmal bei sonntäglichen Zumeldungen. Das kennen wir alle. Wir wissen, wie das Geschäft so ist.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ja, also! Was soll das dann? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Nur muss man sich wieder davon distanzieren!)
Wie kommt es zu diesem Fehler? Sie haben einfach einen CSU-Reflex. Wenn die in München rufen, dann folgen Sie
schnell. Das ist für Ihren Einsatz in Baden-Württemberg al lerdings nicht so gut. Dieser erfolgt an diesem Punkt nicht.
Wir kämpfen also weiter dafür, dass die Energiewende voran kommt. Wir sind davon überzeugt, dass eine regenerative Stromversorgung möglich ist. Wir sind davon überzeugt, dass sie richtig ist, um unserer Klimaverantwortung gerecht zu werden, und dass sie auch ein volkswirtschaftlicher Gewinn ist. Darum setzen wir uns für den Stromnetzausbau ein.
Wir treten darüber auch mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Dialog. Ich bin sehr froh, dass Minister Franz Unterstel ler hier vorangegangen ist und selbst bereits Gespräche in den Regionen in Nordwürttemberg und Nordbaden, wo die Tras senverläufe sind, führt und dass auch von unserer Landesre gierung angekündigt ist, im Herbst auch die bürgeröffentli chen Dialoge zu suchen und eine Reihe von Veranstaltungen durchzuführen. Denn das muss man machen. Man muss dar über sprechen. Das machen wir. Die Bayern drücken sich. Wir ziehen hier mit der Wirtschaft in Baden-Württemberg für den Stromnetzausbau und unsere Versorgungssicherheit an einem Strang.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es mag Sie verwundern, dass man Aktuelle De batten auch in einer gewissen Dramaturgie führen kann. Da sind wir vielleicht auch ein bisschen kreativer als Sie.
Liebe Kollegin Lindlohr, wenn Arroganz Schmerzen verursa chen würde, dann hätten Sie heute hier schon einen Schrei krampf bekommen müssen.
Um es einmal deutlich zu sagen, meine Damen und Herren: Was Sie hier mit dieser Aktuellen Debatte versuchen, ist pu re Legendenbildung, und das wissen Sie auch. Dass Sie des halb hier den Eindruck zu erwecken versuchen, Wolf handle gegen die Interessen des Landes Baden-Württemberg, ist un redlich, und dem trete ich mit Nachdruck entgegen.
(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Jochen Hauß mann FDP/DVP – Weitere Zurufe von den Grünen und der SPD)
Und Sie wissen das, meine Damen und Herren. Als diese Mel dung aus Bayern kam, konnte man in zweierlei Hinsicht re agieren: Man konnte in ein ritualisiertes Kampfgeschrei aus brechen – dafür haben Sie sich entschieden –, oder man konn te etwas differenzierter reagieren.
Deshalb, meine Damen und Herren, habe ich natürlich gesagt, dass bei der Verlegung einer Trasse – liebe Kollegin Lindlohr, Trassen werden nun einmal verlegt; ja, sie werden nun einmal verlegt –
vom Norden in den Süden baden-württembergische Interes sen selbstverständlich berücksichtigt werden müssen. Das war von Anfang an klar, und das wird auch in der Zukunft klar bleiben.