(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)
Diese Außenklassen ermöglichen eine hervorragende Mi schung von gemeinsamem Unterricht und sonderpädagogi scher Förderung. Es ist falsch, wenn der Gesetzentwurf die ses Erfolgsmodell versteckt und nur widerwillig fortbestehen lässt.
Zum anderen ist die Verteilung der Schüler durch die Bil dungswegekonferenzen nicht hinreichend geregelt. In den Bil dungswegekonferenzen soll entschieden werden, welche Schule ein Kind besucht. Sie sollen also einerseits die Eltern entsprechend dem Wohl des Kindes beraten, zugleich sollen sie aber auch eine Steuerung des Schulsystems leisten, indem Schüler in Gruppen zusammengefasst werden. Die Steuerung des Schulsystems wird also mit pädagogischen Entscheidun gen vermengt. Das wird zu Konflikten führen.
Diese Fragen müssen deshalb anhand von fachlich begründe ten und rechtssicheren Kriterien entschieden werden. Doch der Gesetzentwurf macht hierzu keinerlei Angaben und bleibt die hinreichende Konkretisierung schuldig.
Drittens: Schulen und Lehrkräfte sind auf die Inklusion nicht hinreichend vorbereitet. Die Landesregierung hatte über Jah re Zeit. Die Gesetzgebung wurde sogar um ein Jahr verscho ben, aber es ist nichts passiert. Gibt es ein Fortbildungskon zept für die Lehrer an den Regelschulen?
Wie viele Lehrer sind denn schon ausgebildet oder fortgebil det? Das Gesetz soll am 1. August in Kraft treten; die Ein schulungsverfahren laufen ja schon. Hinzu kommt: Es gibt nicht genug Sonderpädagogen. Wie viele stehen am Ende
wirklich für die Inklusion an den Regelschulen zur Verfügung, ohne dass die Sonderschulen ausbluten?
Viertens: Die Privatschulen werden benachteiligt. Diese ver sorgen im Bereich der Sonderschulen fast ein Drittel der Schü ler. Auch die allgemeinen Privatschulen haben sich bereits sehr im Bereich der Inklusion engagiert. Doch die Privatschu len – allgemeine Privatschulen und Sonderschulen – werden weder bei der Schulentwicklungsplanung berücksichtigt, noch sind sie an den Bildungswegekonferenzen beteiligt. Auch bei der Finanzierung werden sie benachteiligt, auch wenn die Landesregierung jetzt nach der Anhörung etwas nachgebes sert hat. Die Privatschulen werden auf einem Teil der Mehr kosten für die Inklusion sitzen bleiben.
Man hat nicht den Eindruck, dass die Landesregierung die Pri vatschulen als wichtigen Teil gerade dieses Schulsystems an erkennt, ganz im Gegenteil.
Fünftens: Die Finanzierung auch der staatlichen Schulen steht auf tönernen Füßen. 28 % wird die Inklusionsquote betragen, so die Annahme in der Vereinbarung mit den Kommunen. Doch laut Schulstatistik lag der Anteil bereits im Jahr 2012 bei 29,7 %; an den Grundschulen beträgt die Inklusionsquo te sogar rund 50 %. Die Vereinbarung mit den Kommunen steht daher auf tönernen Füßen. Ich denke, Sie warten auf das Geld des Bundes, das Sie ja bei jeder Gelegenheit, bei jedem Thema immer wieder einfordern.
Die Kosten für die Schulbegleitung sind ein Punkt, bei dem es einen grundsätzlichen Dissens über Aufgaben und Finan zierung gibt. Dieser Streit wurde lediglich vertagt. Auch die Annahme, bei zunehmender inklusiver Beschulung bei den Sonderschulen sparen zu können, ist nicht nachvollziehbar.
Doch die beiden Gesetzentwürfe sind nicht ausreichend. Die sonderpädagogische Förderung ist in Gefahr, die Steuerung ist nicht hinreichend geregelt, Schulen und Lehrkräfte sind nicht vorbereitet, die Privatschulen werden benachteiligt, und die Finanzierung steht auf tönernen Füßen.
Wir fordern die Landesregierung auf, diese offenen Fragen zu klären, im Interesse aller Beteiligten und im Interesse der Idee der inklusiven Beschulung. Zentrale Fragen können nicht erst durch Ausführungsvorschriften geregelt werden. Wir haben deshalb beantragt, im Ausschuss eine Anhörung zu diesen of fenen Fragen durchzuführen. Denn Inklusion kann nur gelin gen, wenn sie gut gemacht wird und wenn sie alle Beteiligten mitnimmt.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Der heutige Tag markiert einen Meilenstein in der Schulpolitik un seres Landes. Wir bringen eine Schulgesetzänderung auf den Weg, die die Sonderschulpflicht abschafft und jedem Kind das Recht auf inklusive Beschulung gibt. Es gehört dann zu der Schule, an der es unterrichtet wird, und zählt selbstverständ lich zum Klassenteiler. Das ist neu, und das ist gut so.
Wir gestalten den Umbau mit Augenmaß, indem wir die Rech te der Betroffenen stärken und Wahlmöglichkeiten erweitern, ohne Bewährtes über Bord zu werfen oder zu entwerten, und indem wir uns an guten Erfahrungen innerhalb und außerhalb unseres Landes orientieren.
Die Kollegin Stolz hat widerwillig zugestanden, dass in die sem Gesetzentwurf viel Richtiges steht. Eines stimmt aber de finitiv nicht: dass meine Fraktion ihre oder ich meine Positi on hätten revidieren müssen. Das wissen Sie auch. Ich muss te meine Position in diesem Prozess an keiner einzigen Stel le verändern oder revidieren. Das müssten Sie mir sonst nach weisen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen, weil es eben nicht stimmt.
Eltern von Kindern mit Behinderung können sich künftig frei für eine inklusive Beschulung ebenso wie für den Unterricht an einer Sonderschule entscheiden. Die staatliche Schulver waltung gewährleistet das individuelle Wunsch- und Wahl recht auf Inklusion.
Dieses Recht beinhaltet den Besuch einer wohnortnahen Re gelschule, jedoch nicht zwingend den Besuch einer ganz be stimmten Schule. Als wohnortnahe Regelschule kommt jede Schule in Betracht, an der der notwendige Assistenzbedarf ge deckt wird. Wird ein Kind mit Behinderung nicht zielgleich im Hinblick auf den Schulabschluss unterrichtet, muss eine passende Regelschule zieldifferent unterrichten können. Das regionale Angebot sowie der gesamte Umbauprozess werden im Rahmen einer regionalen Angebotsplanung unter der Re gie der Staatlichen Schulämter gesteuert, die dafür personell verstärkt werden.
Dabei ist klar: Alle Schulen werden sich künftig inklusiv wei terentwickeln, aber nicht jedes Kind kann an jeder Schule un terrichtet werden. Das war immer meine Position.
Gruppenbezogene Lösungen und eine Profilierung einzelner Schulen sind ebenso sinnvoll wie z. B. die inklusive Weiter entwicklung der Außenklassen, die eben nicht inklusiv, son dern integrativ sind. Das ist ein wichtiger Zwischenschritt, aber es ist eben nicht Inklusion.
In den bisherigen Sonderschulen wird weiterhin, aber pers pektivisch deutlich weniger Unterricht stattfinden. Sie wer
den zu sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und können sich auch für Kinder ohne Behinderung öffnen.
Da ist mir eine ganz wichtige Aussage von Ihnen aufgefallen. Deswegen möchte ich kon kret nachfragen.
Sie sprachen im Zusammenhang mit den Außenklassen von einem wichtigen Zwischenschritt in Richtung Inklusion.
Bringen Sie damit zum Ausdruck, dass Sie mit der derzeitigen Konstellation und Arbeit dieser Außenklassen nicht zufrieden sind?