Daher sollten wir uns weiterhin sachlich und unaufgeregt den Aufgaben stellen, die der hohe Zugang an Flüchtlingen mit sich bringt, und zwar jeder an seinem Platz: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Verwaltungsgerichte bei der Bewältigung der Asylverfahren, die Aufnahmeverwal tung des Landes und die Stadt- und Landkreise bei der Unter bringung und Versorgung der Flüchtlinge und die Ausländer verwaltung im Regierungspräsidium Karlsruhe, wenn es da rum geht, die Personen zurückzuführen, die nach Ablehnung eines Asylantrags ausreisepflichtig sind.
Wir, das heißt, Bund, Land und Kommunen, sind eine Verant wortungsgemeinschaft mit einer Aufgabenteilung, in der je der seine Aufgabe erfüllen muss. Spricht eigentlich der Vor wurf, ich würde mit wenig Personal meine Aufgaben erfüllen, für oder gegen uns? Das habe ich noch nicht so richtig ver standen.
Seit 2012 haben wir die Zahl der Erstaufnahmeplätze etwa verzehnfacht. Wir haben die Organisationsstruktur der Erst aufnahme neu aufgestellt, und wir betreiben mit Hochdruck den Aufbau weiterer Erstaufnahmeeinrichtungen. Nach Meß stetten und Ellwangen werden noch in diesem Jahr Mannheim, im kommenden Jahr Freiburg und später Schwäbisch Hall fol gen. Um den Zugang nicht ungebremst an die Kreise weiter leiten zu müssen, schaffen wir zahlreiche Bedarfseinrichtun gen für die Erstaufnahme. Ich nenne nur Heidelberg, Villin gen-Schwenningen, Hechingen, aber auch Tübingen und Sig maringen.
Was den CDU-Vorschlag neuer Landeskompetenzzentren für Asyl und Flüchtlinge angeht, muss man sich diesen genauer ansehen. Dabei merkt man schnell, dass wir das im Wesentli chen bereits haben. In unseren LEAs befinden sich Erstauf nahme, Ausländerbehörde, Leistungserbringung und Bundes amt unter einem Dach und arbeiten Hand in Hand.
Künftig werden dort auch Berufsqualifikationen mit erhoben. Die erforderlichen Röntgenuntersuchungen sind in die Abläu fe vor Ort integriert, und auch die örtliche Polizei ist in die LEAs fest eingebunden.
Wir sind uns auch darin einig, dass der Bund die Verfahren schneller bearbeiten muss. Da bin ich absolut auf Ihrer Seite. Es wird aber dauern, bis der Bund die angekündigten zusätz lichen 2 000 Stellen, die dort geschaffen werden, besetzt hat und das neue Personal eingearbeitet ist. Daher ist die Vorstel lung der CDU, wir könnten Asylsuchende für das gesamte Verfahren in der Erstaufnahme des Landes halten, nicht rea listisch.
Asylverfahren dauern einschließlich Gerichtsverfahren heute im Durchschnitt immer noch länger als ein Jahr. Bei einem prognostizierten Jahreszugang von fast 60 000 Erst- und Fol geantragstellern in Baden-Württemberg bräuchten wir also 60 000 Plätze, in jedem Kreis ein bis zwei LEAs oder – um es in Ihrer Sprache zu sagen – Kompetenzzentren.
Wir sollten deshalb seriös bleiben. Wir versprechen den Krei sen nichts, was wir nicht halten können, also auch nicht, dass sie von vornherein nur diejenigen Flüchtlinge zugeteilt be kommen, die eine Bleibeperspektive haben. Solch ein Ver
Richtig ist aber, dass wir die Kommunen unterstützen müssen – mittelbar, indem wir die Erstaufnahme weiter verstärken und ausbauen und Ausreisepflichtige konsequent zurückführen.
Frau Ministerin, Sie haben vorhin gesagt, die Kompetenzzentren würden aus Ihrer Sicht keinen Sinn machen. Wie bewerten Sie dann die Aussage des Staatssekretärs im Staatsministerium, der Ende Mai gesagt hat, mit Blick auf die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt sei en Cluster aus LEA, BAMF-Außenstelle und einem Verwal tungsgericht vor Ort sinnvoll, um die Verfahren schnell ab schließen zu können? Die Flüchtlinge würden dann zwischen durch nicht von der Erstaufnahmestelle in andere Unterbrin gungen im Land gebracht. Das ist genau das, was wir formu liert haben. Das war laut dpa die Formulierung von Herrn Mu rawski.
Außer den Verwal tungsgerichten passiert bereits alles in den LEAs. Das habe ich vorhin darzustellen versucht. Es gibt tatsächlich auch Plä ne zu sogenannten Clustern des Bundes. Herr Dr. Schmidt hat Sie meines Wissens letzte Woche in der Fraktion besucht und hat Ihnen das vielleicht mitgeteilt. Es gibt solche Pläne, und es könnte sein, dass auch in Baden-Württemberg solch ein Cluster entsteht. Da die Pläne aber noch nicht diskussionsreif sind, möchte ich an dieser Stelle nichts dazu sagen.
Wenn Sie erlauben, würde ich gern meine Rede weiterführen. Gern können Sie zum Schluss noch Fragen stellen.
(Zurufe von der CDU – Gegenruf des Ministerpräsi denten Winfried Kretschmann: Jetzt hört halt einmal zu! – Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und Abge ordneten der SPD – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Wir müssen also die Kommunen unterstützen – mittelbar, in dem wir die Ausreisepflichtigen zurückführen und die Erst aufnahme weiter stärken, und unmittelbar, indem wir die Rah menbedingungen für die Kreise möglichst erleichtern. Genau das tun wir.
Zu den Rahmenbedingungen gehört eine faire Ausgabener stattung. Diese haben wir mit den kommunalen Landesver bänden ausgehandelt und werden sie in den nächsten Wochen per Verordnung umsetzen.
Dazu gehören aber auch erleichterte baurechtliche Regelun gen für die Flüchtlingsunterkünfte. Auch hier haben wir über den Bundesrat bereits für Verbesserung gesorgt. Situationsbe dingt werden wir Befreiungen von der 7-m2-Regelung zulas sen.
Ich möchte Sie aber an dieser Stelle auch daran erinnern – es wäre schön, wenn die Presse mitschreibt –:
Zu den Rahmenbedingungen gehört natürlich auch, dass das Land die Kommunen bei der Integration der Flüchtlinge un terstützt. Auch da bin ich vollkommen auf Ihrer Seite. Genau das ist das Ziel des Programms „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“. Wir legen ein Sprachförderprogramm für Flüchtlinge mit Bleibeperspekti ve auf. Das Programm umfasst Grund- und Aufbaukurse. Wir mussten das Programm noch an die Ergebnisse des Flücht lingsgipfels der Kanzlerin anpassen. Das ist erfolgt, und die entsprechende Verwaltungsvorschrift wird in Kürze in Kraft treten.
Außerdem erheben wir frühzeitig Qualifikationen von Flücht lingen. Die Stellen in den Beratungszentren werden dafür auf gestockt.
In Anbetracht hoher Flüchtlingszahlen bringt es meiner Mei nung nach gar nichts, den Schwarzen Peter zwischen Bund, Land und Kommunen hin- und herzuschieben. Wie ich bereits sagte, müssen alle im Rahmen dieser Aufgabenteilung, die es gibt, ihre Aufgaben erfüllen – jeder an seinem Platz. Natür lich können wir uns Gedanken, auch neue Gedanken, machen. Die mache ich mir auch. Diese Ideen und Gedanken müssen dann aber auch umsetzbar sein. Sie müssen realistisch sein.
Was den Flüchtlingsgipfel angeht, möchte ich nur eine kurze Anmerkung machen. Beim letzten Flüchtlingsgipfel hatten wir uns dahin gehend geeinigt, dass wir eine Folgesitzung ma chen, um zu schauen, welche der Forderungen und Verbesse rungsvorschläge, die dort erarbeitet und kommuniziert wur den, bereits umgesetzt sind und was noch offen ist. Genau das tun wir. Gern laden wir Sie ein, sich mit Ihren Ideen weiter hin einzubringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Diese Debatte hat, wie ich fin de, überdeutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich Grün-Rot zwar heftig an dem abarbeitet, was wir, die CDU-Landtags fraktion, vorgelegt haben, dass Sie diese Debatte aber nicht genutzt haben, auch nur einen einzigen neuen, konstruktiven Vorschlag zur Bewältigung dieses Problems vorzutragen.