Protokoll der Sitzung vom 16.07.2015

Kollege Wolf, gestat ten Sie eine Zwischenfrage?

Wir wollen eine Land- und Forst wirtschaft – –

Herr Kollege Wolf, ge statten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Wir wollen – –

Herr Kollege Wolf, ich frage Sie zum dritten Mal – –

Dann sagen Sie Nein.

(Unruhe)

Wir wollen eine Land- und Forst wirtschaft – –

(Unruhe)

Darf ich vielleicht einmal meinen Satz zu Ende führen?

Er sagte Nein.

Die merkliche Unruhe – – Wir wol len eine Land- und Forstwirtschaft, die unternehmerisch aus gerichtet ist und nicht aus dem Bauern nur den Landschafts gärtner, aus dem Waldbesitzer nur den Schutzgebietsverant wortlichen und aus dem Jäger nur den Wildtiermanager macht. Dafür stehen wir.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Reusch-Frey.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der Fellbacher Bauerntag war für mich und den Kollegen Hahn kein Vergnügen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch nicht für den Minister!)

Das muss man ganz ehrlich sagen. Es war eine Ansammlung von Themen, die die Landwirtschaft gerade herausfordern. Es ist eine Vielzahl von Themen, bei denen wir einfach merken, dass es das Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökolo gie gibt. Ein Beispiel ist der Gewässerrandstreifen, den Sie genannt haben. Das geht weiter zu Themen in Bundeszustän digkeit wie der Düngeverordnung.

Insofern muss man einfach sagen: Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen, um die gesellschaftliche Ak zeptanz, die wirklich auch eingefordert wird, zu erhalten. Die Gesellschaft erwartet eine naturnahe, eine naturverträgliche, eine tierwohlgerechte Landwirtschaft, Bewirtschaftung und Haltung. Insofern müssen wir, Martin Hahn und ich, uns sa gen lassen, dass das, was da zu tun ist, nicht ganz einfach ist und dass die Bauern, wenn sie es einfach so weiterführen wol len, wie es ist, sich sicherlich leichter tun.

Deshalb haben wir da natürlich einiges abbekommen, weil wir, wenn wir die Veränderungen wollen – – Ich habe das auch betont: Keine Tierhaltung ist so gut, dass sie nicht noch tier gerechter ausgestaltet werden kann – zumindest das, was wir jetzt haben –, und keine Landbewirtschaftung ist so gut, dass wir auch in diesem Bereich keine Entwicklung ausschließen könnten. Ich denke, wenn wir die Landwirtschaft gemeinsam in die Verantwortung nehmen und begleiten – konstruktiv, wie der Herr Minister es gesagt hat, dass wir die Landwirtschaft in Baden-Württemberg voranbringen –, tun wir etwas Gutes für unser Land.

Leider ist bei CDU und FDP/DVP noch die Frage offenge blieben, was Sie denn tun, damit wir das Delta zwischen der Nachfrage nach ökologischen, nach Bioprodukten einerseits und den Forderungen der Landwirtschaft andererseits verrin gern und dazu beitragen, den Bedarf decken zu können. Was tun Sie? Was ist Ihr Rezept? Diese Antwort sind Sie schuldig geblieben. Da müssen Sie, denke ich, noch ganz kräftig arbei ten, damit Sie Antworten haben und wir an dieser Stelle in den nächsten Jahren wirklich auch konstruktiv weiterkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle – –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Halt!)

Bitte, Herr Minister Bonde.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Ich möchte zum Ende der Debatte schon noch einmal einen Punkt aufgreifen, weil Sie, Herr Abg. Wolf, jetzt schon wieder das Thema Ökodirigismus in den Raum ge stellt haben und wieder den Eindruck vermittelt haben, dass diese Landesregierung irgendjemanden zum Biolandbau zwin gen würde. Das haben wir, glaube ich, schon alles widerlegt.

Sie haben jetzt aber wieder mit ein paar anderen Punkten an gefangen, mit denen Sie versucht haben, diesen Ideologie-, Dirigismus- und Was-auch-immer-Vorwurf hier wieder zu un terlegen. Das Spannende ist: Wenn Sie in Fellbach genau zu

gehört hätten, wäre etwas Spannendes dabei herausgekom men.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da waren Sie doch schon weg!)

Ich habe da sehr lange zugehört. Es war, glaube ich, auch sehr deutlich, dass sich die Landwirtschaft mit vielen Fragen sehr intensiv beschäftigt, sowohl beim Hauptgeschäftsführer als auch beim Präsidenten. Es kam aber heraus, dass die rich tig brennenden Fragen, die die Bauern umtreiben, keinen Kon flikt mit der Landesregierung oder irgendeinen Bürokratismus von Grün-Rot betreffen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Überhaupt nicht!)

Im Zentrum stand vielmehr der Mindestlohn – grüßen Sie Ih re Parteivorsitzende Angela Merkel, die im Bund regiert, falls sie es tut –,

(Unruhe bei der CDU – Zuruf des Abg. Helmut Wal ter Rüeck CDU)

da kam ein massives Problem in der Frage heraus: Was kommt bei der Düngeverordnung, einem Gesetz, das der CSU-Bun desminister macht? Da steht der Kollege unter Druck, weil die Europäische Kommission, geleitet vom CDU-EuropaSpitzenkandidaten Jean-Claude Juncker, massiv Druck auf die Bundesregierung macht, weil Deutschland in der Frage Nit rat deutlich hinten liegt. Damit hatte die Bauernschaft harte Auseinandersetzungen; der Bund wird vieles nicht anders ma chen können, um den europäischen Regelungen nachzukom men. Es gibt aber Möglichkeiten, es besser zu machen. Wir aus Baden-Württemberg haben versucht, diese in die Debat te einzubringen.

Wenn wir jetzt weiter gehen – bis hin zu der Frage, die Sie an gesprochen haben, zum Thema Grünlandumbruch –: Nehmen Sie eigentlich zur Kenntnis, dass die Frage Grünlandumbruch im Greening der ersten Säule von der Europäischen Kommis sion, von einem konservativen Kommissar – CDU-Parteien familie – aus Rumänien eingeführt worden ist? Nehmen Sie das eigentlich zur Kenntnis, oder glauben Sie, dass jede Re gel im Umwelt- und Naturschutz deshalb da ist, weil eine grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg regiert?

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich kann nur sagen: Machen Sie einmal die Augen und die Fenster auf. Die Welt da draußen sieht anders aus. Ich weiß, dass Sie immer gern alles im Land abladen, aber schauen Sie sich doch wenigstens an, wo die Regel herkommt. Wenn Sie dann Ihren eigenen Parteikollegen wegen Dirigismus an den Karren gehen wollen, dann sagen Sie, wen Sie meinen, und laden es nicht bei uns ab. Das ist relativ einfach, meine Da men und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen der Abg. Karl Rombach und Guido Wolf CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Da mit ist die Aktuelle Debatte unter Tagesordnungspunkt 1 be endet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Unsere Zukunft liegt in einem gestärk ten Europa – beantragt von der Fraktion der SPD

Das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtrede zeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärun gen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich eben falls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. HallerHaid.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Der Titel unserer Debatte lautet „Unsere Zukunft liegt in einem gestärkten Europa“. Was wir in den letzten Wochen erlebt haben, sah jedoch ganz anders aus – das haben wir so auch nicht für möglich gehalten –: verzweifelte Rentner vor leeren Geldautomaten, Unternehmer, die ihren Bankrott anmelden mussten, einfach deshalb, weil sie nicht mehr an Kredite herangekommen sind.

Dann, letzte Woche, nach einer langen Verhandlungsnacht, schien der „Grexit“ erst einmal gebannt. Überall Erleichte rung, vor allem natürlich bei der griechischen Bevölkerung, die in ihrer übergroßen Mehrheit – das muss man betonen – im Euroraum bleiben will, trotzdem aber mit „Oxi“ gestimmt hat, weil sie zeigen wollte: Die Grenzen der Belastbarkeit sind erreicht. – Dem ist auch so.

Schließlich ist in den letzten fünf Jahren nichts besser, aber ganz vieles schlechter geworden. 2010 wurde Griechenland schon einmal vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt. Doch heu te, zwei Kreditprogramme später, ist die Verschuldung von 120 % auf 180 % gestiegen, ist die Wirtschaft ruiniert, die Be völkerung verarmt und die Jugendarbeitslosenquote auf über 60 % gestiegen. Ich kann nur sagen: Brüning und die Weima rer Republik lassen grüßen. Deshalb hat das Wort „Reform“ in Griechenland jegliche positive Assoziation verloren.

Eigentlich wäre zu erwarten, dass wir alle aus der Geschich te gelernt hätten, aber das ist offensichtlich nicht der Fall. Vor allem werden immer diese hartnäckigen Forderungen gestellt: Die Griechen müssen mehr sparen,

(Zuruf des Abg. Matthias Pröfrock CDU)

mehr arbeiten, ihr öffentliches Eigentum verscherbeln und an deres mehr. Ich glaube, wir sollten mit solchen Dingen etwas vorsichtiger umgehen, vor allem der deutsche Finanzminis ter, der diese Forderungen ständig wiederholt und den Popu lismus in der Bevölkerung zusätzlich befördert hat. Der Vor wurf trifft natürlich nicht ihn allein, sondern in großem Aus maß auch unsere deutschen Medien.