Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

Wenn wir nachher den Antrag, den Sie gestellt haben, zur Ab schaffung von Fehlanreizen – eigentlich ist das Thema erle digt, es steht in der Resolution drin, man könnte es streichen – und zu den sicheren Herkunftsstaaten ablehnen, so machen wir das deshalb, weil es – worauf ich bereits hingewiesen ha be – in diesem Paket nicht nur das Thema „Sichere Herkunfts länder“ gibt. Es gibt auch das Thema „Verantwortung für die Erstaufnahme“, das Thema „Bereitstellung von Unterkünften, auch durch den Bund“ – das mag zwar besser geworden sein,

es ist aber noch nicht richtig rund –, und es geht um das The ma Geld.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Sollen wir das aufneh men? Stimmen Sie dann zu?)

Es ist nun wichtig, dass jetzt ein Paket beschlossen wird, das insgesamt stimmig ist. Deshalb werden wir nach der Regie rungserklärung des Ministerpräsidenten darüber reden. Ich ge he davon aus, dass wir dann ein hohes Maß an Übereinstim mung in der Bewertung des Ergebnisses haben. Heute ist aber nicht der Tag, um darüber abzustimmen,

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Doch!)

sondern dann, wenn die Würfel gefallen sind.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 1 a der Tagesordnung erledigt.

Die Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf geeinigt, die Tagesordnung um einen weiteren Punkt – Punkt 1 d – zu erweitern. – Es erhebt sich kein Widerspruch.

Wir stimmen nun ab über den Entschließungsantrag der Frak tion der CDU, der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/7421. Wer die sem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Antrag ist einstimmig zugestimmt. Vielen Dank.

Damit ist Tagesordnungspunkt 1 b beendet.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Punkt 1 c der Tages ordnung: Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/7424.

Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Rülke?

Wir beantragen ei ne namentliche Abstimmung.

Es ist eine namentliche Abstim mung beantragt. Die erforderliche Unterstützung ist gegeben.

Ich bitte Herrn Schriftführer Burger, den Namensaufruf vor zunehmen. Wir beginnen mit dem Buchstaben W.

(Namensaufruf)

Meine Damen und Herren, ist noch jemand im Saal, der noch nicht abgestimmt hat? – Wenn nicht, wäre die Abstimmung hiermit abgeschlossen. Ich bitte die Schriftführer, das Abstim mungsergebnis festzustellen.

(Auszählen der Stimmen)

Ich denke, Sie haben nichts dagegen, wenn wir, solange das Auszählverfahren läuft, mit der Tagesordnung fortfahren.

Ich darf dann den neu hinzugekommenen Tagesordnungs punkt 1 d aufrufen:

Antrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD – Flüchtlingspolitik – besonnenes Handeln – Drucksache 15/7425

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzei chen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Antrag ist mehr heitlich zugestimmt.

Damit wäre auch Tagesordnungspunkt 1 d beendet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, dass der bisherige Tagesordnungspunkt 2 ab gesetzt wird und wir mit Tagesordnungspunkt 3 fortfahren.

Bevor ich allerdings mit der Tagesordnung fortfahre, darf ich Sie darauf aufmerksam machen – Sie haben es sicherlich al le schon bemerkt –, dass heute der Dachverband Entwick lungspolitik Baden-Württemberg im Vorraum des Plenarsaals zu einer Tasse fair gehandelten Kaffees einlädt.

Die Faire Woche findet jedes Jahr in der zweiten September hälfte statt. Zahlreiche Einrichtungen wie Kommunen oder Schulen beteiligen sich mit bundesweit über 2 000 Aktionen. Gern bieten auch wir den Eine-Welt-Promotorinnen und -Pro motoren die Gelegenheit, sich mit uns am Rande der heute wahrscheinlich etwas länger dauernden Plenarsitzung über das diesjährige Motto „Fairer Handel schafft Transparenz“ auszutauschen. – Vielen Dank.

Dann darf ich jetzt Tagesordnungspunkt 3 aufrufen:

a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

CDU, der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg – Druck sache 15/7178

b) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregie

rung – Gesetz zur Änderung der Verfassung des Lan des Baden-Württemberg und des Gesetzes über den Staatsgerichtshof sowie anderer Gesetze – Drucksache 15/7378

c) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

CDU, der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg – Druck sache 15/7412

Für die Aussprache zu den drei Gesetzentwürfen inklusive der Begründung haben die Fraktionen eine Redezeit von zehn Mi nuten je Fraktion vereinbart.

Ich darf das Wort für die CDU-Fraktion dem Kollegen Schebesta erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass die Debat te über die Verfassungsänderung jetzt noch unter der Span nung der Feststellung des Abstimmungsergebnisses steht. Denn eine solche Verfassungsänderung sollte natürlich nach dreieinhalb Stunden Debatte über die Asylpolitik nicht zu sehr untergehen.

Wir haben eine gute Verfassung in Baden-Württemberg und kümmern uns heute um eine Weiterentwicklung.

Die Verfassung eines Landes gibt noch keine Auskunft über dessen Verfassung.

So sagt der Schweizer Autor Peter F. Keller. In der Tat: Ver fassungswirklichkeit kann auch anders sein, als es die Verfas sungsväter mit den Regularien in der Verfassung auf den Weg bringen wollten, und der Zusammenhalt in einer Gesellschaft hängt auch von anderem ab.

Deutschland und Baden-Württemberg haben von den Nach kriegsjahren bis heute eine positive Entwicklung genommen. Dazu haben das Grundgesetz und über 60 Jahre auch unsere Landesverfassung beigetragen.

Wir bringen heute umfangreiche Änderungen an dieser Lan desverfassung auf den Weg, damit unsere Landesverfassung noch treffender Auskunft über die Verfassung von BadenWürttemberg gibt. Die Änderungen betreffen mit dem ersten Punkt – dem ersten gemeinsamen Gesetzentwurf – das The ma Bürgerbeteiligung, mit dem Gesetzentwurf der Landesre gierung insbesondere die Namensänderung des Staatsgerichts hofs und mit einem weiteren gemeinsamen Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung die Aufnahme von neuen Staatszie len.

Zum ersten Punkt, Änderungen bei der Bürgerbeteiligung: Die repräsentative Demokratie bildet die Grundlage unserer staat lichen Ordnung in Baden-Württemberg, in Deutschland. Die Menschen sind heute sehr gut informiert, und sie wissen dar um, wie sie sich auch nachdrücklich für ihre Interessen ein setzen können. Direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bür ger in Einzelfragen kann deshalb sowohl die Entscheidungs findung erleichtern als auch die Akzeptanz erhöhen – für kon krete Themen, für konkrete Fragen, aber auch für die Politik insgesamt.

Das haben auch die Konflikte um große Infrastrukturprojek te gezeigt. Wir in Baden-Württemberg haben unsere Erfah rungen damit bei Stuttgart 21 gemacht. Deshalb ist es gut, dass wir im überparteilichen Konsens die Änderung der Landes verfassung in diesem Punkt erreichen. Wir schaffen die Vor aussetzungen für eine bessere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf Landesebene.

Indem wir einen Volksantrag einführen, können künftig 0,5 % der Wahlberechtigten – das wären auf der Grundlage der Zah len von November 2011 38 122 Bürgerinnen und Bürger – den Landtag verpflichten, sich mit einem Thema zu befassen. Volksbegehren haben wir dagegen schon in der Verfassung. Damit können dem Landtag Gesetzesvorlagen unterbreitet werden. Wenn das Parlament dem nicht unverändert zustimmt, schließt sich die Volksabstimmung an.

Die Quoren für diese Instrumentarien in der Landesverfas sung werden beide abgesenkt: für das Volksbegehren von 16,7 auf 10 % und für die Volksabstimmungen über einfache Ge setze von 33,3 auf 20 %. Damit sind wir, die CDU-Landtags fraktion, noch einmal einen Schritt weiter gegangen, als wir es schon in der letzten Legislaturperiode in der Regierungs koalition in den Landtag eingebracht hatten. Damals hatten wir eine Initiative für die Absenkung auf 25 % ergriffen.

Diese Änderungen sind in neun Sitzungen einer interfraktio nellen Arbeitsgruppe Konsens gewesen. Ich möchte mich bei allen bedanken, die daran beteiligt waren und darin mitgear beitet haben. Allerdings will ich schon an dieser Stelle unser Bedauern zum Ausdruck bringen, dass der Konsens der Ar beit in dieser Gruppe nicht auch für die Veränderungen im

Kommunalverfassungsrecht getragen hat. Im Konsens waren Anpassungen besprochen, die das gleiche Niveau der Quoren auf Landesebene und kommunaler Ebene beinhalteten. Sie von Grün-Rot haben im Gesetzentwurf zu diesem Thema, über den wir in der nächsten Woche in erster Lesung beraten, Än derungen vorgelegt, die deutlich über den Konsens hinausge hen, die im Kreis der Kommunen heftig kritisiert werden und die wir deshalb auch nicht mittragen können.

Der zweite wichtige Punkt sind Änderungen an den Staatszie len. In der Verfassung werden subjektive Rechte begründet, auf die man sich berufen kann. Daneben gibt es die Staatsziel bestimmungen, die Aufgaben beschreiben, aus denen heraus aber keine konkreten Ansprüche eingeklagt werden können.

Es ist auf dem Weg der Gespräche zwischen den Fraktionen gelungen, gemeinsam kurze Formulierungen für Anliegen zu finden, die sich in eine Verfassung gut einfügen. Wir nehmen die Achtung der Würde von Kindern und Jugendlichen auf und erweitern in Artikel 13 den Schutz für Kinder und Jugend liche. Das in der Landesverfassung und im Grundgesetz ver briefte elterliche Erziehungsrecht bleibt dabei unberührt.

Bereits 2013 hat die CDU-Landtagsfraktion in einem umfang reichen Konzept die Förderung gleichwertiger Lebensverhält nisse im ganzen Land Baden-Württemberg sowie des ehren amtlichen Einsatzes für das Gemeinwohl gefordert. Unser Land Baden-Württemberg lebt in besonderem Maß von bei dem. Zum einen lebt es von der Ausgewogenheit zwischen Stadt und Land. Zentren und ländliche Räume haben sich bei uns gleichmäßiger entwickelt als in anderen Bundesländern, in anderen Staaten. Es ist immer wieder eine Herausforderung, dafür zu sorgen, dass dies weiterhin so bleibt. Deshalb halten wir das Signal mit dem Staatsziel zur Förderung gleichwerti ger Lebensverhältnisse im ganzen Land für wichtig.