Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Gurr-Hirsch.

Sehr geehrte Frau Mi nisterin, wie habe ich es zu werten, dass die kommunalen Lan desverbände teilweise kritisch reagiert haben? Waren sie ein gebunden? Ist dieser Gesetzentwurf mit ihnen abgestimmt?

Bitte schön, Frau Minis terin.

Liebe Frau Gurr-Hirsch, wir haben die kommunalen Landesverbände sehr früh einbe zogen, schon bei der Erstellung der Eckpunkte. Ich meine, wie es zu werten ist, ist eine Frage, die sicher jeder und jede per sönlich entscheidet. Aber wir haben in Baden-Württemberg durch unsere selbstsicheren Kommunen und Landkreise ein

Pfund. Auf der anderen Seite lassen sich diese natürlich un gern sagen, was sie machen sollen. Da galt es, einen Ausgleich zu finden. Den haben wir gefunden, indem wir gesagt haben: bei Landkreisen und Städten über 50 000 Einwohnern.

Natürlich – das will ich nicht verhehlen – sind nicht alle be geistert. Ich denke aber, das sind Punkte, die es zu überwin den gilt, wenn wir die Frauenförderung weiter vorantreiben wollen. Ich sage auch allen ganz deutlich: An dem Tag, an dem wir die Gremien paritätisch besetzt haben, ebenso wie die Leitungsfunktionen, verzichte ich auch gern auf weitere Regelungen, wie sie das Gesetz vorschreibt. Ich fürchte nur, dass wir bis zu diesem Tag alle gemeinsam noch große Auf gaben vor uns haben.

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Frau Abg. Wölfle.

Noch zwei weitere Fragen, Frau Ministerin: Wie sieht das bei Gremien mit politisch entsand ten Vertretern aus, z. B. beim Staatsgerichtshof? Ist das dann eine Frage der Disziplin in den Fraktionen, dass da auch pa ritätisch Vorschläge gemacht werden?

Die zweite Frage: Ist das Chancengleichheitsgesetz in der ge planten Ausgestaltung etwas Einzigartiges, oder gibt es in an deren Bundesländern schon seit Längerem ähnliche Gesetze?

Bitte schön, Frau Minis terin.

Zur ersten Frage: Wir schreiben ab dem Jahr 2017 einen Frauenanteil von 40 % vor, ab 2019 dann einen Anteil von 50 %. Das gilt verbindlich für alle Gremien. Daran hat man sich dann auch zu halten. Ich bin mir sicher: Das wird die eine oder andere Diskussion geben. Das ist aber vielleicht ganz wertvoll und wichtig.

Zur zweiten Frage: Ich denke, mit der Novellierung des Chan cengleichheitsgesetzes, dem Entwurf, der jetzt in die Anhö rungsphase geht, ist uns ein wichtiger Schritt zu mehr Chan cengleichheit gelungen. Insgesamt muss man aber sagen: Die Revolution ist damit noch nicht ausgebrochen. Sie wissen, dass auch hier viele Politikbereiche immer noch stark män nerdominiert sind. Deswegen wird das Ringen um tatsächli che Chancengleichheit immer ein Bohren dicker Bretter blei ben.

Der Entwurf des Gesetzes liegt nun vor. Ich denke, es liegt an uns allen, hier im Parlament, aber auch in den Gremien die entsprechenden Regelungen dann in die Praxis umzusetzen. Und – wenn ich das vielleicht sagen darf – da wäre es schön, wenn die Männer hier im Haus auch mithelfen würden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ist das bei Ihnen nicht der Fall?)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Dr. Engeser.

Frau Ministerin, habe ich Ihre Ausführungen richtig verstanden: Gibt es für die 15 be reits etablierten Gleichstellungsbeauftragten für die externen Aufgaben ebenfalls diese 50 % Erstattung?

Bitte, Frau Ministerin.

Dann erteile ich das Wort für die Fraktion GRÜNE Frau Abg. Lindlohr.

Frau Ministerin, was die Verantwortung des Landes als Arbeitgeber betrifft, haben Sie dargestellt, dass in der Verwaltung gerade in den unteren Lohngruppen viele Frauen neu dazugekommen sind – was den Unterschied zu den Führungsebenen umso größer macht. Wenn Sie nun eine Kaskadenquote als mögliches Instrument vor schlagen: Wie soll das in der Praxis umgesetzt werden?

Bitte schön, Frau Minis terin.

Wir schlagen die Kaska denquote als ein mögliches Instrument der Frauenförderung vor. Das bedeutet, dass speziell für den mittleren und unteren Unterbau des Personals in den einzelnen Häusern, in den ein zelnen Dienststellen ganz konkret geschaut wird, wie man es ermöglichen kann, dass Frauen entsprechend gefördert wer den. Kaskadenquote bedeutet ja, dass sich das sozusagen von unten nach oben, auf die nächsthöhere Ebene, entsprechend in Leitungsfunktionen niederschlägt. Ich erwarte mir davon, dass wir bei einem möglichen neuen Bilanzbericht sagen kön nen, dass es hier Erfolge gab.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Schiller.

Frau Ministerin, ich kann mich noch an die gemeinsame Podiumsdiskussion vor eineinhalb Jahren erinnern. Da war die Forderung, dass Gleichstellungs beauftragte bei Kommunen ab 8 000 Einwohnern festgelegt werden sollten. Die Grenze ist jetzt bei 50 000 – natürlich weit weg von den ursprünglichen Forderungen. Können Sie das er klären?

Bitte schön, Frau Minis terin.

Vielen Dank. – Es gab Forderungen, die sich im Bereich von Kommunen mit 6 000 bis 8 000 Einwohnern bewegten. Nun sind es 50 000 gewor den. Ich habe ja gesagt: Die Revolution ist mit diesem Gesetz nicht ausgebrochen.

Aus meinen Ausführungen zur Konnexität können Sie schlie ßen, dass bei Bezugnahme auf eine geringere Einwohnerzahl natürlich entsprechend höhere Kosten für den Teil, den das Land zu übernehmen hat, angefallen wären. Das war bei der Aufstellung des Doppelhaushalts nicht möglich. Vielmehr ha ben wir einen gewissen Betrag für die Förderung der kommu nalen Chancengleichheitsbeauftragten zur Verfügung gehabt, und mit dem haben wir arbeiten müssen. Wenn die im Land tag vertretenen Fraktionen in einem nächsten Haushalt dann entsprechend mehr Mittel zur Verfügung stellen, ist es sicher lich möglich, auch Kommunen mit geringerer Einwohnerzahl die Mittel zur Verfügung zu stellen.

Danke schön. – Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Gurr-Hirsch.

Ich weiß nicht, ob ich eine kleine Nachfrage direkt zu dieser Antwort stellen darf: Ist dem dann auch geschuldet, dass diese Novelle so spät kommt? Denn sie war in einer Antwort auf eine Anfrage von mir im Jahr 2011 für November 2012 angekündigt.

Bitte schön, Frau Minis terin.

Das ist richtig, Frau Abg. Gurr-Hirsch. Auch ich hätte mir gewünscht – daran haben wir gearbeitet –, den Entwurf des Chancengleichheitsgesetzes frü her in die Anhörungsphase zu geben. Allerdings gab es im Vorfeld – Sie haben es vorher selbst angesprochen – lange Diskussionen mit den kommunalen Landesverbänden, wie man es jetzt machen könnte, und nicht zuletzt auch mit den Ressorts, wie man die Stärkung der BfC im eigenen Haus, in den Verwaltungen vorantreiben kann. Insofern hat es sicher lich sehr viel länger gedauert, als ich es mir selbst vorgestellt habe; das ist richtig. Aber ich finde es wichtig und gut, dass wir jetzt einen Gesetzentwurf haben, mit dem wir arbeiten können. Dass dieser für immer und alle Zeiten in Stein gemei ßelt ist,

(Lachen des Abg. Manfred Hollenbach CDU)

möchte ich damit nicht sagen. Sie wissen aus Ihrer Position heraus selbst am besten, dass wir da noch genug zu tun haben.

Eine weitere Nachfrage. Bitte schön, Frau Abg. Gurr-Hirsch.

Frau Ministerin, wenn ich vielleicht noch, um das richtig zu kommunizieren, eine Nachfrage zu den BfC stellen dürfte: Sie haben gesagt, es ist keine Verhinderungsstellvertretung, sondern es erfolgt eine Aufwertung. Bedeutet das auch, dass die Stellvertreterin dann auch freigestellt wird?

Die Stellvertreterin kann freigestellt werden mit der Übertragung bestimmter Aufga ben, die die erste BfC an sie weitergibt. Entsprechend dem Umfang, den dann diese Aufgaben einnehmen werden, wird der Freistellungsanteil bei der ersten BfC abgezogen, sodass sich das wieder austariert. Grundsätzlich besteht die Möglich keit in direkter Abhängigkeit der Aufgabenstellung.

Danke. – Ich hätte noch eine Frage. Oder soll ich sie später stellen?

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Sie haben die Möglichkeit, die letzte Frage zu diesem Thema zu stellen.

(Zurufe)

Kollege Zimmermann hat gerade angezeigt, dass er nicht mehr das Wort wünscht.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Weitere Zurufe)

Jetzt hat die Kollegin Gurr-Hirsch das Wort.

Danke schön. – Es tut sich mir die Frage auf, ob die externe Aufgabe einer Chancen gleichheitsbeauftragten auch die Suche nach Frauen für Wahl ämter umfasst. Das wollte ich noch wissen.

Das kann das durchaus beinhalten. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Aber ich möchte ausdrücklich sagen, dass das unabhängig von der Arbeit, die politische Parteien in diesem Bereich zu machen haben und was deren Aufgabe ist, geschehen muss. Ich den ke, dass generell die Frage ist: Wie kann sich beispielsweise eine Frau und Mutter in einer Kommune entsprechend enga gieren, ohne dass damit eine Zuordnung zu einem Verein, zu einer Partei oder zu einem Verband verbunden wäre?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Versteht sich von selbst!)

Ich denke, das würde auch die Möglichkeiten eines Chancen gleichheitsgesetzes weit in den Schatten stellen, und das muss ja nicht sein.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Darf nicht sein!)

Herzlichen Dank. – Kol lege Zimmermann, Sie hätten jetzt die Möglichkeit für eine klitzekleine, schnelle Frage.

Herzlichen Dank. – Die klit zekleine, schnelle Frage: Sie sind bereits seit vier Jahren Mi nisterin. In Ihrem Haus gab es mehrere Abteilungsleiterwech sel. Wie viele Männer, die in Ihrem Haus als Abteilungsleiter ausgeschieden sind, wurden durch Frauen ersetzt?

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall)

Lieber Herr Zimmermann, in unserem Haus gibt es fünf Abteilungen. Von den fünf Ab teilungsleitern sind drei Männer ausgeschieden. Zwei Abtei lungsleiterstellen sind noch nicht wieder besetzt; diese Abtei lungen werden im Moment kommissarisch geführt. Auf einer Stelle gab es eine Rotation eines Abteilungsleiters, der aus dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst kam, sodass wir faktisch aus den unterschiedlichsten Grün den bisher zwei Stellenbesetzungen noch nicht vornehmen konnten.