Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, mit dem vorliegenden Ge setzentwurf werden endlich bestehende Gesetzeslücken ge schlossen, wird Bürokratie abgebaut und werden die Nut zungsrichtlinien klarer definiert.

An dieser Stelle darf man auch erwähnen: Es entstehen we der zusätzliche Kosten noch personeller Mehraufwand für die öffentlichen Haushalte. Vielmehr wird durch den mit der Ge setzesänderung einhergehenden Rückgang der Zahl der Ge nehmigungsverfahren zur Verwendung des Landeswappens der Verwaltungsaufwand spürbar reduziert. Erreichen lässt sich dies durch die Ausdehnung des genehmigungsfreien Ver wendungsbereichs – das ist durch Sie, Herr Minister, genannt worden – auf die Medienberichterstattung, die staatsbürgerli che Bildung sowie den Kulturbereich. Sie alle profitieren da von.

Meines Erachtens ist es wichtig, dass die Insignien und Ho heitszeichen des Staates – hier unseres Landes Baden-Würt temberg – nach außen sichtbar sind und deren Verwendung klar geregelt ist. Aus diesem Grund wird die CDU-Fraktion dem vorgeschlagenen Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Halder.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wappenrecht wurde seit 1954 nicht mehr geändert. Da her ist es dringend geboten, hier einige Änderungen vorzu nehmen. Wir brauchen in Baden-Württemberg ein modernes und zeitgemäßes Wappenrecht, das den Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft Rechnung trägt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Mit dem vorliegenden Gesetz soll gleichzeitig ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Normenklarheit geleistet werden. Im Einzelnen geht es um sechs zentrale Änderungen, auf die Herr Minister Gall ausführlich eingegangen ist. Deshalb kann ich mir diesen Teil sparen und komme ziemlich zügig

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Schade!)

zum nächsten Punkt: Bei einer unzulässigen Verwendung des Landeswappens hatte das Innenministerium bisher nur sehr eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten. Mit der Gesetzes änderung wird eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage geschaffen. Diese ist vergleichbar mit Regelungen in anderen Bundesländern. Zukünftig soll das Innenministerium für Ge nehmigungen zum Zeigen der Landesdienstflagge für nicht wappenführende Stellen zuständig sein. Damit wäre die Zu ständigkeit bei einer zentralen Stelle gebündelt. Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten soll von den unteren Verwaltungs behörden künftig auf das Regierungspräsidium Karlsruhe übertragen werden. Dies dient einer einheitlichen Verwal tungspraxis und der Entbürokratisierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Beispiele zeigen deut lich, dass es bei diesen Änderungen vor allem um Vereinfa chungen, Klarstellungen und ein Weniger an Bürokratie geht. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn wir diese Änderun gen im Landtag unter Zustimmung aller Fraktionen verab schieden könnten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich das Wort Herrn Abg. Sakellariou – der schon am Pult steht.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Über die Bedeutung von Hoheitszei chen ist schon alles gesagt worden. Herr Kollege Hillebrand, Sie haben zu Recht auf die ungeregelte Zeit hingewiesen: 61 Jahre Anarchie und rechtsfreier Raum in Baden-Württemberg in Sachen Wappenrecht. Ich bin der Regierung dankbar, dass nach dieser Durststrecke künftig endlich Klarheit besteht, dass auch wir als Abgeordnete das Landeswappen rechtssicher auf unseren Visitenkarten führen können.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Denn das ist gut und richtig so. Es ist tatsächlich auch ein Pro blem in Zeiten wegbrechender staatlicher Autorität, sich ru hig einmal wieder mit diesem Thema zu befassen und noch einmal deutlich zu machen, wo es herkommt. Wappenrecht ist Waffenrecht, und es kommt auch aus dem Mittelhochdeut schen von dem Wort Waffe, vom Kampfgerät und von dem Schutzschild, von dem Wappen, das man vor sich hergetragen hat, auch als Schutz der Interessen der Menschen, für die wir das hier alles machen.

Deswegen gehört es auch zu einem Rechtsstaat, zu einem Staatswesen, dass man sich Hoheitszeichen gibt, auf die man stolz ist. Es ist insofern ein Gesetz, das diese Anarchie been det, gleichzeitig nichts kostet und Bürokratie abbaut. Dage gen kann man beim besten Willen nicht sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Super! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Eine Wahnsinnsrede!)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Heute werden Sie mich ziemlich oft hier sehen. Wenn Sie mehr Abwechslung wünschen, müssen Sie im nächsten März die FDP wählen.

(Heiterkeit – Beifall bei der FDP/DVP und Abgeord neten der CDU – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Sind Sie wieder nominiert?)

Auch diesem Gesetz werden wir zustimmen. Ein gewisser Be darf ist übrigens nicht zu leugnen.

Vor etwa einem Jahr, Herr Kollege Paal, hatte die allseits be kannte Organisation Campact, zu der ich ansonsten jetzt nicht viel sagen will, bei mir im Kreis das Landeswappen verwen det. Ich habe gedacht: Das gibt es doch gar nicht, das dürfen die doch nicht. Dann habe ich nach geeigneten Wegen gesucht, die Aufsichtsbehörden aufmerksam zu machen, und habe fol gende Form gewählt: Ich habe als Abgeordneter eine ganz schön große Anzeige mit Landeswappen geschaltet. Streng genommen war das auch nicht in Ordnung. Ich habe nichts gehört. Offensichtlich wird jetzt ein Handlungsbedarf gese hen, zu regeln, wer es verwenden darf und wer nicht. Cam pact darf es immer noch nicht, wir dürfen es jetzt. Da ein paar Fragen zu klären ist sicher verdienstvoll. Wir haben keine Mü he, uns den Vorschlägen des Innenministeriums zum Wappen recht anzuschließen.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7196 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 15/7265

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Innenminister Gall.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Den sieht man auch re lativ häufig!)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!

Wir wollen mehr Demokratie wagen.

Das sagte einst – das kennen Sie alle – Willy Brandt in seiner ersten Regierungserklärung als Bundeskanzler. Er führte wei ter aus:

Wir

damit meinte er in erster Linie die Regierung –

werden unsere Arbeitsweise öffnen und dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge tun.

Vieles hat sich seit damals geändert, aber dieser Anspruch ei ner Regierung, dem kritischen Bedürfnis nach Information Genüge zu tun, ist zeitlos und, so denke ich, heute noch er strebenswert. Man muss es heute noch als Ziel immer wieder dort anstreben, wo es noch nicht so umfassend geregelt ist, wie wir es fortan tun wollen.

Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir diesen Gedanken nicht nur aufgreifen, sondern ihn auch in Baden-Württemberg auf der kommunalen Ebene Realität werden lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, mehr direkte Demokratie und mehr Beteiligung in unseren Gemeinden und Landkreisen, mehr Transparenz, mehr Minderheitenrechte in kommunalen Gre mien, das sind die Ziele dieses Gesetzes. Besonders deutlich möchte ich hervorheben, dass die vorgesehenen Änderungen der ganzen Gemeindebevölkerung zugutekommen sollen. Sie profitiert von den Änderungen, die wir bezüglich der Kinder- und Jugendrechte vorsehen. Die Eltern der Kinder, die sich in kommunalen Gremien engagieren wollen, profitieren davon. Wir möchten Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die Angehöri ge pflegen und betreuen, durch entsprechende Regelungen die Chance geben, sich in kommunalen Gremien zu engagieren. Wir möchten natürlich auch die ausländischen Einwohnerin nen und Einwohner – das heißt alle Bürgerinnen und Bürger – daran partizipieren lassen, indem sie in der Summe einen besseren Zugang zu Informationen erhalten und von den Ins trumenten der direkten Demokratie leichter Gebrauch machen können, als dies gegenwärtig der Fall ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, Kernpunkte des Gesetzentwurfs in der öffentlichen Wahrnehmung sind sicherlich die Neure gelungen bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Diese gehen auf eine sehr – so habe ich es jedenfalls empfunden – konstruktive Arbeit in der von allen vier im Landtag vertrete

nen Fraktionen getragenen interfraktionellen Arbeitsgruppe „Bürgerbeteiligung“ unter Leitung unseres Kollegen Uli Sckerl zurück. Ihm und allen beteiligten Kolleginnen und Kol legen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank und meine An erkennung aussprechen.

Bei Regierungsfraktionen und Oppositionsfraktionen mit den klaren Rollenverteilungen – so ist es nun einmal bei dem im mer parallel laufenden politischen Geschäft – ist es nicht im mer ganz einfach und nicht unbedingt eine Selbstverständlich keit, dass sich die Abgeordneten von Opposition und Regie rung immer wieder an einen Tisch gesetzt haben und sich in sachlicher und – meist jedenfalls – unaufgeregter Atmosphä re dieser nicht ganz einfachen und auch nicht ganz unstritti gen Materie gewidmet haben. Aber ich finde, das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Über die inhaltlichen Punkte, über die wesentlichen Neuerun gen bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheid haben wir dis kutiert: Absenkung der Quoren, Verlängerung der Fristen, Er weiterung der möglichen Themen, die diesen Beteiligungs möglichkeiten unterworfen sind. Nach meinem Dafürhalten sind die nun gefundenen Regelungen ein wirklich guter Kom promiss auf dem Weg zu mehr direkter Bürgerbeteiligung, weil sie auch den Interessen der Kommunen, beispielsweise in Sachen Rechts- und Planungssicherheit, Rechnung tragen.