Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

(Abg. Martin Rivoir SPD: Hier!)

Zwischen Ulm und Neustadt im Schwarzwald gibt es einen Zuwachs um 32 %. Zwischen Offenburg und Basel fahren pro

Tag knapp 50 000 Menschen in den Zügen. Das sind Rekord zahlen. Der Schienenverkehr ist tatsächlich eine Erfolgsge schichte, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Damit diese Erfolgsgeschichte geschrieben werden kann, muss ten wir, weil das Geld vom Bund nicht gereicht hat, im letz ten Jahr 84 Millionen € aus der Landeskasse zuschießen. In diesem Jahr sind es 100 Millionen €. Die CDU hat damals an ders reagiert: Sie hat Züge abbestellt. Wir haben Geld in die Hand genommen, damit das Fahrplanangebot erhalten wer den kann.

Die Regionalisierungsmittel, die jetzt an das Land gezahlt werden, führen dazu, dass wir der Verantwortung gut gerecht werden können. Die Regionalisierungsmittel werden auf 8 Milliarden € erhöht. Sie werden künftig stärker dynamisiert. Das sind sehr gute Nachrichten. Und es gilt künftig der soge nannte Kieler Schlüssel, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da bin ich dem Ministerpräsidenten wirklich sehr dankbar. Er hat nämlich das geschafft, woran viele Vorgängerregierungen ge scheitert sind. Er hat es geschafft, dass der Königsteiner Schlüssel im Schienenverkehr nicht mehr gilt.

Früher hat Baden-Württemberg nur 10,4 % der Gelder vom Bund erhalten, künftig erhalten wir durch das Verhandlungs ergebnis des Ministerpräsidenten, des Bundesratsministers Friedrich sowie von Winfried Hermann 12,37 % vom Bund. Wir erhalten also zwei Prozentpunkte mehr. Wir haben den Königsteiner Schlüssel bei einem wichtigen Thema durchbro chen, und wir können damit die hohe Nachfrage im Schienen verkehr befriedigen. Wir können den Schienenverkehr besser aufs Gleis setzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Tolle Leis tung! Respekt!

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Baden-Württemberg wird von den neuen Regionalisierungs mitteln schon im nächsten Jahr mit einem guten zweistelligen Millionenbetrag profitieren. Wir können dadurch die Ange botskonzeption 2025 fortschreiben: Barrierefreiheit bei neu en Fahrzeugen, ausreichende Kapazitäten zur Mitnahme von Fahrrädern, Klimaanlagen in den Zügen, Internetzugang, so dass wir den Fahrgästen auch einen mobilen Datenzugang in den Zügen ermöglichen.

Dass diese Vorgehensweise genau richtig ist, hat die Vergabe der Gäu-Murr-Bahn im Sommer gezeigt. Daran kann man es noch einmal gut gegenüberstellen: Nehmen Sie den Vertrag, den die CDU abgeschlossen hatte – „Silberlinge“ hatten Sie bestellt; das ist das alte Wagenmaterial –; 11,69 € bezahlen wir pro Kilometer. Auf der anderen Seite steht der Erfolg un seres Verkehrsministers Hermann. Was hat er mit der Deut schen Bahn in einem Wettbewerbsverfahren herausgearbei tet? Ab 2017 einen Zuschuss von 8,22 €, neues Wagenmate rial. Das ist schon ein Unterschied: 3 € weniger pro Kilome ter und neue Fahrzeuge. Herr Minister, Respekt! Über die Laufzeit des Vertrags sparen wir mehr als 20 Millionen € ein und bekommen mehr Verbindungen und neues Wagenmateri al. Herr Minister, das ist eine tolle Leistung. So sieht guter Schienenverkehr in unserem Land aus. Endlich gehören die

„Silberlinge“ der CDU der Vergangenheit an, liebe Kollegin nen und Kollegen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Fehlt nur noch, dass Sie sagen, Sie hätten auch neue Schienen gebaut!)

Für die CDU-Fraktion – Kollege Zimmermann! – erteile ich der Kollegin Razavi das Wort.

Herr Kollege Schwarz, dass Sie bei so viel Eigenlob nicht rot anlaufen, das wundert mich schon sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Aber in der Tat, die Einigung zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten, das GVFG über 2019 hinaus zu verlängern und die Regionalisierungsmittel zu erhöhen, ist ei ne gute Nachricht. Über 200 Millionen € mehr für BadenWürttemberg, das ist auch eine wichtige Entscheidung. Nur, wenn Sie den Königsteiner Schlüssel erwähnen, dann frage ich mich – wenn Sie so viel Eigenlob verteilen –: Warum ha ben wir denn nicht den Königsteiner Schlüssel erreicht? Lag es denn nicht am Ministerpräsidenten und am Verkehrsminis ter, dass wir darunter geblieben sind? Also: Bei so viel Eigen lob müssen Sie aufpassen. Wir, die CDU-Fraktion, bedanken uns nicht bei Ihnen, sondern in erster Linie beim Bund.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

Wir waren uns in diesem Haus immer einig, dass eine Fort setzung des Bundes-GVFG zwingend ist und dass die Regio nalisierungsmittel nach der Revision steigen müssen und der Anteil für Baden-Württemberg ebenso. Das hat bereits 2009 der damalige Verkehrsstaatssekretär Rudolf Köberle gefor dert, indem er mit Blick auf die Verkehrsentwicklungen sagte:

Deshalb müssen wir mit dem Bund und mit den anderen Ländern ernsthaft darüber diskutieren, ob nach 2015 die Verteilung der Regionalisierungsmittel... neu auf die... sehr unterschiedliche Situation und Entwicklung in den Ländern ausgerichtet werden muss.

Das ist klar. Die Daehre-Kommission hatte das übrigens auch schon festgestellt, und auch auf Bund-Länder-Ebene gab es hierüber nie einen Streit. Dass Sie sich, Herr Minister Her mann, in den Verhandlungen nach zwei interfraktionellen An trägen beim Bund dafür eingesetzt haben, davon gehen wir einfach aus und bezweifeln das auch nicht. Dass Sie aber, wie Herr Schwarz und nachher wahrscheinlich auch Sie selbst uns in dieser Debatte glauben machen wollen, dieses Ergebnis quasi im Alleingang erzielt hätten, daran zweifeln wir doch sehr.

Übrigens, eines fällt überhaupt auf: Über alle Felder der Ver kehrspolitik zwischen Bund und Land hinweg handelt unser Verkehrsminister stets nach einem grotesken Motto, nämlich: Solange der Bund nichts tut, ist die CDU schuld, sobald der Bund aber etwas tut, waren es die Grünen und zumeist natür lich er selbst.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die SPD hat das gemacht! Wir re gieren in Berlin!)

Zugegeben, meine Damen und Herren, das ist ziemlich aus gebufft. Das ist aber auch ziemlich läppisch und, Herr Minis ter, leider auch überhaupt nicht logisch. Es ist die Bundesre gierung, die deutlich mehr Geld in den Bundesfernstraßenbau investiert, es ist die Bundesregierung, die jetzt auch ein deut liches Signal für mehr Investitionen in den öffentlichen Nah verkehr setzt und vielen Projekten eine Perspektive gibt, und es ist der Bund, der verkehrspolitisch in allen Bereichen in die Offensive geht. Das Land profitiert davon, aber der einzige Anteil, den die Grünen im Bund daran haben, ist, dass Sie al le Erhöhungen der Mittel für Infrastruktur ablehnen.

Also, der Investitionshochlauf in Berlin ist beachtlich, aber wo bleibt eigentlich der Investitionshochlauf im Land? Fehl anzeige! Im Gegenteil, Sie loben den Bund zu Recht, aber bei Ihnen ist da große Leere.

Schauen wir es uns an: Investitionen in Infrastruktur, Straße und ÖPNV stagnieren oder sinken sogar, und das, obwohl die Finanzsituation im Land mindestens so gut ist wie im Bund.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das ist einfach nicht richtig, Frau Kollegin!)

Das Geld aus Berlin, Herr Minister, nehmen Sie ja sehr gern, leider aber auch nicht immer. Selbst tun Sie aber viel zu we nig. Auch schon der Titel dieser Aktuellen Debatte – Herr Schwarz, da müssen Sie vielleicht ein bisschen besser aufpas sen – weist ja darauf hin: Der Berliner Geldsegen ermöglicht den ÖPNV-Ausbau im Land.

Nach vier Jahren, Herr Minister Hermann, ist Ihre Bilanz ziemlich mager.

(Lachen bei den Grünen)

Das müssen Sie jetzt in den nächsten sechs Monaten kaschie ren. Ihre Eigenwerbung kostet nicht nur ein Vermögen, son dern nimmt zuweilen ziemlich groteske Züge an.

Ich sage einmal: Als Kinder haben wir ja alle, glaube ich, „As terix und Obelix“ gelesen. Ich habe da den Majestix vor Au gen. Den heben seine Gefolgsleute auch immer aufs Schild vor lauter Eigenlob. Das Problem ist nur: Er bleibt immer gleich am nächsten Türrahmen hängen und fällt wieder her unter.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Daran muss ich immer ein bisschen denken, wenn ich so hö re, welche Werbeaktionen Sie in eigener Sache starten.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Nur ein paar Beispiele. Vor Kurzem hat der Bund 15 Straßen baumaßnahmen freigegeben, über 500 Millionen €. Die erste panische Reaktion des Ministers: Viel zu wenig und viel zu spät. Dann hat er gemerkt, dass diese Kritik überhaupt nicht ankommt, und macht die Rolle rückwärts, bejubelt das alles und sagt – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, das gehe ja nur, weil er die ganzen Maßnahmen planfest gestellt habe.

Jetzt haben wir einen Antrag gestellt und nachgefragt, wann die Maßnahmen denn alle planfestgestellt und zur Baureife

gebracht wurden. Und da stellte sich heraus: Keine einzige Maßnahme wurde seit 2011 planfestgestellt und bis zur Bau reife geführt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Ging da gar nichts?)

Das ist die Wahrheit.

Und letzte Woche – machen wir einmal weiter – gaben Sie ei ne eigene Pressemitteilung heraus und verkündeten,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Und was ist mit dem Ausbau der A 8, Frau Kollegin?)

bei der Elektrifizierung der Hochrheinstrecke hätten Sie einen Durchbruch erreicht. Aber der Durchbruch war gar keiner. Stattdessen: Im Süden nichts Neues. Sie haben von keinem einzigen der Beteiligten irgendwelche Zusagen.

Nächstes Beispiel. Sie loben sich – Sie haben es erwähnt – nach vier Jahren Untätigkeit für die Vergabe des Gäu-MurrNetzes zu einem guten Preis. Das werden Sie demnächst auch für die Stuttgarter Netze tun. Aber diese Preise waren zu er warten,

(Lachen des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

nur eben schon viel früher. In Wirklichkeit haben Sie bei den Ausschreibungen viel Zeit und damit Steuergelder vergeudet.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt werden wir noch einmal ganz tagesaktuell: Sie bringen heute die Novelle des Landes-GVFG in den Landtag ein, Sie loben diesen Entwurf als wegweisendes Instrument für den ÖPNV und für den Straßenbau im Land, und dann behaupten Sie – ich zitiere aus Ihrer eigenen Pressemitteilung vom 22. September –:

Die betroffenen Verbände und Institutionen haben die ge planten Änderungen mehrheitlich begrüßt und weitere An regungen gegeben. Diese wurden sorgfältig geprüft, ins gesamt gab es jedoch keinen wesentlichen Änderungsbe darf.

(Heiterkeit bei der CDU)

Dem setze ich ein weiteres Zitat aus der Pressemitteilung des Städtetags und des VDV vom 24. September entgegen – Zi tat, und jetzt ganz gut zuhören –:

Beiden Verbänden ist nicht klar, wie der Minister zu ei ner derart positiven Einschätzung der kommunalen Ver kehrsfinanzierung kommen kann.