Protokoll der Sitzung vom 12.10.2011

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie versuchen, die Pfeile auf die vorherige Regierung

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Ja! Wir waren es ja nicht!)

und auf die Mehrheiten im damaligen Parlament zu lenken, und Sie versuchen, Regierungshandeln zu diskreditieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Land steht beispiellos gut da, so gut wie kein anderes. Deshalb werden wir nicht zulassen, dass Sie von Ihren eigenen Versäumnis sen, von dem Nichthandeln in den letzten fünf Monaten hier in diesem Landtag ablenken.

(Lachen bei den Grünen und der SPD – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Das war ein schwerer Fauxpas! – Zuruf: Gesetzentwürfe!)

Entschuldigung, wir haben hier zwei Gesetzentwürfe der Landesregierung beraten.

(Zuruf von den Grünen: Anhörungsverfahren!)

Das war ein Nachtragshaushalt, der rechtswidrig war, und es war ein – zumindest umstrittenes – Kündigungsgesetz zu S 21.

(Zuruf von der CDU: Das hat keine Mehrheit gefun den!)

Bisher gab es hier sonst noch keine Gesetzesberatungen. Der Entwurf eines S-21-Kündigungsgesetzes hat hier im Landtag noch nicht einmal eine Mehrheit gefunden.

So viel zum Thema Regierungshandeln.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sagen Sie ein mal etwas zum Verfassungsbruch!)

Herr Kollege Schmiedel, dann kommen Sie auch noch und weinen Krokodilstränen über den Preis und dergleichen mehr. Sie alle haben begrüßt, dass die Landesregierung damals den

Ankauf getätigt hat. Die entsprechenden Äußerungen muss ich nicht noch einmal zitieren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber es geht um das Urteil des Verfassungsgerichts!)

Aber Sie verweigern sich der Zukunftsfähigkeit dieses Unter nehmens. Der Finanzminister sagt: Es gibt nichts, Kapitaler höhung kommt nicht infrage. Zukunftsinvestitionsbedarf ist aber vorhanden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ist noch Geld da?)

Der Bedarf ist vorhanden. Wie wollen Sie denn dieses Unter nehmen in die Zukunft führen? Sie verweigern sich schlicht weg, indem Sie keine klaren Antworten für die Zukunft in die sem Bereich geben.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Thema! Thema! Thema!)

Diese Verweigerungshaltung wird Sie am Ende auch einho len, weil Sie damit die Chance, die der Rückkauf von Antei len an diesem Unternehmen für das Land Baden-Württemberg beinhaltet hat, verspielen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich erteile Frau Abg. Sitz mann das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Werter Kollege Hauk, ich muss sa gen: Ihre Rede lässt uns fassungslos zurück.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es lässt uns fassungslos zurück, dass Sie das Urteil des Staats gerichtshofs nicht ernst nehmen, dass Sie all das, was vorge fallen ist, als Lappalie behandeln,

(Abg. Winfried Mack CDU: Das hat Herr Hauk gar nicht gesagt! Dummes Zeug!)

dass Sie von bestem Wissen und Gewissen sprechen und da bei die Verfassung gebrochen haben und null Einsicht zeigen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Da unterstellen Sie mir et was!)

Es ist höchste Zeit, dass Sie endlich akzeptieren: Es war ein Fehler, wie die damalige Landesregierung unter Ministerprä sident Mappus gehandelt hat. Das wäre die richtige Ansage gewesen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es war ein schwerer Fehler, wie die ehemalige Landesregie rung gehandelt hat. Sie hat laut Staatsgerichtshof die Verfas sung gebrochen, sie hat das Königsrecht des Parlaments, näm lich das Budgetrecht, über die Notbewilligung absichtlich missachtet.

Wenn Sie sagen, auch wir hätten den Rückkauf der EnBWAktien als Chance begrüßt, dann muss man doch noch einmal den Ablauf dieser ganzen Geschichte darstellen. Das Parla ment hat an einem Montag – 6. Dezember 2010 – zwischen

12:00 und 13:00 Uhr über dpa erfahren, dass das Land seine Anteile von der EdF zurückkaufen will. So hat dieses Parla ment davon erfahren, und scheibchenweise kam die Wahrheit ans Licht. Scheibchenweise wurde bekannt, dass dieser Ver trag unwiderruflich ist. Der Vertrag wurde am Parlament vor bei unterzeichnet – unwiderruflich. Es wurde scheibchenwei se bekannt, dass dabei das Notbewilligungsrecht des Finanz ministers in Anspruch genommen wurde, und es wurde scheib chenweise bekannt, dass sich diese Regierung damals nicht einmal die Mühe gemacht hat, das zu tun, was man bei jedem normalen Kauf tut, nämlich zu prüfen: Was kaufe ich denn da? Zu welchem Wert muss ich es kaufen? Ist der Kauf, den ich tätigen will, den Preis überhaupt wert?

All das hat nicht stattgefunden. Da erwarten wir von Ihnen endlich Einsicht. Geben Sie zu: Es war ein Fehler, wie die da malige Landesregierung gehandelt hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es lässt uns fassungslos zurück, dass Sie versuchen, Nebel kerzen zu werfen, dass Sie Ablenkungsmanöver starten, dass Sie noch immer die Vasallentreue, die Sie in dieser Geschich te von Anfang an gezeigt haben, höher stellen als die Verfas sungstreue.

Wir müssen Ihrer Rede entnehmen: Sie würden heute wieder so handeln, wie Sie es damals gemacht haben. Das können wir nicht akzeptieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es! – Zuruf von der CDU)

Ich kann Ihnen sagen: Wir wollen ein starkes Parlament, und wir respektieren die Entscheidung des Kollegen Stächele, dass er in Anbetracht des klaren Urteils des Staatsgerichtshofs und in Anbetracht der Würde des Amtes des Landtagspräsidenten die Konsequenzen gezogen hat. Das war der richtige Schritt, um Schaden von diesem Amt abzuwenden. Wir erwarten, dass auch Sie, Herr Kollege Hauk, Einsicht zeigen. Ich hoffe, Sie kommen in der zweiten Runde darauf zurück und setzen sich endlich inhaltlich mit diesen Fragen auseinander.

Meine Damen und Herren, Sie haben in der ersten Pressemel dung auch davon gesprochen, dass wir jetzt ein geheim tagen des Sondergremium des Landtags einrichten sollten. Ich kann Ihnen sagen: Wir wollen ein starkes Parlament. Wir wollen, dass dieses Parlament weiterhin das Königsrecht eines Parla ments, nämlich die Entscheidung über die Finanzen des Lan des, über den Haushalt des Landes, ausübt. Dafür wollen und brauchen wir keine geheim beratenden Sondergremien. All die Gremien, die erforderlich sind, um dieses Königsrecht aus zuüben, sind bereits vorhanden. Diese Gremien wollen wir nutzen. Diese Gremien wollen wir stärken.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Das Grundgesetz ist kei ne Zitatensammlung, aus der man sich für jeden Anlass den passenden Spruch heraussuchen kann. Ich hoffe, dass Sie dies endlich erkennen, Herr Hauk.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Muhte rem Aras GRÜNE: So ist es! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst äußere ich den Re spekt der Fraktion der FDP/DVP für den Landtagspräsiden ten. Er war ein respektabler Landtagspräsident, und er hat ei nen respektablen Schritt vollzogen, um Schaden von diesem Parlament abzuwenden. Willi Stächele hat dem Land BadenWürttemberg gedient.

Respekt auch vor dem Urteil des Staatsgerichtshofs; das ist überhaupt keine Frage.

Frau Sitzmann, zu Ihrer Frage: Die FDP/DVP war an der da maligen Landesregierung beteiligt. Nachdem der Staatsge richtshofs so geurteilt hat und wir dieses Urteil natürlich zu respektieren haben, sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Nein, wenn wir, die FDP/DVP, in der Landesregierung wären, wür den wir nicht mehr so handeln.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Überhaupt nicht einbezogen!)

Umso bedauerlicher ist es jedoch, dass Sie den Respekt, den Sie von uns einfordern, dem Staatsgerichtshof nicht zuteil werden lassen. Denn wenn Sie dieses Urteil genau lesen, kön nen Sie erkennen, dass darin im Grunde genommen genau das steht, was Herr Kollege Hauk angeregt hat und was auch wir anregen, nämlich die Rechte des Parlaments durch ein moder nes Parlamentsbeteiligungsgesetz zu ergänzen.

Der Staatsgerichtshof hat in seinem Urteil deutlich gemacht, er sehe ein, dass in dieser Situation die Alternativen lediglich gewesen wären, entweder die Verfassung zu verletzen oder aber auf dieses Geschäft zu verzichten.