Protokoll der Sitzung vom 12.10.2011

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Warum wollen Sie dann Schadensersatz?)

Jetzt kommen aber zwei Aspekte, die zunächst nicht bekannt waren, die erst in der Sitzung des Finanzausschusses am 14. Dezember 2010 bekannt wurden: Erstens gab es keinen Parlamentsvorbehalt. Das konnte sich niemand von uns vor stellen: 5 Milliarden € am Parlament vorbei, 5 Milliarden € ohne Parlamentsvorbehalt! Niemand hätte sich das vorstellen können, wahrscheinlich nicht einmal der Kollege Hauk, der ja auch nicht eingeweiht war.

(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen)

Das Zweite, was in dieser Finanzausschusssitzung deutlich wurde: Es gab keine eigenständige Bewertung des Wertes der EnBW. Man hat sich auf Bilanzen, auf allgemeine Veröffent lichungen verlassen. Man hat gesagt: Da wurden noch ande re Energieunternehmen verkauft, übernommen, und was ist da geschehen?

Das Schlimme war: Es stand eine Klage vor dem Bundesver fassungsgericht gegen die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke im Raum – mit hoher Aussicht auf Erfolg. Es wurde kein Vorbehalt in den Kaufvertrag aufgenommen: Was passiert denn, wenn plötzlich die Laufzeit verkürzt wird, wenn einige Atomkraftwerke sofort und andere später abge schaltet werden müssen, wenn jedenfalls nicht diese lange Laufzeit beibehalten wird, die die Bundesregierung nach der Bundestagswahl festgelegt hat?

Es ist doch völlig klar, dass der Unternehmenswert durch ei ne politische Entscheidung – völlig losgelöst von den Vorgän gen in Japan –, durch eine gerichtliche Entscheidung des Bun desverfassungsgerichts sofort rasant in den Keller gerast wä re. Es war für uns unverständlich, dass es keinen Plan gab, wie man mit einem solchen Fall umgeht.

Deshalb prüfen wir und prüft die Landesregierung natürlich die Frage, wer da möglicherweise ein solches Fehlverhalten begangen hat – entweder bewusst oder grob fahrlässig –, dass wir auf Schadensersatz drängen müssen. Es ist die Pflicht je des Parlamentariers, es ist die vornehmste Pflicht der Landes

regierung, dafür zu sorgen, dass Schaden vom Land BadenWürttemberg abgewendet und das Vermögen des Landes ge wahrt wird. Wenn es eine Chance gibt, den entstandenen Scha den, der sich in Milliardenhöhe bewegt, wenigstens einiger maßen gutzumachen, dann werden wir entsprechend handeln.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Hauk.

Frau Präsidentin, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Der Landtagspräsident hat uns soeben seine Entscheidung mitgeteilt und hat sein Amt niedergelegt. Die CDU-Fraktion nimmt die Entscheidung von Willi Stäche le mit großem Bedauern, aber tiefem Respekt und großer An erkennung zur Kenntnis. Er hat seinen Schritt aus Sorge und Achtung vor dem Landtag als höchstem Verfassungsorgan vollzogen, und er hat die Würde dieses Hohen Hauses auch vor den Versuchen der Regierungsfraktionen gerettet, sie durch parteitaktische Spielchen zu beschmutzen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Lachen bei den Grünen und der SPD)

Eine solche Entscheidung, wie sie Willi Stächele heute ge zeigt hat, beweist politische Größe. Wir danken ihm für sein Wirken als Landtagspräsident. Er hat in den letzten fünf Mo naten in der Tat neuen Schwung und frischen Wind in den Landtag gebracht. Er hat die Wünsche und Sorgen der Abge ordneten – egal, von welcher Fraktion – ernst genommen, nach Lösungen gesucht und die Abgeordneten in den Mittel punkt dieses Parlaments gestellt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Null Einsicht!)

Er hat das Parlament, den Landtag, nach außen nicht nur gut repräsentiert, er war ein bürgernaher Präsident, der den Land tag würdevoll vertreten hat und der bei den Bürgern nicht nur gern gesehen, sondern auch geschätzt war.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hintergrund seiner Entscheidung und des Kesseltreibens, das Grün und Rot ent facht haben,

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

ist die Entscheidung des Staatsgerichtshofs. Der Staatsge richtshof hat eine Sachentscheidung getroffen. Es ist kein Strafgerichtsprozess gewesen. Sie haben den Versuch unter nommen, alle, die damals am Rückkauf der EnBW-Aktien be teiligt waren, und damit die gesamte vorherige Landesregie rung regelrecht zu kriminalisieren.

(Widerspruch bei den Grünen und der SPD – Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Abenteuerlich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir weisen diesen Versuch klipp und klar zurück.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Sie unterstellen Vorsatz; Sie unterstellen, wie Sie eben gesagt haben, Herr Kollege Schmiedel, Mangel an Verfassungstreue.

(Zurufe von der SPD: Ja!)

Lieber Kollege Schmiedel, nach diesen Maßstäben hätten Ih re Parteigenossen in Nordrhein-Westfalen schon dreimal zu rücktreten müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Auch hier versuchen Sie, die Rechtsprechung so hinzubiegen, dass es für Sie passt, nämlich indem Sie sie personalisieren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ach was!)

Der Staatsgerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verfahren – – Er hat das Verfahren bewertet und über das Verfahren geurteilt, und er hat das Verfahren im Nachgang für verfassungswidrig erklärt.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Genau!)

Das war eine klare Entscheidung. Aber er hat auch hinzuge fügt, wie ein solcher Konfliktfall – den er auch als solchen an gesprochen hat – in der Zukunft zu heilen wäre:

(Abg. Andreas Stoch SPD: Aber nicht mit dieser Ver fassung! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber nicht am Parlament vorbei!)

Wenn das Parlament hierzu die Initiative ergreift.

Klar: Vergangenheit – verfassungswidrig. Der Konfliktfall wurde bestätigt, eine Möglichkeit der Heilung für die Zukunft und für zukünftiges Handeln

(Abg. Andreas Stoch SPD: Heilung? Heilung gibt es dabei nicht! Das ist ja völlig daneben! – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Ein Verfassungsbruch kann nicht geheilt werden!)

wurde klar aufgezeigt.

Sie haben sich bislang mit diesem Thema, das in die Zukunft weist, noch gar nicht beschäftigt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Es gibt doch klare Spielregeln!)

Ich fordere Sie auf, gemeinsam mit uns durch eine Stärkung der Parlamentsrechte für solche Fälle – die in der Zukunft ge nauso eintreten können – gemeinsam Vorsorge zu treffen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Der Präsident hat den Ablauf eben noch einmal kurz skizziert. Er hat deutlich gemacht, dass er nach bestem Wissen und Ge wissen gehandelt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die CDU-Frak tion galt immer eine Kultur des Vertrauens und nicht des Miss trauens.

(Zuruf: Jawohl! – Lachen bei Abgeordneten der Grü nen)

Eine solche Kultur scheint bei Ihnen – auch gegenüber Ihrer eigenen Regierung – wenig verbreitet zu sein.

Die alte Regierung hat darauf vertraut, dass nach den einschlä gigen Rechtsberatungen das Verfahren in Ordnung war und dass es auch konform mit der Verfassung war.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Andreas Stoch SPD: Und Sie würden es jederzeit wieder so machen?)

Auch der Finanzminister konnte darauf vertrauen und hat da rauf vertraut.

In Wahrheit lenken Sie am Ende doch davon ab,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wovon sollen wir ablenken? – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wer hier ablenkt, das sind Sie, Herr Hauk!)

dass Sie sich in einer Konfliktregierung befinden, dass Sie in tern zerstritten sind.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)