Haben Sie je von einem Mitglied dieser Regierungsfraktio nen gehört, dass wir mehr oder größere Flüchtlingsströme brauchen oder anstreben? Was für ein Unsinn!
Sie haben mit Ihrer Karlsruher Erklärung ein Flugblatt her ausgegeben. Der Inhalt ist genau wie Ihre Rede. Auch wenn Sie das alles als Schüttelreim oder Limerick verpackt hätten, es wäre trotz allem relativ inhaltsfrei.
Denn Sie sprechen immer nur von „wollen“ und „sollen“ und – als Höhepunkt – von „anstreben“ – großartige Verbalaktion, so viele schöne Buchstaben einfach verschleudert.
So haben wir gestern mit dem Gouverneur der Autonomen Region Kurdistan – er war heute auch unser Gast – im Nordirak beschlossen, dass er im Rahmen der Vor-Ort-Hilfe 2,5 Millionen € erhalten wird, um den Menschen dort eine Lebensperspektive in ihrer Heimat zu eröffnen.
Der Erste, der darauf hingewiesen hat, dass Stabilisierung vor Ort in den Herkunftsländern und nicht erst an den deutschen Grenzen geschehen muss, war Claus Schmiedel. Das ist nach wie vor der richtige und einzige Weg. Aber – ich zitiere hier einen Kommentar in den „Stuttgarter Nachrichten“ von ges tern von Norbert Wallet –:
Man muss die Union nicht verstehen wollen. Es reicht schon, sich mit der Erkenntnis zu begnügen, dass sich die Partei immer – im Gegensatz zur SPD – in erster Linie als Instrument zum Machterhalt ihres Kanzlers verstan den hat.
Wir wollen eigentlich inhaltliche Politik machen und nicht Politik der Macht wegen, sondern des Gestaltens wegen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Spätestens seit dem Wahlergebnis von Gabriel glaubt ihr das auch noch!)
Der Rummel der Merkel-Kritiker? Ist zusammengefallen wie ein Kartenhaus, hat sich zufriedengegeben mit ein paar nichtssagenden Formeln, die nun als Erfolg verkauft werden.
Das ist jämmerlich. Und auch diejenigen aus der Landes gruppe, die vorher zu vehementen Formulierungen ge griffen hatten, waren plötzlich nicht mehr im Ring,
Wie, verehrter Herr Kollege Wolf, würde die sicher von Ih nen sehr hochgeschätzte Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz zu Ihrer Rede sagen? „Goldig, Herr Kollege, einfach goldig.“
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Grünstein, das war wirklich auch goldig, keine Frage.
Aber vom Inhaltlichen her sollten wir uns vielleicht die Fra ge stellen, wie wir jetzt an dieser Stelle weiterkommen.
Frau Kollegin Grünstein, Sie haben ausgeführt, es sei voll ständiger Konsens in unserem Land, bei der Bundes- und der
Na gut, wenn das Konsens ist, dann schauen wir uns einmal die aktuelle Politik an und schauen uns auch an, was in den letzten Wochen und Monaten geäußert wurde.
Ich bin schon dankbar dafür, dass die Kanzlerin sich jetzt da zu bekannt hat, dass eine Verringerung notwendig ist. Das war nicht immer der Fall. Ich bin auch dankbar dafür, dass die Kanzlerin einsieht, dass eine Überforderung in unserem Land möglich ist, wenn es mit den Flüchtlingsströmen so weiter geht.
Es genügt aber nicht, dies festzustellen. Vielmehr muss man sich auch die Frage stellen: Was kann man tun, um diese Flüchtlingsströme zu reduzieren? Dazu gibt es relativ wenige Vorschläge vonseiten der Landesregierung.
Was wird im Bund vorgeschlagen? Ich habe gehört, der Kol lege Kauder halte es für notwendig, eine europäische Grenz polizei, die die Außengrenzen schützt, auf- bzw. auszubauen. Das ist das, was der Ministerpräsident im Grunde auch erklärt hat: Man müsse die Außengrenzen schützen.
Ich frage mich allerdings dann schon, wie das zusammenpasst mit der sich ständig wiederholenden Behauptung, wir könn ten unsere Grenzen nicht schützen, es sei denn durch Stachel draht und Schießbefehle. Wenn wir die Außengrenzen durch eine europäische Grenzpolizei schützen können, dann muss es auch möglich sein, dass die Bundespolizei unsere Grenzen schützt. Dafür sollte man sich auch aussprechen, meine Da men und Herren.
Ich bin auch dankbar dafür, dass sich die CDU jetzt auf dem Bundesparteitag dazu durchgerungen hat, sich zu einem Ein wanderungsgesetz zu bekennen. Wir haben das seit vielen Jah ren gefordert und haben häufig gehört: „Das wollen wir nicht. Das führt zu einem Mehr an Zuwanderung.“ Nein, darum geht es nicht. Es geht um Begrenzung und Kanalisierung von Ein wanderung.
Es reicht aber nicht aus, zu erklären: „Wir machen das dann im Jahr 2017, nach der nächsten Bundestagswahl.“ Nein, die Probleme sind jetzt da.
Man muss natürlich auch intensiv über Fluchtursachen disku tieren. Dazu braucht man eine Strategie. Ich halte es ausdrück lich für richtig, dass die EU nun mit der Türkei diskutiert. Sie braucht aber eine Strategie. Eine Strategie ist schwer zu er
kennen, wenn man sich die Frage stellt, ob der türkische Mi nisterpräsident auf das Familienfoto darf oder nicht. Vielmehr muss man sehr deutlich machen, wie man mit der Türkei um gehen will. Entweder schluckt man die Kröte Erdogan, oder man ist nicht dazu bereit. Dann wird man aber auch in der Fra ge der Betreuung der Flüchtlingslager nicht weiterkommen.
Es macht auch wenig Sinn, die Bundeswehr ohne einen kla ren Auftrag nach Syrien zu schicken, indem man sagt: „Wir kämpfen ein bisschen gegen ISIS, aber eine Zukunft mit Herrn Assad darf es auch nicht geben.“ Hier fehlt eine klare Strate gie.
Wir brauchen natürlich europäische Kontingente. Im Moment zeichnet sich nicht ab, dass wir da einen wesentlichen Schritt weiterkommen.
Das sind alles offene Baustellen, meine Damen und Herren. Da brauchen wir möglichst rasch Antworten.
Mit Blick auf das Land haben Sie, Frau Grünstein, gesagt, da herrsche Konsens. Ich weiß nicht, ob da tatsächlich Konsens herrscht. Wenn wir beispielsweise nur über die Abschiebun gen nachdenken, dann stellen wir fest: Es gibt jetzt – relativ spät – so langsam Bewegung. So langsam geht man jetzt da zu über, die Abzuschiebenden nicht mehr zu warnen.