Rosa Grünstein
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Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, verehrte Damen und Herren! Ich wollte zu diesem Thema eigentlich nicht sprechen und habe mit großer Freude dem Innenminister zugehört. Leider hat Herr Mack dies nicht getan, sonst wäre sein Beitrag nach der Rede des Innenministers etwas anders ausgefallen. Die Politik des Nichtzuhörens scheint bei den konservativen Parteien in die sem Land Tradition zu haben, sonst wäre vieles anders gelau fen.
Ich bin sehr dankbar, dass in dieser Legislaturperiode Minis terinnen und Minister im Amt waren, die dieses Land nach vorn gebracht haben, die eine völlig neue Politikform gestal tet haben, die zugehört haben, die angepackt und umgesetzt haben. Andernfalls wäre unser Land heute nicht in diesem gu ten Zustand, in dem es ist, und würden nicht andere kommen, um sich hier gute Ratschläge zu holen.
Meine Bitte, heute hier noch einmal reden zu dürfen, hatte aber ganz andere Gründe. So darf ich nach 16 Jahren Abge ordnetentätigkeit heute hier ein letztes Mal zu Ihnen sprechen und mich bei denen unter Ihnen bedanken, die mit mir, mitei nander, mit der Situation immer kollegial und anständig um gegangen sind. Es dürfen auch einmal heftige Worte fallen. Dafür sind wir hier in einem Parlament, in dem auch einmal gestritten werden kann. Aber es muss immer um die Sache ge hen.
Deshalb, lieber Herr Rülke, darf ich Ihnen noch eine Bitte von mir mit auf den Weg geben. Ihr manchmal etwas sehr schar fer, seltsamer Ton öffnet meiner Meinung nach die Türen für genau die, die wir hier drin nicht haben wollen.
Deshalb ist meine Bitte für die Zukunft an alle die, die dann hier auf diesen Plätzen – in einem anderen Gebäude, aber doch im Parlament – sitzen werden, sich immer bewusst zu wer den, dass sie von den Menschen in unserem Land hierherge schickt worden sind, um das Leben für diese Menschen und in unserem Land besser, gerechter und sozialer zu gestalten. Das gilt für alle die, die dann wieder dabei sein werden. Ich hoffe, dass jeder sein persönliches Ziel erreicht, obwohl ich mir natürlich wünsche, dass die Regierung genauso aussehen wird wie jetzt. Ich hoffe, dass das dann auch für die Neuen gilt.
Herr Rülke.
Sie werden es nicht glauben, aber ich habe mir nicht alles aufgeschrieben,
was Sie in den letzten 16 Jahren
bzw. in den Jahren, in denen Sie hier im Parlament sind, alles gesagt haben.
Ich reiche Ihnen das gern nach. – Manchmal war Ihr Ton einfach entsprechend, und gerade eben war er auch nicht sehr freundlich.
Die Integration hat in diesem Land über viele Jahre einen Dornröschenschlaf abgehalten. Als das Integrationsministeri um eingerichtet wurde, hat man es belächelt,
hat man sich nicht auf die Inhalte, sondern eher auf die Per sonen beschränkt. In der Zwischenzeit haben wir gelernt, wie wichtig und notwendig es war, dass dieses Ministerium ein gerichtet wurde und dass wir darüber hinaus einen Innenmi nister haben, der nicht nur gut reden kann, sondern auch sei nen „Laden“ im Griff hat.
Dieses Land kann stolz sein auf die Ministerinnen und Minis ter, die wir haben.
Das ist jetzt der Punkt, an dem ich mich bei allen Mitarbeite rinnen und Mitarbeitern – von der Pforte bis zu den Ministe rialbeamten – herzlich bedanken will. Sie alle sorgen dafür, dass wir hier einen reibungslosen Ablauf haben können. Für alle Kolleginnen und Kollegen bedanke ich mich für die Ar beit, die hier geleistet worden ist.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und danke Ihnen noch einmal fürs Zuhören.
Herr Rülke, ich reiche Ihnen die Antwort noch nach.
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Zuerst erlauben Sie mir, dass ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung und auch in allen Ministerien herzlich für ihre Arbeit in die sem Jahr danke und ihnen ein gutes Weihnachtsfest und ein glückliches 2016 wünsche.
Welch ein dynamischer Titel, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ausgesucht haben! Sie bleiben hier aber die Antwort schuldig, wo Sie denn, bitte schön, Verant wortung übernehmen. Sie haben hier fast fünf Jahre lang das Integrationsministerium schlechtgeredet,
Sie haben sich in kleinlichen Diskussionen zum Verhalten der Ministerin kapriziert, ja, Sie finden sogar, dass dieses Minis terium völlig überflüssig sei.
Entschuldigung, Verantwortung übernehmen sieht für mich ganz anders aus.
Sie fordern Integration, aber um das zu ermöglichen, muss erst einmal etwas getan werden, müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass dieses Vorhaben auch gelingen kann. Deshalb hat dieses Ministerium, haben die Fraktionen von Grün und Rot sehr viele Dinge auf den Weg gebracht und eben die von Ihnen geforderte Verantwortung längst übernommen. Ich bin es leid, Ihnen in jeder Debatte wieder auf die Sprün ge zu helfen, weil Ihr Gedächtnis offensichtlich sehr schlecht ist.
Dennoch ist es ehrenwert, dass Sie Ihre Karlsruher Erklärung in Punkt 1 fast wortgleich mit den Worten unserer Integrati onsministerin beginnen. Sie entwickeln sich so zur „Abschrei
bepartei“, denn im Bildungsbereich machen Sie das auch schon öfter.
Denn diese Ministerin wird nicht müde, immer und immer wieder zu erklären,
dass es natürlich auch vonseiten der Flüchtlinge und Asylbe werber Anstrengungen bedarf, sich zu integrieren, dass hier kein Schlaraffenland ist, sondern die Devise „Nehmen, aber auch Geben“ in vertretbarem Rahmen Gebot ist, dass sich al le Menschen in diesem Land auf dem Boden unseres Grund gesetzes bewegen müssen. Ich beglückwünsche Sie, dass Ih nen das endlich auch eingefallen ist, wie Ihre Karlsruher Er klärung zeigt.
Aber unser Innenminister bekommt bald Pickel, wenn Sie dauernd etwas fordern, was er schon macht.
Bei den Bemühungen um die Integration des frei laufenden Wolfs in unseren heimischen Wäldern haben Sie offensicht lich die Realität aus den Augen verloren. Wenn Ihr Kollege Thomas Bareiß betont, wir brauchten eine Reduzierung der Flüchtlingsströme – ja, was soll das denn?
Haben Sie je von einem Mitglied dieser Regierungsfraktio nen gehört, dass wir mehr oder größere Flüchtlingsströme brauchen oder anstreben? Was für ein Unsinn!
Sie haben mit Ihrer Karlsruher Erklärung ein Flugblatt her ausgegeben. Der Inhalt ist genau wie Ihre Rede. Auch wenn Sie das alles als Schüttelreim oder Limerick verpackt hätten, es wäre trotz allem relativ inhaltsfrei.
Denn Sie sprechen immer nur von „wollen“ und „sollen“ und – als Höhepunkt – von „anstreben“ – großartige Verbalaktion, so viele schöne Buchstaben einfach verschleudert.
Wir dagegen werden aktiv.
So haben wir gestern mit dem Gouverneur der Autonomen Region Kurdistan – er war heute auch unser Gast – im Nordirak beschlossen, dass er im Rahmen der Vor-Ort-Hilfe 2,5 Millionen € erhalten wird, um den Menschen dort eine Lebensperspektive in ihrer Heimat zu eröffnen.
Wir wollen nicht nur sagen, es wäre schön, nein, wir handeln.
Der Erste, der darauf hingewiesen hat, dass Stabilisierung vor Ort in den Herkunftsländern und nicht erst an den deutschen Grenzen geschehen muss, war Claus Schmiedel. Das ist nach wie vor der richtige und einzige Weg. Aber – ich zitiere hier einen Kommentar in den „Stuttgarter Nachrichten“ von ges tern von Norbert Wallet –:
Man muss die Union nicht verstehen wollen. Es reicht schon, sich mit der Erkenntnis zu begnügen, dass sich die Partei immer – im Gegensatz zur SPD – in erster Linie als Instrument zum Machterhalt ihres Kanzlers verstan den hat.
Wir wollen eigentlich inhaltliche Politik machen und nicht Politik der Macht wegen, sondern des Gestaltens wegen.
Weiter unten steht – so geht dieser Kommentar weiter –:
Der Rummel der Merkel-Kritiker? Ist zusammengefallen wie ein Kartenhaus, hat sich zufriedengegeben mit ein paar nichtssagenden Formeln, die nun als Erfolg verkauft werden.
Das ist jämmerlich. Und auch diejenigen aus der Landes gruppe, die vorher zu vehementen Formulierungen ge griffen hatten, waren plötzlich nicht mehr im Ring,
als es zum Kampf hätte kommen sollen. Das kommentiert sich selbst.
Wie, verehrter Herr Kollege Wolf, würde die sicher von Ih nen sehr hochgeschätzte Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz zu Ihrer Rede sagen? „Goldig, Herr Kollege, einfach goldig.“
Ich nehme mir da ein Beispiel an Ihnen. Ich kann Sie auch da nicht übertreffen, Herr Kollege.
Herr Kollege Wolf hat sein Pulver offensichtlich schon ver schossen.
Normalerweise würde ich jetzt gar nichts mehr sagen müssen, denn Kollege Lede Abal hat eigentlich alles auf den Punkt ge bracht. Aber eines muss ich hier doch korrigieren: Sie stellen die kommunalen Landesverbände so hin, als wären sie unwis send und unvorbereitet. Glauben Sie denn, da seien nur lau ter Tagträumer tätig?
Sie lehnen einen Haushalt ab, in den wir Unterstützung für die Kommunen eingebaut haben. Anscheinend ist Ihnen das nicht wichtig. Sonst hätten Sie das nicht abgelehnt.
Alles, was Kollege Lede Abal gesagt hat, ist richtig, und ich stimme ihm zu.
Nachdem die Opposition offensichtlich nur noch ein einziges Thema hat, nämlich die Integration, bin ich sicher, dass wir darüber noch öfter diskutieren werden. Vielleicht erzählen Sie uns dann beim nächsten Mal, welche Kriterien Sie in Ihren Integrationsführerschein einbauen. Muss ich dann schuhplat teln oder zwei Maß Bier trinken können?
Welche Kriterien Sie da einbauen wollen, ist mir nicht ganz klar.
Wenn wir auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, das für alle gilt – das wurde mehrmals gesagt, und ich denke, dass sich alle vier Fraktionen darin einig sind –, dann sollte das rei chen.
Glauben Sie mir: Unsere Landesregierung weiß genau, was sie tut,
und für die kommunalen Landesverbände gilt das auch.
Sehr geehrter Herr Präsident, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! „Viel Lärm um nichts“ – so würde ich diese Debatte bezeich nen.
Die Beweglichkeit der CDU begeistert mich doch immer wie der. Vorige Woche noch wollten Sie das Integrationsministe rium abschaffen, und diese Woche wollen Sie ihm mehr Kom petenzen zubilligen, es also aufwerten. Das ist ein richtig tol les Wendemanöver.
Sie, verehrter Kollege Wolf, haben vorhin bewiesen, dass das Thema „Integration, Integrationsministerium, Flüchtlinge“ nicht unbedingt Ihr Thema ist.
Sie wollen die Anerkennungsverfahren an einem Ort haben. Das wird doch längst gemacht.
Deshalb sind immer mindestens 500 Menschen in einer LEA untergebracht, weil ab dieser Belegzahl das BAMF vor Ort die Aufnahme einrichten kann.
Genau so stimmt es. – Auch die von Ihnen geforderte Rück führung direkt aus der LEA ist längst gängige Praxis. Kolle ge Lede Abal hat das gerade eben hinreichend erklärt.
Auch die notwendigen medizinischen Untersuchungen finden überall statt, auch die Röntgenuntersuchungen. Dass es in Karlsruhe etwas gehakt hat, lag weder am Land noch am In tegrationsministerium. Ansonsten werden sie überall durch geführt.
Auch die schulische Vorbildung und die beruflichen Qualifi kationen werden längst erhoben und registriert; entsprechen de Fragebögen dazu gibt es. Ferner werden ca. 5 Millionen € Fördermittel für die Arbeitsmarktintegration in den Kreisen bereitgestellt.
Dass wir Probleme haben, im Hauruckverfahren die benötig ten Räumlichkeiten bereitzustellen, wird nicht infrage gestellt. Aber wollen Sie denn wirklich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dass sich einige Häuslebesitzer und Spekulanten ihre maroden Gebäude auf Staatskosten sa nieren lassen, sie dann für wenige Jahre vermieten,
um dann hinterher richtig viel Geld damit zu machen?
Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass die Menschen bei uns anständig untergebracht werden, und nicht, dass sich irgend jemand an der Not dieser Menschen bereichert.
Um die Unterbringungskapazität zu erweitern, wird teilweise neu gebaut, wird umgebaut. Die Stellplatzverordnung, wie Sie sie beschrieben haben, ist da nun wirklich kein Hindernis. Denn § 56 Absatz 4 Nummer 1 der Landesbauordnung lässt bereits heute Ausnahmen zu, gerade auch bei Flüchtlingsun
terkünften. Das gilt auch für die 7 m2, die nicht zwingend vor geschrieben sind, obwohl wir sie gern zum 1. Januar nächs ten Jahres hätten einführen wollen. Aber als das angedacht war, hat man mit dieser Anzahl von Flüchtlingen noch nicht gerechnet.
Ich möchte auch daran erinnern, dass das Land für die Kom munen ein Sonderprogramm in Höhe von 30 Millionen € zur Schaffung von Flüchtlingsunterkünften aufgelegt hat. Wir ha ben in Hechingen bereits das ehemalige Krankenhaus als Au ßenstelle der LEA Meßstetten in Betrieb genommen. In Sig maringen wird die Graf-Stauffenberg-Kaserne ab August Ka pazitäten für mindestens 500 Flüchtlinge bieten. In Tübingen ist neben dem Landratsamt eine übergangsweise Unterbrin gung von mindestens 500 Flüchtlingen geplant, und als eigen ständige und vollwertige LEA folgen demnächst Mannheim, Freiburg und Schwäbisch Hall, wo ein Neubau geplant ist.
Das alles kostet neben Geld auch Zeit. Natürlich werden, so weit vorhanden, auch Bundesimmobilien genutzt. Das schei tert manchmal aber einfach am Einspruchsrecht der Kommu nen. Der Umbau der Kaserne in Heidelberg hat z. B. 4 Milli onen € gekostet. Stellen Sie sich also doch bitte hier nicht hin und tun nicht so, als würde gar nichts passieren.
Die Sachleistungen sind in den LEAs – Kollege Lede Abal hat es bereits angesprochen – bereits gängige Praxis. Am Ta schengeld in Höhe von 140 € kann nicht wirklich etwas ge ändert werden, siehe Bundesverfassungsgericht. Ändern könn te das höchstens der Bund mit einer neuen Eingabe.
Hören Sie doch endlich auf, dauernd darauf herumzureiten, dass es im BAMF mehr Personal geben muss. Wo ist denn dieses Personal? Das muss in den Haushalt eingestellt wer den, und da ist der Bund gefordert. Dafür ist der CDU-Bun desfinanzminister zuständig.
Im Moment sind in Baden-Württemberg 25 000 Anträge nicht bearbeitet. Das liegt nicht daran, dass die Menschen faul wä ren, sondern das liegt daran, dass das erforderliche Personal bei uns fehlt. Also anstatt hier herumzukrakeelen, sollten Sie lieber dafür sorgen,
dass vor Ort, am Platz Arbeit geleistet werden kann und die entsprechenden Menschen dafür vorhanden sind.
Im Übrigen hat der Landrat des Zollernalbkreises aufgrund des hohen Zustroms von Asylbewerbern gefordert, das Inte grationsministerium zu stärken und aufzuwerten. Vielen Dank dafür.
Auch die Asylkammern bei den Verwaltungsgerichten sind längst eingerichtet, und von den 19 Stellen sind bereits 16 Stellen besetzt. Um das BAMF bei der Erfassung zu entlas ten, könnte man vielleicht überlegen, ob bei der Antragstel lung ein persönliches Erscheinen nötig ist. Natürlich muss der Antragsteller, wenn er seinen Antrag eingereicht hat, bei der
Anhörung persönlich anwesend sein. Eine Änderung hinsicht lich der Antragstellung würde jedoch vielleicht schon einmal eine kleine Entlastung bewirken. Darüber können wir disku tieren.
Wollen Sie wirklich und tatsächlich die humane, dezentrale Unterbringung abschaffen und dafür eine konzentrierte Un terbringung an einem Ort errichten?
Das wäre nicht nur besonders inhuman, sondern es würde auch mehr Probleme schaffen, als wir überhaupt bewältigen können.
Ferner stärken wir das Ehrenamt. Wir haben dafür 4,3 Milli onen € zur Verfügung gestellt. Das ist der Moment, in dem ich – ich denke, in diesem Fall sogar auch im Namen von Ihnen – allen Menschen in diesem Land ganz herzlich danke, die sich ehrenamtlich mit großem Engagement für die Menschen, die zu uns kommen, einsetzen und Zeit, Geld und Kraft op fern.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wird sich, wenn wir die Anzahl der sicheren Herkunftsländer vergrößern, etwas ändern? Nichts wird sich ändern. Sie sollten sich einmal bei den Menschen erkundigen, die vor Ort tätig sind. Warten wir doch einmal die Evaluation hinsichtlich dessen ab, was be reits geändert worden ist, was der Ministerpräsident mit sei nem Wort durchgebracht hat. Diese Evaluation gibt es noch nicht.
Was bringt eine Visumpflicht für Menschen aus dem Westbal kan? Wieder nichts. Dann werden viele wieder auf die Schlep per ausweichen. Wenn Sie sich mit dieser Thematik etwas bes ser auseinandersetzen würden, dann wüssten Sie das. Men schen sind nicht aufzuhalten, wenn sie sich einmal entschlos sen haben, in ihrer großen Not ihr Land und ihre Heimat zu verlassen, um woanders eine bessere Zukunft zu finden.
Ihr Konzept ist reine Augenwischerei, weil 98 % von dem, was Sie fordern, bereits gemacht wird. Den Rest müssen wir an den Bund verweisen; da müssen andere von uns ermahnt werden, tätig zu werden. Diese Mogelpackung eines Kompe tenzzentrums – ich bitte Sie – entpuppt sich doch bei genau erem Hinsehen als Luftblase,
und das ist wirklich das Allerletzte, was wir in dieser schwie rigen Situation in diesem Land brauchen. Wie anfangs gesagt: viel Lärm um nichts.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Sie haben es nicht kapiert.
Sie haben mit Sicherheit Fachkollegen in Ihrer Fraktion. Las sen Sie sich das erklären.
Lieber Herr Wolf, wenn Sie einen einzigen Blick auf meine Website werfen,
werden Sie sehen, dass ich jede Woche – ich sage: jede Wo che – bei einem Bürgermeister in meinem Wahlkreis bin und mit ihm lange Gespräche führe.
Im Gegensatz zu Ihnen stehe ich auch auf der Straße. Wir hatten vorige Woche eine Demonstration von 400 Menschen,
die sich für Flüchtlinge eingesetzt haben. Diese Flüchtlinge sind an diesem Tag zu uns gekommen. Der Landrat musste ein Hotel beschlagnahmen, um die Flüchtlinge dort unterzu bringen. Auch das findet bei uns statt. Ich weiß ja nicht, wie oft Sie bei den Menschen sind.
Sie haben Forderungen nach etwas gestellt, was es bereits gibt. Wenn 98 % der Dinge, die Sie fordern, bereits getan sind, dann kann ich nur sagen: Wo ist denn da der Neuigkeitswert Ihrer Forderungen? Nirgendwo.
Sie haben in Ihrem Papier einen Verzicht auf Dachbegrünung gefordert. Sie müssen mir einmal zeigen, wo steht, dass Asyl bewerberunterkünfte Dachbegrünungen haben und dass man davon Abstand nehmen kann.
Ich habe das nirgendwo gefunden.
Im Gegensatz zu dem, was Sie behauptet haben, haben wir nicht nur davon geredet, dass wir Stellen brauchen, sondern haben sie geschaffen. Alles andere hat der Kollege Lede Abal hinreichend ausgeführt.
Unterhalten Sie sich mit den Fachkollegen, dann passiert Ih nen so etwas das nächste Mal nicht mehr.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Als ich den Titel der Aktuellen Debatte gelesen habe, dachte ich: Die FDP/DVP schaut einfach zu viele Krimis.
„Das Integrationsministerium im Visier des Rechnungshofs“ – das hört sich richtig spannend an. Bis gestern Nachmittag hatten wir dieses Papier – der Kollege Glück hat darauf hin gewiesen – noch gar nicht in Händen und wussten auch nicht,
was darin steht. Wahrscheinlich haben die sieben Personen der Fraktion der FDP/DVP um die Glaskugel herum gesessen und in die Zukunft geschaut.
Genau.
Wenn wir genau hinsehen, müssen wir erkennen, dass dieses Integrationsministerium genau zum richtigen Zeitpunkt ein gerichtet worden ist.
Andere Länder schauen voller Respekt auf Baden-Württem berg, weil wir etwas geschaffen haben, was sie gern hätten.
Ich bin sehr oft mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Länder zusammen, die dieses Thema bearbeiten, und weiß das daher. Niemand streitet ab, dass dieses Integrationsministeri um Querschnittsaufgaben zu bewältigen hat.
Glauben Sie aber nicht auch, dass es mehr als sinnvoll ist, zu versuchen, diese verschiedenen Aufgaben zu bündeln und nicht wie früher in allen möglichen verschiedenen Ressorts unterzubringen? Glauben Sie nicht auch, dass sich die Men schen eine Ministerin als Ansprechpartnerin wünschen? Wie wäre wohl die Reaktion gewesen, wenn statt Frau Ministerin Öney und Herrn Ministerialdirektor Professor Hammann Herr Storr
Herr Storr; ich weiß nicht, was Ihr Ohrenarzt dazu sagt – als Verantwortlicher für den Integrationsbereich durchs Land ge reist wäre und bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Kommunen dafür geworben hätte, Wohnraum zur Verfügung zu stellen? Das Ergebnis wäre sicherlich nicht so großartig ge wesen, wie es jetzt ist. Dass es nicht reicht, liegt nicht am In tegrationsministerium.
Nein, meine Herren von der FDP/DVP, kommen Sie mir jetzt nicht mit „Damals ging es ja auch“. Die Zahlen sprechen ei ne sehr deutliche Sprache. Im Jahr 2004 – im ganzen Jahr – haben wir in diesem Land 4 601 Zugänge gehabt. Im Jahr 2008 waren es 2 448, im Jahr 2010 4 753, und jetzt allein im letzten Monat – in einem Monat, sprich in vier Wochen – wa ren es schon 4 909 Menschen, die bei uns Asyl gesucht haben. Wie gesagt: in einem Monat.
Da stellen Sie allen Ernstes die Legitimität dieses Hauses in frage?
Ich kann nur alle Hüte, die ich je hatte, vor den Mitarbeiterin nen und Mitarbeitern ziehen. Das, was da geschafft wird, wel chen Einsatz jede und jeder Einzelne bringt und was da um gesetzt wird, das, meine Herren von der FDP/DVP, ist bewun derungswürdig und großartig.
Ich könnte Ihnen jetzt seitenlang vorlesen, was in diesem Mi nisterium bereits erreicht wurde, vorlesen, was anders, was besser geworden ist. Aber Sie tun ja auch nur so, als wüssten Sie von gar nichts. Ich denke, das wissen Sie sehr genau.
Es kommt doch nicht auf die Anzahl der Mitarbeiter an, son dern darauf, was diese leisten und mit ihrer Arbeit erreichen. Kennen Sie so etwas nicht in Ihrer eigenen Fraktion? Ich weiß nicht, Sie haben vielleicht mehr Mitarbeiter, also mehr India ner als Häuptlinge, aber im Großen und Ganzen ist das auch überschaubar. Würden Sie sagen, ihre Arbeit ist nicht gut? Ich meine, von Ihrer Sicht aus.
Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir z. B. auch kein Umweltministerium. In Anbetracht der Sachlage, die wir in diesem Land und weltweit haben, wäre das eine unvorstellba re Angelegenheit.
Was wird eigentlich wirklich kritisiert? Kritisiert wird die pau schale Förderung der Stadt- und Landkreise, eine Idee, die CDU und FDP/DVP für eine erfolgreiche Integrationspolitik gehalten haben, und dies ohne Nachweis der Förderungser folge. Unsere Förderungspolitik setzt auf inhaltliche Schwer punkte und eine eigene Verwaltungsvorschrift.
Weiter wird kritisiert, dass es einzelne Doppelförderungen gibt. Auch hier liegt der Schwarze Peter bei Ihnen. Das ist un ter Ihrer Ägide entstanden. Wir setzen auch hier auf den Aus bau und den Umbau von Integrationsstrukturen.
Auch die Diskussion, ob Stabsstelle oder Ministerium, fällt angesichts der hier gegebenen Querschnittsaufgaben zurück. Wer Querschnittsaufgaben Stabsstellen zuweist, steht für ei ne Verknappung von Personalressourcen und gewollte Ineffi zienz.
Für uns ist klar: Die Schaffung des Ministeriums war gold richtig, und diese Entscheidung war für die Zukunft absolut notwendig.
Denn Integration ist heute ein Zukunftsthema.
Wie sieht es mit den Ressourcen von Fachkräften in vielen Bereichen aus? Das Integrationsministerium etabliert eine Willkommenskultur, die greift. Das können Sie an den hohen Zahlen der Einbürgerungen ersehen.
Darf ich einen Kommentar aus der „Rhein-Neckar-Zeitung“ von Herrn Sören Sgries vorlesen? Er schreibt:
Die Kritik des Landesrechnungshofs ist aus Buchhalter sicht absolut gerechtfertigt.
Jetzt freuen Sie sich nicht zu früh, meine Herren.
Aber nur aus dieser. Nicht eingepreist wird nämlich die politische Dimension. Und die bringt gerade beim Integ rationsministerium echten Mehrwert. Bilkay Öney steht
trotz Miniressort für eine baden-württembergische Will kommenskultur. Kein Luxus angesichts der anschwellen den Flüchtlingszahlen, sondern bitter nötig. Der Innen minister, in dessen Haus bereits heute zentrale Aufgaben der Asylpolitik zusammenlaufen, könnte eventuell Teile übernehmen. Ein vergleichbares Ansehen bei den Zuwan derern kann er aber nicht erlangen, denn er steht auch für die notwendige Abschiebungspolitik. Eine Abschaf fung des Ministeriums
ich zitiere weiter –
in diesen Zeiten wäre ein Fehler, weil es ein vollkommen falsches Signal setzte.
So weit der Kommentar. Ich füge hinzu: Die Zeiten, in denen Integrationspolitik von Stabsstellen gemacht wird, sind vor bei.
Guten Morgen, Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren!
Eigentlich dachte ich, das Thema Fracking sei für uns erle digt. Dann kamen jedoch plötzlich ganz viele Luftblasen auf, die munter verbreitet werden. Deshalb ist es uns ein Anliegen, hier noch einmal für Klarheit zu sorgen.
Selbst in der renommierten „Zeit“ finden sich Überschriften in dieser Größenordnung.
Dass sich Zeitungen, die eigentlich als seriös gelten, auf die sen Zug geschwungen haben, ist sehr bedauerlich. Da berich tet z. B. – ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten – die „Süddeutsche Online“:
Gesetzemachen im WM-Taumel – Fracking soll legali siert werden
Noch vor der parlamentarischen Sommerpause will die Bundesregierung Fracking, die Förderung von Schiefer gas, in Deutschland erlauben und die Bedingungen dafür festlegen. Im vergangenen Jahr war die Einführung des Frackings gescheitert, Bayern stellte sich gegen die Plä ne der Bundesregierung. Die Umweltminister der Länder sprachen sich nach einer gemeinsamen Konferenz im Mai geschlossen gegen Fracking aus.
Doch angesichts der Krise in der Ukraine und der Abhän gigkeit Deutschlands von russischem Gas will Gabriel die umstrittene Fördermaßnahme nun trotzdem legalisieren. Dafür soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Verbot in Wasserschutzgebieten für die Genehmigung aus reichen.
So der Minister gemäß der „Süddeutschen Online“. Das ist al lerdings durch nichts, durch gar nichts belegbar und ist des halb unter „Storytelling“ abzulegen.
Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt eine reißerische Über schrift: „Fracking im Eiltempo“. In einer kurzen Notiz schreibt sie darunter:
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel treibt das Gesetz zur Erdgasgewinnung gegen den Widerstand von Parteifreun den voran.
Das ist ein reißerischer Titel, der sich jedoch im Laufe des Ar tikels sehr relativiert. Allerdings haben die Herrschaften von der Beteiligungsplattform Campact wahrscheinlich nur die Überschrift gelesen und nicht weitergelesen, denn unter dem Titel „Fracking im Eilverfahren“ verweisen sie auf die „Frank furter Rundschau“:
Weil das Fracking-Gesetz im letzten Jahr am breiten Wi derstand der Bevölkerung scheiterte, will Gabriel die um strittene Technologie jetzt im Schatten der Fußball-WM durchdrücken.
Wenn die Herrschaften von Campact wirklich lesen könnten, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass zwar der Titel, jedoch nicht der Artikel inhaltlich richtig wiedergegeben wurde. Man soll te vielleicht doch immer bis zum Ende lesen. Richtig ist, wie die „Frankfurter Rundschau“ schreibt, dass auch das Haus Ga briel sagt,
„umwelttoxische Substanzen“ sollten bei der Anwendung „nicht zur Anwendung kommen dürfen“.
Hätten die Leute von Campact das gelesen, hätten sie sich vielleicht etwas besser ausgedrückt.
Entgegen sich zurzeit häufenden Pressemeldungen will Sig mar Gabriel während der Fußball-WM kein „Fracking-Ermög lichungsgesetz“ im Eiltempo durchdrücken. Das ist reine Pa nikmache. Das Prinzip für die Regulierung von Fracking ist: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
Gründlichkeit heißt aber auch, zu differenzieren und klar zu sagen, wofür man eigentlich ist. Ist man gegen die Schiefer gasförderung mithilfe von umwelttoxischen Substanzen? Bun desumweltministerin Hendricks hat sich grundsätzlich gegen diese Technologie ausgesprochen. „Fracking ist die falsche Antwort auf unsere Energiefragen“, sagt sie.
Ist man gegen die Methode zum Aufsprengen von Gestein – also gegen Fracking –, die z. B. auch in der Tiefengeothermie zum Einsatz kommt? Warum ist es anscheinend so schwer, zu unterscheiden, dass bei der Geothermie eben keine umwelt toxischen Substanzen verwendet werden müssen, dass dies al so nur scheinbar das Gleiche ist? Dies ist auf gar keinen Fall vergleichbar.
Das Bundesministerium für Wirtschaft sagt:
Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit hat absolu ten Vorrang. Daher wird auch der Einsatz umwelttoxi scher Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Tech nologie abgelehnt.
Fakt ist: Ebenso wie die zuständige Fachministerin Barbara Hendricks ist auch Sigmar Gabriel gegen den Einsatz von um welttoxischen Substanzen bei der Förderung von Gas aus un konventionellen Lagerstätten mittels der Fracking-Technolo gie. Damit liegt er mit uns auf einer Linie, siehe Antrag Druck sache 15/3976 – Kein trinkwassergefährdendes Fracking in Deutschland.
Er bewegt sich auch in den Grenzen der Vereinbarung des Ko alitionsvertrags. Kurz zusammengefasst steht da: Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit hat absoluten Vorrang. Um welttoxische Substanzen dürfen beim Fracking nicht zur An wendung kommen.
Gerade die Risiken des unkonventionellen Frackings, insbe sondere bei der Schiefergasförderung, sind zurzeit nicht ab schätzbar. Eine kommerzielle Nutzung dieser Technologie kommt vor diesem Hintergrund bis auf Weiteres nicht in Be tracht.
Deshalb begrüßen wir den gemeinsamen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor sicherheit, mit dem sich das Bundeskabinett nach den parla mentarischen Sommerferien befassen wird.
Klar muss aber auch sein: Die Förderung von Kohlenwasser stoffen aus unkonventionellen Lagerstätten mittels Fracking – sollte dies irgendwann ohne den Einsatz umwelttoxischer Substanzen möglich sein – ist kein Ersatz für den Umstieg auf erneuerbare Energien. Denn auch Kohlenwasserstoffe in un konventionellen Lagerstätten sind fossile Brennstoffe und da mit endlich.
Gabriel selbst hat sich gleich in mehreren Interviews dazu ge äußert. Die „Bild“ fragt ihn: „Brauchen wir Fracking in Deutschland?“ Gabriel antwortet:
Nach meiner Überzeugung ist das Risiko für Mensch und Umwelt mit den heutigen Techniken einfach zu hoch. Aber die Unternehmen forschen ja an einer besseren Techno logie. Die Ergebnisse werden wir uns anschauen müssen.
Beim Interview von Greenpeace wird gefragt:
Beim Fracking werden große Mengen Wasser und Che mikalien in tiefliegende Schieferschichten gepresst, um das darin gebundene Gas freizulegen und zu fördern. Mit den Ressourcen könnte Deutschland seinen Erdgasbedarf zwölf Jahre lang decken. Eine gute Idee?
Gabriel sagt:
Nein, nach allem, was wir gegenwärtig darüber wissen, sollte man davon die Finger lassen.
Das ist doch sehr deutlich.
„Frankreich hat Fracking verboten“, sagt Greenpeace. „For dern Sie das auch für Deutschland?“ Gabriel sagt:
Solange es technologisch nötig ist, Chemikalien in den Boden zu pressen, die dann drohen, ins Grundwasser ein
zudringen, sollten in Deutschland... keine Genehmigun gen erteilt werden.
„In einem Leitlinienpapier der SPD heißt es..., Fracking in Deutschland solle ‚möglich bleiben‘“, sagt Greenpeace. Ga briel sagt dazu:
In unserem Wahlprogramm fordern wir einen Verzicht auf das Fracking, „bis alle Risiken für Gesundheit und Um welt bewertet und ausgeschlossen“ sind. Ich bin kein Hellseher und weiß nicht, ob Fracking irgendwann ohne Chemikalien möglich ist.
Hilfreich in diesem Nachrichtenwirrwarr der letzten Wochen waren auch die Aussagen der ja nicht ganz unmaßgeblichen Mi nisterpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft,
die betont, dass es mit ihr kein Fracking geben wird. Nord rhein-Westfalen ist das Land, in dem natürlich die meisten Möglichkeiten dafür bestehen würden. Aber da sie noch sehr lange regieren wird, gehe ich davon aus, dass ihr Wort auch im Bund Gewicht haben wird.
Der Einzige übrigens, der immer noch glaubt, dass Fracking unsere Energieprobleme lösen könnte, ist Herr Energiekom missar Oettinger.
Lassen Sie uns nun also in aller Ruhe den für die Zeit nach der Sommerpause angekündigten Entwurf von Eckpunkten und Gesetz aus dem Hause Hendricks abwarten. Es gibt kei ne Äußerungen, die darauf hindeuten, dass sie anders ausse hen als bereits angekündigt.
Lassen Sie uns hier und heute wiederholt festhalten: BadenWürttemberg will und braucht keine unkonventionelle Gas förderung. Ein solches Strohfeuer würde einige wenige Jahre nützen. Es würde uns eher beim Eiltempo des Umbaus, der Energiewende behindern und die nachfolgenden Generatio nen mit weiteren Problemen belasten, die für die Landschaft unerträglich wären.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kol leginnen und Kollegen! Der Satz „Der Islam gehört zu Deutsch land“ klingt uns allen sicherlich noch in den Ohren. Christian Wulff hatte damit völlig recht. Man könnte weiter sagen: Der Islam gehört auch zu Baden-Württemberg. Aus diesem Grund war die Einrichtung des runden Tisches „Islam“ im Jahr 2011 richtig, und deshalb ist seine regelmäßige Fortsetzung im Halbjahreszyklus so immens wichtig.
Der grün-roten Landesregierung ist das Thema Integration so wichtig, dass ein eigenes Integrationsministerium geschaffen wurde. Echte Integration kann auch nur dann gelingen, wenn man miteinander und nicht übereinander redet.
Genau dies ist Sinn und Zweck des runden Tisches „Islam“. Der runde Tisch „Islam“ soll den gesellschaftlichen Dialog mit Musliminnen und Muslimen fortsetzen und weiter vertie fen und damit indirekt die innere Sicherheit über den inneren Zusammenhalt stärken. Hier sind wir, so meine ich, dank der Initiative des Integrationsministeriums und der Integrations ministerin ein gutes Stück vorangekommen.
Fünf Mal hat das rund 40-köpfige Gremium seit seiner Grün dung im Jahr 2011 bisher getagt; die nächste Sitzung wird demnächst stattfinden. Das Gremium besteht aus Vertreterin nen und Vertretern der islamischen Verbände, aus Persönlich keiten des muslimischen Lebens in Baden-Württemberg, der beteiligten Ministerien sowie von Institutionen wie z. B. der Landeszentrale für politische Bildung.
Danke schön. Keine Milch? Na gut. – Die Bandbreite der behandelten Themen wie „Islam in der gesellschaftlichen Wahrnehmung“, „Islam und Recht“, „Die Rolle der Frau im Islam“, „Jugend, Kultur, Medien“ oder „Islamischer Religi onsunterricht an den Schulen“ zeigt auf, dass das Gremium nicht irgendein beliebiger Arbeitskreis ist, der gegründet wur de, weil man sonst nicht mehr weiterweiß.
Fakt ist: Der runde Tisch „Islam“ greift auch aus Sicht der Muslime wichtige Themen auf und spricht kulturspezifische Befindlichkeiten an, die wir aus deutschem Blickwinkel so vielleicht gar nicht erkannt hätten. Ich nenne an dieser Stelle etwa das Projekt zur islamischen Krankenhausseelsorge in Mannheim, das inzwischen auch andernorts im wahrsten Sinn des Wortes Schule gemacht hat. In der Bodenseeregion wer den jetzt 20 Muslime und Musliminnen zu ehrenamtlichen Seelsorgern und Seelsorgerinnen ausgebildet.
Der runde Tisch „Islam“ hat auch dafür gesorgt, dass andere gesellschaftlich kontrovers diskutierte Themen aufgegriffen werden: der Umgang mit der Zwangsverheiratung von jungen Mädchen, Friedensrichter und damit verbunden die klare Ab sage des runden Tisches „Islam“ an eine nicht legimitierte Pa ralleljustiz, das Tragen von Kopftüchern, islamischer Religi onsunterricht an deutschen Schulen.
Nicht zuletzt hat der runde Tisch „Islam“ wichtige Impulse aufgegriffen, die in der Zwischenzeit sogar schon Eingang in die Gesetzgebung gefunden haben: Ich meine hier unser neu es Bestattungsrecht mit der Abschaffung der Sargpflicht und der damit auch für Muslime eröffneten Möglichkeit, ihre Ver storbenen ihrer Kultur entsprechend in Baden-Württemberg zu bestatten. Das Recht ist jedoch die eine Seite; die prakti sche Umsetzung ist die andere.
All dies führt jetzt Gott sei Dank dazu, dass sich viele Fried hofsverwaltungen mit der Thematik befassen und überlegen, wo etwa muslimische Grabfelder ausgewiesen und speziell auf die Bedürfnisse von Muslimen abgestimmte Räumlich keiten zur Waschung der Verstorbenen eingerichtet werden können.
Diese Auseinandersetzung fördert das Verständnis und den Dialog zwischen unterschiedlichen Kulturen und die Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Andersgläubigen und all jenen Menschen, deren Wurzeln nicht in Stuttgart, Baden-Württem berg oder Deutschland liegen.
So ist der runde Tisch „Islam“ auch ein wichtiger Beitrag ge gen Diskriminierung. Dass auf diesem Feld noch viel zu tun ist, zeigen jetzt, vor der Europawahl, nicht nur die unsägli chen Diskussionen über Zuwanderung und Sozialmissbrauch, sondern auch der Shitstorm und die üblen Debatten und üb len Zuschriften, wie sie z. B. mein Kollege Thomas ReuschFrey im Zusammenhang mit der Novelle des Bestattungsge setzes erfahren musste.
Das Fazit ist also: Der runde Tisch „Islam“ ist ein Erfolgsmo dell mit landesweiter Ausstrahlung, und er ist ein wunderba res, leuchtendes Beispiel für unsere Politik des Gehörtwer dens. Dieses Leuchtturmprojekt wollen wir fortsetzen, denn alle Seiten profitieren von diesem Dialog. Wir können nur im mer wieder voneinander lernen zugunsten von mehr Toleranz, gegenseitiger Achtung und Respekt, zugunsten einer Gesell schaft mit Werten, die uns nicht zuletzt das Grundgesetz auf erlegt.
Ein irisches Sprichwort lautet:
Ein Fremder ist ein Freund, den man nur noch nicht kennt.
In diesem Sinn werben wir aktiv für ein tolerantes und welt offenes Baden-Württemberg.
Danke schön.
Herr Präsident, liebe vereinzel te Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über jeden, der hier ist. Man kann jetzt winken. Jawohl, das machen wir jetzt auch.
Offensichtlich haben die anderen Kollegen gedacht, es gäbe noch eine Fragestunde irgendwelcher Art. Die gibt es jedoch heute nicht. Manchmal hilft es, wenn man lesen kann und sich die Tagesordnung genau anschaut.
Bereits am 28. Juni 2012 hat der Landtag einstimmig zwei Anträge verabschiedet. Mit dem einen hat er einstimmig ge fordert, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine Änderung des Bergrechts einsetzt, damit Umweltverträg lichkeitsprüfungen bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgasvorkommen mittels Fracking zum Standard werden. Außerdem hat der Landtag einstimmig beschlossen, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für ein bundesweites Moratorium einsetzen soll, um Fracking-Bohrungen unter Einsatz wassergefährdender Stoffe zu unterbinden.
Heute stimmen wir noch einmal über fast genau dasselbe ab. Seit der Abstimmung im Juni 2012 sind fast zwei Jahre ver gangen, und rechtlich hat sich praktisch nichts geändert. Nein, es hat sich doch etwas geändert: Die rechtliche Situation beim
Fracking ist nicht besser, sondern vor allem unübersichtlicher geworden, als sie noch vor zwei Jahren war.
Und warum? Leider betreibt die EU-Kommission, allen vor an der Energiekommissar Günther Oettinger, eine Politik, die nicht nur gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien, son dern auch für die unkonventionelle Gasförderung mittels Fra cking ist. Seit Anfang dieses Jahres verzichtet die Europäi sche Kommission auf neue europäische Gesetze wie z. B. die Einführung einer obligatorischen Umweltverträglichkeitsprü fung bei der Aufsuchung und Förderung von Gas mittels Fra cking, obwohl dies von einer Mehrheit des Europäischen Par laments gefordert wurde.
Deshalb titelte die „Frankfurter Allgemeine“ am 14. Januar dieses Jahres:
EU macht den Weg frei für Fracking
Einerseits erklärt EU-Kommissar Oettinger, dass er relativ si cher ist, dass unsere Gasversorgung nicht gefährdet sei, denn erstens sind unsere Gasspeicher voll, zweitens stehen wir in der Energiefrage mit den russischen Partnern in gutem Kon takt und drittens werden seiner Meinung nach alle geplanten Hochspannungstrassen auch gebaut werden.
Warum nur redet er dann gleichzeitig der unkonventionellen Gasförderung das Wort? Dass die USA uns generös anbieten, uns im Ernstfall mit Erdgas unter die Arme zu greifen, wenn wir ihnen dafür im Gegenzug bei diesem teilweise sehr frag würdigen Freihandelsabkommen entgegenkommen, ist ein Hohn.
Die USA selbst müssen immerhin noch 10 % der benötigten Rohstoffe einkaufen. Russland dagegen fördert weitaus mehr, als es selbst verbrauchen kann, und ist deshalb auch auf den Verkauf angewiesen. In den USA wird die Förderung von Erd gas zurückgefahren, weil die Energie so billig geworden ist, dass Investoren daran nicht mehr genug verdienen. Wir wis sen doch auch, dass wir ein unkalkulierbares Risiko eingehen würden, sollten wir die unkonventionellen Gasförderungen mit der jetzt angewendeten Methode zulassen. Wofür auch? Wollen wir wirklich unser Trinkwasserreservoir Bodensee ris kieren, nur damit wir für die nächsten zehn bis 15 Jahre un ser Land mit Erdgas versorgen können? Nein. Ich bin froh, dass wir uns hier im Landtag von Baden-Württemberg immer hin in dieser Frage weitgehend einig sind.
Noch eine Anmerkung zum Freihandelsabkommen TTIP sei mir an dieser Stelle gestattet. Bis heute ist nicht klar, wie das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU ausge staltet werden soll. Es muss verhindert werden, dass mithilfe von Investitionsschutzklauseln Konzerninteressen über demo kratischen Gesetzen, parlamentarischen Beschlüssen und dem Gemeinwohl stehen und die Allgemeinheit im Fall von Ein schränkungen oder Fracking-Verboten für entgangene Kon zerngewinne aufkommen soll. Immerhin aber gibt es die Zu sicherung der EU-Kommission, dies bei den Verhandlungen im Auge zu behalten, was auch immer das heißt.
Lassen Sie mich übrigens noch meine Verwunderung darüber ausdrücken, wie unsinnig ich das Aufflammen der FrackingDebatte angesichts der Krim-Krise finde. Selbstverständlich
ist und bleibt Russland als Energielieferant ein zuverlässiger Partner. Russland ist auf die Devisen ebenso angewiesen wie wir auf das Erdgas.
Noch absurder jedoch wäre die Vorstellung, jetzt FrackingGas aus den USA zu importieren, von den logistischen Prob lemen wegen der nicht vorhandenen Flüssiggashäfen ganz ab gesehen. Mancher fordert gar eine Verlängerung der Atom kraftwerkslaufzeiten. Diesen Leuten muss man erklären, dass wir fast ausschließlich mit russischem Gas heizen. Den Besit zern von Millionen Gasheizungen nützen Atomkraftwerke al so gar nichts.
Deshalb hat Sigmar Gabriel völlig recht, wenn er zu Nüch ternheit und Gelassenheit in diesem Punkt mahnt.
Sie müssen ja wissen, wovon Sie reden, Herr Kollege.
Die Krim-Krise ist nur mit diplomatischem Geschick und nur friedlich zu bewältigen, und sie eignet sich nicht, um in ihrem Windschatten schnell ein paar windige Geschäfte zu machen.
Ich bin sehr froh, dass sich unsere Bundesregierung und un sere Umweltministerin Hendricks gesetzliche Änderungen zu unkonventionellen Gasförderungen in den Arbeitsplan ge schrieben haben. Noch in diesem Jahr soll hierzu eine Novel lierung in Angriff genommen werden. Es geht insbesondere um ein Verbot wassergefährdender Substanzen beim Fracking und um die UVP-Pflicht. Dazu soll es Änderungen sowohl im Wasserhaushaltsgesetz des Bundes als auch bei der UVPPflicht im Bundesberggesetz geben. Das wäre endlich einmal ein großer Fortschritt.
Danke. – Mit dem Bodensee als Deutschlands größtem Trinkwasserreservoir und kostbarem Naturraum verfügen wir gemeinsam mit den Alpenländern über einen Schatz, den wir hüten müssen. Deshalb ist es gut, wenn wir mit unserem Än derungsantrag Drucksache 15/5022 zu Abschnitt II Ziffer 2 des Antrags Drucksache 15/3976 fordern, auch einen Schritt auf unsere Nachbarländer am Bodensee zuzugehen, um mit ihnen gemeinsam die Gefahr des Frackings zur Förderung von Gas rund um den Bodensee zu bannen.
Ich bitte trotz der insgesamt großen Einigkeit beim Thema Fracking die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Frak tion um Verständnis, dass wir dem CDU-Antrag nicht zustim men werden.