Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Daraus ergeben sich drei Kernbereiche in der praktischen Ar beit des Bürgerbeauftragten: erstens Hilfe bei der Suche der zuständigen Verwaltungseinheit für das persönliche Anliegen, zweitens Prüfung von Verwaltungshandeln, Auskunftsertei lung und Beratung und drittens Vermittlung und Konfliktma nagement.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Deshalb ist es kein Gegensatz zum Petitionsrecht, sondern ei ne Erweiterung, nämlich eine Erweiterung auf Ausgleich und Schlichtung, ein Dienstleistungsangebot. Wir haben das so ge regelt, dass natürlich die Rechte des Petitionsausschusses völ lig unberührt bleiben und z. B. vom Petitionsausschuss be schiedene Anliegen beim Bürgerbeauftragten natürlich nicht mehr aufgerufen werden können.

Dann komme ich zum dritten Teil: Wie sind die Ergebnisse der Arbeit des Bürgerbeauftragten, der uns am Nächsten liegt? In Deutschland und in Italien gibt es im Gegensatz zu den an deren Ländern keine nationalen Bürgerbeauftragten, aber re gionale Bürgerbeauftragte. In Deutschland gibt es sie bereits in vier Bundesländern. Das ist also keine linke Machenschaft, sondern in diesen vier Ländern in Deutschland haben es die Parlamente beschlossen. Jetzt kommt Baden-Württemberg da zu.

(Glocke der Präsidentin)

Ich will erst fertig machen.

Jetzt nehmen wir einmal das Beispiel von Rheinland-Pfalz, das uns am Nächsten liegt. Da wurden im Jahr 2014 2 260 Anliegen an den dortigen Bürgerbeauftragten herangetragen. Die größte Zahl der Anliegen, nämlich 804, wurden dadurch erledigt, dass er den Bürgern eine Auskunft gegeben hat, bei spielsweise: Wer ist für sie zuständig? Wie geht man vor? Der hat gar nichts weiter gemacht, außer eine Auskunft zu ertei len. Jetzt stellen Sie sich einmal das befriedigende Ergebnis für Menschen vor, die mit ihrem Anliegen zunächst nicht wei tergekommen sind, deren Anliegen nun erledigt wird.

Der Bürgerbeauftragte ist aber auch kein Wundermann. Es gibt natürlich auch Hunderte von Anliegen, die er zurückge wiesen hat, weil er nach den Regelungen dafür nicht zustän dig ist, beispielsweise wenn es dazu eine Gerichtsentschei dung, einen Petitionsbeschluss oder anderes gibt. Immerhin aber konnten 262 Anliegen einvernehmlich geklärt werden. Da ist dann ein Befriedungsprozess entstanden.

Deshalb finde ich, dass diese Ergebnisse des Bürgerbeauftrag ten in Rheinland-Pfalz dafür sprechen, ein niederschwelliges

Angebot der Beratung, der Begleitung und der Konflikt schlichtung auch in Baden-Württemberg zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Jetzt haben Sie noch einmal besonders die Polizei erwähnt. Der Bürgerbeauftragte ist auch für die Polizei zuständig, wie es in Rheinland-Pfalz der Fall ist. Im Zeitraum Juli 2014 bis Juli 2015 – also in einem ganzen Jahr – wurden an den Bür gerbeauftragten in Rheinland-Pfalz in seiner Rolle als Poli zeibeauftragter

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die haben wir doch im Ministerium!)

80 Eingaben gerichtet, und die deutliche Mehrzahl davon wa ren Anliegen aus der Polizei heraus,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jedes Ministerium hat einen!)

waren Wünsche, Kritik, Vorschläge zu innerpolizeilichen The men und eben nicht „Bürgerschaft gegen Polizei“. Der Beauf tragte hat den Auftrag, dort, wo es zu Konflikten kommt, mo derierend und schlichtend auf diese Konfliktbereinigung hin zuweisen.

Ein Letztes: Herr Kollege Hauk, wir haben von Ihnen keine Belehrung nötig, was die Bedeutung der Sicherheitsorgane anbelangt. Sie waren es, die 1 000 Polizeistellen abgebaut ha ben, und wir waren es, die Hunderte von Polizeistellen aufge baut haben.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Im letzten Nachtrag haben wir die Einrichtung von 30 zusätz lichen Stellen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ver fassungsschutzes beschlossen. Da brauchen wir von Ihnen kei ne Belehrung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber dringend brauchen Sie die!)

Wir wissen um die Bedeutung des Gewaltmonopols und um die Bedeutung der Sicherheit gerade für eine freiheitliche Ge sellschaft. Deshalb stehen wir voll und ganz hinter den Sicher heitsorganen unseres Landes. Das hat mit dem Bürgerbeauf tragten null Komma null zu tun.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Laber, laber, laber!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Reith das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Ich glaube, wir befassen uns deswegen heute mit einem Gesetzentwurf über den Bürgerbeauftragten, weil die Grünen die Kennzeichnungspflicht für Polizisten nicht umsetzen konnten und ein Trostpflaster brauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau so ist es! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ein Irrtum!)

Wir dürfen den Beauftragten für die Landespolizei aber nicht als solchen benennen, weil die Grünen diese Bezeichnung nicht gegen den Innenminister durchsetzen konnten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gott sei Dank! – Abg. Peter Hauk CDU: Man lese Teil 2!)

Früher hätte man dazu gesagt: Der Schwanz wedelt mit dem Hund.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ich ordne den Entwurf frei nach Heinz Erhardt unter das Mot to „Noch ein Gesetz“ ein. Dabei haben Sie keinen eigenen Entwurf vorgelegt. Sie haben aus Rheinland-Pfalz bzw. aus Mecklenburg-Vorpommern abgeschrieben. Wenn Sie das we nigstens richtig gemacht und auf unsere Verhältnisse ange passt hätten, müssten wir uns heute nicht mit einem derart grottenschlechten Gesetz beschäftigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Jawohl! Bravo! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist eine schräge Behauptung!)

Sie haben sich in völlig unzureichendem Umfang Gedanken darüber gemacht, wie der Petitionsausschuss und der Bürger beauftragte zusammenarbeiten sollten. Sie schaffen willkür lich eine Beauftragtenposition, ohne das irgendwie zu koor dinieren. Wir haben einen Beauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderungen, der ehrenamtlich tätig ist. Wir bekommen jetzt einen ordentlich besoldeten Beauftragten für alles und jedes. Wäre es nicht an der Zeit, dies zusammenzu führen, wie es andere Länder bereits praktizieren? Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wir halten – um das vorweg zu sagen – dieses Gesetz für völ lig überflüssig. Aber wenn Sie schon so etwas in Gesetzes form gießen, dann bitte ordentlich und nicht derart dilettan tisch.

Warum machen Sie es dem Bürger so schwer? Sie sind doch die selbst ernannten Bürgerbeteiliger.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Warum regeln Sie nicht im Sinne der Normenklarheit die Be fugnisse des Beauftragten und des Petitionsausschusses in e i n e m Gesetz, wie es Mecklenburg-Vorpommern vorge macht hat? Da gibt es Regelungen, wie Petitionsausschuss und Beauftragter zusammenarbeiten. Auch von den neuen Bun desländern kann man hier etwas lernen. Aber das ist von GrünRot offensichtlich nicht gewünscht.

Wie soll es denn hier demnächst laufen? Nach dem erledig ten Petitionsverfahren ist eine Eingabe beim Beauftragten nicht mehr zulässig.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Ja! Das ist auch rich tig so!)

Und während des Verfahrens?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Auch nicht!)

Woher weiß der Beauftragte von der Befassung des Petitions ausschusses? Was ist nach dem Abschluss eines Verfahrens

beim Beauftragten? Doppelbefassungen des Petitionsaus schusses werden an der Tagesordnung sein.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Nein!)

Wollen Sie das?

Die Koordinierung zwischen Ausschuss und Beauftragtem überlassen Sie der Arbeitsebene. Allein das wird unnötig Per sonal binden. Warum dürfen sich nicht Personengemeinschaf ten an einen Beauftragten richten? Bis gestern fand sich auch folgender Passus in § 2 Absatz 1 des Entwurfs:

Bei Freiheitsentzug... ist die Eingabe... verschlossen... zuzuleiten.

In der Begründung dazu heißt es aber, dass die Eingaben un verschlossen weiterzuleiten sind. Was denn nun, verschlossen oder unverschlossen? Das haben Sie festgestellt. Das steht jetzt heute nicht mehr drin.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na also, man muss im mer die letzte Version nehmen, Herr Kollege, keine Arbeitsentwürfe!)

Aber man sieht, mit welcher heißen Nadel dieses Gesetz ge strickt wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Der Ausschuss muss bei Auskunftsersuchen die oberste Lan desbehörde informieren, der Beauftragte nicht. Der Ausschuss kann Akten anfordern, der Beauftragte nicht. Der Ausschuss hat ein Zutrittsrecht zu Einrichtungen, der Beauftragte nicht. Kann der Beauftragte Sachverständige hinzuziehen? Werden die Kosten erstattet? Keine Aussage dazu im Entwurf. War um sollte man sich bei dieser Sachlage eigentlich an den Bür gerbeauftragten wenden? Da geht man doch besser gleich zum Petitionsausschuss.