Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

(Abg. Guido Wolf CDU: Verlässliche Grundschulen! Die haben Sie abgebaut!)

Wir haben den Ausbau der frühkindlichen Betreuung voran getrieben, Herr Kollege Wolf, wir haben den Ausbau der Ganztagsschule vorangetrieben, und wir haben ein Wohn-, Pflege- und Teilhabegesetz verabschiedet, damit auch ältere Menschen frei entscheiden können, wie sie im Alter leben wollen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, Garant für Wahlfreiheit, das ist die se grün-rote Landesregierung, und das haben wir in den letz ten fünf Jahren bewiesen.

Lassen Sie mich zurückkommen auf Donnerstag, den 26. Mai 2011.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: 26. Mai? – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: War das auch ein Donnerstag?)

26. Mai 2011, Herr Rüeck. – An diesem Tag hatten wir die Aussprache zur Regierungserklärung des damals frisch ge wählten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Damals hat Ihr Vorgänger, Herr Wolf, der Kollege Hauk, als Frakti onsvorsitzender sinngemäß gesagt:

Herr Ministerpräsident, wir werden Sie am Ende Ihrer Regie rungszeit an harten Parametern messen: an der Höhe der Ar beitslosigkeit, an der Zahl der Schulabbrecher, an der Frage des weiteren Gelingens von Integration, an der Arbeitsent wicklung, an den Rahmenbedingungen in Forschung und Tech nologie, in der Wissenschaftsförderung und an einem innova tiven Weg der Wirtschaft.

An diesen Parametern lassen wir uns gern messen, Herr Kol lege Hauk.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Dann wird nämlich deutlich, dass Baden-Württemberg die Wachstumslokomotive in Deutschland ist. Die Unternehmen in unserem Land stehen besser da als in allen anderen Bun desländern – ein Wachstumsplus von 2,4 % im Jahr 2014.

Baden-Württemberg ist das exportstärkste Bundesland. Wir haben eine Rekordbeschäftigung mit über sechs Millionen Be schäftigten; damit waren noch nie so viele Menschen in Ar beit wie heute. Wir haben mit 3,8 % im Jahr 2015 die nied rigste Arbeitslosenquote seit 1981.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Baden-Württemberg ist die innovativste Region in Europa, al so nicht nur in der Bundesrepublik, nein, es ist die Innovati onsregion Nummer 1 in Europa. Bei uns gehen 5 % der Wirt schaftsleistung in Forschung und Entwicklung. Und wir ha ben, nachdem Sie jahrelang Solidarpakte als Sparpakte an den Hochschulen und Universitäten durchgezogen haben, endlich einen Hochschulfinanzierungsvertrag, der ideale Vorausset zungen und eine verlässliche Finanzierung für die Zukunft bietet, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben eine ver lässliche Hochschulfinanzierung, die bundesweit einmalig ist, mit einem Aufwuchs von 3 % pro Jahr.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf von der CDU: Da sagen die Ökonomen et was anderes! Das stimmt doch gar nicht!)

Nicht umsonst wurde unsere Wissenschaftsministerin There sia Bauer zum dritten Mal zur Wissenschaftsministerin des Jahres gekürt. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf: Bravo!)

Dazu gratulieren wir herzlich, liebe Theresia.

Meine Damen und Herren, auch zum Thema Sicherheitspoli tik muss ich jetzt doch noch etwas loswerden.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, ich darf Sie daran erinnern, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Ja, ich komme sofort zum Schluss.

Danke schön.

Sie wollen 1 500 weitere Po lizistinnen und Polizisten. Wir freuen uns ja, dass Sie damit eingestehen, dass der Personalabbau bei der Polizei, den Sie vorgenommen hatten, ein Fehler war. Was haben wir gemacht? Wir haben die Polizei finanziell und strukturell Jahr für Jahr deutlich gestärkt mit plus 200 Millionen € pro Jahr. Wir ha ben massiv in die Ausstattung der Polizei investiert, und auch bei den Polizeianwärterstellen liegen wir weit vor Ihnen: 2006 bis 2010 gab es 3 060 Polizeianwärterstellen, 2011 bis 2015 fast 4 400 Polizeianwärterstellen, und von 2016 bis 2021 sind weitere 5 800 Polizeianwärterstellen geplant.

Also, Herr Kollege Wolf, wenn jemand die Polizei in den ver gangenen fünf Jahren gestärkt hat und das auch in Zukunft tun wird, ist es diese grün-rote Landesregierung. Darauf können sich die Menschen im Land verlassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzendem Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Es wurde schon mehrfach unterstrichen und belegt, dass unser Land nach fünf Jahren grün-roter Ko alition so stark dasteht wie noch nie. Deshalb will ich nur noch einmal auf das Grundsätzliche eingehen, Herr Kollege Wolf, das Sie gerade nach vorn gekehrt haben. Sie haben gesagt, der Staat solle sich nicht einmischen, die Familien sollten ent scheiden, wie sie als Familie leben wollen. Da bin ich schon ganz bei Ihnen. Aber der Staat muss einen Beitrag dazu leis ten, dass die Familien so leben können, wie sie wollen.

Jetzt komme ich noch einmal auf dieses Thema zurück: Es war in diesem Jahrhundert, im Jahr 2002, als hier eine Debat te mit Frau Schavan stattfand, in dem Jahr, als die Regierung Schröder in ihrem Agenda-Programm gesagt hat: „Wir wol len mit Bundesgeld den Ausbau der Ganztagsschulen im Land voranbringen.“ Da stand Frau Schavan noch hier am Redner pult und hat gesagt: „Das Geld nehmen wir nicht. Das ist schmutziges Geld; denn Ganztagsschulen entfremden die Kin der von ihren Familien.“

Sie haben bewusst darauf hingesteuert, dass Familien es schwer haben, Beruf und Familie zu vereinbaren. Das war Ihr Fami lienbild, geprägt in der Nachkriegszeit, geprägt im letzten Jahrhundert, das Sie in dieses Jahrhundert hinüberbringen. Das Betreuungsgeld ist ein aktiver Beitrag, um dieses Bild weiter in die Zukunft zu schreiben. Sie orientieren sich an ei ner längst überlebten Vergangenheit, während wir uns an ei nem partnerschaftlichen Familienmodell orientieren. Deshalb ist unsere Politik zukunftsfähig.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Im Übrigen haben Sie das Geld natürlich dann doch genom men, weil die Städte und Gemeinden gesagt haben: „Ihr spinnt ja; natürlich brauchen wir das Geld, um Ganztagsangebote zu schaffen.“ Das haben Sie aber nur zugelassen für eine zusätz liche Betreuung an den Schulen. Dass die Halbtagsschule die Kluft zwischen denen, die von zu Hause aus unterstützt wer den, und denen, die von zu Hause aus nicht unterstützt wer den, weiter vertieft, das haben Sie ignoriert. Denn solange es Hausaufgaben gibt, solange die Schule zu Hause fortgesetzt wird, hat es das Kind gut, das eine Unterstützung hat, und ein Kind, das keine Unterstützung hat, hat es schwerer.

Deshalb ist eine Ganztagsschule nicht eine „angeklebte Be treuung“, sondern die Antwort auf die Herausforderung, mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. Es geht darum, dass Haus aufgaben zu Schulaufgaben werden, bei denen die Kinder von den professionellen Kräften in den Schulen unterstützt wer den. Deshalb ist die Ganztagsschule eine Antwort sowohl auf die Forderung nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf und einer partnerschaftlichen Familie als auch auf die Forderung nach mehr Bildungsgerechtigkeit in Baden-Württemberg – die dringend notwendig war.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Sie haben hier bemängelt, es gebe keine Verständigung mit den Kommunen über die Frage der Anschlussunterbringung. Dazu möchte ich einmal daran erinnern, wer vor der letzten Wahl mit den kommunalen Landesverbänden im Zoff und im Streit lag. Das waren doch Sie. Die haben doch Ihnen ange droht, Sie vor den Kadi zu ziehen, wenn Sie bei der Klein kindbetreuung nicht endlich eine anständige Finanzierung vor legen.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Eben!)

Sie haben nicht geklagt, weil sie gesagt haben: „Wir warten einmal ab und schauen nach der Wahl, wer dann regiert.“ Dann kam der Regierungswechsel, und wir haben mit den Kommunen einen Pakt für die Familien geschlossen, in wel chem wir – Landesregierung und kommunale Seite – alle wichtigen Dinge, die beide Seiten betreffen, einvernehmlich miteinander geregelt haben.

Auch die Kosten der Anschlussunterbringung werden wir ein vernehmlich regeln. Das ist doch selbstverständlich. Die Ge spräche sind anberaumt. Dann setzt man sich zusammen, dann wird das miteinander vereinbart, und dann wird das auch durchgeführt.

Wenn ich bei der Anschlussunterbringung bin, muss ich etwas zum Kollegen Rülke sagen. Ich verstehe Ihren Einwand ge gen Ein-Euro-Jobs überhaupt nicht. Denn die Erfahrung zeigt, dass etwa 70 % derer, die in der Anschlussunterbringung an gekommen sind, in der Grundsicherung landen. Es dauert ge raume Zeit, bis diese Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt als vollwertige Kräfte angekommen sind. Deshalb ist es doch nur sinnvoll, ihnen einen strukturierten Alltag zu ermöglichen, der morgens mit Arbeit beginnt und am Nachmittag mit dem Feierabend endet, und das bei gemeinnütziger Arbeit und ei nem Zusatzverdienst von 1 € pro Stunde. Was wollen Sie denn dagegen haben? Sollen die in ihrer Unterkunft herumsitzen und warten, bis der Abend kommt? Das ist doch eine sinnvol le Geschichte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Es braucht also einen etwas schärferen Blick auf die Realität, auf eine veränderte Realität, auf eine veränderte gesellschaft liche Realität, auf eine geänderte wirtschaftliche Realität, auch auf die Veränderung durch die Flüchtlinge, die zu uns kom men. Das täte Ihnen gut, aber das ist Ihnen verstellt, weil Sie nach wie vor, wie im letzten Jahrhundert, eng durch die Lan de ziehen. Deshalb taugen Ihre Rezepte weder für die Gegen wart noch für die Zukunft.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzendem Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schmiedel, Sie haben nicht verstanden, was ich zu den Ein-Euro-Jobs gesagt habe. Ich habe überhaupt nichts gegen die Ein-Euro-Jobs.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So hat sich das aber an gehört!)

Ich sage nur, dass es ein Widerspruch ist, einerseits bei den Flüchtlingen zu sagen, es gebe keine Ausnahmen vom Min destlohn, es müssten mindestens 8,50 € pro Stunde gezahlt werden,

(Unruhe bei der SPD)

und auf der anderen Seite mit Ein-Euro-Jobs um die Ecke zu kommen. Das ist der Widerspruch bei Frau Nahles.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD meldet sich. – Abg. Claus Schmiedel SPD: Herr Präsident! – Glo cke des Präsidenten)

Herr Präsident, der Kollege Schmiedel möchte eine Zwischen frage stellen.

Gestatten Sie sie?