Sie berauben die Universitätskliniken mit Ihrem Gesetzent wurf des Instruments der Beleihung, das eine Übertragung von Aufgaben an Private ermöglicht und damit zusätzlichen Gestaltungsspielraum für die Universitätskliniken geschaffen hätte. Dies ist nun völlig unverständlich – nicht nur, weil es einen Zustimmungsvorbehalt seitens des Landes gibt, sondern auch, weil die Beleihung einen verlässlichen rechtlichen Rah men für ein Engagement Privater unter Aufsicht des Univer sitätsklinikums abgegeben hätte.
Dieses Verhalten ist ausschließlich ideologischer Natur und hat mit einer Orientierung am Wohl der Patienten nichts zu tun. Zahlreiche private, kommunale oder kirchliche Kranken häuser arbeiten seit Jahrzehnten erfolgreich zum Wohle der Patienten. Warum sollte diesen Krankenhäusern beispielswei se keine Aufgabe übertragen werden, die sie gleich gut oder besser machen können? Was spricht dagegen, dass eine auf ein besonderes medizinisches Gebiet spezialisierte Klinik ihr Können und ihre Expertise in den Dienst einer Universitäts klinik stellt?
Jawohl. – Was spricht da gegen, dass eine private Praxis für Physiotherapie die physio therapeutische Behandlung der Patienten einer Uniklinik über nimmt?
An dieser Stelle mein abschließender Appell: Setzen Sie Ihre ideologische Brille ab, und geben Sie den Unikliniken mehr Gestaltungsspielräume.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Ab geordnete! Die Verabschiedung des Gesetzes zur Rückabwick lung des Universitätsmedizingesetzes ist ein wichtiges Ereig nis für die Universitätsmedizin im Land Baden-Württemberg. Denn die Landesregierung löst mit diesem Gesetz ihr Verspre chen ein, die Universitätsmedizin des Landes zu befreien – zu befreien von ausufernder Bürokratie, von überzogener Kont rolle und von einem schwankenden verfassungsrechtlichen Boden.
In der Anhörungsphase für das Gesetz zur Rückabwicklung des Universitätsmedizingesetzes kamen von allen Seiten – Frau Abg. Häffner erwähnte es gerade – nur positive Rück meldungen und Zustimmung zu diesem Vorhaben. Deshalb wundert man sich ein wenig, wenn man hier die Rede des Abg. Dr. Kern hört, der so tat, als würden wir die Universitätsme dizin in Baden-Württemberg in einen gesetzlosen Zustand führen und sie ihrer Handlungs- und Gestaltungsmöglichkei ten berauben. Das Gegenteil ist der Fall, und das wird von al len Beteiligten so gesehen.
Zugleich gibt die Verabschiedung des Rückabwicklungsge setzes einen Startschuss für den bereits angekündigten umfas senden Dialogprozess. Mit diesem will die Landesregierung nach Anhörung und direkter Einbindung von Experten und Betroffenen eine neue und optimierte gesetzliche Grundlage für die Universitätsmedizin schaffen. Dieses neue Gesetz wird es den baden-württembergischen Universitätsklinika möglich machen, für die Herausforderungen der Zukunft noch besser gewappnet zu sein. Es soll ihnen weitere Handlungsfreiheiten geben, es soll diese im Verbund mit den Universitäten gewäh ren, es soll ihnen Möglichkeiten geben, im Wettbewerb er folgreich zu bestehen, und es soll ihnen ermöglichen, attrak tiver beim Gewinnen und Halten von Ärztinnen und Ärzten, von gutem Pflegepersonal und von guten Wissenschaftlerin nen und Wissenschaftlern zu sein.
Wir müssen uns bewusst sein, dass diese Herausforderungen nicht gering sein werden. Denn wir alle stellen hohe Erwar tungen an die Universitätsklinika. Sie sollen gemeinsam mit den Medizinischen Fakultäten herausragende medizinische Forschung betreiben, und sie tun das auch schon. Ergebnisse dieser Errungenschaften im Bereich der Forschung haben er heblich dazu beigetragen, dass die in der Medizin führenden
Universitäten Heidelberg und Freiburg Exzellenzstatus er reichten. Dies gilt es zu bewahren und weiterzuführen.
Die Klinika sollen aber auch hoch qualifizierte Ärztinnen und Ärzte ausbilden, und sie sollen Patientinnen und Patienten nach dem neuesten Stand der Medizin gut betreuen. Da in un serer Gesellschaft immer mehr ältere Menschen leben, wer den in diesen Bereichen – also sowohl in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern als auch in der Krankenver sorgung – die Aufgaben wachsen. Gleichzeitig erwarten wir von den Universitätsklinika, dass sie profitabel wirtschaften und schwarze Zahlen schreiben.
Lassen Sie mich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass un sere Universitätsklinika in den vergangenen Jahren im natio nalen Vergleich zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Häusern zählten. Man hat den Eindruck, Sie haben vergessen, wo un sere Universitätsklinika herkommen, wenn man Sie so reden hört, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Unsere Universitätsklinika haben hervorragend gewirtschaftet und haben hervorragende Zahlen vorzuweisen. Dies haben sie trotz wachsender Konkurrenz bewerkstelligt.
In Zukunft wird unseren Universitätsklinika eine Gratwande rung abverlangt werden: wirtschaftlicher Erfolg auf der einen Seite, flächendeckende medizinische Maximalversorgung im Dienste der Patienten auf der anderen Seite. Oder mit ande ren Worten: Unternehmerisches Handeln und Dienst an der Allgemeinheit sind verlangt. Dieser Spagat kann nur dann be wältigt werden, wenn man unsere Universitätsklinika als star ke und selbstständige Einrichtungen aufstellt.
Eine Schwierigkeit besteht sicherlich darin, dass die Unikli nika Mittel für benötigte Investitionen brauchen und Neubau ten zum Teil auch selbst erwirtschaften müssen. Gerade des halb ist es aus meiner Sicht notwendig, den Universitätsklini ka gerade im Bereich Bau und Bauherreneigenschaft mehr Handlungsspielräume zu geben. Daher soll auch die im Uni versitätsmedizingesetz vorgesehene Möglichkeit, Kliniken die Bauherreneigenschaft zu übertragen, beibehalten werden.
In dem in Kürze beginnenden Dialogprozess gilt es zu eruie ren, ob die Übertragung von Befugnissen im Bereich der Bau herreneigenschaft zugunsten der Universitätsklinika ausge weitet und weiterentwickelt werden kann.
Dass die baden-württembergischen Universitätsklinika ihre Aufgaben in der Vergangenheit außerordentlich gut gemeis tert haben, sollte uns mit Stolz erfüllen und uns Anlass geben, ihnen ein gesundes Maß an Vertrauen zu schenken, ein Ver trauen, das es den einzelnen Uniklinika ermöglicht, ihre Markt position in ihrem jeweiligen regionalen Umfeld auszubauen, ohne durch eine Art Oberaufsichtsrat des Landes bevormun det zu werden.
Da muss ich mich schon wundern, wie Sie die Ausgangslage darstellen, Kollegen von der Opposition. Sie tun so, als wür den wir die Universitätsklinika in eine Situation entlassen, in der jegliche Rechtsaufsicht, jegliche Kontrollmöglichkeit feh len würden, in der ein Zustand – wie Sie es gerade sagten – der Verantwortungslosigkeit hergestellt würde. Doch, liebe Herrschaften, seit 1998 bewegten sich die Universitätsklini ka dieses Landes in genau diesem Rechtsrahmen, den wir heu te wiederherstellen werden. Sie werden doch nicht behaupten, dass Sie selbst, als Sie in der Regierung waren, die Universi
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Jetzt sind wir einmal auf Ihre Vor schläge gespannt!)
Lassen Sie mich deutlich sagen: Ich glaube, es gehört zu den Pflichten eines Abgeordneten – auch der Opposition –, dass man Gesetzestexte wenigstens intensiv liest.
Das Recht der Beleihung, Herr Kollege Dr. Kern, ist vorhan den. Das Recht der Beleihung wird weiterhin bestehen blei ben, und zu jedem Vorgang der Beleihung wird der Wissen schaftsausschuss gefragt werden. Dieser Ausschuss muss die sem Akt der Beleihung seine Zustimmung geben.
Ich bin mir sicher, unsere Universitätsklinika sind mit dem Rückabwicklungsgesetz, mit dem Zustand, den wir wieder herstellen, auch mit dem Wiederherstellen des Vertrauens, her vorragend aufgestellt. Sie können auf dieser Grundlage agie ren. Wir werden auf dieser Grundlage das weitere Gespräch suchen, und wir werden auf dieser Grundlage über weitere Kompetenzen für unsere Uniklinika im Verbund mit den Uni versitäten reden. Wir werden auch darüber reden, in welcher Form Kontrolle der Regierung und Kontrolle durch das Par lament wahrgenommen werden,
und zwar nicht aus dem Zustand des Nichts. Wir starten nicht von null, sondern wir haben eine hervorragende Ausgangsba sis, und wir werden sehen, wo wir weiter optimieren können.
Das Ziel muss sein, dass unsere Universitätsklinika auch in Zukunft eigenständig entscheiden können, eine starke Positi on haben, damit sie im Wettbewerb erfolgreich agieren kön nen.
Ich bin mir sicher, uns wird eine Verständigung gelingen, und die Universitätsklinika werden einen Weg in die Zukunft fin den, um die genannten Herausforderungen erfolgreich zu meistern.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wir warten noch auf Vorschlä ge!)
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/631. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Drucksache 15/699. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Artikel 1 ist mehrheitlich zugestimmt.
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Artikel 2 ist mehrheitlich zugestimmt.