(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Da sind Sie schlecht informiert! Das lag noch in der Pipeline! – Gegenruf: In einer unteren Schublade!)
Ich glaube, ich bin ganz gut informiert. Wenn man das Ur teil des OLG Karlsruhe liest, wird man ganz schnell zu einer solchen Wertung kommen.
Noch eine kurze Bemerkung zur Rückwirkung, auf die Herr Kollege Filius sehr ausführlich eingegangen ist: Es ist sicher lich fiskalisch begründet, wenn der Landesrechnungshof nach fragt, weshalb wir die Rückwirkung nicht bezogen auf das Jahr 2007, sondern bezogen auf das Jahr 2002 vorschlagen; denn das hat finanzielle Auswirkungen auf den Landeshaus halt. Dazu muss ich sagen: Aus unserer Sicht spielen die ju ristischen Bedenken eine größere Rolle. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass eine Rückwirkung auf 2002 die Risiken minimiert und wir damit eine juristisch einwandfreie Rege lung bekommen, die wir nicht nachbessern müssen und die möglichen weiteren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs standhält.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! An dem jetzt vorliegenden Ge setzentwurf ist das politisch Brisante nicht die Amtstracht der Rechtsanwälte; diese Thematik ist überschaubar.
Einen Punkt, der u. a. von Herrn Kollegen Filius angespro chen worden ist, darf ich hier ins rechte Licht rücken. Meines Erachtens geht aus dem vorliegenden Gesetzentwurf klar her vor, dass die Notariatsreform unausweichlich war.
Man muss wissen, worauf der vorliegende Gesetzentwurf ab zielt: Notare erhalten unter Belassung ihres Amtsgehalts die volle Gebühr in einem wichtigen Bereich 1 : 1 hinzu. Meine Damen und Herren, wenn die Argumentation aufrechterhal ten worden wäre – diese Gefahr stand wirklich im Raum –, dass die Notargebühr eine Steuer darstelle, dann hätte das im mer stärker in Richtung des absurden Zustands geführt, dass wir einerseits die Gehälter bezahlen und andererseits die Ge bühren durchreichen.
Diesen Zustand musste man irgendwann einmal bereinigen; das ist ganz klar. Ich gebe zu, dass ich dieses Verfahren sozu sagen mit gebremstem Schaum betrieben habe, weil das Er gebnis eigentlich ein bisschen absurd ist. Für die Betroffenen regnet es auf einmal Geld vom Himmel; das ist schön, und wir gönnen es ihnen. Aber die einen haben das Geld, und den anderen fehlt es. Das ist nicht sehr sinnreich. Es war nur da durch zu rechtfertigen, dass es sich um einen Übergangszu stand gehandelt hat, bis die Notariatsreform greifen wird, die, wie diese Gesetzgebung gerade wieder zeigt, unausweichlich ist.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zeigt, wie europarechtliche Vor gaben immer stärker in unser alltägliches Recht hineinreichen und wie uns diese Vorgaben bestimmen. Auch zeigt sich, dass wir bei der Notariatsreform Handlungsbedarf haben und eine entsprechend zügige Umsetzung vornehmen.
Herr Kollege Dr. Goll, Sie sprachen davon, dass Sie als mein Vorgänger die Umsetzung „mit gebremstem Schaum“ betrie ben hätten. Natürlich haben auch die Wählerinnen und Wäh ler Sie gebremst; sonst hätten Sie es vielleicht noch zu Ende geführt.
Wir vollenden das Werk jetzt. Ich bedanke mich bei allen Fraktionen für die konstruktiven Beiträge im Zuge der parla mentarischen Beratungen.
Meine Damen und Herren, bereits im Jahr 2002 hat der Euro päische Gerichtshof entschieden, dass Gebühren für gesetz lich vorgeschriebene notarielle Beurkundungen von Rechts geschäften, die unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallen, als unzulässige Steuer anzusehen sind, wenn die Notare Be amte sind und ein Teil der Gebühren dem Staat zufließt. Die Argumentation, dass es sich um eine Steuer handle, läuft da rauf hinaus, dass allein die Beamteneigenschaft ausreicht, um das Verfahren als europarechtswidrig anzusehen.
Der Landtag hat sich natürlich mit diesem Thema beschäftigt und hat im Jahr 2005 reagiert, indem er das Gesetz geändert hat. Der Landtag hat festgelegt, dass eine Gebührenpauscha le von 15 % an das Land abzuführen ist.
Gleichwohl hat Europa nicht mitgespielt, sondern hat uns bei weiteren Entscheidungen weitere Vorgaben gemacht. Es wur de festgestellt, dass auch diese pauschale Abführung in den dort genannten Fällen europarechtswidrig ist. Weitere Ver schärfungen hat die Rechtsprechung ebenfalls mit sich ge bracht.
Wir im Land Baden-Württemberg haben uns damit zu helfen versucht, im Wege einer Verwaltungsvorschrift zunächst von einer Abführung der Gebühren abzusehen. Dann kam das
Oberlandesgericht Karlsruhe und hat gesagt, das gehe auch nicht, wir müssten gesetzgeberisch tätig werden und eine si chere Rechtsgrundlage für die Erhebung von Notargebühren in diesem Bereich schaffen. Das tun wir jetzt mit diesem Ge setzentwurf, der Ihnen heute zur abschließenden Beratung vorliegt.
Ich weiß natürlich, dieser Gesetzentwurf hat Nachteile, was die Gebühren angeht, die dann nicht mehr dem Staat zuflie ßen. Aber wir müssen das so regeln und können es uns nicht leisten, letztlich von Gerichten im eigenen Land bescheinigt zu bekommen, europarechtswidrig zu handeln.
Dass der Rechnungshof dies anders sieht, ist bereits gesagt worden. Er hat natürlich und zu Recht das fiskalische Interes se des Landes im Blick. Gleichwohl können wir es uns nicht leisten, auf Dauer europarechtswidrig zu handeln, zumal wir diese Europarechtswidrigkeit dem Grunde nach seit 2002 ken nen. Es ist nun an der Zeit, entsprechend zu handeln.
Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass der pauschale Staatsanteil von 15 % an den Beurkundungsgebühren in Fäl len, in denen eine notarielle Beurkundung für gesellschafts rechtliche Angelegenheiten vorgeschrieben ist, ersatzlos ent fällt. Das Land verzichtet damit auf diesen Gebührenanteil. Die Rückwirkung ist gerechtfertigt. Das wurde von meinen Vorrednern zu Recht ausgeführt.
Aber eines möchte ich auch sagen: Ab 1. Januar 2018 ist das Problem für uns gelöst – wir hätten bis dahin ohnehin handeln müssen –, weil wir dann der Rechtszersplitterung in unserem Land begegnen und ein Notariatssystem einführen, wie es die anderen Bundesländer haben. Ab 1. Januar 2018 wird es nur noch freiberufliche Notare geben.
In diesem Sinn bedanke ich mich noch einmal für Ihre Unter stützung bei diesem Gesetzentwurf. Das Thema Notariatsre form wird uns natürlich weiter beschäftigen.
Ich hoffe, dass Sie auch vor dem Hintergrund dieses Gesetz entwurfs erkennen, dass wir mit der Notariatsreform letztlich auch europäischen Vorgaben und bundespolitischen Vorgaben Rechnung tragen. Da bitte ich Sie schon jetzt um Ihre weite re Unterstützung.
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/688. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Stän digen Ausschusses, Drucksache 15/922. Der Ständige Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Artikel 1 ist so beschlos sen.
Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Gerichts verfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Artikel 2 ist einstimmig so beschlossen.
Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegen stimmen? – Enthaltungen? – Artikel 3 ist einstimmig beschlos sen.