Protokoll der Sitzung vom 21.12.2011

Damit ist wohl auch die Frage beantwortet, die uns in der ers ten Lesung des Gesetzentwurfs gestellt wurde, nämlich die Frage: Wem tut die Gebührenfreistellung im Studium eigent lich gut? Die Antwort lautet ganz klar: Uns allen. Denn alle profitieren davon, dass wir die Entscheidung für ein Studium erleichtern, indem wir die finanziellen und damit auch die psy chologischen Hürden solcher Gebühren endlich abschaffen.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Sie haben mehrere Anträge dazu gestellt. Ich werde dazu spä ter etwas erläutern. Aber an dieser Stelle eine Anmerkung: Sie schlagen u. a. vor, einen Expertenrat dazu einzurichten. Wir haben in der ganzen Diskussion vorher seit Jahren, auch in der Opposition, mit allen Expertengruppen über dieses The ma diskutiert. Das ist keine Angelegenheit, die vom Himmel gefallen ist. Wenn Sie sich vorher nicht mit Experten ausein andergesetzt haben, dann ist das Ihr Problem. Aber wir haben das im Vorfeld dieser ganzen Debatte getan. Deshalb brau chen wir das an dieser Stelle nicht, und deshalb lehnen wir es ab.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Kommen Sie von Ih rem hohen Ross herunter! Hochmut kommt vor dem Fall!)

Eingangs habe ich von Bildungsqualität gesprochen. Wir ga rantieren diese Qualität für Studium und Lehre an unseren Hochschulen mit der zugesagten verlässlichen Kompensati on. Wir ersetzen den Hochschulen den Ausfall der Studienge bühren in vollem Umfang und dynamisch, angepasst an die Studierendenzahlen. Das ist ein immenser Vorteil für die Hoch schulen und ein weiterer Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit.

(Zuruf der Abg. Katrin Schütz CDU)

Zum ersten Mal, seitdem die schwarz-gelbe Regierung damals die Studiengebühren eingeführt hat, können sich die Hoch schulen endlich auf berechenbare Finanzströme verlassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

In seiner Rede hat Herr Deuschle bereits das Thema „Verste tigung dieser Kompensationsmittel“ angesprochen. Ich weiß nicht, woher Sie die Aussage nehmen, dass wir diese Mittel nicht dauerhaft zahlen wollten. Es gibt überhaupt keine Aus sage dazu. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass wir die se Mittel zahlen werden. Wir schaffen ein Gesetz dafür; das ist viel besser, als wenn wir in allen Haushaltsberatungen wie der aufs Neue darüber diskutieren müssten. Wir schaffen ein Gesetz, das den Hochschulen einen festen Satz pro Studieren

dem garantiert. Damit erhalten wir eine höhere Verlässlich keit, als alle anderen Alternativen ermöglichen würden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Typischerweise hatten die Hochschulen, die viele Studieren de aus sogenannten bildungsfernen Schichten ausgebildet ha ben, aufgrund besonders vieler Befreiungstatbestände weni ger Mittel zur Verfügung. Wir schaffen diese – nach meiner Einschätzung – Benachteiligung bestimmter Hochschultypen endlich ab.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Mack und Abg. Peter Hauk CDU: Welcher Hochschultypen?)

Ich finde es dann schon eigenartig, wenn Sie in einem Ihrer Anträge davon sprechen, eine gerechte Verteilung hinzube kommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Bisher ist sie nicht gerecht. Eine Hochschule, bei der in dem einen Jahr mehr Fälle zur Geschwisterregelung gegriffen ha ben, stand auf einmal mit weniger Geld da. Eine Hochschule, die weniger solcher Fälle hatte, hatte auf einmal mehr Geld. Das ist doch das Zufallsprinzip; das ist nicht gerecht.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber, Herr Kollege, Sie benachteiligen jetzt eine ganze Reihe von Hoch schulen!)

Bei uns gibt es jetzt pro Jahr einen verlässlichen, nachvoll ziehbaren Wert pro Kopf. Da weiß man an den Hochschulen: So viele Studierende habe ich zugelassen, so viel Geld bekom me ich; da kann ich planen. Das nenne ich gerecht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die Duale Hochschu le bekommt 5 Millionen € weniger! Wie gleichen Sie das aus? – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

Am Ende, bitte. Sehr gern.

Am Ende.

Jetzt kam ein Thema zur Sprache, das mir sehr, sehr wichtig ist. Schön, dass Sie es gesagt haben. Sie verweisen zur Begründung Ihrer Hal tung auf die Duale Hochschule.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Richtig!)

Das hat jetzt eigentlich alles getoppt. Sie tun so, als ob dieses Thema Studiengebühren das Problem der Dualen Hochschu le wäre. Wer hat denn in den vergangenen Jahren die Grund finanzierung der Dualen Hochschule nicht erhöht? Wer hat denn zu diesen prekären Arbeitsverhältnissen der Menschen in den Einrichtungen der Dualen Hochschule beigetragen?

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Also bitte! Jetzt arbei ten Sie sich einmal ein bisschen ein!)

Jedes Jahr werden dort Menschen, weil sie befristete Arbeits verträge haben, hinausgeworfen. Die Leichen liegen bei Ih nen im Keller und nicht woanders. Es wird allerhöchste Zeit, dass man das korrigiert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Das größte Problem der Dualen Hochschule besteht darin, dass die Grundversorgung nicht ausreichend ist. Unterhalten Sie sich doch einmal mit den Rektoren.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Und die bekommen jetzt 5 Millionen € weniger! Sie sind ein Ignorant!)

Fragen Sie sie. Das Thema Studiengebühren ist nicht das größ te Problem der Dualen Hochschule, sondern die Grundversor gung.

(Abg. Winfried Mack CDU: Geben Sie dann doch mehr Geld und nicht weniger! Sie geben 5 Millio nen € weniger!)

Genau das werden wir tun. Das halte ich für den richtigen Weg. Deswegen sind wir mit der Dualen Hochschule zu die sem Thema im Gespräch. Studiengebühren sind nicht deren Hauptproblem. Nehmen Sie insofern davon Abstand, das als Begründung zu nutzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein Schlusssatz.

Kommen Sie bitte lang sam zum Schluss.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Schnell zum Schluss! – Abg. Winfried Mack CDU: Dringend!)

Ja. – Das muss te Ihnen einmal gesagt werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Mit der Abschaffung der Studiengebühren und ihrer vollstän digen Kompensation, wie es auch von der Welt-Hochschul konferenz empfohlen wurde, schaffen wir jetzt eine wichtige und richtige Neuerung. Wir lösen unsere Verantwortung ein, für das Gemeinwohl zu sorgen. Die Türen zur Hochschulbil dung stehen offen; sie ist der Schlüssel für die Gestaltung ei ner zukunftsfähigen Gesellschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere auch der Op position, wir setzen um, was schon vor über 2 600 Jahren ein chinesischer Politiker und Philosoph gesagt hat – ich darf an dieser Stelle zitieren, hören Sie zu –:

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Planst du für ein Jahr, so säe Korn. Planst du für ein Jahrzehnt, so pflanze Bäume. Planst du für ein Leben, so bilde Menschen.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Bravo! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Der muss noch ein bisschen Nachhilfe be kommen! Dann wird das vielleicht!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stober das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Sommersemester 2007 werden den Studierenden hier in Baden-Württemberg bzw. deren Eltern 500 € pro Semester aus der Tasche gezo gen. Zumeist sind das nicht die Reichsten der Reichen in die ser Gesellschaft. Deswegen sagen wir: Diese Beutelschneide rei in Baden-Württemberg wird mit dem heutigen Tag ein En de haben. Dies ist ein Tag zum Feiern.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Wir sind nicht mehr im Jahr 1950! Der Klassenkampf ist vorüber! – Zuruf von der CDU: Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes!)

Viele feiern mit. Darauf hat Kollege Schmidt-Eisenlohr zu Recht verwiesen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie nehmen es doch von denen, die nicht studieren!)

Wir haben bei der ersten Lesung ebenso wie im Ausschuss noch einmal über verschiedene Studien diskutiert. In der ers ten Lesung war ein Stück weit der Eindruck entstanden, dass die Studiengebühren für das Studieren letzten Endes sogar för derlich wären.