(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Welchen Stand hat te denn die Gäubahn 1990? Wo war das zweite Gleis für die Gäubahn 1990? – Unruhe)
Nach der Wiedervereinigung wur den, wie Sie sehr wohl wissen, große Teile der Verkehrsinves titionsmittel des Bundes eben nicht mehr in den Westen, son dern in den Osten investiert. Diese Mittelverteilung, die der Verkehrsminister zu Recht erstmals beklagt – herzlichen Glück wunsch, Herr Landesverkehrsminister,
dass Sie schon zu dieser Erkenntnis gekommen sind –, muss wieder nach objektiven Kriterien erfolgen. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung muss mit dieser Mittelverteilung in den Sockelbeständen endlich Schluss sein.
Wir brauchen mehr Straßenbau im Westen, weil wir dort mehr Verkehr haben. Die Mittel müssen dorthin fließen, wo der Ver kehr fließt, und nicht dorthin, wo zwischenzeitlich keine Men schen mehr leben. Das ist die eine Weisheit.
Herr Ministerpräsident, ist schon billig. Das ist ein billiges Ar gument. Das lassen wir nicht einfach so stehen.
Ehrlich gesagt warte ich auf Ihre Reaktionen dort, wo es um neue Mittel geht. Ich warte darauf, dass der Landesverkehrs
(Abg. Winfried Mack CDU: Ja eben! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Womit denn? – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Mit ein bisschen Grips!)
Es geht nicht nur um die angefangenen Projekte – um sie geht es auch. Es ist richtig, dass die Mittelzuweisung anhand des Baufortschritts geschieht – auch für den Bund gilt das soge nannte Jährlichkeitsprinzip des Haushalts und kein Fünfjah resprinzip – und dass die Projekte mit Verpflichtungsermäch tigungen unterlegt sind. Das ist alles wahr. Aber ich warte da rauf und erwarte, dass die Landesregierung auch weitere not wendige Planungen in der höchsten Prioritätsstufe des Bun desverkehrswegeplans in Angriff nimmt und diese auch neu beginnt. Denn es wurde schon immer parallel gebaut. Projek te, die im Bau waren, wurden weitergeführt, während neue Projekte begonnen wurden. Das ist die Realität. Da erwarte ich mehr Handeln als in der Vergangenheit.
Sie, Herr Ministerpräsident, haben unser Deckungskonzept angesprochen. Sie haben es zwar angesprochen, aber Sie ha ben es nicht gelesen. Sie sprechen davon, wir würden Mittel für Stellen in Höhe von 10 Millionen € kritisieren. Das kriti sieren wir gar nicht. Wir gestehen bei einem Regierungswech sel durchaus neue Stellen zu. Deshalb stehen auf dieser Ein sparliste auch nur die, die wir nicht für notwendig halten. In der Summe sind dies nicht komplett 10 Millionen €, sondern 5,7 Millionen €.
Wir haben den konstruktiven Vorschlag gemacht, das Lebens arbeitszeitkonto einzuführen, es endlich einzuführen, um auf die Flexibilisierung der Arbeitswelt eine Antwort zu geben. Wir wissen aber auch – auch das gehört zur Haushaltsehrlich keit und -wahrheit dazu –, dass sich daraus für die nächsten Jahre zunächst einmal Einsparmöglichkeiten ergeben. Das wird später wieder ausgeglichen. Aber es werden sich für die nächsten Jahre Einsparmöglichkeiten ergeben. Auch dafür ha ben wir 50 Millionen € veranschlagt.
Wir treten für die Auflösung der Rücklage ein, weil wir von seiten der Opposition gar nicht wissen, wofür sie verwendet wird. Die Sanierungsrücklage, wie Sie sie nennen, ist formal in einem Gesamtansatz etatisiert. Wo bleiben aber Haushalts klarheit und Haushaltswahrheit? Für welche Projekte sollen diese Mittel verwendet werden? Es gilt noch immer der im Parlament vereinbarte Grundsatz, dass über größere Projekte bereits im Haushaltsentwurf zu entscheiden ist und wir, das Parlament, der Regierung keinen Freibrief, keinen Blanko scheck ausstellen.
Deshalb sehen wir das nicht ein. Das ist einmalig. Diesen Pos ten sehen wir daher zur Streichung vor.
In der Summe kommen wir auch mit den von uns beantrag ten Mehrausgaben auf eine Viertelmilliarde Euro, die zur Schuldentilgung eingesetzt werden könnten.
Das mag Ihnen nicht passen. Es zeigt aber, dass es auch unter den gegebenen Umständen ohne größere Anstrengungen mög lich ist, dahin zu kommen. Sie bleiben unter Ihren Möglich keiten, Herr Ministerpräsident. Das ist die Wahrheit.
Wir werden Ihnen das Konzept noch schriftlich übermitteln, damit Sie es zumindest lesen, wenn Sie es sich schon nicht anhören.
Sie werfen uns vor, dass wir die Einschnitte bei den Beamten nicht mittragen. Diese Einschnitte tragen wir nicht mit, weil hinter Ihrem Haushaltsentwurf kein Konsolidierungskonzept zu erkennen ist. Wir wehren uns dagegen, dass einseitig nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes belastet wer den, während andere Bereiche des Haushalts nicht auf den Prüfstand gestellt werden. Wir haben übrigens nie gesagt, dass wir uns einem Gesamtkonzept verschließen würden.
Wir hätten uns auch vorstellen können, dass Sie zu Beginn der Legislaturperiode einmal mit den Mitarbeiterinnen und Mit arbeitern sprechen. Bei dieser Gelegenheit hätten Sie sich mit dem Beamtenbund und mit den Gewerkschaften auf ein Kon solidierungskonzept im Bereich des Personals in dieser Le gislaturperiode verständigen können.
Dann hätten Sie nicht Knall auf Fall in jedem Haushalt etwas anderes machen müssen. Dann wären Sie nicht in jedem Haus halt in neue Verhandlungen gerutscht, die dann stocken. Herr Schmiedel sagt: „So machen wir es gar nicht. Das ist prima. Die Beamten vergrätzen wir nicht.“ Frau Sitzmann: „Gesprä che sind erfolglos.“ Und der Ministerpräsident geht erst gar nicht mehr zum Beamtenbund, wenn er eingeladen wird. So ist doch die Realität. Die Lage ist im Moment doch verfahren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Muh terem Aras GRÜNE: Was lesen Sie? Die „Bild“-Zei tung oder was?)
Das liegt auch daran, dass Sie entgegen Ihren Ankündigun gen gar nicht nachhaltig und mittelfristig denken. Hätten Sie nachhaltig gedacht, dann hätten Sie daran denken müssen, dass Sie auch in den nächsten fünf, acht oder zehn Jahren auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen sind, und zwar nicht nur als Wählerpotenzial – 35 % haben Sie gewählt –, sondern vor allem als Arbeitspotenzial und als Grundlage für Ihre Regierung.
Sie hätten daran denken können, nach der Sommerpause 2011 mit den Beamten in Kontakt zu treten. Die meisten der Regie rungsmitglieder waren aber erst einmal im Urlaub. Dann hät ten Sie über zwei oder drei Monate hinweg Verhandlungen führen können, wie man die nächsten fünf Jahre personalwirt schaftlich gestalten kann. Das hätte man machen können. Das wurde aber nicht gemacht.
Sie sparen nur an dieser Stelle ein und wundern sich nun, dass die Beamten vergrätzt sind. Das wundert uns nicht. Weil uns das nicht wundert und weil wir nicht so gehandelt hätten, stim men wir Ihrem Vorschlag auch nicht zu.
Herr Ministerpräsident, noch einmal zum Thema Länderfi nanzausgleich. Wenn das NPD-Verbot auf der Tagesordnung steht, dann reicht die Zeit halt nicht für anderes. Das ist okay. Dann kommt es auf die Tagesordnung der nächsten Minister präsidentenkonferenz, die jedes halbe Jahr tagt. Dann wird es vielleicht angesprochen.
Nein. – Dann schaut man es sich halt wieder an. In dieser Zeit zahlen wir locker-flockig weiter. Das ist dann Steuerge rechtigkeit in Baden-Württemberg. Unsere Bürgerinnen und Bürger erwirtschaften ein hohes Steueraufkommen, das uns abgezogen wird, weil die Regierung untätig bleibt. Das ist ganz einfach.
Herr Ministerpräsident, den Knoten kann man durchschlagen, indem man endlich einen Lösungsvorschlag macht, vielleicht sogar – wir würden Sie dafür wahrscheinlich von unserer War te aus kritisieren, aber es wäre besser als gar nichts – einen Kompromissvorschlag vorlegt. Wenn man schon vermitteln oder moderieren will – das würde ich Ihnen in unserem eige nen Interesse nicht anraten; denn wer moderiert, muss meist von vornherein ein Stück weit nachgeben –, wenn man schon diesen Anspruch hat, dann muss man einmal irgendetwas vor legen, über das man sprechen will.
Dann kann man nicht nur sagen: „Jetzt führen wir einmal die Kampfhähne zusammen“, gleichzeitig aber selbst einer davon sein, mit eigenem Interesse. Legen Sie doch einmal ein Kon zept vor! Sagen Sie doch einmal etwas dazu, was Sie eigent lich wollen.