Protokoll der Sitzung vom 08.02.2012

Herr Dr. Rülke hat vorhin einen Artikel hierzu hochgehalten – haben wir uns auch dazu Gedanken gemacht: Je nachdem, wo der Standort ist, kann in einer bestimmten Konstellation eine Entfernung zu diesem von über 100 km, nämlich 108 km, herauskommen.

(Zuruf: Wahnsinn! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wie stimmst du im Stadtrat hierzu ab?)

Für diese Reform werden wir abstimmen, aber selbstver ständlich. Denn die Reform ist notwendig. Sie kommt den Menschen insgesamt zugute. Wir müssen einmal von der Vor stellung wegkommen, dass eine Reform nur dann gut ist, wenn alle Landräte dafür sind – unter Inkaufnahme solcher ineffek tiver Strukturen, wie ich sie gerade geschildert habe.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Im Wahlkreis schwätzt er etwas ganz anderes!)

Das darf ja wohl nicht wahr sein. Das ist doch gar nicht wahr.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Bei dem, was Sie dort hochhalten,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Eigene Pressemit teilung!)

geht es ausschließlich um die Entfernung zwischen einer Kri minalpolizei und einer Kriminaldirektion. Es geht um sonst nichts. Die Reform ist dringend notwendig.

Ich will noch ein anderes Beispiel erwähnen. Wenn ein Land rat, der das Gefühl hat, er verliere die Polizeidirektion, über diese Reform herzieht und Ihnen sagt, dass das alles ein Kä se sei, und im zweiten Atemzug dann äußert: „Aber wenn der Sitz in meinem Landkreis ist, dann ist alles in Ordnung“, dann sieht man doch, dass hier rein das Kirchturmdenken eine Rol le spielt

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Können Sie da Namen nennen?)

und keine Gesamtbetrachtung angestellt wird. Das ist näm lich genau der Punkt, den wir uns nicht leisten können und wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Ich will noch ein paar Stichworte nennen, worin sich dieses neue Ministerium, dieses alte Ministerium mit neuer Beset zung auszeichnet.

Stichwort „Umgang mit den Kommunen“: Hier haben wir – auch das ist schon erwähnt worden – eine vorbildliche Eini gung in Sachen „Finanzierung der Kleinkindbetreuung“ hin bekommen. Auch da wird ein neuer Stil deutlich.

Stichwort „Mitbestimmung bei Beamten“: Heute Morgen hat uns Herr Hauk vorgeworfen, wir würden die Beamten nicht ernst nehmen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Er hat Tatsachen berichtet!)

Wir werden jetzt das Personalvertretungsrecht verbessern, wieder in den Zustand zurückführen, in dem die Mitarbeiter und die Personalvertretungen mehr Rechte hatten als im jet zigen Zustand. Auch das ist ein respektvoller Umgang mit den Beschäftigten.

Ich möchte noch einen anderen Punkt nennen – Stichwort „In tegration und Abschieben“ –, weil wir da unterschiedliche Zu

ständigkeiten im Integrationsministerium und im Innenminis terium haben.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Auch da will ich Ihnen mitteilen, dass sich mit dem Regie rungswechsel die Kultur geändert hat. Denn wir hatten uns geeinigt, dass wir, bevor wir weiter Menschen in das Kosovo bzw. in die Republik Kosovo abschieben, zunächst einmal mit einer überparteilichen Delegation in das Kosovo fahren, um uns dort ein Bild zu machen. Auch daran merkt man, dass ei ne neue Kultur Einzug gehalten hat, dass wir uns nämlich auch in erweitertem Maß um die Probleme und Schicksale der Menschen, die hier in Baden-Württemberg gelebt haben, küm mern,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Beantragt von der CDU, gell?)

denn auch sie sind Teil der Bevölkerung in Baden-Württem berg, für die wir, das Innenministerium, zuständig sind.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: „Wir“!)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zu diesem Haushalt zunächst eine Vorbemerkung. Nach meiner Einschät zung – sicher nicht nur nach meiner Einschätzung – bietet die Landesregierung ein höchst unterschiedliches Bild, was die bisherige Qualität ihrer Arbeit angeht. Ich meine, die Haus haltsberatungen sind der Platz, an dem über die Politik der Re gierung insgesamt geredet wird, geredet wurde. Das war heu te schon ausführlich der Fall. Daran darf ich anknüpfen.

Nach meinem Eindruck gibt es Bereiche bzw. Ressorts, deren Verantwortliche bis heute noch nicht einmal in die Gänge ge kommen sind. Es gibt Ressorts, in denen nach meinem Ver dacht das blanke Chaos herrscht. Es gibt Ressorts, die nur von Illusionen leben. Damit meine ich gerade das Thema Energie wende, bei dem man den Menschen dazu, was geht und was nicht geht, auch Sand in die Augen streut.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Es gibt – das muss man fairerweise sagen – auch das eine oder andere Ressort – ich habe, wenn man so will, das Glück oder als Oppositionspolitiker auch das Pech, für diese zuständig zu sein –, bei dem man auch einmal sagen muss: Das hätten wir nicht viel anders gemacht.

Den Haushaltsentwurf des Einzelplans 03 hätten wir nicht viel anders gestaltet. Deshalb war ich ein bisschen enttäuscht, dass Herr Kollege Sckerl meint, an dieser Stelle die Platte aufle gen zu müssen, was für einen Laden man übernommen habe. Ich kann das nicht mehr hören.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

In jeder Debatte wird der Eindruck strapaziert, dass BadenWürttemberg in jeder Beziehung ein heruntergekommener La den gewesen sei, dass Baden-Württemberg finanziell am En de sei – deshalb zahlen wir auch dauernd in den Länderfinanz

ausgleich ein – und dass Baden-Württemberg das schlechtes te Bildungssystem habe. Selbst die Polizei hätten Sie angeb lich in einem trostlosen Zustand übernommen. Herr Kollege Zimmermann hat zu Recht gefragt, wie es eigentlich kommt, dass wir die geringste Deliktsbelastung, also die höchste Si cherheit unter allen Bundesländern haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Deshalb habe ich eine Bitte: Ich werde diesen Haushalt nicht krampfhaft kritisieren, fordere aber gleiches Recht für alle ein. Verfahren Sie bitte genauso bei der Würdigung der Vorgän gerregierung und der Verdienste des vorigen Innenministers Heribert Rech, an die der jetzige Amtsinhaber natürlich an knüpft. Es ist in Ordnung, wenn man an Bewährtes anknüpft. Das war die erste Vorbemerkung.

Nun zur zweiten Vorbemerkung. Ich werde die Polizeireform heute ausklammern, weil wir für morgen eine gesonderte De batte darüber beantragt haben. Außerdem wird die Polizeire form mit diesem Haushalt noch nicht wirksam. In diesem Haushalt werden die Auswirkungen der Polizeireform noch nicht erkennbar.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Aber die Zeitbombe wird jetzt gelegt!)

Natürlich. Das wird sich künftig auswirken. Das ist gar kei ne Frage. Streng genommen ist das aber nicht das Thema die ses Haushalts. Außerdem haben wir für die morgige Sitzung eine Debatte darüber beantragt. Wundern Sie sich also nicht, dass ich heute nicht darauf eingehe – abgesehen von einer Überschrift.

Die grobe Stoßrichtung dieser Reform ist in Ordnung. Mit die ser Reform werden auch einige sinnvolle Ziele verfolgt. Ich sage aber schon jetzt, dass wir mit der konkreten Durchfüh rung in wesentlichen Punkten nicht einverstanden sind. Dar über wird morgen zu reden sein. Ich hoffe – wie es vorhin an gedeutet wurde –, dass man diese Fehler der Reform, die nicht nur Schönheitsfehler sind, noch korrigiert. Darüber werden wir in den nächsten Wochen und Monaten zu diskutieren ha ben, wenn man Ihr Angebot ernst nimmt, dass Sie die Oppo sition an der Diskussion und an der Gestaltung beteiligen wol len.

Dies möchte ich vorausschicken und nun auf das Innenressort zu sprechen kommen. An dieser Stelle muss ich aus der Sicht einer liberalen Fraktion ganz deutlich sagen, dass die innere Sicherheit nicht nur ein Grundrecht ist, wie es das Bundesver fassungsgericht festgestellt hat. Vielmehr ist die innere Sicher heit auch ein hoher liberaler Wert. Ohne innere Sicherheit gibt es keine Freiheit. Deshalb fühlte sich die liberale Fraktion der inneren Sicherheit schon immer besonders verpflichtet. Die innere Sicherheit ist die Grundlage eines friedlichen Alltags, in dem die Menschen tun und lassen können, was sie möch ten, in dem sie ihre Ziele verfolgen und ihr Leben und ihre Freiheit verwirklichen können.

Deswegen sind wir jederzeit dafür, der Polizei das zu geben, was sie braucht, um vernünftig zu arbeiten.

Das kann man von diesem Haushalt sagen. Manches hat uns im Vorfeld gefehlt. In den Beratungen im Ständigen Ausschuss haben wir darauf hingewiesen, dass die Bekämpfung des

Rechtsextremismus insofern vielleicht nicht ausreichend ge würdigt wird, als zur Bekämpfung des Rechtsextremismus keine personelle Verstärkung vorgesehen ist. Es sind perso nelle Verstärkungen vorgesehen, die wir auch für richtig hal ten, aber nicht in diesem Bereich.

Der Innenminister hat im Ständigen Ausschuss zugesagt, dass er dieses Thema aufgreifen, einem eventuell erhöhten Bedarf im Bereich der Extremismusbekämpfung durch interne Ab ordnungen Rechnung tragen und über solche Schritte dem In nenausschuss berichten werde. Aufgrund dieser glaubwürdi gen Erklärung, dass dieser Mangel beseitigt werde, haben wir unseren Antrag dazu im Ausschuss zurückgezogen.

Es gibt andere Dinge, die wir immer gefordert haben. Dies gilt z. B. für die Zusammenlegung von Rettungsdienst und Feuerwehr unter einem Dach. Wir halten auch die neuen Stel len bei der Polizei für richtig. Dies gilt auch für die 400 zu sätzlichen Stellen im Bereich der Ausbildung bei der Polizei. Ich wage hier zu behaupten: Das hätten wir angesichts des doppelten Abiturjahrgangs genauso gemacht.

(Zuruf von der CDU: So ist es! Das haben wir auch vorgeschlagen!)

Auch sonst werden bewährte Ansätze fortgesetzt und wird vie les getan, von dem man sagen kann: Wir hätten es nicht an ders gemacht.

Dabei möchte ich mir zur Aufstockung der Personalstellen in Klammern die Bemerkung erlauben: Eine noch viel entschei dendere Hilfe für die Polizei im Land wäre es, wenn sie nicht alle zwei Wochen nach Stuttgart ausrücken müsste.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, bravo! In der Fläche präsent sein!)

Insofern wird in Zukunft auch viel von einer demokratisch vorbildlichen Umsetzung des Ergebnisses der Volksabstim mung abhängen. Dann hat es die Polizei nämlich auch leich ter.