Es ist ein Markenzeichen Ihrer Regierung, dass Sie selbstge fällig sagen: „Wurschteln wir einmal so weiter, und die Ziele sollten im Zweifelsfall die nächsten Regierungen erfüllen.“
Die Ziele werden auf 2020 verschoben oder, wie beim Klima schutz und dem entsprechenden Gesetz, auf das Jahr 2050. Da ist man frisch und beherzt dabei, neue Ziele anzugehen. Aber im Hier und Jetzt versagen Sie völlig.
Meine Damen und Herren, im Sinne der Nachhaltigkeit wäre es auch an der Zeit, etwas an der Einnahmesituation des Lan deshaushalts zu verändern, Stichwort Länderfinanzausgleich. Sie nennen ihn selbst „bescheuert“. Über die Wortwahl kann man streiten. Aber darüber, dass der Länderfinanzausgleich ungerecht, dass er wettbewerbsfeindlich ist, sind wir uns, glaube ich, alle einig. Die Frage ist nur: Was tun Sie? Sie wol len keine Klage. Die SPD ist eingeknickt.
In diesem Parlament war die SPD noch vor einem Jahr – wir haben darüber abgestimmt – für eine Klage beim Bundesver fassungsgericht. Aber die SPD ist wieder einmal eingeknickt. Wir sind dies mittlerweile von dieser seltsamen Koalition „auf Augenhöhe“ gewohnt; wahrscheinlich bemisst es sich auch nach der Körpergröße der jeweiligen Verhandlungsführer; das mag sein.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt aber aufpassen! – Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Wieso das? – Abg. Andre as Stoch SPD: Erklären! Der Präsident schaut schon ganz grimmig!)
Der Ministerpräsident hat vor sechs Wochen erklärt, er habe ein Kamingespräch mit seinen Kollegen geführt, das relativ konstruktiv gewesen sei. Herr Ministerpräsident, ich frage Sie ganz konkret: Wo sind Ihre Lösungsansätze? Welche konkre ten politischen Vorschläge haben Sie bisher unterbreitet?
Was haben Sie seit diesem Kamingespräch unternommen, um in der Frage des Länderfinanzausgleichs voranzukommen? Wenn Sie nichts unternommen haben, warum unterstützen Sie dann nicht die Klagebestrebungen von Bayern und Hessen?
Nachhaltigkeit in Bezug auf das Thema Energie: Aus unserer Sicht hat sich das Thema Energie seit dem Sommer 2011 – übrigens nach der Landtagswahl – radikal verändert. Vor knapp einem Dreivierteljahr sind die Beschlüsse gefasst worden, die Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen. Daraus ergeben sich auch für die Union neue Herausforderungen in der politischen Konzeption. Das will ich überhaupt nicht verhehlen. Die Ge danken, die wir bis März 2011 hatten, mussten verändert wer den, um den neuen Herausforderungen aufgrund der Stillle gung der Kernkraftwerke bis zum Jahr 2022 gerecht zu wer den.
Wir haben uns dieser Aufgabe gestellt und hierfür ein Ener giekonzept vorgelegt. Dieses Energiekonzept erschöpft sich
nicht in Zielsetzungen. Wir wollen folgende Ziele erreichen: Für den Klimaschutz wollen wir 30 % Energie einsparen; der Umweltminister will 25 % erreichen. Den Anteil der regene rativen Energieträger an der Energieerzeugung wollen wir auf 35 % ausbauen; Ihr Umweltminister hat sich 38 % vorgenom men. Wir haben zusätzlich gesagt: Energieeffizienz ist das Gebot der Stunde; denn dies dient dem Klimaschutz und trägt zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei. Wenn wir den Stromverbrauch senken, muss gar nicht erst Ersatz bei der Stromproduktion geschaffen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vonseiten der grünroten Landesregierung ist bei der Umsetzung derzeit völlige Fehlanzeige. Ich kann Ihnen nur empfehlen, unser Konzept als Maßstab für die Umsetzung der Energiewende zu nehmen. Denn jetzt sind nicht mehr Zielsetzungen, sondern Taten ge fragt, Taten, die heute und morgen beginnen müssen. Mit die sen Taten ist nicht begonnen worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da werden Sie noch nachlegen müssen. Ich fordere Sie auf, hier umgehend tätig zu werden, denn die Lage ist ernst. Es geht nicht nur um die Ideologie, sondern es geht am Ende auch um unseren Wirt schaftsstandort. Es geht um die Situation der Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer, der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Es darf nicht sein, dass das Thema Energie letztlich die neue soziale Frage der Zehner- und Zwanzigerjahre dieses Jahrhunderts wird. Das muss verhindert werden. Wenn Sie den Bürgerwillen erfüllen, dann sorgen Sie auch dafür, dass es Preisstabilität gibt, dann sorgen Sie dafür, dass nicht nur Ideologien nachgehangen wird,
sondern dass in der Energiepolitik auch ökonomische Prinzi pien greifen. Wir sprechen uns deshalb auch für mehr Wind energie in Baden-Württemberg aus. Aber wir sprechen uns nicht nur für mehr Windenergie in Baden-Württemberg aus, sondern auch für mehr Windenergie an den ökonomisch bes ten Standorten in Deutschland und Europa. Das ist der ganz entscheidende Punkt.
Manche bezeichnen das ja als Wende der Unionsfraktionen. Nein, das ist eine Wende, die sich aus dem Sommer 2011 er gibt, aus den Beschlüssen des Deutschen Bundestags und des Bundesrats.
Meine Damen und Herren, Nachhaltigkeit in Sachen Infra struktur: Für uns hat überragende Bedeutung, dass die Ver kehrsinfrastruktur in allen Bereichen in der Zukunft gesichert, gehalten und weiter verbessert werden muss.
Was tun Sie konkret? Per Saldo 40 Millionen € weniger im Landesstraßenbau. Das ist Ihre Antwort, Herr Minister Her mann. Das ist der Saldo: 40 Millionen € weniger im Landes straßenbau. Dort können Sie konkret handeln. Sie tun es nicht, Sie reduzieren. Die SPD ist abgetaucht, sie ist eingeknickt.
Wo sind denn Ihre Konzepte für eine vernetzte Mobilität, die Sie bereits in Ihrer Regierungserklärung angekündigt haben? Wo war denn bisher die Antwort auf die Frage, wie Mobilität stattfinden soll? Ihre Antwort, Herr Ministerpräsident, war: „Weniger Autos sind besser.“ Sie hätten recht gehabt, wenn Sie gesagt hätten: „Andere Autos sind besser“ – volle Zustim mung hier in diesem Haus, volle Zustimmung von diesem Par lament.
Dann sagen Sie: Straßen müssen ein knappes Gut werden. Herr Ministerpräsident, wo fahren Sie eigentlich?
(Beifall bei der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wer ist dafür verantwortlich? – Abg. Andreas Stoch SPD: Wer hat denn regiert?)
das stimmt. Sie haben das ja bei Gelegenheit auch betont. Da nehmen wir Sie auch nicht in Haftung. Aber wir nehmen Sie dafür in Haftung, dass Sie aus der gegebenen Situation her aus nicht das Bestmögliche für den Wirtschaftsstandort Ba den-Württemberg tun.
Denn Verkehr ist am Ende nicht nur Ideologie. Verkehr ist von zentraler Bedeutung für die Frage des Wohlstands, des Wachs tums in Baden-Württemberg schlechthin. Baden-Württemberg ist nur deshalb nach dem Zweiten Weltkrieg stark geworden, weil die Automobilität, die selbst gesteuerte Mobilität, ermög licht wurde.
Sie wurde ermöglicht durch die Verkehrsinfrastruktur. Das war die grundsätzliche Voraussetzung hierfür. Wer diese Ver kehrsinfrastruktur vernachlässigt,
Meine Damen und Herren, Sie verkennen, dass von dem von Ihnen ideologisch besetzten Thema Automobil im Prinzip Wohlstand und Wachstum in Baden-Württemberg abhängen. Das liegt einfach daran, dass sich durch die selbst gesteuerte Mobilität überhaupt erst Wettbewerbssituationen entfacht ha ben, weil es erst dadurch möglich war, dass Arbeitnehmer vom Ort A zum Ort B kamen, weil es möglich war, dass sich Un
ternehmen nicht nur in Ballungsräumen und verkehrsgünsti gen Bereichen, Flusslandschaften etc., ansiedeln konnten,
weil die individuelle Logistik ihnen per Lkw nachfolgen konn te und auch Arbeitnehmer die Mobilität nutzen konnten, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen.
Das ist Wettbewerb, Herr Ministerpräsident. Wir brauchen in dieser sozialen Marktwirtschaft mehr Wettbewerbssituatio nen, weil Wettbewerb der Treiber für Motivation ist. Wettbe werb ist der Treiber für Innovation. Wettbewerb ist der Trei ber für Wachstum, und Wachstum ist notwendig. Wir brau chen Wachstum. Wir brauchen sogar überproportionales Wachs tum, wenn wir die Demografielasten in der Zukunft einiger maßen erträglich halten wollen.