An den großen Strafkammern werden zusätzliche Richterstel len geschaffen. Damit werden die neuen bundesrichterlichen Besetzungsvorhaben umgesetzt. Künftig werden die Verhand lungen an den großen Strafkammern mit drei Richtern geführt, wodurch letztlich eine Qualitätssteigerung erreicht werden kann.
Für das Jahr 2012 werden 16 Arbeitsgerichtsstellen gesichert, die zum Ende des vergangenen Jahres weggefallen wären. Ge rade im Hinblick auf wirtschaftliche Schwankungen ist dies eine wichtige Maßnahme, um die Leistungsfähigkeit der Ar beitsgerichte im Land zu gewährleisten.
Bereits in diesem Frühjahr legen wir den Grundstein für eine bürgernahe Struktur im Grundbuchwesen. Bürgerinnen und Bürger können zukünftig mittels moderner Technik einfach auf die Grundbuchdaten zugreifen. Durch diese technische Neuerung können künftig mehrere Hundert Stellen eingespart werden.
Die grün-rote Landesregierung hat die Grundbuchamtsreform weiterentwickelt. Zwei weitere Grundbuchamtsstandorte sind vorgesehen. So wird Bürgernähe und personalwirtschaftlichen Aspekten Rechnung getragen.
Weitere Schritte auf dem Weg zu freien Notariaten sind be reits eingeleitet. Die Planungen des Justizministeriums sehen moderne und zukunftsfähige Strukturen für das Notariat in Baden-Württemberg vor. Dies ist unserer Ansicht nach längst überfällig, um einheitliche Regelungen zu schaffen. So wird die Rechtszersplitterung, die es in Baden-Württemberg der zeit aufgrund der vier unterschiedlichen Notariatsformen gibt, überwunden. Die Fraktion GRÜNE wird den weiteren Pro zess der Notariatsreform konstruktiv begleiten, insbesondere im Hinblick auf die konkrete Standortwahl und die Fürsorge für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ein weiteres wichtiges Anliegen der Landesregierung ist die Einrichtung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für den Be reich Doping in Freiburg. Wir sind zuversichtlich, dass die Stadt damit Zentrum der Aufklärung solcher Straftaten wird und nicht nur als Tatort genannt wird.
Eine bürgerfreundliche Justiz liegt mir auch in meiner Funk tion als Schöffe besonders am Herzen. Wir unterstützen da her ausdrücklich die Bestrebungen des Justizministeriums in diesem Bereich. Ein kooperatives Verhältnis zwischen Justiz und Bürgerinnen und Bürgern muss ein zentrales Ziel sein. Nur so stärken wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Rechtsdurchsetzung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es freut mich natürlich sehr, wenn auch von den Kollegen der Opposition, von Herrn Kollegen Hitzler, eigentlich nichts ge funden wird, was am Justizhaushalt zu kritisieren ist.
Das spricht eigentlich dafür, dass in diesem Bereich tatsäch lich die Sachargumente und nicht die Polemik im Vordergrund stehen. Das würde ich mir für viele Bereiche wünschen.
Wenn wir den Bundesvergleich suchen, können wir sicherlich feststellen, dass die Justiz in Baden-Württemberg mit am ef fektivsten und zuverlässigsten ist. Ich gebe Herrn Kollegen Hitzler recht: Es ist auch ein Aushängeschild Deutschlands, dass sich unsere Justiz dadurch auszeichnet, dass der Recht suchende möglichst schnell sein Recht bekommt bzw. wir mit die kürzeste Verfahrensdauer haben.
Hervorzuheben ist insbesondere, dass in Baden-Württemberg, wenn wir den bundesweiten Vergleich heranziehen, die ge ringste Richterdichte herrscht. Dennoch liegen wir ganz an der Spitze, wenn es um die Verfahrensdauer geht. Das, meine ich, ist Ausdruck und auch ein Zeichen dafür, dass die Mitar beiterinnen und Mitarbeiter, nicht nur die Richterinnen und Richter – selbstverständlich auch diese –, sondern auch alle anderen Beschäftigten im Justizbereich, ihre Arbeit hoch mo tiviert machen und hervorragende Arbeit leisten. Ich denke, dafür können wir an dieser Stelle auch einmal Dank sagen.
Wir haben es – wir sprechen heute über den Haushalt – im Justizbereich fast komplett mit einem Verwaltungshaushalt zu tun. Es handelt sich nicht um einen Programmhaushalt, son dern um einen Verwaltungshaushalt, der in Summe – das ein mal zu sehen ist auch interessant – ca. 3,8 % des Gesamtetats ausmacht. Von diesen 3,8 % des Gesamtetats, also von die sem Haushalt der Justiz, entfallen allein 70 % auf Personal ausgaben und weitere knapp 20 % auf Auslagen in Rechtssa chen. Gerade daran können Sie sehen, dass wir in vielem, was die Gestaltung des Haushalts angeht, von bundespolitischen Entscheidungen abhängig sind. Wenn der Bundesgesetzgeber Entscheidungen in der Justiz trifft, z. B über die Besetzung von Richterkammern, dann müssen wir das im Land umset zen und auch im Haushalt abbilden.
Deswegen, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, lohnt es sich nicht, an dieser Stelle über Zahlen zu streiten. Das ist auch korrekt. Die großen Linien in der Justiz sind richtig, und die großen Linien – das wurde auch bereits bestätigt – werden auch fortgeführt. Nur – da ist eben Legendenbildung im Spiel –: Es war sicherlich in der Vergangenheit nicht das Verdienst der CDU-Fraktion, dass es hier im Justizbereich eine Personal ausstattung gibt, die diese Ergebnisse erzeugt, sondern es ist trotz der CDU-Fraktion möglich gewesen, die Personalaus stattung in der Justiz so zu halten,
(Abg. Alexander Throm CDU: Das waren die Sachar gumente, oder? – Zuruf von der CDU: Keine Pole mik!)
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Bernd Hitzler CDU: Wer hat denn die Anträ ge gestellt?)
Wir brauchen in der Justiz aber natürlich auch eine Ausstat tung, sowohl personell als auch technisch, die auf der Höhe der Zeit ist. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren, werden wir uns auch darauf einstellen müssen, dass in den nächsten Jahren Ausgaben für Maßnahmen auf uns zu kommen, mit denen wir es auch auf der technischen Seite er möglichen, dass die Justiz gut funktioniert, auch auf der Hö he der Zeit funktioniert. Wir werden uns auch dem großen Projekt E-Justice stellen müssen. Das Justizministerium hat vor Kurzem das Triberger Symposium zu diesem Thema durch geführt. Ich denke, wir sollten da einige Energie investieren, um auch in diesem Bereich dem Rechtsuchenden möglichst schnell und auch unter Verwendung der neuesten technischen Möglichkeiten sein Recht zu verschaffen.
Wir müssen bei der Diskussion über die Ausstattung der Jus tiz aber auch über das Thema Sicherheit reden. Sie alle haben von den vereinzelt vorkommenden und tragischen Vorfällen gehört, in denen Beschäftigte von Gerichten – Richterinnen, Richter, Staatsanwälte – Opfer von Gewalttaten wurden. An dieser Stelle müssen wir sicherlich eine kritische Diskussion führen und müssen auch eine Abwägung bei der Frage vor nehmen: Wie viel Sicherheit ist notwendig, welche Gefahren sind abzuwehren, und wie viel Offenheit muss unsere Justiz dennoch für den Recht suchenden Bürger zeigen?
Ich glaube, es ist im Interesse aller Fraktionen, dass wir hier eine Diskussion führen und einen Ausgleich dieser beiden Ge
genpole suchen und finden werden, der es möglich macht, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz sicher fühlen, dass sie sich in ihrer Tätigkeit nicht bedroht fühlen müssen, dass aber dennoch der Rechtsuchende nicht ein Ge richt aufsuchen muss, das sich hinter Trutzmauern und Sta cheldraht verschanzt, sondern ein Gericht, das ein offener Be reich ist, in dem die Menschen ihr Recht finden, das also kein Abwehrbereich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dann sind wir schon relativ schnell bei den programmatischen Bereichen, die das Justizministerium in nächster Zeit intensiv beschäftigen wer den. Wir haben da zum einen die Notariats- und zum anderen die Grundbuchamtsreform, die natürlich zu starken Verände rungen auch im Land Baden-Württemberg führen werden. Was die Standorte angeht, was die Nähe der Bürgerinnen und Bürger zu den einzelnen Standorten angeht, wird hier noch ei niges auf uns zukommen.
Ich möchte Sie alle auffordern und bitten, dass wir den Men schen in diesem Land ehrlich sagen, dass es eine Entschei dung ist, die dieses Haus in seiner Gänze getroffen hat, und dass wir uns nicht an einzelnen Standortentscheidungen zer streiten. Denn im Grunde waren wir uns einig, dass wir so wohl mit der Notariatsreform als auch mit der Grundbuch amtsreform eine effektivere Struktur schaffen können, wenn wir eine gewisse Zentralisierung durchführen, wenngleich wir – Sie haben das im Bereich der Grundbuchamtsreform ge merkt – einzelne Entscheidungen schon korrigieren möchten. Denn wenn wir den Eindruck haben, dass unter der Führung der vorherigen Landesregierung teilweise Entscheidungen nach politischer Opportunität getroffen worden sind, dann müssen wir da Korrekturen vornehmen. Dann müssen wir ver suchen, das sachlich Richtige zu tun. Dann müssen wir diese Konzepte an einzelnen Stellen korrigieren, wenngleich ich sa ge: Die Grundlinie dieser beiden Reformen ist richtig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines, was Kollege Hitzler angesprochen hat, möchte ich abschließend noch ein mal ganz deutlich hervorheben.
Wir stehen für einen modernen Rechtsstaat, der seine ho heitlichen Aufgaben effektiv und zuverlässig wahrnimmt.
Das war ein Zitat aus dem Koalitionsvertrag. Sie können da ran schon erkennen, dass wir große Bedenken davor haben, Kernbereiche des hoheitlichen Handelns in die Hand von Pri vaten zu geben. Justiz und Rechtspflege zählen für uns zu den Kernaufgaben staatlicher Hoheitsausübung, die gerade nicht in den Händen Privater sein dürfen.
Kollege Halder hat es angesprochen: Was das Thema Teilpri vatisierung im Justizvollzug angeht, befinden wir uns im Kern bereich staatlichen Handelns. Deswegen haben wir große Be denken, hier Private einzuschalten. Hier muss streng evalu iert werden. Wir müssen uns darüber klar werden, dass wir im Bereich des Justizvollzugs, bei dem es auch um starke Ein griffe in die Grundrechte geht, nicht die Privaten brauchen. Hier gilt es vielmehr, die staatlichen Organe so handlungsfä hig zu machen, dass wir diese Aufgaben in den Händen der staatlichen Organe halten können.
Was die weiteren Punkte angeht, sage ich: Wir sollten uns nicht dem Spuk der Privatisierung ausliefern. Was das Thema „Privatisierung der Bewährungshilfe“ angeht, Herr Kollege Hitzler, braucht man, glaube ich, nur den Rechnungshof zu zitieren. Der Rechnungshof sagt eindeutig, dass der betreffen de Vertrag so schnell wie möglich gekündigt werden sollte, weil im Ergebnis nicht weniger Kosten als bei dem, was wir bisher im Bereich der Bewährungshilfe machen, sondern mehr Kosten entstehen werden.
Ich glaube, dass wir, wenn wir nach einiger Zeit die Tätigkeit dieses privaten Trägers überprüfen werden, feststellen wer den, dass die Effizienz, die vermeintlich in dieser Privatisie rung steckt, letztlich auf dem Rücken der 300 privaten oder ehrenamtlichen Bewährungshelfer erreicht wird. Denn ein pri vater Träger, der profitorientiert arbeitet, hat eben gerade nicht das große Ganze im Sinn. Wir müssen es schaffen, mit den staatlichen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, eine Effek tivität in der staatlichen Verwaltung zu schaffen, die es uns er möglicht, die Bewährungshilfe in staatlicher Hand zu halten. Ich glaube, es gibt keinen Widerspruch zwischen effektiver und guter Bewährungshilfe einerseits und Wahrnehmung durch staatliche Organe andererseits.
Was z. B. den Bereich der Gerichtsvollzieher betrifft – da gab es auch die Idee, dass man durch die Aufgabenwahrnehmung durch Beliehene in den Bereich der Privatisierung geht –,
muss ich Ihnen sagen: Von den Gerichtsvollziehern erhalten Sie eine eindeutige Aussage zu diesem Thema. Die Gerichts vollzieher wollen, dass das bestehende System an die aktuel len Gegebenheiten angepasst wird, dass die Gerichtsvollzie herinnen und Gerichtsvollzieher ihre Arbeit unter klaren Vor gaben machen können. Es gibt vielleicht eine ganz kleine Minderheit, die sich von einer Privatisierung etwas verspre chen würde. Aber der ganz große Teil der Gerichtsvollziehe rinnen und Gerichtsvollzieher will staatliches Vollzugsorgan bleiben. Deswegen sollten wir, glaube ich, auch da eine ganz klare Linie ziehen und zu diesem Spuk der Privatisierung ein deutig sagen: Dieser Bereich ist für Privatisierung nicht ge eignet.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren – Sie ha ben bemängelt, dass noch keine großen Veränderungen er kennbar seien –, werden wir in den nächsten Jahren in eini gen Bereichen doch deutlich neue Akzente setzen müssen.
Das gilt für den Bereich, in dem wir sehr viel deutlicher auf Prävention und Strafverhinderung setzen müssen. Sie haben u. a. die Tätigkeit der Straffälligenhilfe und das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ angesprochen. Das ist aus unserer Sicht ein sehr sinnvolles Projekt. Wir sind der Ansicht, dass wir versuchen müssen, dieses Projekt künftig im Haushalt ab zubilden und die Mittel nicht erst über die Haushaltsberatun gen im Finanz- und Wirtschaftsausschuss einzubringen.
Da muss ich ganz deutlich sagen: Wenn es uns gelingt, Men schen vor dem Strafvollzug zu bewahren und ihnen stattdes sen sinnvolle Aufgaben zu geben, ohne dass der general- und spezialpräventive Aspekt dabei verloren geht, dann sollten wir diesen Weg gehen. Das spart dem Land einen Haufen Geld, und es ist für den Einzelnen noch immer besser, einer sinn vollen Tätigkeit nachzugehen, als vor der Allgemeinheit weg gesperrt zu werden, wodurch wir hinterher große Schwierig keiten bei der Rückführung dieses Betroffenen in die Gesell schaft, bei der Resozialisierung haben. Das wäre der falsche Weg. Wo Strafe vermieden werden kann, müssen wir auch versuchen, Strafe zu vermeiden.
Lassen Sie mich abschließend noch einen Punkt ansprechen, der mir ganz wichtig ist: Auch die Justiz muss im Auge ha ben, dass die Prävention im Zentrum steht. Das ist ein Bil dungsauftrag unserer Gesellschaft, auch was den Bereich der Rechtspädagogik angeht. Deswegen müssen wir versuchen, so früh wie möglich entsprechende Institutionen zu schaffen, die es uns ermöglichen, auf Kinder und Jugendliche einzuwir ken, damit es gerade nicht dazu kommt, dass diese in die Kar riere von Straffälligen geraten, sondern die Kinder und Ju gendlichen davor bewahrt werden und sich damit beschäfti gen, was es eigentlich bedeutet, die Rechte anderer zu verlet zen.
Deswegen möchte ich noch einmal deutlich hervorheben: Es gibt gute Beispiele für diesen Weg wie z. B. das Haus des Ju gendrechts in Stuttgart. Es gibt auch lokal und regional gute Initiativen zu diesem Bereich. Wenn wir einen stärkeren Ak zent im Bereich der Prävention, im Bereich des Bildungsauf trags, auch was die Rechtspädagogik angeht, sowohl im straf rechtlichen als auch im zivilrechtlichen Bereich, setzen, dann wird sich diese Gesellschaft einen großen Dienst erweisen, und wir werden feststellen, dass das, was wir heute dafür in vestieren, gut angelegtes Geld ist, indem es uns hilft, spätere Straffälligenkarrieren zu verhindern.