Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

Ich glaube, diese Stellen werden jetzt auch zu Recht ausge wiesen, weil wir den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen müssen. Wir müssen bei der Sicherungsver wahrung das Abstandsgebot und das Therapiegebot berück sichtigen. Wir sind da in Freiburg auf einem guten Weg. Ich danke allen, die dort vor Ort sehr engagiert arbeiten. Ich wer de auch von den Kolleginnen und Kollegen im Bund benei det, dass wir in Baden-Württemberg auf dem Weg in eine ver fassungsrechtlich konforme Sicherungsunterbringung schon so weit sind. Dabei bedanke ich mich auch für die Unterstüt zung durch den Landtag. Wir können in Baden-Württemberg darauf auch zu Recht stolz sein.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Die Justiz hat in den letzten Jahren, insbesondere von 1995 bis 2001, ca. 1 000 Stellen eingespart. Die Justiz wird auch in den nächsten Jahren Stelleneinsparungen erbringen. Das ist bereits in diesem Haushalt und in den Folgehaushalten ange legt. Die Einzelheiten dazu haben wir im Finanz- und Wirt schaftsausschuss ausführlich diskutiert.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die 40 Stellen, die wir jetzt für die Grundbuchamtsreform brauchen, nicht von heu te auf morgen als Bedarf entstanden sind, sondern sie sind der konkrete Ausfluss des Umstands, dass wir jetzt Aufgaben, die bisher von den Kommunen erledigt wurden, bei den grund buchführenden Amtsgerichten ansiedeln und dafür das ent sprechende Personal brauchen. Das bedeutet, dass wir mittel- und langfristig in diesem Bereich Stellen abbauen. Das ist auf lange Sicht eine strukturelle Stelleneinsparung. Wir werden außerdem damit rechnen können, dass die Ausgleichszahlun gen an die Kommunen für die Grundbuchämter mit der Über führung der kommunalen Grundbücher an die 13 staatlichen grundbuchführenden Amtsgerichte sukzessive entfallen.

Trotz dieser schwierigen Situation – ich bin dem Finanzmi nister und auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Mi nisterium für Finanzen und Wirtschaft dankbar für die kons truktiven Gespräche und Verhandlungen – ist es, glaube ich, gut, dass wir einige Akzente setzen konnten. Insbesondere das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ ist erwähnt worden. Dieses Projekt mindert Haftzahlen und vermeidet mittel- und lang fristig die Unterbringung von Gefangenen. Es ist ein Präven tionsprogramm, ein gutes Programm, das Haftplätze einspart. Daher ist es nicht nur ein Sparbeitrag, sondern auch ein Bei trag zur Senkung von Rückfallgefahr und Kriminalität. Ich bin dankbar, dass wir dieses Projekt finanzieren.

Herr Hitzler, natürlich wäre es uns recht gewesen, wenn wir das seit Langem über den Haushalt finanzieren könnten. Die Fraktionen haben uns jetzt dankenswerterweise geholfen – zu nächst die Regierungsfraktionen, und die Oppositionsfrakti onen sind dann im Finanzausschuss nachgezogen. Dafür bin ich dankbar. Aber wenn Sie jetzt anmahnen, warum bisher noch keine Ausweisung von Mitteln im Haushalt dafür mög lich war, kann ich nur sagen: Was Sie in Jahrzehnten nicht ge schafft haben, müssen wir nicht alles in acht Monaten machen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Bernd Hitzler CDU)

Ich bin aber trotzdem erfreut über Ihr Signal, Herr Hitzler, dass wir uns beim Thema Therapie verstärkt aufstellen. Da haben Sie ein eindeutiges Angebot gemacht. Ich greife das gern auf und komme darauf zurück. Denn wenn wir unsere Konzeption so, wie wir sie begonnen haben, fortsetzen wol len, werden wir mit den Therapieplätzen, mit den Therapie einrichtungen, mit dem Personal in der Therapie, das wir jetzt haben, auf Dauer nicht auskommen. Da brauchen wir dann auch mehr Bewerber, die wir einstellen können. Da bitte ich Sie dann auch um Ihre Unterstützung sowie darum, dass Sie diese Unterstützung auch im Haushalt sichtbar werden lassen.

Ich freue mich auch darüber, dass es uns trotz der schwieri gen Haushaltslage gelungen ist, einvernehmlich mit den Frak tionen Gelder für die Betreuung von Kindern von Justizbe diensteten zur Verfügung zu stellen. Dabei geht es nicht um ein elitäres Hilfsprogramm für Familien von Richtern und

Staatsanwälten. Das Angebot steht natürlich auch diesen of fen, aber es sind alle Bereiche der Justiz eingeladen, diese Ein richtungen zu nutzen. Ich freue mich, dass das gelungen ist. Wir, der Staat, die Justiz, haben in diesem Bereich auch eine Vorbildfunktion. Wir können nicht immer nur politisch drau ßen im Land die Vereinbarkeit von Familie und Beruf predi gen; wir müssen das auch in unserem Haushalt zeigen. Auch in diesem Bereich muss der Staat, muss das Land Vorbild sein.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie der Abg. Karl Zimmermann CDU und Dr. Ulrich Goll FDP/ DVP)

Liebe Kollegen, Sie haben vorhin in der Debatte die Zukunft der Justiz in Baden-Württemberg angesprochen und einige wichtige Projekte bereits benannt. Damit bin ich auch bei den von Ihnen, Herr Hitzler, angesprochenen Akzenten. Ich hof fe, dass Sie mit dem Tempo, das wir dann vorlegen müssen,

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

dann auch mitkommen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich freue mich da auf Ihre Unterstützung.

Zu Recht ist die Grundbuchamtsreform angesprochen wor den. Da sind wir schon sehr weit. Sie wissen, dass wir das Standortkonzept für die Notariate bereits im Umlauf haben. Die grundbuchführenden Amtsgerichte stehen bereits fest. Das ist ein großes Reformwerk. Was den Umfang angeht, ist es vergleichbar mit der Verwaltungsreform, die Erwin Teufel in itiiert hat. Die Grundbuchamtsreform und die Notariatsreform bringen eine massive Veränderung der Justizlandschaft mit sich, wie sie dieses Land in den vergangenen Jahrzehnten nicht gesehen hat.

Wichtig ist bei der Grundbuchamtsreform, dass wir dort die Bürgernähe wahren und den Service für die Bürger erhalten. Das Grundbuchamt muss auch in Zukunft Dienstleister für unsere Bürgerinnen und Bürger sein. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg.

Was die Notariatsreform angeht, ist es in der Tat so, dass es viel weniger Notare geben wird. Das war klar; das Konzept war immer so angelegt. Es war klar, dass wir Notaraufgaben an die Gerichte bringen und deshalb das notarielle Geschäft zwangsläufig reduziert wird. Deshalb wird es auch weniger Notarstellen geben.

Ich bekomme jetzt natürlich viele Briefe von Bürgermeistern, von Landräten, aus allen Schichten, die sagen, man müsse die Notarstelle vor Ort erhalten. Dazu muss ich sagen: Notare ar beiten künftig freiberuflich auf eigenes Risiko. Sie sind Un ternehmer wie Rechtsanwälte und Steuerberater. Das Land macht lediglich eine Bedarfsprüfung nach der Bundesnotar ordnung. Die müssen wir machen.

Ein Notariat muss auch auskömmlich sein. Das Schlimmste wäre, wenn ein Notariat aus wirtschaftlichen Gründen aufge ben müsste. Stellen Sie sich vor, Notare aus der Beamtenschaft wechselten ins freiberufliche Notariat und Bedienstete aus den Servicebereichen gingen mit, und dieses Notariat stünde vor dem wirtschaftlichen Ruin. Seriöse Politik gebietet es uns, da

rauf zu achten, dass diese Notariate auskömmlich sind. Wenn ein erhöhter Bedarf besteht, dann besteht sicher die Möglich keit, à la longue weitere Notarstellen zu schaffen. Aber jetzt sollten wir darauf achten, dass wir seriös und wirtschaftlich die Voraussetzungen schaffen, damit diese Notariate effektiv arbeiten können.

Zu den Entwicklungen, die uns in der Justiz bevorstehen, ei nige wenige Sätze: Wir führen unser Haftentwicklungskon zept weiter. Sie kennen die Diskussionen um Rottweil, wo derzeit ein neuer Standortsuchlauf für den Neubau einer Jus tizvollzugsanstalt stattfindet. Die entsprechende Ausschrei bung für ein geeignetes Grundstück hat das Finanzministeri um vorgenommen. Dieses Haftentwicklungskonzept setzt da rauf, moderne Haftanstalten zu schaffen, die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine menschenwürdige Unter bringung von Strafgefangenen Rechnung tragen und es uns außerdem ermöglichen, kleinere, völlig unwirtschaftliche und veraltete Hafteinrichtungen zu schließen, deren Sanierung sich nicht mehr lohnt. Das sind zum Teil denkmalgeschützte Ge bäude, und es besteht ein hoher Sanierungsbedarf. Dort kön nen wir nicht auf Dauer modernen Strafvollzug realisieren.

Was uns natürlich vor allem beschäftigt – auch das ist zu Recht angesprochen worden –: Wir arbeiten an einem Sicher heitskonzept. Die Justiz in Baden-Württemberg war bisher ei ne sehr offene Einrichtung. Das soll sie auch bleiben, aber wir müssen den Sicherheitsbelangen der Bediensteten und der Öf fentlichkeit Rechnung tragen.

Deswegen arbeitet im Justizministerium bereits seit dem letz ten Jahr eine Kommission, die zielgenau für alle Einrichtun gen der Justiz in diesem Land – das sind sehr viele – ein Kon zept erarbeitet. Diese zielgerichtete Konzeption erarbeiten wir zusammen mit den Beteiligten vor Ort, mit den Geschäftslei tungen der einzelnen Einrichtungen, damit wir punktgenaue Lösungen für die Einrichtungen vor Ort finden.

Erstens kann ich sagen – ich schließe an das an, was heute Morgen schon zur Polizei gesagt wurde –: Wenn wir Sicher heit ernst nehmen, dann kostet das Geld. Es sind bauliche Maßnahmen erforderlich, es ist Ausbildung erforderlich, ins besondere für die Wachtmeister. Wir brauchen mehr Wacht meister, die zusätzlich ausgebildet werden. Das ist ein schma ler Grat. Wir müssen auch die Öffentlichkeit der Gerichte ein halten. Auch das ist ein verfassungsrechtliches Gebot.

Ich bitte Sie um Unterstützung, wenn wir die entsprechenden Haushaltsmittel beantragen. Das wird schon beim Haushalt 2013/2014 der Fall sein.

Ich möchte noch die Bewährungshilfe ansprechen, Herr Hitz ler. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Bewährungshilfe ergebnisoffen evaluieren. Dazu finden um fangreiche Untersuchungen statt. Das machen wir im Laufe dieses Jahres und werden im Jahr 2013 einen Bericht zu die ser Evaluation vorlegen – so haben wir das dem Landtag auch zugesagt –, und dann wird dieser Landtag entscheiden, wie es weitergeht. Es findet also eine ergebnisoffene Evaluierung statt.

Zu Offenburg nur so viel: Wir werden hierfür in diesem Haus halt noch keine Mittel benötigen, aber wir werden in den Fol gejahren natürlich die entsprechenden Haushaltsmittel bereit

stellen müssen und die Überführung aus der teilprivatisierten Haftanstalt in die staatliche Form der Haftanstalt im Einzel nen konzeptionell darlegen.

Herr Hitzler, was die Fußfessel angeht, unterliegen Sie, glau be ich, einem kleinen Irrtum. Die Fußfessel ist eine Maßnah me der Führungsaufsicht für schwere Straftäter; die gibt das Strafgesetzbuch vor. Alle Fraktionen haben dem zugestimmt. Wir haben das entsprechende Ratifizierungsgesetz hier behan delt. Die Überwachung erfolgt in Hessen. Die Kooperation mit uns läuft hervorragend. Das gilt für schwere Straftäter, de ren Aufenthalt man in dieser Weise kontrollieren und be schränken kann.

Parallel läuft die Erprobung der baden-württembergischen Fußfessel

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mit Landeswap pen!)

bei leichten Straftaten oder für Ersatzfreiheitsstrafen. Dazu läuft ein Modellversuch, wie Sie, Herr Hitzler, wissen. Des sen Ergebnisse werden wir zu gegebener Zeit hier vorlegen. Dann werden die Fraktionen entscheiden, ob wir das in Ba den-Württemberg für diesen Bereich weiterführen.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Landes wappen!)

Ich möchte noch einen Punkt erwähnen: Diese Regierung ist mit der Überschrift „Politik des Gehörtwerdens“ angetreten. Das setzt die Justiz auch im Inneren fort. Wir werden deshalb das Landesrichtergesetz ändern und die Mitwirkungsrechte der Richter und Staatsanwälte stärken. Insbesondere werden wir ihren Einfluss bei Beförderungen stärken. Denn diese hän gen im Wesentlichen davon ab, wie die Erprobung in der Ab ordnung bewertet wird. Da bestand bisher nach unserer Auf fassung keine hinreichende Transparenz in der Justiz. Die Pra xis haben wir bereits geändert. Wir werden das durch eine No vellierung des Landesrichtergesetzes entsprechend gesetzlich regeln, um auch insoweit ein Stück Transparenz von Entschei dungsabläufen in der Justiz in die Öffentlichkeit zu vermit teln.

Sie sehen, wir haben ein großes Programm vor uns. Da bitte ich Sie um Ihre Mithilfe, um die Mithilfe aus dem Parlament. Wir benötigen aber wie bisher auch die Mithilfe aller Bediens teten in der Justiz, bei denen ich mich an dieser Stelle für ih re engagierte Arbeit ganz herzlich bedanke. Sie ist gelobt wor den. Dieses Lob kann ich nur an alle weitergeben, die in der Justiz tätig sind, insbesondere natürlich auch an die Mitarbei terinnen und Mitarbeiter in meinem Ministerium.

In den Dank möchte ich an dieser Stelle die ehrenamtlich tä tigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausdrücklich einbezie hen. Viele in der Justiz arbeiten ehrenamtlich. Es sind dies Schöffinnen und Schöffen, es sind ehrenamtlich tätige Betreu erinnen und Betreuer, es sind engagierte Menschen in der Ge fangenenbetreuung, in der Bewährungshilfe. Auf allen Ebe nen haben wir ehrenamtlich Engagierte, die das Thema Jus tiz, die die Probleme der Justiz in die Öffentlichkeit hinein vermitteln und einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass Justiz auch in der Öffentlichkeit verstanden wird. Damit wird auch ein Beitrag zur Akzeptanz der Justiz in der Öffentlich keit geleistet. Dafür herzlichen Dank.

Ihnen danke ich jetzt herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, mir lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen deshalb in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Einzelplan 05 – Justizministerium. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Finanzen und Wirtschaft, Drucksache 15/1105.

(Unruhe – Abg. Claus Schmiedel SPD: Aufpassen jetzt!)

Ich rufe die Ziffern 1 bis 12 der Beschlussempfehlung und da mit die

Kapitel 0501 bis Kapitel 0512

gemeinsam auf. Wer stimmt diesen zwölf Kapiteln zu? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist diesen Kapiteln einstimmig zugestimmt.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Beratung des Einzelplans 05.

Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass die 9. Sit zung des Ständigen Ausschusses 15 Minuten nach Eintritt in die Mittagspause der Plenarsitzung im Friedrich-Ebert-Saal beginnt.

Mit Blick auf diese Sitzung schlage ich vor, wenn Sie einver standen sind, dass wir die Plenarsitzung um 14:00 Uhr fort setzen. – Herzlichen Dank.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:34 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:00 Uhr)