Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

In der Vergangenheit hat sich leider immer wieder gezeigt, dass die Ziele im Energiekonzept der vorherigen Landesre gierung an vielen Stellen weit hinter dem zurückliegen, was schon heute möglich ist oder andernorts bereits praktiziert wird.

Als Beispiel möchte ich nur die Fotovoltaik nennen, bei der wir mit 3 % Anteil an der Stromerzeugung schon heute das Ziel der vorherigen, schwarz-gelben Landesregierung für das Jahr 2020 erreicht haben.

Beim Ausbau der Windenergie rangiert Baden-Württemberg, das sonst immer als Musterland gilt, im bundesdeutschen Ver gleich bisher auf einem der letzten Plätze. Warum? Nicht weil in unserem Land zu wenig Wind wehen würde, sondern nur weil die CDU diese Technologie aus rein ideologischen Grün den in den letzten Jahren verhindert hat. Dass bei Ihnen da nun zumindest teilweise ein Umdenkprozess stattgefunden hat, ist positiv.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zimmermann?

Einen Moment. – Bei gerade einmal 5 % Windstrom aus Onshoreanlagen, wobei Rhein land-Pfalz schon heute einen Anteil von rund 8 % Windstrom hat, ist das aber weniger als halbherzig.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Ich beende erst meine Ausführungen zur Windenergie, und dann kommen wir zu Ihrer Zwischenfrage.

Rheinland-Pfalz ist sicherlich nicht durch Windräder ver schandelt worden, weil dort jetzt 8 % der Energie mit Wind kraftanlagen produziert werden.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Rechentricks – ich beziehe mich jetzt auf das Energiekonzept, das in der vergangenen Woche von Herrn Nemeth und Herrn Hauk von Ihrer Fraktion der Öffentlichkeit vorgestellt wurde –, bei denen man Offshorewindanlagen zur baden-württem bergischen Stromproduktion addieren will, um dann auch auf 35 % zu kommen, damit man etwa auf dieselbe Größenord nung wie die Landesregierung mit 38 % kommt, helfen eben auch nicht.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Sie haben das Konzept nicht verstanden!)

Man kann den Windpark Baltic 1 in der Ostsee, den wir bei de wollen, der für die Energiewende wichtig ist, nur einmal dazuschlagen:

(Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

entweder bei Mecklenburg-Vorpommern oder bei uns. Wir müssen uns auch bewusst sein – vor allem Sie müssen sich dessen bei Ihrem Energiekonzept bewusst sein –, dass es bei der Netzsituation, die wir haben, im Augenblick sehr, sehr schwierig wird, einen Anteil von 5 % aus Offshoreanlagen zu decken. Dafür müssen zusätzliche Netze gebaut werden. Da her würde ich auch einmal hinterfragen, ob diese 5 %, so gern ich sie auch hätte, wirklich möglich sind, selbst dann, wenn die vier Investitionen, die die EnBW mit der Kapitalspritze tätigen will, die wir ihr jetzt geben werden, auch tatsächlich kommen.

(Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

Herr Zimmermann hat eine Zwischenfrage.

Herr Kollege Stober, ich fra ge jetzt Sie. Dadurch verschone ich nachher den Minister; er kennt meine Zahlen.

Er hat aber mehr Redezeit. Das würde ich gern abdrücken.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ja, er hätte keine Redezeit beschränkung. Da gebe ich Ihnen recht.

Wie beurteilen Sie folgende Zahlenwerte? Dienstagvormittag – das Klima ist etwa gleich geblieben –, 11:30 Uhr, Situation der Energieversorgung und des Energiebedarfs in BadenWürttemberg: knapp 10 600 MW Verbrauch in Baden-Würt temberg. Der Verbrauch steigt noch an, gegen 12:00 Uhr sind es über 10 660 MW. Das ist ein recht hoher Bedarf – aufgrund der Kälte.

Wir haben an der Küste eine Windsituation zwischen 6 und 10 Beaufort. Da geht kein Segler mehr aufs Wasser, weil er das Boot nicht mehr hält. Wir haben hier an Land onshore ge ringe Windstärken. Aber Wind ist dennoch da.

Unsere über 300 Windräder in Baden-Württemberg produzie ren – –

(Abg. Walter Heiler SPD: Wo ist die Frage? – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Die Frage lautet: Wie beurteilen Sie folgende Zahlen? Jetzt lassen Sie mich es doch sagen, damit Sie auch etwas lernen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

In dieser Zeit produzieren unsere über 300 Windräder 3 MW, und unsere nahezu 22 000 Windräder offshore und onshore produzieren 658 MW.

(Abg. Walter Heiler SPD: Komma drei!)

Ich lasse mir die Zahlen gerade jeden Tag aktuell geben. Ich möchte Sie nur fragen: Wie wollen Sie im Land Baden-Würt temberg ein Ziel von 10 % erreichen, wenn Sie nur 1 200 oder 1 500 Windräder bauen wollen?

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Sie werden das bei diesem Energiebedarf nie erreichen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Gott sei Dank werden durch Fotovoltaik in derselben Zeit in Baden-Württemberg 1 536 MW produziert. Bundesweit sind es 15 000 MW. Wie beurteilen Sie die Windstromproduktion, obwohl Wind gegeben war, insbesondere offshore?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist keine Frage mehr! – Zurufe der Abg. Walter Heiler SPD und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Uns muss klar sein – aber da be steht auch Konsens –: Wir haben gerade bei den erneuerbaren Energien, insbesondere bei Fotovoltaik und bei Wind – das ist volatil –, einmal unheimlich viel, manchmal auch so viel, dass wir es nicht abnehmen können, und manchmal zu wenig Leis tung. Das wird sich mit dem Ausbau zwar etwas verändern, aber grundsätzlich so bleiben. Deswegen brauchen wir Ant worten

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich brauche jetzt ei ne Antwort von Ihnen!)

im Bereich der Speichertechnologie. Da haben wir Pumpspei cherkraftwerke wie Atdorf. Wir gehen auch in Projekte hin ein, beispielsweise in Forschungsprojekte wie die des ICT in Pfinztal – das ist ja schon angesprochen worden – zu RedoxFlow-Batterien oder in Projekte zu Power to Gas. Das ist ein Ansatz.

Beim anderen Ansatz – er ist im Energiekonzept der CDU ent halten und ist auch richtig – ist die Stromproduktion im Au genblick durch flexible Gaskraftwerke zu ergänzen, die man zuschalten kann, wenn es problematisch ist. Nur braucht man dann eben – aber das geht die Landesregierung an – auch Kon zepte, die die Grundlage dafür schaffen, dass Leute letzten Endes auch bereit sind, in solche Anlagen zu investieren. In Karlsruhe ist ein neues Gaskraftwerk planfestgestellt, aber es wird nicht gebaut, weil es sich nicht rentiert.

Deswegen bin ich sehr froh, dass die Landesregierung derzeit keine Schnellschüsse macht, sondern die Grundlagenarbeit, um Konzepte zu entwickeln, damit man das am Markt ent sprechend platzieren kann. Wir brauchen Instrumente, die hel fen, die dafür sorgen, dass es letzten Endes zu den Investitio nen kommt, die aber gleichzeitig das, was wir als Land, als öffentliche Hand an Finanzmitteln hineingeben, nicht über borden lassen. Ich glaube, das ist die richtige Arbeit, die die Landesregierung macht. Ich bin auch der festen Überzeugung, meine Damen und Herren, dass damit das Ziel, das wir uns vorgenommen haben, erreicht werden kann.

Allerdings ist auch klar, dass die politischen Rahmenbedin gungen dafür stimmen müssen. Das heißt zum einen, dass wir die ideologische Blockade gegenüber der Windkraft im Land Baden-Württemberg endlich überwinden müssen. Ich habe vernommen, dass zu einem relevanten Teil dessen schon Dis kussionen stattfinden bzw. dass es auch schon passiert und die notwendigen Korrekturen im Landesplanungsgesetz vorge nommen werden müssen. Wir sind der Landesregierung da her sehr dankbar, dass sie den Gesetzgebungsprozess dafür in die Wege leitet.

Aber zum anderen muss man auch sagen, Herr Lusche: Wir müssen die jetzigen Teilpläne Wind außer Kraft setzen. Dazu braucht man eine strategische Umweltprüfung und entspre chende Verfahren, über die sich eine Landesregierung nicht einfach hinwegsetzen kann. Deswegen wird das nach Recht und Gesetz passieren. Ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Regi onalpläne aufgehoben sind, zu dem wir dann hoffentlich gu te neue Planungen, auch durch die Regionalverbände und die Kommunen, haben, wird die Sache auch brummen und eine ähnliche Entwicklung nehmen wie in Rheinland-Pfalz. Davon bin ich überzeugt. Aber man muss eben auch an diese Stelle herangehen.

Es hat auch niemand gesagt, dass wir nur auf Windenergie set zen würden. Das Konzept enthält insbesondere auch einen großen Teil Fotovoltaik. Aber das, was auf Landesebene ge regelt werden muss, was wir gesetzgeberisch machen müssen, ist das Landesplanungsgesetz. Auf Bundesebene, insbesonde re hinsichtlich der Fotovoltaik, setze ich auch auf Ihre Unter stützung. Sie haben in Ihrem Konzept 8 % Stromproduktion aus Fotovoltaik drin. Deswegen finde ich es wichtig, dass Sie mithelfen, Philipp Rösler und seine Freunde an die Kandare zu nehmen, damit dieser Unsinn, die Fotovoltaik abzuwürgen, indem man die Förderung auf 1 000 MW im Jahr begrenzt, ein Ende hat. Da setze ich auch auf die CDU/CSU-Bundes tagsfraktion, damit diesem Unsinn ein Riegel vorgeschoben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Herr Kollege, ich warte noch auf die Antwort!)

Die haben Sie bekommen; ich gebe sie Ihnen sicher nicht ein zweites Mal.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE zu Abg. Karl Zimmer mann CDU: Kommen Sie morgen mit den neuesten Zahlen wieder! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmer mann CDU: Die gebe ich Ihnen morgen! – Gegenruf des Abg. Walter Heiler SPD: Auch wenn er sie nicht will!)

Morgen bekommt sie dann der Nächste.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich würde jetzt gern weiterreden, Herr Zimmermann.

Entscheidend für den Klimaschutz in Deutschland ist heute, dass Baden-Württemberg in den letzten Monaten in Bezug auf den Bund vom Bremser zum Motor geworden ist. Beispiele dafür sind das EEG oder die steuerliche Förderung energeti scher Sanierungen und die Novellierung des Kraft-WärmeKopplungsgesetzes, bei denen sich unsere Landesregierung gerade sehr aktiv um einen Kompromiss bemüht. Ich danke Franz Untersteller und der Landesregierung für das augen blickliche Engagement. Wir sind noch nicht am Ziel. Gestern tagte der Vermittlungsausschuss, morgen tagt der Bundesrat. Aber ich glaube, dieses Engagement ist sehr, sehr wichtig und ist in viele andere Initiativen eingebettet. Ich möchte insbe sondere an das große Engagement erinnern, das Winfried Kretschmann zu dem Zeitpunkt, als es um den Atomausstieg ging, gezeigt hat, um zu diesem Kompromiss zu kommen