Dies könnte ein großer Schritt für die CDU sein, wenn wirk lich alle oder – sagen wir es einmal realistischer – die Mehr heit von Ihnen diese Ansage mit Leben und politischem Ent scheidungsverhalten füllt. Verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger politischer Verhaltensstarre kann sich die CDU bei diesem Thema nicht mehr leisten.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist schön, dass Sie sich Gedanken um uns machen! – Gegenruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)
Es ist erfreulich, wenn die Rolle der Opposition zu solchen Erkenntnissen führt, die in Zeiten der CDU-FDP/DVP-Regie rung für die CDU anscheinend nicht möglich waren.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr oberlehrerhaft! – Glocke des Präsidenten)
Frau Schneidewind-Hartnagel, Sie haben vorhin ähnlich wie Kollegin Gurr-Hirsch ausgeführt, wie gut Frauen heute ausgebildet sind und wie erfolgreich sie in beruflichen Ausbildungen wie auch in Hochschulausbildun gen sind.
Dann habe ich Sie aber so verstanden, dass Frauen weiterhin Opfer seien, nämlich Opfer der äußeren Verhältnisse, der Rah menbedingungen, die in diesem Land überhaupt noch nicht so seien, wie sie Ihrer Meinung nach sein sollten.
Ich bin mit dieser einseitigen Zuweisung nicht einverstanden und möchte Sie fragen, welche Empfehlung Sie vielleicht an diese gut ausgebildeten, selbstständig denkenden Frauen ha ben, denen man sicherlich auch etwas zutrauen könnte. Wür den Sie vielleicht auch eine Empfehlung in Richtung der Frau en selbst geben wollen, wie die Dinge zu verändern sind?
Ich wür de alle Frauen auffordern, auch politisch dafür zu sorgen, dass ihre Interessen so umgesetzt werden, wie es für sie weiterhin von Vorteil ist.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Mager, mager, mager! Das ist die Pro grammatik der Grünen!)
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zu Beginn, dass ich am Vortag des Internationalen Frauentags einen Dank an alle Frauen ausspreche, einen Dank an die Frauen als Mütter, als Familienmanagerinnen, als Unternehmerinnen, als Mitarbei terinnen, als Führungskräfte, im Ehrenamt und in der Politik, einen Dank an sie am Vortag des Internationalen Frauentags.
Dass Geschlechtergerechtigkeit Teil des modernen Demokra tieverständnisses ist, ist, glaube ich, heute auch deutlich ge worden. Es steht außer Frage und wird auch von unserer Frak tion unterstützt, dass eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen auch eine Entgeltgleichheit erfordert, nicht zuletzt des halb – das hat man auch in anderen Ländern in der Wirt schaftskrise gesehen –, weil man, wenn beide Partner berufs tätig sind und qualifiziert sind, Arbeitsplatzverluste und finan zielle Schwierigkeiten in der Familie besser abfedern kann.
Die aktuelle Situation – Frau Schneidewind-Hartnagel hat es angesprochen – ist: Wir begehen seit einigen Jahren den Equal Pay Day, der in Deutschland in diesem Jahr auf den 23. März fällt. In der Bundesrepublik beträgt der Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Einkommen der Männer und dem der Frauen 23 %. Bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit beträgt die Entgeltdifferenz laut Statistik 8 %. Diese 8 % sind – da sind wir uns sicher einig – zu viel. Wenn man jetzt sagt, in Ba den-Württemberg sei die Differenz noch höher, dann muss
man wissen: Das liegt natürlich auch an der Situation, dass wir sehr viele Industriearbeitsplätze haben, die im Vergleich zu den Arbeitsplätzen in anderen Bundesländern ganz anders vergütet werden.
Wir haben die Beispiele Schlecker und Porsche gehört. Ich habe hier einen Zeitungsartikel vom 1. März.
Auch darin wird die erwähnte Differenz deutlich. Einerseits schreibt man hier über Schlecker in der Insolvenz, und ande rerseits schreibt man darunter, dass Porsche eine Rekordprä mie zahlt. Dadurch wird eine extrem höhere Abweichung deutlich, als es sie in anderen Bundesländern gibt.
Erfreulich ist: In Baden-Württemberg sind heute 66 % mehr Akademikerinnen in Beschäftigung als noch vor zehn Jahren – über 61 000 zusätzliche Akademikerinnen –, und große Un ternehmen holen bei der Frauenförderung auf. Aber es gibt weiterhin große Defizite im Bereich der Führungsfunktionen und auch im Bereich der Vorbildfunktion für die Kinderbe treuung und für familienfreundliche Arbeitsbedingungen.
Ein weiteres Thema ist der Fachkräftemangel, der in BadenWürttemberg viele mittelständische Unternehmen trifft und der natürlich die Problematik der Bewertung der Entgelt gleichheit als ganz andere Herausforderung darstellt. Denn wenn Sie einen Bewerbermangel haben und Vergleiche mit den früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern heranziehen, werden ganz andere Herausforderungen deutlich, die es heu te gibt.
Die Ursachen dafür, dass Frauen in bestimmten besser bezahl ten Berufen fehlen, sind: Sie sind natürlich wesentlich stärker von Erwerbsunterbrechungen betroffen, das heißt, sie bleiben mehr zu Hause. Teilweise sind für Frauen im Vergleich zu den Männern Arbeitsklima und Arbeitsqualität wichtigere Grad messer als das Arbeitsentgelt. Außerdem gibt es traditionelle Rollenbilder – ich sage das ganz wertneutral; auch dies gehört zur Wahlfreiheit. Aber auch darin liegt eine der Ursachen.
Es gibt bereits Gesetze. Das Grundgesetz wurde vom Herrn Präsidenten angesprochen. Ich will noch ein anderes anspre chen: Im Jahr 2006 wurde das AGG, das Allgemeine Gleich behandlungsgesetz, verabschiedet. Wenn wir zu den Maßnah men kommen, ist das auch ein Punkt. Da muss man sagen: Wir haben hier ein Gesetz, das die Gleichbehandlung einfor dert. Deshalb mein Appell, wenn es um Maßnahmen geht: Wir müssen die bestehenden Gesetze stärker zur Anwendung brin gen, statt immer wieder neue Gesetze zu implementieren, die für den Mittelstand vielleicht schwer umzusetzen sind.
Der zweite Bereich ist die Vereinbarkeit von Familie und Be ruf, ein dritter die Berufswahl: mehr Frauen in die MINT-Be rufe, mehr Wiedereinsteigerprogramme, mehr Existenzgrün derinnenprogramme. Dazu hat schon die vorherige Landesre gierung eine Vielzahl von Programmen aufgelegt, die jetzt er freulicherweise weitergeführt werden.
Steuerliche Korrekturen wurden schon angesprochen: Ein Stichwort ist das Ehegattensplitting, auch wenn es nur unter jährig Unterschiede macht. Aus eigener beruflicher Erfahrung weiß ich, dass dies eine Schwierigkeit darstellt, gerade in Teil zeitfunktionen. Das belastet häufig auch die Einstufung. Des
wegen ist das Thema Ehegattensplitting sicherlich ein richti ges Stichwort. Ein zweiter Punkt ist die kalte Progression, die in diesen Bereich ebenfalls sehr stark hineinspielt und die es abzuarbeiten gilt.
Ein entscheidender Punkt sind die Sensibilisierung und die Unterstützung der Wirtschaft beim Thema Chancengleichheit. Wir brauchen eine familienbewusste Personalpolitik. Ziel muss sein, unbefristete existenzsichernde und dauerhafte voll zeitnahe Arbeitsverhältnisse zu schaffen.
Früher haben wir uns in der Unternehmensführung über die Materialien unterhalten, über die Waren, die Produkte, über Dienstleistungen. Dann hat man eine Zeit lang erkannt, dass die Kunden im Mittelpunkt stehen. Inzwischen stehen die Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter – man spricht vom „Marketing 3.0“ – im Fokus. Der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen beruht auf Menschen, auf ihrer Kreativität, ihren Ideen, ihrer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft. Da ist das Stich wort Motivation ganz, ganz entscheidend. Wenn man moti vierte Mitarbeiter hat – häufig sind das Teams in Unterneh men –, dann hat man die Chance, erfolgreich zu arbeiten. Da helfen Programme zum Abbau von Lohnunterschieden we nig, wenn Unternehmerinnen und Unternehmer nicht erken nen, dass man für den wirtschaftlichen Erfolg auf Motivation setzen muss.
Sie haben sich zum Ziel gesetzt, dass Baden-Württemberg zum Musterland für gute Arbeit wird. Das wurde auch vom Herrn Ministerpräsidenten angesprochen. Wenn ich von der Motivation ausgehe, dann haben Sie, muss ich sagen, aus mei ner Sicht einen Fehlstart hingelegt. Wenn ein Unternehmen Rekordergebnisse erzielt, aber dann sagt: „Die Tariferhöhung verschieben wir um sieben Monate“, dann habe ich ein ande res Verständnis von Motivation. Das ist ein klassischer Fehl start.
Warum gibt es auch in schwierigen Branchen Unternehmen, die erfolgreich sind? Diese Unternehmerinnen und Unterneh mer setzen auf das Thema Motivation. Da spielt es gar keine Rolle, ob man Programme hat; diese Unternehmer machen sich vielmehr Gedanken darüber, wie sie erfolgreich sind, wie sie im Team erfolgreich sind und wie sie auch mit Männern und Frauen im Team erfolgreich sind. Geschlechtergerechtig keit ist also eine Notwendigkeit, und ich freue mich, dass im mer mehr Unternehmen diese moderne Unternehmensführung sehen.
Meine persönliche Einschätzung: Eine leicht handhabbare und eventuell auch befristete Quote für DAX-Unternehmen dürf te den Unternehmenserfolg eher beflügeln. Das ist meine per sönliche Meinung dazu.
Wenn Sie in diesem Bereich neue Initiativen starten, ist mei ne Bitte, dass Sie auch die Unternehmerinnen und Unterneh mer des Mittelstands entsprechend mitnehmen.
Ich habe meine persön liche Einschätzung gegeben. Ich persönlich glaube aus eige ner, langjähriger Erfahrung, dass eine Quote an und für sich nicht notwendig ist.
Gleichzeitig ist jedoch meine Erfahrung, dass gemischte Teams, die aus Männern und aus Frauen bestehen, insgesamt erfolgreicher sind.
(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Deshalb fehlt Ihnen der Erfolg! – Abg. Rita Haller-Haid SPD: Man sieht es bei der FDP!)
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Eine leichte Quote! – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Ein bisschen schwanger geht auch nicht!)
Denn es geht darum: Wenn wir von DAX-Unternehmen spre chen, dann handelt es sich dabei um Unternehmen, die viele Tochtergesellschaften haben. Deshalb muss es eine sinnvolle Regelung sein, und dies kann durchaus ein Vorteil für die Un ternehmensführung sein.