Protokoll der Sitzung vom 28.03.2012

Lassen Sie mich ein anderes Beispiel ansprechen, das auch in Pforzheim gespielt hat, und zwar das Thema Cross-BorderLeasing. Der Kollege Klein hat ja auch Cross-Border-Leasing kritisiert, und quer durch das Haus ist es kritisiert worden.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wo gab es in Pforzheim Cross-Border-Leasing, Herr Schwarz? Sie müssen sich besser auf Ihre Reden vorbereiten!)

Herr Rülke, ich möchte aus dem Protokoll der Sitzung des Pforzheimer Gemeinderats vom 20. Dezember 2002 zitieren. Damals stand US-Leasing für die Kläranlage Pforzheim in klusive Kanalnetz und Sonderbauwerke auf der Tagesordnung. Herr Rülke, Sie werden wie folgt in dem Protokoll zitiert:

Stadtrat Dr. Rülke verweist auf die ernste Haushaltslage, die durch die geplante Maßnahme verbessert werden kann. Er spricht sich für diesen weiteren Schritt aus.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und wo gab es das?)

Zum Cross-Border-Leasing kam es am Schluss nicht – ein Glück für die Stadt Pforzheim.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wer aber auf der einen Seite Cross-Border-Leasing-Maßnah men unterstützt, auf der anderen Seite die Kommunen an die kurze Leine nehmen möchte, verhält sich wie ein Wolf im Schafspelz. Das ist nicht unser Politikverständnis. Wir sind für die kommunale Selbstverwaltung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Bei dem Ausdruck „Wolf im Schafs pelz“ drücke ich einmal beide Augen zu.

(Heiterkeit)

Was das Pult angeht, unterstreicht die Tatsache, dass es sich heute nicht in der Höhe verstellen lässt, einmal mehr die Not wendigkeit für einen Umbau unseres Plenarsaals.

(Heiterkeit und Beifall – Abg. Thomas Blenke CDU: Jetzt muss aber alles herhalten!)

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion spricht Kol lege Heiler.

Herr Präsident, meine Damen, mei ne Herren! Das war ein Blattschuss, Herr Dr. Rülke. Glück wunsch, Herr Schwarz!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Die Überschrift, Herr Dr. Rülke, lautet ja: Aktuelle Debatte. Ich weiß, dass Sie von Berufs wegen Lehrer sind. Insofern müssten Sie wissen, dass „aktuell“ ein Adjektiv ist. Es kennt also keine Steigerung, keinen Komparativ und keinen Super lativ. Es bedeutet: jetzt, in diesem Moment, auf dem neuesten Stand. Insofern ist die Debatte zwar aktuell, weil wir sie jetzt führen, aber das Thema ist eigentlich ziemlich alt, Herr Dr. Rülke.

(Vereinzelt Beifall)

Auf das Thema bezogen wäre die Debatte vor sieben oder acht Jahren aktuell gewesen, nämlich zu der Zeit, als Ihre FDPParteikollegin, Frau Augenstein, Oberbürgermeisterin in Pforz heim war und die Verantwortung für Spekulationsgeschäfte trug,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

die die Stadt Pforzheim mindestens 57 Millionen € kosteten. Hätten Sie damals eine solche Aktuelle Debatte geführt, die damals aktuell gewesen wäre, wäre vielleicht die damalige Oberbürgermeisterin auch aktuell noch Oberbürgermeisterin. Aber jetzt haben wir aktuell einen besseren Oberbürgermeis ter, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

So viel eingangs dazu, was „aktuell“ bedeutet.

Jetzt zur Rechtslage: Spekulationsgeschäfte – wir haben es gehört – sind den Kommunen strikt verboten – aktuell und schon ziemlich lange, Herr Dr. Rülke.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Als ich den Titel der heutigen Aktuellen Debatte las, ging ich zu meinem aktuellen Kämmerer.

(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Er macht das seit 15 Monaten und war vorher im Hauptamt tätig. Er hat mir dann aktuell, vor zwei Tagen, ein Blatt mit dem Titel „Kommunales Kassen- und Rechnungswesen in Ba den-Württemberg“ in die Hand gedrückt. Darin steht klipp und klar der Hinweis auf § 91 Absatz 2 der Gemeindeordnung. Demnach sind Spekulationsgeschäfte verboten. Wörtlich gilt für die Gemeinden:

Bei Geldanlagen ist auf eine ausreichende Sicherheit zu achten; sie sollen einen angemessenen Ertrag bringen.

Übrigens: Bei den Anlagen ist darauf zu achten, dass sie bei Bedarf verfügbar sind.

Der Kämmerer hat noch einen aktuellen Post-it-Zettel beige fügt –

(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen)

so nennt man diese gelben Dinger –, auf den er mir geschrie ben hat: „Frage: Soll der gesunde Menschenverstand durch ein Gesetz ersetzt werden?“

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grünen)

Dann habe ich einmal in meinen Unterlagen gekramt. Ich be wahre nämlich alle Berichte der Gemeindeprüfungsanstalt auf. Dabei habe ich natürlich einen Bericht gefunden, der, Herr Dr. Rülke, nicht mehr aktuell ist.

(Heiterkeit bei der SPD)

Eigentlich ist er noch immer aktuell, aber er stammt aus dem Jahr 2008. Er war damals topaktuell.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Da wird unter dem Stichwort „Wirtschaftlichkeit und Spar samkeit bei Kreditaufnahmen“ deutlich ausgeführt, dass die Gemeinden nach § 77 Absatz 2 der Gemeindeordnung zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit angehalten sind. Auf Sei te 74 dieses Berichts aus dem Jahr 2008 – noch immer aktu ell – steht:

Für Kommunen gilt striktes Spekulationsverbot.

Das hat die GPA schon im Jahr 2008 festgestellt. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident:

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Den Kommunen sind ihrer Aufgabenstellung und dem Ge bot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechend spekulative Finanzgeschäfte zur Erwirtschaftung separa

ter Gewinne untersagt. Allgemein hat ein Finanzinstru ment bereits dann spekulativen Charakter, wenn dessen Ertragsseite variabel und zusätzlich das Risiko eines Ka pitalverlustes wahrscheinlich ist.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Eindeutig!)

Das ist in der Tat eindeutig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Damit ist eigentlich alles gesagt. Spekulationsgeschäfte sind aktuell verboten, sie sind seit Langem verboten, und ein Ge setz würde diesen Rechtszustand lediglich wiederholen oder klarstellen oder was auch immer.

Entscheidend ist doch – das wurde bereits von meinen Vor rednern, Herrn Schwarz und Herrn Klein, angesprochen –: Je der Kämmerer, jeder Bürgermeister und jeder Oberbürger meister muss diese Rechtslage kennen. Daran ändert doch ein weiteres Gesetz nichts. Denn wer die jetzige Rechtslage nicht kennt, der würde auch ein Gesetz, wie von Ihnen vorgeschla gen, nicht kennen

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

oder nicht kennen wollen.