Jetzt haben sich die Rollen vertauscht. Jetzt versuchen Sie, durch einen Antrag eine Feststellung zu einer Position zu ver abschieden, die sich weder im Parlament noch in der Fortset zung der Regierung geändert hat. Sie suggerieren einen Hand lungsdruck, weswegen Sie jetzt die Initiative ergreifen müss ten.
Deshalb haben wir das Begehren abgelehnt. Wir fordern Sie auf, diese wichtigen Themen künftig nicht mehr zu Ihrer per sönlichen Profilierung und schon gar nicht mehr als Angriffs themen gegen uns
(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: So ein Quatsch, Herr Schmiedel! Die Initiative ging von Ihnen aus! – Abg. Tanja Gönner CDU: Unglaublich!)
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Diese Worte werden im Protokoll ste hen!)
Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Agrartourismus – Drucksache 15/1153 (geänderte Fas sung)
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Be gründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich hoffe, dass ich mit den Ausführungen zum Agrartourismus keinen Sozialdemokraten in irgendeiner Form berühren muss. Ich möchte Ihnen auch gleich zu Anfang sagen: Das Thema ha ben wir nicht deswegen auf die Agenda gebracht, weil wir den Irrtum aufklären wollten, dass Agrartourismus mit Urlaubs reisen von Personen zu tun hätte, die in der Landwirtschaft tä tig sind.
Die Fraktion der CDU hat dieses Thema aufgeworfen, weil wir es für wichtig halten und weil es bisher, also in den letz ten zwölf Monaten, weder von den Regierungsfraktionen noch vom Ministerium angesprochen worden ist und auch die An gebote, die im Zusammenhang mit Ferien auf dem Bauern hof, auf Winzerhöfen, Obsthöfen stattfinden, in diesem Zeit raum niemals in der Diskussion waren.
Die Bedeutung des Themas wird aber dann trotz alledem in der Stellungnahme des Ministeriums deutlich. Darin sind nicht nur die Zuwächse bzw. Potenziale im Bereich des Agrartou rismus dargestellt. Vielmehr wird auch darauf verwiesen, dass Baden-Württemberg bundesweit die zweitbeste Position bzw. Platzierung hinter Bayern einnimmt.
Sowohl Sie, Herr Minister, als auch die Sprecher der Frakti onen, die die Regierung tragen, werden hier nachfolgend höchstwahrscheinlich die Bedeutung des Agrartourismus wort- und zahlenreich unterstreichen. Ich bitte Sie aber instän dig, davon abzusehen, es so zu machen wie jüngst hier bei der Verlesung der CO2-Verbrauchswerte der Fahrzeuge der Mi nister. Ich glaube, das wäre der Sache nicht dienlich.
Ich hoffe vielmehr, dass Sie trotz Ihres Politikansatzes des „Magischen Dreiecks“ die Bedeutung der unterschiedlichen Komponenten des Agrartourismus erkennen. Dies sind ers tens die einzelbetrieblichen Vorteile durch die Schaffung von weiteren Standbeinen, Diversifikation, Risikominimierung,
zweitens – quasi im Schulterschluss damit – die Möglichkeit sowohl der Winzerhöfe als auch der Obsthöfe, aber auch der Urlaubsbauernhöfe und der Reiterhöfe, sich mit der Vermark tung regionaler Produkte einzubringen, und drittens die Mög lichkeit, die Urlaubsangebote gerade auch für Familien zu er gänzen, und zwar in herausragender Art und Weise. Die tou ristischen Angebote im ländlichen Raum stärken sowohl die örtliche Gastronomie als auch die vorhandenen weiteren tou ristischen Angebote.
Viertens ist der Agrartourismus auch eine Stütze für die At traktivität in den ländlichen Räumen, und zwar durch den Er halt von Arbeitsplätzen und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Fünftens schließlich verweise ich auf die Wertschöpfung, die aus dem Agrartourismus im ländlichen Raum gewonnen wer den kann, die dann Grundlage, zugleich aber auch finanziel ler Boden für den Erhalt von Landschaft, aber auch für den Schutz der Landschaft ist.
Daher sind wir, denke ich, auch im Konsens, wenn die bishe rige Politik fortgeführt wird. Wir bitten Sie: Unterstützen Sie die Landwirte weiter über die Förderprogramme, sei es im Be reich der Ausbildung zu Gästeführern und Gästeführerinnen, sei es im Bereich der Einzelförderung für die Betriebe, sei es aber auch über die Qualitätsförderprogramme für die Urlaubs höfe, die Winzerhöfe, die Reiterhöfe. Bringen Sie etwas we niger von Ihrer magischen Politik vom grünen Tisch zum Tra gen. Unterstützen Sie vielmehr unsere Landwirte auch auf der EU-Ebene – Stichwort LEADER-Programme –, aber sorgen Sie auch für die passenden Rahmenbedingungen.
Ich weiß, dass es bei den meisten von Ihnen spätestens dann aufhört, aber hierzu gehören einerseits auch die Verkehrsan bindungen, und andererseits gehört dazu die Anbindung an das Internet, an DSL, mit der entsprechenden Ausstattung mit Software bzw. Hardware.
Ich möchte Sie auch bitten, von einer einseitigen Ausrichtung und einer selbst definierten Nachhaltigkeitspolitik Abstand zu nehmen. Nehmen Sie Bezug zur richtigen Nachhaltigkeit, und zwar im Sinne der Regionen.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Agrartourismus heißt in Italien, unserem klassischen Urlaubsland, „Agrotourismo“. Egal, wo man sich dort als Tourist bewegt, man wird überall auf dieses Schild stoßen. Das heißt, in Italien – auch in Südtirol – ist man in dieser Hinsicht wesentlich weiter.
Warum ist das so? Wenn Sie schon einmal dort waren, wer den Sie es bestätigen: Wir haben immer wieder den gleichen Dreiklang von schöner Landschaft, Landschaftsidylle, Kul turlandschaft, Historie, Tradition. Genau deshalb fahren die Touristen immer wieder gern dorthin, genießen einheimische Produkte und einheimische Kultur.
Ich lasse den Blick einmal zurück über den Alpenkamm schweifen und lasse ihn dabei vielleicht an den Ufern des Bo densees ruhen. In den Hügellandschaften des Hinterlands des Bodensees schaue ich auf einen Betrieb mit einer Größe von 120 ha. Zu ihm gehören 40 Milchkühe,
die frei laufen und die noch Hörner haben. Dort streifen Foh len, Ponys, Katzen und Hunde herum. Vier Ferienwohnungen warten dort auf Touristen. Ich übernachte da, wache morgens auf und stelle fest: Genau hier lässt sich Urlaub machen, hier lässt sich Landschaft genießen, die diesen Namen noch ver dient.
Ich lasse meinen Blick weiter z. B. in die Rheinebene schwei fen. Ich blicke auf ein Vulkangebirge und sehe, wie lustige Leute auf dem Schlepper eines Winzers die Weinkulturland schaft, die Weine genießen.
Von den Inhabern der beiden Betriebe, von denen ich gerade spreche, sitzt einer hier. Das ist mein Kollege Martin Hahn. Der andere steht als Winzer leibhaftig vor Ihnen.
In Baden-Württemberg haben aber lediglich 1 500 Bauernhö fe dieses Thema als weiteres wichtiges Standbein für sich ent deckt. Bayern steht an erster Stelle. Dort sind es mehr als dop pelt so viele Betriebe und ist diese Art von Tourismuskultur schon wesentlich weiter entwickelt. In Baden-Württemberg sind es nur 3 % der Betriebe insgesamt. Daran sieht man ganz deutlich, dass hier noch Luft nach oben ist, dass hier noch vie les zu tun ist. Da sind wir dabei.
Deswegen bin ich Ihnen, Herr Kollege Rapp, sehr dankbar, dass Sie dieses Mal dieses „Magische Dreieck“ hier auf das Rednerpult gelegt haben. Denn spätestens bei diesem Thema wird uns klar, wo eigentlich die Magie steckt, nämlich die Ma gie, wie sie Minister Bonde gerade verbreitet hat.
Es war auch für mich – leider konnten Sie nicht dabei sein – ein unglaubliches Erfolgserlebnis, im Südschwarzwald end lich den Startschuss für ein Biosphärengebiet zu geben. Dort soll genau das geschützt werden: das bäuerliche Handeln, die bäuerliche Tradition, die Landschaft, die daraus erwachsen ist, die Haltung von Hinterwälderrindern, die die Landschaft mit ihren Allmendfluren wesentlich bestimmt. Wenn wir das schaffen, dann helfen wir – davon bin ich überzeugt – den Be trieben, denen das Wasser bis zum Hals steht, die sich aus ei gener Kraft wirtschaftlich fast nicht mehr halten können. Sie können dann mithilfe der Ausweisung zum Biosphärengebiet exklusiv ein weiteres Standbein entwickeln.
Auch ein PLENUM-Gebiet, etwa am Kaiserstuhl, kann hier hilfreich sein, dient es doch dem Schutz von Wiedehopf, Bie nenfresser oder Smaragdeidechse. Des Weiteren verweise ich
auf das, was wir mit der TMBW jetzt machen – über das „Ge nießerland“, über den „Grünen Süden“. Wir helfen dabei, ge nau diesen Tourismus anzukurbeln, damit wir die Regionen interessant machen, auch für Touristen, die von außerhalb, auch außerhalb Europas, kommen. Auch da haben wir es ge schafft, mit einer Aufstockung des Tourismusetats dazu bei zutragen, dass wir hier marketingfähig, kampagnefähig sind.
Ich glaube, wenn man all das sieht, dann wird die Magie deut lich, die in den Maßnahmen liegt, die diese Landesregierung ergriffen hat, von PLENUM-Gebieten
über Naturparks bis hin zu Biosphärengebieten. Dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, dass wir weit über diese Marke hinaus, die wir mit gerade einmal 3 % aller Höfe bisher halten, zur Identitätsfindung von bäuerlichen Fa milienbetrieben, von Frauen auf dem Land beitragen. Dann sind wir auf einem guten Gleis, und dann wird diese Magie erst so richtig deutlich.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Herr Sckerl ist hin- und hergerissen!)