Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Den Sündenbock, meine Damen und Herren, haben Sie wie immer ausgemacht – das ist ähnlich wie beim pawlowschen Hund –: Stuttgart 21, Stuttgart 21 und wieder Stuttgart 21.

Das alles geschieht, während Sie in dieser prekären Situation Ihre Klientel mit Verbesserungen an der Allgäubahn bedienen und sich feiern lassen. Sie wollen bis heute nicht verstehen, dass Stuttgart 21 auch ein Nahverkehrsprojekt ist. Natürlich war es völlig richtig und deutlich billiger, für Stuttgart 21 auch freie Regionalisierungsmittel einzuplanen, die ohnehin in die Schieneninfrastruktur der Region Stuttgart geflossen wären. Dem restlichen Land ist dadurch überhaupt kein Schaden ent standen, auch wenn Sie es noch so oft behaupten.

Seltsam ist nur, dass in den Jahren der CDU-Regierung be reits ein Großteil dieser Raten aus den Regionalisierungsmit teln für Stuttgart 21 ohne Probleme bedient werden konnte; erst seitdem Sie regieren, ist das Geld weg. Stuttgart 21 oder im Zweifel die Vorgängerregierung sind dann an allem schuld.

(Lachen der Abg. Claus Schmiedel SPD und Edith Sitzmann GRÜNE)

Sehr geehrter Herr Minister, meine Damen und Herren, die ses Mantra hat sich wirklich totgelaufen, und es möchte schlicht und ergreifend niemand mehr hören.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sie wollen es nicht hören!)

Sie sind derjenige, Herr Minister, der jetzt handeln muss. Heu te ist für Sie der Tag der Wahrheit. Wir wollen von Ihnen wis sen, wie Sie dieses Problem lösen. Wir wollen wissen, wel che Konzepte Sie haben.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Wir wollen wissen: Was machen Sie in diesem Jahr? Oder ma chen Sie nichts? Bringen Sie einen Nachtragshaushalt ein? Was machen Sie im Jahr 2013? Wie bringen Sie die 60 Milli onen € auf? Werden Sie Verbindungen streichen? Werden Sie bei der NVBW kürzen? Werden Sie bei den Verbünden kür zen? Werden Sie bei der Infrastruktur kürzen? Darauf erwar ten wir heute von Ihnen Antworten. Wir wollen wissen – das ist mit das Entscheidende –, warum Sie die wichtigste Mög lichkeit, Geld zu sparen, verschlafen.

Sie beklagen sich, die bestehenden Verkehrsverträge seien zu teuer, und deshalb fehle Ihnen das Geld. Das ist völliger Un sinn! Der große Verkehrsvertrag, den das Land im Jahr 2003 mit der Deutschen Bahn AG geschlossen hat, war ein guter Vertrag – zu seiner Zeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Heute sind die Bedingungen natürlich viel besser,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Warum denn die se lange Laufzeit? – Unruhe)

weil durch mehr Wettbewerb günstige Angebote und bessere Fahrzeuge zu bekommen sind. Es gibt also mehr Leistung für das Geld. Das ist genau das, was wir wollen.

Aber dafür ist es eigentlich schon zu spät. 2016 läuft der Ver kehrsvertrag aus. 40 Millionen Zugkilometer werden frei, auf mehr als zwölf Strecken verteilt. Aber auch hier sind Sie seit Ihrem Amtsantritt vor über einem Jahr völlig

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Unterge taucht!)

abgetaucht. Sie haben es verschlafen. Es ist nichts passiert – Fehlanzeige.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Es gab bisher keine einzige neue Ausschreibung. Auch hier sind Sie planlos, konzeptionslos und ratlos. Mittlerweile ist es sogar schon Ihre eigene Fraktion, die Sie hier vorantreiben muss.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Sie, Herr Minister, stecken in einer Sackgasse: Sie beklagen sich über fehlendes Geld, aber Sie verhindern gleichzeitig den Wettbewerb und damit gute Leistungen zu guten Preisen.

(Zurufe der Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Thomas Marwein GRÜNE)

Das ist für das Land verheerend. Darüber werden wir dann noch an anderer Stelle zu diskutieren haben.

Klar ist schon jetzt: Die aktuelle Situation ist in jeder Hinsicht ein Zeugnis Ihres Versagens, des Versagens des Verkehrsmi nisters. Sie brechen dem Schienenpersonennahverkehr im Land das Genick.

(Widerspruch bei den Grünen)

Das ist dann Ihr Vermächtnis. Dafür tragen Sie die Verantwor tung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Kol lege Schwarz.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schwarzer Tag heute!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Unser Ziel in der Verkehrspolitik ist ganz klar: Wir wollen nämlich, dass der Verkehr einen Bei trag zum Klimaschutz leistet. Daher müssen wir CO2-Emissi onen reduzieren.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Wir werden den öffentlichen Nahverkehr daher gegenüber dem motorisierten Individualverkehr deutlich stärken. Ich sa ge es hier ganz klar:

(Zuruf von der CDU: Abbestellungen!)

Zugabbestellungen wären das falsche Signal.

(Abg. Peter Hauk und Abg. Nicole Razavi CDU: Aha!)

Wir werden alles dafür tun, dass es nicht zu Abbestellungen im Schienenpersonennahverkehr kommt.

(Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD so wie Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Volker Schebesta CDU: Aber! – Abg. Nicole Razavi CDU: Wie er sich freut!)

Nein, Herr Schebesta, kein „aber“. – Dieses ambitionierte Ausbauprogramm für den öffentlichen Nahverkehr, das wir uns vorgenommen haben,

(Abg. Peter Hauk CDU: Dann legen Sie doch einmal etwas vor!)

droht ins Stocken zu geraten.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das können wir nicht kontrollieren, wir kennen es gar nicht!)

Grund dafür ist ein beispiellos schlechter Verkehrsvertrag.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Nicole Razavi CDU: Quatsch! Unsinn! – Weitere Zurufe)

Grund dafür sind die gestiegenen Stations- und Trassenprei se.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Alte Kamellen, Herr Schwarz! – Zuruf des Abg. Thomas Marwein GRÜNE)

Beides wurde nicht von der aktuellen Landesregierung verur sacht. Den Vorwurf der Konzeptionslosigkeit weise ich zu rück.

(Abg. Peter Hauk CDU meldet sich.)

Schlussfragen gern am Ende.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Peter Hauk CDU: Herr Schwarz, es gibt keine Schlussfragen! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Lassen Sie doch einmal eine Zwischenfrage zu! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So etwas nennt man auch Feigheit vor dem Feind! – Weitere Zurufe von der CDU)

Die Verantwortung für diesen schlechten Verkehrsvertrag trägt allein die vorherige Landesregierung, indem sie mit der Deut schen Bahn einen Vertrag mit einer langen Laufzeit mit über höhten Preisen abgeschlossen hat. Wir bezahlen zu viel.