Vielen Dank, Herr Bayer. – Ich höre aus den Worten von Frau Boser und auch aus Ih rem Beitrag, dass es Ihnen lieber wäre – ich komme noch ein mal darauf zurück –, die Jugendbegleiter durch qualifizierte Lehrer zu ersetzen. Welchen Ressourcenbedarf sehen Sie, um in der von Ihnen favorisierten gebundenen Ganztagsschule dann auch alle bedienen zu können, und wie groß schätzen Sie die Chance ein, dass diese Lehrer – wir haben jetzt ganz starke Jahrgänge – dann auch alsbald eingestellt werden kön nen?
Ich habe mich zum Grundsatz geäußert, dass wir unser Schulsystem nicht so aufbauen kön nen, dass wir Ehrenamt für Pflichtaufgaben einsetzen. Das ha be ich damals gesagt, das sage ich jetzt, und das bleibt auch in Zukunft richtig.
Richtig ist auch, dass Ehrenamtliche, wo immer sie qualifi ziert eingesetzt werden können – – Ich freue mich, dass in der neuen Tranche nun 20 % des Budgets auch zur Qualifizierung genutzt werden können; das war vorher nicht der Fall. Ich bin mir sicher, dass dadurch ein Qualitätsplus an die Schulen kommt. Ich warne aber sehr davor, dass man das mit dem Auf bau eines gut rhythmisierten Bildungsganztags, der professi onell getragen werden muss, verwechselt.
Ich meine, wenn Veränderungen an Programmen überhaupt anstehen – ich sehe diese Möglichkeiten und diese Notwen digkeiten gar nicht –, bedarf es zuvor einer Aufgabenkritik und bedarf es der Evaluation. Da sind wir mittendrin. Das war ten wir jetzt auch gemütlich ab.
Lieber Herr Dr. Kern, es hätte sich gelohnt, dieses Bericht chen, das jährlich aufgelegt wird, abzuwarten. Es ist für das zweite Quartal 2012 angekündigt. Diese Eile kann eigentlich nur Ihrer Ungeduld, vielleicht auch den Umfragetiefs, in de nen Sie sich befinden, geschuldet sein. Bringen Sie da also ein klein wenig Geduld auf. Wir haben noch genügend Möglich keiten, solche Debatten zu führen. Die Aktualität wird ver misst. Sie besteht schlichtweg nicht.
Zum gesamten Thema Ganztagsschulen, zur Einbettung von Ganztagsbetreuung in das Schulkonzept werde ich mich in der zweiten Runde äußern.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Ich fange heute einmal mit einem Lob an. Natürlich, das Jugendbegleiterprogramm ist ein gutes Pro gramm, das geeignet ist, Sachverstand aus Vereinen und Ver bänden, der an der Schule so nicht vorhanden ist, in die Schu le einzubeziehen – übrigens nicht nur an den Ganztagsschu len. Ich sage das auch ganz bewusst vor dem Hintergrund mei ner kommunalen Erfahrung: Ja, wir haben es in der Tat mit der Situation zu tun, dass wir sehr viel Sachverstand, sehr viel Engagement im individuell-privaten Bereich und in den Ver bänden haben, und es ist vernünftig, das zusammenzubringen und gemeinsam Schule zu gestalten.
Deshalb haben wir, die Landesregierung, auch das Programm, dessen Fortsetzung Sie noch Anfang 2011 beschlossen haben, gern fortgesetzt und dafür auch zusätzliche Deputate zur Ver fügung gestellt.
Es ist allerdings auch Folgendes richtig: Genauso wie das Ju gendbegleiterprogramm dazu dient, dass man außerschuli schen Sachverstand nicht nur an Ganztagsschulen bringt – was vernünftig ist –, genauso ist klar: Wir werden Ganztagsschu le mit dem, was wir qualitativ tatsächlich abbilden wollen, nicht allein durch das Jugendbegleiterprogramm hinbekom men, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Boser hat es gerade sehr eindrucksvoll skizziert: Eine Ganztagsschule ist eine rhythmisierte Schule mit einem rhyth misierten Betrieb über den ganzen Tag – Abwechslung zwi schen Lernen und Freizeitgestaltung und Beaufsichtigung. Wir haben dort in der Tat ein viel größeres Erfordernis an zusätz
Wie ist der aktuelle Stand? Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will diese Zahlen sehr gern vortragen. Im Moment werden im außerschulischen Bereich etwa 30 000 Stunden durch Jugendbegleiter abgedeckt. 1 500 Schulen sind aktuell an dem Jugendbegleiterprogramm beteiligt. Das ist schon ein Pfund.
Wir gehen im Augenblick davon aus – es ist angesprochen worden –, dass wir die konkrete Auswertung der jetzigen zweiten Tranche bzw. der jetzt regulierten Tranche im Som mer haben werden. Wir werden sehen, wie hoch die Zahlen tatsächlich sind. Womöglich sind wir dann bereits bei 20 000 Stunden. Natürlich ist das ein schöner und wunderbarer Bei trag, um Schulen in Baden-Württemberg zu unterstützen. Nie mand wird Menschen, die engagiert sind und Sachverstand haben, daran hindern, ihr Wissen einzubringen.
Im Übrigen geht es nicht nur darum – das haben wir schon an den beruflichen Schulen gesehen –, dass wir die Schulen da bei unterstützen, ihr Programm zu vervollständigen. Vielmehr geht es auch darum, dass Menschen aus der Wirtschaft ihren Sachverstand einbringen, um die berufliche Orientierung zu verbessern. Das funktioniert in der Zusammenarbeit mit den IHKs sehr gut. Ich denke, wir werden aufgrund der Evaluati onsergebnisse im Sommer noch weitere Ansatzpunkte erhal ten, an welcher Stelle wir weiterentwickeln können.
Eine Linie ist im Gespräch mit Vertretern des Sports schon sehr deutlich geworden: Die Sportvereine bieten an, uns noch intensiver als bisher dabei zu unterstützen, die sportliche Be tätigung von Kindern und Jugendlichen an den Schulen zu in tensivieren. Ich sehe das Jugendbegleiterprogramm durchaus als eine Möglichkeit, um die Zusammenarbeit mit den Sport vereinen zu intensivieren.
Ich als Kultusministerin möchte die Ergebnisse der Evaluati on abwarten. Dann werden wir anhand der Hinweise, die wir dadurch erhalten, weitermachen.
Was auf jeden Fall schon jetzt passiert: Der Wunsch sowohl der Schulen als auch der Kommunen und der beteiligten Ver bände ist es, dass wir eine Datenbank aufbauen. Diese wird noch in diesem Sommer im wahrsten Sinn des Wortes ins Netz gehen. Es handelt sich um die Datenbank „Lokale Bildungs netzwerke“. Auf Knopfdruck können sich dann all diejenigen, die an einer Kooperation mit Schulen interessiert sind, und die Schulen, die ein Interesse an Kooperationspartnern haben, einbringen und können zueinanderfinden. Das ist ein wunder barer Baustein, der sicherlich dazu beitragen wird, dass noch mehr passiert.
Abschließend noch ein Satz, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu der zweifellos großen Herausforderung, vor der wir stehen: Die Ganztagsschule in Baden-Württemberg muss selbstverständlich weiter ausgebaut werden. Das hat einfach etwas mit den tatsächlichen Lebensbedingungen der Men schen zu tun. Das ist überhaupt keine Frage. Es hat auch et was mit Bildungsgerechtigkeit zu tun. Da möchte ich Herrn Dr. Kern ausdrücklich zustimmen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir in der Tat so viel wie möglich in die Ganztagsschule – auch qualifiziert mit weiteren Lehrer
deputaten – investieren. In diesem Schuljahr stehen für den Ausbau der Ganztagsschule 150 Deputate zur Verfügung.
Im Augenblick haben wir noch das Problem, dass die Kom munen mit den Investitionen gar nicht so schnell nachkom men, wie das Land Mittel zur Verfügung stellt.
Für Jugendbegleiter stellen wir weitere 50 Deputate zur Ver fügung. Daran sehen Sie, dass wir, die neue Landesregierung, ein großes Interesse daran haben, dass Kooperationen, die von den Schulen übrigens begrüßt werden, funktionieren. Die Kla gen über bürokratische Hemmnisse halten sich gerade an die sem Punkt sehr in Grenzen. All das, was von den Schulen be grüßt wird und dazu beiträgt, dass Kinder an den Schulen gut betreut werden, werden wir fortsetzen. Aber es ist eine große Herausforderung.
Ich wiederhole hier, was ich bereits im Bildungsausschuss ge sagt habe: Im Augenblick befinden wir uns mit den Kommu nen in Gesprächen; wir werden mit den Kommunen darüber zu reden und zu vereinbaren haben, wie wir mit dem Ganz tagsschulausbau deutlich vorankommen. Denn das ist der nächste Punkt, der nach dem bedarfsgerechten Ausbau der Elementarbetreuung ansteht. Da stimmen wir überein. Ich bin dabei ausdrücklich zur Kooperation – auch mit allen Fraktio nen – bereit; denn in der Tat ist es eine wichtige gesellschaft liche Herausforderung.
Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass im nächsten Schuljahr mindestens weitere 40 Ganztagsschulen hinzukom men werden, und zwar rhythmisierte Ganztagsschulen. Das sind die Gemeinschaftsschulen. Auch das ist ein Beitrag da zu, in Baden-Württemberg die Schullandschaft zukunftssicher weiterzuentwickeln.
Normalerweise bekommen Sie, wenn ich hier vorn stehe und zu Bildungsfragen spreche, bald rot unterlaufene Augen und schimpfen und maulen.
Heute strecke ich Ihnen die Hand entgegen und sage: „Ma chen wir doch etwas gemeinsam. Wo finden wir Gemeinsam
keiten?“ Sie dagegen fragen: „Wo ist bei dieser Debatte die Aktualität?“ Ihnen kann man es nicht recht machen.
Kritisiert man Sie zu Recht, sind Sie damit nicht einverstan den. Streckt man Ihnen die Hand entgegen und fragt: „Kön nen wir etwas gemeinsam machen?“,
dann fragen Sie: „Wo ist die Aktualität der Debatte?“ Ich sa ge Ihnen, wo die Aktualität dieser Debatte ist. Es ist klar: Wenn man von Ihnen inhaltlich nichts hört – null –,
Es gibt zwei bzw. drei sehr gute Gründe für die Aktualität. Erstens: Die Verbände, Kirchen, Vereine stehen doch – hof fentlich – auch bei Ihnen vor der Tür und sagen: „Wir brau chen eine Fortentwicklung, wir brauchen Verlässlichkeit,