Protokoll der Sitzung vom 19.04.2012

Noch einmal ganz kurz zu unserem Antrag:

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Wir haben nicht gefragt: Welche Einwirkungsrechte haben Sie? Vielmehr haben wir gefragt: Welche Einwirkungsrechte haben Sie ausgeübt, um etwas zu erreichen? Das ist ein ganz großer Unterschied.

Dabei möchte ich es für heute bewenden lassen. Nur noch ein mal zum Schluss: Ich bleibe dabei: Wirtschaft können wir bes ser.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Träumen Sie weiter! – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜ NE)

Die FDP/DVP-Fraktion hat noch 22 Sekunden Redezeit. – Bitte schön, Kollege Glück.

(Abg. Helen Heberer SPD: Einatmen, ausatmen!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte die Hoffnung, dass Mi nister Dr. Schmid jetzt wenigstens irgendetwas zu einem Ener giekonzept der Landesregierung sagt. Nachdem das auch Mi nister Untersteller nie hinbekommen hat, verwundert mich das jetzt aber nicht wirklich.

Stattdessen sagen Sie: „Danach wurde in dem Antrag nicht gefragt.“ Herr Minister Dr. Schmid, seien Sie sich bitte darü ber im Klaren: Ich habe bereits in mehreren Redebeiträgen im Landtag nach diesem Energiekonzept der Zukunft gefragt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Abgesehen davon hätten Sie nach einem Jahr des Regierens auch durchaus selbst auf die Idee kommen können, ein Ener giekonzept zu erstellen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

und zwar schriftlich. Das, was Sie da abliefern, ist schlicht und einfach peinlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1263. Der An trag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen der Erledigterklärung zu.

Damit ist Punkt 6 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Finanzen und Wirtschaft – Verkauf der LBBW Immobilien GmbH an das Konsortium unter Füh rung der P. I. AG – Drucksache 15/1304

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minu ten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Abg. Dr. Löff ler das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Für 1 435 Millionen € verkauft die LBBW ihre Immobiliensparte an das bayerische Konsortium PATRIZIA. Das war einiges mehr als der Buchwert, aber nur 30 Millionen € mehr, als das Konsortium der Landeshaupt stadt Stuttgart bot. Die Auflage der EU war erfüllt. Ein guter Tag für die LBBW. Aber war es auch ein guter Tag für 60 000 Mieter? Die Mieter hatten Angst, Angst vor einem Finanzin vestor, der ihre Mieten sprunghaft steigen lässt, Angst, dass sie aus ihren Verträgen gedrängt werden, Angst, dass ihre Wohnungen luxussaniert und teuer weitervermietet werden.

Das Angebot des Stuttgarter Konsortiums nahm den Mietern diese Angst und sah eine nachhaltige Stadtentwicklung vor. Vergeblich. Der Stuttgarter Finanzbürgermeister hätte sich „verzockt“, meinte der Finanz- und Wirtschaftsminister lako nisch. Das wirtschaftlichste Angebot habe den Zuschlag be kommen. Eine Sozialcharta schütze die Mieter, beruhigte der Minister.

Im Koalitionsvertrag von Grün-Rot steht, sozial verantwort lich mit dem Ziel nachhaltiger Bewirtschaftung werde der Ver kauf umgesetzt, der Schutz der Mieter sei wichtig, und der po tenzielle Käufer müsse Erfahrungen auf dem baden-württem bergischen Wohnungsmarkt mitbringen und sich als verläss licher Partner der Kommunen engagiert haben.

„Suchet der Stadt Bestes.“

(Heiterkeit des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Mit diesem Zitat aus dem Brief des Jeremia beweihräucherte er das Koalitionsversprechen als elftes Gebot. Die Wirklich keit sieht anders aus. Dabei hätte der Ministerpräsident im Je remia-Brief nur weiterlesen müssen. Schon im nächsten Satz warnt Jeremia – ich zitiere –:

Lasst euch von Propheten und Wahrsagern, die bei euch sind, nicht betrügen, denn sie weissagen euch falsch.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Was da alles drinsteht! – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rös ler GRÜNE)

So ein falscher Prophet sitzt auf der Regierungsbank, ein Scheinschutzheiliger der Mieter. Wichtige Informationen un terschlägt er.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Lassen Sie die Kirche im Dorf, Herr Kollege!)

Die Sozialcharta gilt nur bis 2016. Nur bei Kündigung wegen Eigenbedarfs und bei Verwertungskündigungen wird die Frist auf zehn Jahre verlängert. Eigenbedarfskündigungen sind bei einem Finanzinvestor gar nicht möglich. Verwertungskündi gungen – das ist der eigentliche Skandal – lassen sich leicht umgehen. Jährlich dürfen nämlich 950 Wohnungen aus dem Bestand ausgelöst werden und fallen nicht mehr unter die So zialcharta.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Oi!)

Das nicht ausgeschöpfte Volumen darf auf das nächste Jahr übertragen werden. Verwertungskündigungen und Luxussa nierungen können jeden Mieter jeden Tag treffen.

Wissen Sie, Herr Minister, was das für die Mieter bedeutet? Nach dem Tod meines Vaters lebte meine Mutter mit meiner Schwester und mir in einer solchen Mietwohnung. Sie lebte von einer kleinen Rente und von dem Lohn als Putzfrau. Die Vorstellung, dass sie ihre Miete nicht mehr bezahlen kann, hätte sie zur Verzweiflung gebracht. Das empfinden heute an dere Mieter ebenso. So geht es vielen Mietern. Ihre Politik strahlt eine soziale Kälte aus, dass sogar die Hölle einfriert.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)

Die Aufsichtsratsmitglieder der LBBW bekamen die Sozial charta mit einer Erläuterung. Darin steht u. a., sie entspräche der Vergleichstransaktion der GAGFAH in Dresden. Spätes tens jetzt hätten die Alarmglocken läuten müssen. Der USHedgefonds Fortress kaufte über seine Luxemburger Immo bilientochter GAGFAH 50 000 Wohnungen in Dresden.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Da weinen die Teufel!)

Eingefädelt hat den Deal damals ein gewisser Matthias Mo ser, der heute für PATRIZIA arbeitet.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Oi!)

Als es mit dem Stadtrat in Dresden zu einem Streit um die So zialcharta kam, drohte Moser, es werde bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu einem „fürchterlichen Blutbad“ kom men.

Dass es auch anders geht, zeigt der bayerische Finanzminis ter Markus Söder. Auch die Bayerische Landesbank muss ihr Immobilienportfolio veräußern. Aber Söder verhandelte mit der Europäischen Kommission für ein kommunales Konsor tium. Für unseren neoliberalen Wirtschaftsminister war das ein Tabu.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Der Minister setzte auf einen schnellen Verkauf an einen Fi nanzinvestor, obwohl bis Jahresende Zeit gewesen wäre, die 21 000 Wohnungen der LBBW zu verkaufen. Er gefiel sich darin, einen Streit mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister an zuzetteln.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

PATRIZIA hat sich nachträglich gegenüber der Landeshaupt stadt verpflichtet, den Schutz der Mieterinteressen deutlich zu verbessern. Das sei „kalter Kaffee“, und OB Schuster schmü cke sich „mit fremden Federn“, tönte Minister Schmid. Die Vereinbarung sei „nichts Neues“, denn die Zusage hätte dem Aufsichtsrat der LBBW bereits am 13. Februar vorgelegen. Falsch, Herr Minister! In der Stellungnahme zu meinem An trag Drucksache 15/1487, die mir seit gestern vorliegt, räu men Sie jetzt ein: Rechtsverbindlich lag gar nichts vor.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aha! Falschaussage! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört! Unter suchungsausschuss!)

Aber die Absichten von PATRIZIA, über die Sozialcharta hi nauszugehen, seien den Beteiligten bekannt gewesen. Nur: Wem waren sie bekannt? Im Protokoll über die Sitzung des Aufsichtsrats steht dazu nichts. In den Tischunterlagen des Aufsichtsrats stand dazu nichts. Kollege Schmiedel, der im Aufsichtsrat sitzt – und der viele positive Eigenschaften hat; aber hellsehen kann er nicht –, wusste auch nichts. PATRIZIA hat diese zusätzliche Vereinbarung erstmals am 2. März in ei ner Pressemitteilung verkündet.

(Abg. Heribert Rech CDU: Aha!)