Protokoll der Sitzung vom 19.04.2012

Wir haben es verstanden; denn wir haben es intensiv gele sen, Herr Kollege Schwarz.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es gibt halt doch Unterschiede!)

Jetzt will ich zu den Punkten kommen, die wir in unserem Ge setzentwurf berücksichtigt haben. Der erste Punkt – dieser ist ja der grün-roten Landesregierung immer so wichtig – ist das Thema Gehörtwerden. Wir waren sehr überrascht, dass im Ge setzentwurf der Landesregierung zu diesem Thema keine Än derungen enthalten sind. Wir haben daher in unserem Gesetz entwurf die gesetzliche Verankerung einer möglichst frühzei tigen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Ich darf aus der im Entwurf vorgesehenen Neufassung von § 12 Absatz 3 zitieren:

Die Öffentlichkeit ist einzubeziehen. Sie ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffent lich zu unterrichten; ihr ist insbesondere bei der Planung von regional bedeutsamen Windkraftanlagen nach § 11 Absatz 3 Satz 2 Nummer 11 Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns ist es ernst mit der Be teiligung der Bürgerinnen und Bürger.

Das vermissen wir im Entwurf von Grün-Rot. Wir haben in unserem Entwurf verankert, dass eine öffentliche Anhörung in diesem Verfahren gewährleistet ist.

Zweiter Punkt: Wir haben in unserem Gesetzentwurf die Ver antwortung bei den Regionalverbänden belassen. Wir haben, was die Struktur anbelangt, die Ausweisung von Vorrangge bieten vorgeschrieben, die zudem und zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten haben. Das beinhaltet die Rechtswir kung, dass Windkraftanlagen nur innerhalb dieses Gebiets ge baut werden dürfen, außerhalb jedoch nicht. Wir haben aber die Beteiligung der Kommunen dadurch berücksichtigt, dass wir im Gesetzesvorschlag auch verankert haben, dass Vor schläge der Gemeinden, soweit sie mit beachtlichen Gründen versehen sind, bei der Standortsuche so weit wie möglich zu berücksichtigen sind. Also auch hier ist im Sinne des Gegen stromprinzips eine aktive Beteiligung der Kommunen vorge sehen.

Wir sehen darin folgende Vorteile. Zum einen: Die Landesre gierung hat die Neuschaffung von Kompetenzzentren durch die Regierungspräsidien geplant. Dafür sind im Haushalt 200 000 € eingebracht. Diese Kompetenzzentren sind nicht notwendig, wenn die Planungshoheit bei den Regionalverbän den verbleibt.

Zum anderen: Wir ersparen den Kommunen erhebliche finan zielle Mittel, indem bei ihnen keine Aufwendungen größeren Stils für ihre eigenen Planungen anfallen, weil sie das über die Regionalverbände durchführen können.

Ein ganz entscheidender weiterer Punkt ist der Zeitfaktor. Der Städte- und der Gemeindetag haben darauf hingewiesen, dass man nach den Regelungen im Gesetzentwurf der Landesre gierung für die Änderung des Flächennutzungsplans 18 Mo nate, beginnend mit dem Inkrafttreten des Gesetzes, benötigt. Wenn man jetzt einmal davon ausgeht, dass dieses Gesetz Mit te/Ende Juni in Kraft treten kann, und 18 Monate dazurech net, kann man im Grunde genommen erst ab 1. Januar 2014 richtig loslegen. Nach den in unserem Gesetzentwurf vorge sehenen Regelungen könnten wir erheblich schneller in den Ausbau der Windkraft einsteigen. Warum? Weil wir im Ge setzentwurf verankert haben, dass über die Genehmigung in

nerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Un terlagen des Regionalplans zu entscheiden ist. Wenn die Prü fung in dieser Frist nicht abgeschlossen werden kann, kann man die Prüfung um drei Monate verlängern

(Glocke der Präsidentin)

lassen Sie mich diesen Satz noch geschwind ausführen –, und wenn die Genehmigung nicht innerhalb dieser Frist ver sagt wurde, dann gilt dieser Regionalplan als verabschiedet – eine sogenannte Genehmigungsfiktion.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Lehmann?

Vielen Dank, Herr Kol lege. – Was mich jetzt wundert, ist, dass Sie sagen, es gehe Ihnen nicht schnell genug. Wir haben in der letzten Legisla turperiode viele Debatten über den Ausbau der Windenergie geführt. Da ist nichts vorangegangen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Gott sei Dank! – Hei terkeit bei Abgeordneten der CDU)

Es gibt ja viele Gründe. Sie kritisieren jetzt, dass es zu wenig Bürgerbeteiligung gebe und der Ausbau nicht schnell genug gehe. Wir haben beim Ausbau der Windenergie im Prinzip Jahre versäumt, und wir sehen auch, dass der Ausbaustandard in Baden-Württemberg relativ bescheiden ist. Warum können Sie nicht einfach sagen: „Wir machen uns gemeinsam mit der neuen Landesregierung auf den Weg, und es ist gut so“?

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Herr Kollege Lehmann, nachdem ich erst seit Beginn dieser Legislaturperiode im Landtag bin, bin ich nicht verantwortlich und fühle ich mich auch nicht verantwortlich für das, was vorher gelaufen ist oder gemacht wurde. Das zum einen.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Da war es bes ser!)

Zum anderen: Wenn wir uns mit dem Thema auseinanderset zen, dann machen wir uns schon Mühe. Für uns war die An hörung am 21. März ganz wichtig. Wir haben vorher keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, weil wir die Anhörung ab warten wollten. Wir haben uns dann noch einmal intensiv mit vielen Gesprächspartnern zusammengesetzt und sind zu der Auffassung gelangt, dass dieser Entwurf, den wir vorlegen, der bessere ist und wir dadurch den Ausbau schneller errei chen können. Deshalb haben wir einen eigenen Entwurf vor gelegt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es gibt viele Wind kraftgegner am Bodensee, in Konstanz! – Gegenruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht!)

Der letzte Punkt: Mit diesem Gesetzentwurf sorgen wir für mehr Planungssicherheit für Investoren. Und bei Investoren sprechen wir natürlich auch sehr viel von Bürgergenossen schaften, nicht nur von gewerblichen Investoren. Wir schaf fen in diesem Bereich Planungssicherheit.

Alles in allem schaffen wir mit unserem Gesetzentwurf vol len Rückenwind für die Windkraft. Ich bitte Sie von GrünRot, diesen Gesetzentwurf noch einmal intensiv zu lesen, da mit vielleicht auch Sie zu der Auffassung kommen, dass dies die bessere Alternative ist.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es schadet nichts, wenn man etwas Vernünftiges mitmacht!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich nun – –

(Zurufe von den Grünen: Nein! – Zuerst die CDU zur Begründung ihres Gesetzentwurfs! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Obwohl es kein Dringlichkeitsantrag ist!)

Entschuldigung. Zunächst spricht der Vertreter der CDUFraktion. Das habe ich gerade übersehen.

Bitte, Herr Kollege Groh, ich erteile Ihnen das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ich möchte – damit knüpfe ich ganz kurz an die Worte des Kollegen Haußmann an – Ihnen, Herr Leh mann, sagen, dass auch unser Entwurf besser ist als der, den die Landesregierung vorgelegt hat.

Wie ich Ihnen bereits am 14. März 2012 erklärt habe, unter stützt die CDU den Umbau der Energieversorgung in unse rem Land, u. a. auch durch den Ausbau der erneuerbaren Ener gien, insbesondere natürlich der Windenergie. Als größte Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg sind wir uns unserer Verantwortung sehr bewusst.

Wie ich ebenfalls vor rund drei Wochen betont habe, stimmen wir auch darin überein, dass die bestehenden Regelungen zum Landesplanungsgesetz flexibilisiert werden müssen. Dies gilt umso mehr, wenn zukünftig Windenergie einen entscheiden den Beitrag dazu leisten soll, die Stromversorgung in unse rem Land zu sichern.

Wir haben jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass wir die von der Landesregierung angestrebte inhaltliche Ausgestal tung des Landesplanungsgesetzes für unausgegoren halten und deshalb nicht nur Nachbesserungen fordern. Insbesondere die von Grün-Rot geplante Abschaffung der Ausschlussgebiete in den Wind-Regionalplänen sowie die Reaktivierung der kom munalen Planungshoheit führen aus unserer Sicht zu erhebli chen interkommunalen Konflikten. Diese Vorgehensweise, meine Damen und Herren, bedeutet einen gewaltigen Bruch mit der jahrzehntelang bewährten Regionalplanung, der gleich zeitig zu einem planerischen Flickenteppich im Bereich der Regionalplanung führen wird.

Eines dürfte klar sein: Wenn die Energiewende bis zum Jahr 2022 bzw. das grün-rote Ziel bis zum Jahr 2020 erfolgreich umgesetzt werden soll, brauchen Planer und Investoren auch verlässliche Rahmenbedingungen. Darin stimmen wir, Herr Lehmann, wohl überein. Wenn Herr Kollege Stober – ich se he ihn gerade nicht – das Argument vorbringt, Baden-Würt temberg sei beim Ausbau der Windenergie Schlusslicht aller

Flächenländer, so hat dies nicht nur mit der bisherigen Hand habung im Sinne von Ausschluss- und Vorranggebieten zu tun, sondern es hat auch damit zu tun – und zwar zu einem erheb lichen Teil –, dass die von der Natur vorgegebenen Rahmen bedingungen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Minister Schlie in Schleswig-Holstein!)

nämlich anhaltend hohe Windgeschwindigkeiten, die einen hohen Volllaststundenwert ermöglichen, in weiten Teilen un seres Landes schlichtweg nicht vorhanden sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Windgeschwindigkeit mit dem Fak tor 3 in die Effektivität einer Windkraftanlage einfließt. Ich darf den Kollegen Stober nochmals eindringlich bitten, dies irgendwann zu verinnerlichen.

Eine Vorgehensweise wie die der Landesregierung nach dem Motto „Viel hilft viel“ wird dieser Gesamtproblematik allein eben nicht gerecht. Es wird somit sehr schnell klar, was in der Gesetzesnovelle fehlt: Grün-Rot mangelt es an einem gemar kungsübergreifenden Gesamtkonzept. Noch deutlicher: Ihr Vorschlag ist eine Rückkehr zur Kleinstaaterei. Grün-Rot lie fert keine Antwort auf die Frage, wie zukünftig den aufkom menden interkommunalen Konflikten entgegengewirkt wer den soll. Vor dieser wichtigen Frage verschließen Sie einfach die Augen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sie auf uns als Oppositionsfraktion in dieser Frage nicht hören werden, ist zwar politisch noch nachvollziehbar. Dass Sie aber nahezu al le in der öffentlichen Anhörung vom 21. März 2012 zum Aus druck gebrachten sachlichen Kritikpunkte vom Tisch wischen, erstaunt dagegen doch sehr.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Nein, das ist so nicht richtig!)

So ist es richtig, Herr Schwarz; genau so ist es. Denn Ihr Gesetzentwurf steht nach wie vor da, und Sie sind nicht be reit, begründete Korrekturen vorzunehmen.

Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass sich grundsätzlich alle Beteiligten positiv im Sinne einer Ausweitung der Wind kraft ausgesprochen haben. Gleichwohl wurden vielfach Be denken bezüglich der inhaltlichen Ausgestaltung des neuen Landesplanungsgesetzes von Grün-Rot geäußert. Im Übrigen zählte hierzu auch der Vertreter des NABU; das können Sie wohl nicht bestreiten; Sie waren ja dabei.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die öffent liche Anhörung hat uns, die CDU, darin bestärkt, mit unserem Entwurf viele Verbesserungen vorzuschlagen. Ziel unseres Gesetzentwurfs ist – damit sind wir mit der Landesregierung auf einer Linie –, die Planungen von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen zu flexibilisieren. Das sagte ich eingangs schon.

Wir sind aber der Meinung, dass die Regionalverbände wei terhin die entscheidenden Akteure bleiben sollen und auch bleiben müssen. Der Entwurf der CDU-Landtagsfraktion sieht deshalb vor, dass die Regionalverbände künftig neben Vor rang- und Ausschlussgebieten auch Vorbehaltsgebiete auswei sen. Darüber hinaus soll die Übergangsfrist bis zum 31. De zember 2013 verlängert werden.

Die Schaffung neuer planungsrechtlicher Grundlagen sowie die Anpassung bestehender Planungen an die seit dem vergan genen Jahr eingetretenen neuen Rahmenbedingungen erfor dern diese Maßnahmen. Gleichzeitig möchte ich aber hervor heben, dass es in unser aller Interesse sein muss, den Ausbau der Windenergie in geordneter Form voranzubringen. Ein Chaos – ein solches bekommen wir mit dem planerischen Fli ckenteppich der Landesregierung – können wir uns nicht leis ten. Dafür fehlt uns die Zeit und erst recht das Geld.

Unser Vorschlag ermöglicht es, auf der am besten geeigneten Planungsebene, nämlich auf der Ebene der Regionalverbän de, die Windkraftnutzung im Land angemessen und sinnvoll zu steuern und somit zu erweitern. Sowohl das Festhalten an der Planung in gebündelter Form als auch die neue Kategorie der Vorbehaltsgebiete haben erhebliche Vorteile. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen wird durch die Bündelung in der Hand der Regionalverbände die notwendige enge Zusam menarbeit zwischen den Regionen und den Kommunen als Träger der Flächennutzungsplanung gewährleistet; zum ande ren wird auch das Zusammenwirken der Kommunen unterei nander klar geregelt. Somit kann insgesamt lokalen, in der Sa che auseinandergehenden Planungen und damit potenziellen Konflikten von vornherein vorgebeugt werden.

Die Einführung von Vorbehaltsgebieten wiederum hat den kla ren Vorteil, dass unsere Kommunen zukünftig die Möglich keit erhalten, abweichend von den bisherigen Vorrang- und Ausschlussgebieten weitere Flächen auszuweisen, wenn sie dies wünschen.

Die Planung erfolgt dabei, wie ich schon erwähnt habe, wei terhin aus einer Hand. Es besteht Rechtssicherheit sowohl für die einzelnen Kommunen als auch für die Investoren. Damit besteht quasi kein Amtshaftungsrisiko mehr für die Gemein den. Diese Sorge wurde übrigens in der Anhörung mehrfach auch von den Betroffenen geäußert.